Titel: | Ueber Kittmaterialien; kritische Beurtheilungen von H. Creuzburg, technischem Chemiker. |
Autor: | H. Ch. Creuzburg [GND] |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXXVI., S. 287 |
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LXXVI.
Ueber Kittmaterialien; kritische Beurtheilungen
von H. Creuzburg, technischem Chemiker.
(Schluß von S. 199 des vorhergehenden
Heftes.)
Creuzburg, über Kittmaterialien.
Kitt- und Gußmaterialien für Bauzwecke.
Fette Kittmassen, Oelcement, Mastikcement etc. werden
zumeist zum Ausfüllen der Steinfugen an Prachtgebäuden etc. gebraucht; man bereitet
sie aus Porzellankapselmehl oder Kalksteinmehl, Sandmehl, Ziegelmehl, mit 1/10 oder
1/20 Bleiglätte versetzt, welche Mischung mit heißem Leinöl zu einem knetbaren Teig
angemacht wird. Sie sind in gutem Rufe, verarbeiten sich aber auch sehr schön, und
werden auch sehr hart, dennoch sind sie nicht ohne Fehler. Sie sind nämlich zu
theuer, und gehen in einer, für den Baumeister doch zu kurzen Zeit ihrer
Zerstörungentgegen,
indem sich das organische Bindemittel nach und nach verzehrt, früher oder später, je
nachdem sie dem Einfluß der Atmosphärilien mehr oder weniger ausgesetzt sind. Sie
werden dadurch nach und nach von außen nach innen mürbe, trennen sich allmählich ab,
und ihre Schönheit ist dahin. Dieser Zerstörungsproceß tritt noch weit früher ein,
wenn man etwa unterlassen hat, die Fugen des Steines vor dem Appliciren des Kittes
mit Wasser auszupinseln, weil dann der trockne Stein dem Kitt einen Theil seines
öligen Bindemittels entzieht, entsaugt, ihn gleich Anfangs zu mager macht, und
seinen Zusammenhang mindert. (Ueber einen vielmal wohlfeileren Kitt zu gleichem
Zweck, siehe unten den Artikel: „Romancement.“) Die fetten
Kitte sind übrigens unentbehrlich zur Dichthaltung von Dampf- und Gasröhren,
zu welchem Behuf sie wie Pflaster auf Leinwand gestrichen und mit Bindfaden um die
Röhren gebunden werden. Man hat diese fetten Kitte auch als Guß zu Fußböden an
Altanen, Vorplätzen in Häusern etc. statt Asphalt verwendet, und sie sind freilich
anfangs recht schön, aber ihre Kostspieligkeit steht denn doch in keinem Verhältniß
zu ihrer Dauerhaftigkeit, und es ist ein großer Luxus, dazu die theuren Materialien
wie Leinöl, Bleiglätte etc. centnerweise zu verarbeiten, während man um vielleicht
75 Proc. wohlfeilere, dem Zahn der Zeit aber länger trotzende Gußkittmassen zu
gleichem Zweck herstellen könnte. Ich werde unten bei
„Romancement“ darüber Mittheilung machen.
Asphalt. Das Erdharz, welches man Asphalt nennt, ist zwar
ein ziemlich wetterbeständiges und für gewisse Zwecke sehr schätzbares Material, nur
muß man die Anforderungen an dasselbe bezüglich seiner Leistungsfähigkeit nicht zu
hoch stellen, denn es ist doch nur ein dem organischen Reich entstammender Körper,
welcher eben deßhalb dem Zahn der Zeit nicht so zu widerstehen vermag, wie ein
mineralischer. Uebertriebene Anpreisungen haben den Asphalt schon vor 20 Jahren
einmal in Mißcredit gebracht, indem man, dadurch verführt, denselben zu vielen
industriellen Zwecken zu verwenden verlockt wurde, was hinterher häufig zu
empfindlichen Täuschungen und Verlusten führte. Der Asphalt hatte in Folge dessen
ein Schicksal wie das Wasserglas; seine Verwendung wurde über die Maßen beschränkt,
was derselbe eben so wenig wie das Wasserglas verdient hatte, denn der Asphalt ist
und bleibt denn doch ein ungewöhnlich dauerhaftes Material, wenn es am rechten Orte
und nach vernünftigen Regeln verarbeitet wird; man hat dieß auch in neuerer Zeit
erkannt, obwohl man mit den damit hergestellten Trottoirs etc. nicht ganz zufrieden
zu seyn Ursache hat. Wenn ich nicht irre, so wird in Deutschland zumeist der sog.
mexicanische Asphalt verwendet, welcher wohl auchder beste ist; derselbe kommt
aber entweder von der Insel Cuba oder Coxitambo in Peru.
Wegen der Zusätze von Sand und Kalksteinpulver ist der Asphalt mit einem
Verdünnungsmittel zusammenzuschmelzen, welches in halb flüssigem Asphalt, Bergtheer
genannt, besteht, der aber jetzt häufig durch Steinkohlentheer ersetzt wird. Dieses
Surrogat für Bergtheer ist aber wahrscheinlich ein schlechtgewähltes, vielmehr
geeignet, die guten Eigenschaften des Asphalts zu beeinträchtigen, denn es ist
bekannt, daß der Steinkohlentheer ein den Witterungseinflüssen nur schlecht
widerstehendes Material ist, das sich auffallend schnell verzehrt, und u.a.
namentlich als Anstrich für Holz im Freien fast gar nichts nutzt, vielmehr die
Eigenschaft zu besitzen scheint, das Holz selbst anzugreifen, zu corrodiren, so daß
das getheert gewesene Holz um so schneller dem Verfaulen entgegengeht. Diese
Erfahrung werden wohl Viele mit mir gemacht haben. Ein Anderes ist es, wenn der
Theer mit Harz, Pech etc. verschmolzen zum Holzanstrich verwendet wird; er wird
dadurch um Vieles verbessert. Unter den Asphalttrottoiren, an welchen sich in
verhältnißmäßig kurzer Zeit mangelhafte Stellen zeigten, scheinen vorzugsweise
diejenigen zu seyn, welche zur Masse einen Zusatz von Steinkohlentheer
erhielten.
Da der AsphaltAspalt dem Wasser vollkommen widersteht, so ist derselbe zur Trockenlegung
feuchter Locale stets empfehlenswerth.
Die mit Asphalt überzogenen Blechröhren scheinen sich zu bewähren, und mit jenen aus
Gutta-percha zu concurriren; sie sind sowohl für Wasser- als
Gasleitungen brauchbar.
Zum Verkitten der Fugen an Abtrittsgruben, Wasserbassins etc. wurde der Asphalt
früher viel verwendet; derselbe hält auch eine Zeitlang gut, blättert sich aber doch
mit der Zeit von dem Stein ab, und versagt dann seine Dienste. Diesen Fehler hat der
Romancement nicht, und erfahrene Baumeister wenden den Asphalt in dergleichen Fällen
nicht mehr an.
Kitt aus Eisenfeile und Gyps. Derselbe wird jetzt noch
häufig zum Verkitten von Eisen in Stein angewendet, und wird in wenigen Tagen sehr
hart. Derselbe ist aber nicht ohne Fehler; er dehnt sich nämlich während seiner
Erhärtung (durch die Reaction der Schwefelsäure des Gypses auf das Eisen) in seiner
Masse sehr merklich aus, was zuweilen das Auseinandersprengen des Steins zur Folge
hat. Ich habe dieses einigemale an steinernen Gartenstöcken gesehen. Man kann aber
dieser Gefahr mit dem Kitt ausweichen, wenn man die Vorsicht gebraucht, die
Döbellöcher nicht zu weit auszumeißeln, damit sie nicht zu viel Kittmasse zum
Ausfüllen des leeren Raumes bedürfen. Ein anderer Fehler dieses Kittes ist die
unschöne rothgelbe Farbe desselben. Romancement machtdiesen Kitt ebenfalls ganz
entbehrlich. Deßgleichen auch Blei und Schwefel, womit
man ehemals, doch jetzt kaum mehr, die Döbellöcher ausgoß, um Klammern etc. zu
befestigen. Sowohl Blei als Schwefel ziehen sich auch nach dem Erstarren in einen
engeren Raum zusammen, so daß die damit befestigten Eisenstücke zuweilen hin und her
wackelten.
Eisenkitt, zum Verkitten von Sprüngen in eisernen Platten
etc. Der bekannte, aus Eisenfeile, Salmiak und Schwefel bestehende leistet nur dann
gute Dienste, wenn die Sprünge nicht zu weit auseinanderklaffen, sonst muß man einen
Kitt nehmen, welcher mehr Consistenz hat. Einen solchen bereitet man sich aus 3
Theilen gebr. Gyps, 2 Theilen Eisenfeile, 1 Theil Hammerschlag und 1 Theil Kochsalz,
alles gepulvert und mit Ochsenblut zu einem steifen Teig angemacht, womit man die
Sprünge des Eisens gut ausfüllt. Der Kitt muß frisch sogleich verbraucht werden, und
läßt sich nicht aufbewahren.
Kitt für Stubenöfen. Der Lehm, womit gewöhnlich die Oefen
verschmiert werden, fällt häufig wieder heraus, der Ofen raucht dann, und das
Verschmieren der Fugen muß zuweilen in einem Winter einigemale wiederholt werden.
Sowohl bei eisernen als thönernen Oefen habe ich diesem Uebelstand durch folgenden
Zusatz zum Lehm abgeholfen. Unter einen nicht zu fetten Lehm, zwei Faust groß, knete
man einen Bogen graues grobes Löschpapier, das man vorher mit Milch naß gemacht hat,
mit den Händen so lange durcheinander, bis die Fasern des Löschpapiers sich in dem
Lehm ganz vertheilt haben. So erhält man eine Art Papiermaché-Masse,
unter welche man noch 1 Loth Kochsalz und 1 Loch Eisenvitriol, beide gestoßen,
mischt und der Consistenz durch Zusatz von Milch nachhilft. Solcher Ofenkitt bekommt
keine Sprünge und hält dauerhaft.
Romancement. Ich umgehe den gewöhnlichen Gebrauch dieses
wichtigen Bindemittels als Wasser- und Luftmörtel, und betrachte dasselbe
mehr in seiner Anwendung als ein Material, welches eine Menge, mitunter
kostspieliger Kittarten, ganz entbehrlich macht. Ich werde aber auch manche neue
Erfahrungen mit Cement zu arbeiten, dasselbe zu versetzen und vielfach nützlich zu
verwenden, mittheilen, die ich als Cementfabrikbesitzer vielfach zu machen
Gelegenheit hatte.
Es gibt Hülfs- und Versatzmittel für Cement, wodurch dieses zu mancherlei
Zwecken verarbeitbar und nutzbar zu machen ist, woran man bis jetzt nicht dachte
oder denken konnte, weil bisher das Cement lediglich entweder mit oder ohne
Sandzusatz verarbeitet wurde.
Neuer plastischer Cementkitt. Wollte man Cement, wie
bisher gewöhnlich, mit Wasser zu Mörtel anmachen, und diesen wie fetten Kitt zu
feinen Steinfugen verarbeiten, so würde man damit nicht zurechtkommen, indem derselbe zu bald
erstarrt, und zu kurz, d.h. nicht plastisch genug ist. Das Cement kann aber zu einer
plastischen Masse angemacht werden, welche sich fast wie Glaserkitt verarbeitet,
sehr langsam erstarrt und große Härte annimmt. Um einen solchen feinen Kitt aus
Cement zu bereiten, muß letzteres durch ein feines Mehlsieb abgesiebt und mit 25
Proc. ebenso fein gesiebten Ziegelmehls gemischt, diese Mischung aber nicht mit
Wasser, sondern mit saurer Milch angemacht werden. So erhält man einen zähen Teig,
der sich in der Verarbeitung ganz anders verhält, als der gewöhnliche Cementmörtel,
und die theuren fetten Kitte zu ersetzen fähig ist.
Die Seifensieder (und Färber) verwenden zum Verkitten der Steinaufsätze an ihren
Siedkesseln jetzt noch häufig einen mühsam zu bereitenden Kitt aus Glaspulver,
Ziegelmehl, Bleiglätte etc., der am Ende dennoch mangelhaft ist. Der obenerwähnte
Cementkitt ist ohne große Mühe herzustellen, kostet fast gar nichts, und thut
vollkommen die ähnlichen Dienste.
Zu steinernen, auch hölzernen Brunnenkästen wird noch zuweilen ein Kitt aus Schwefel,
Pech, Theer oder Leinöl etc. angewendet. Auch dieser kostspielige Kitt, dessen
Bereitung an Ort und Stelle mit Umständlichkeit geschieht, um denselben heiß in die
Fugen einzugießen, ist durch den ebenerwähnten Cementkitt vollständig ersetzbar,
doch wird derselbe zu diesem Behuf etwas dünnflüssiger angemacht.
Cement und Wasserglas. Die Reaction des Wasserglases auf
das Cement ist so energisch, daß die Mischung augenblicklich zu Stein erhärtet,
indem die Kieselerde des Wasserglases mit dem Kalk des Cements kieselsauren Kalk
bildet. Diese energische Wirkung, welche einen sehr harten Körper zur Folge hat,
kann in der Baukunst vortheilhaft benutzt werden, denn man begreift, daß ein mit
Wasserglas angestrichener Körper jeden kalkigen Auftrag, sey es Anstrich oder
Bewurf, auf seiner Fläche festhalten und dauerhaft fixiren wird. Auf Holz z.B. hält ein Anstrich von Kalk oder Cement ganz
schlecht. Anders ist es, wenn man das Holz vorher mit Wasserglas angestrichen hat;
dieses fixirt den kalkigen Anstrich auf der Holzfaser. Ueberstreicht man den
kalkigen Anstrich hinterher noch einmal mit Wasserglas, so erhält derselbe eine der
Feuchtigkeit widerstehende Dauerhaftigkeit, welche den Oelanstrich übertrifft, aber
nicht halb so viel kostet. Um das Holzwerk in Localen, bei welchen es nicht auf
Eleganz ankommt, möglichst zu schützen, wie z.B. in Fabriken, Brauhäusern,
Stallungen, ist nichts geeigneter als dieser Anstrich mit Cement und Wasserglas. Ein
solcher Cementanstrich ist auch für Planken, Pallisaden, hölzerne Geländer an
Brücken und Chausséen, dem schlechten Theeranstrich weit vorzuziehen. Zu
solchen Anstrichen muß das Cement durch ein feinesSieb vorher abgesiebt, und das
Wasserglas mit der Hälfte Wasser verdünnt werden.
Auf Stein haftet zwar Cement und Kalk viel besser als auf
Holz, noch fester aber, wenn man den Stein zuvor mit Wasserglas angestrichen hat,
und man macht bei wichtigen Fällen davon Anwendung. Ein großer Brunnentrog z.B., aus
einem Stück Stein, war mit vielen Kosten ausgehauen
und auf einem besonders dazu gebauten Wagen (mit 20 Pferden) auf den Platz gebracht
worden. Mit Wasser gefüllt, fand sich, daß derselbe Wasser durchließ. Der
Brunnenkasten wurde verworfen und der Meister aufgefordert, den Steinkoloß wieder zu
entfernen und den alten hölzernen Kasten dafür wieder herzustellen. Ein Verlust von
nahe 2000 fl. stand auf dem Spiele. Ich wurde um Hülfe gerufen. Ich ließ die
schadhafte Stelle (Stich-Ader) in dem Stein inwendig einige Zoll breit und
eben so tief aushauen, so weit man die Ader verfolgen konnte; nachdem aller Staub
aus den ausgemeißelten Stellen mit dem Pinsel entfernt war, wurde die ganze
schadhafte Fläche mit Wasserglas angestrichen und ein Mörtel von gutem Cement mit
der Kelle mit einiger Vehemenz eingeworfen, egal gestrichen, hierauf noch einmal mit
Wasserglas das Ganze angestrichen, und das Wasser nun sogleich wieder zugelassen. Es
sind seitdem gegen 15 Jahre verflossen; der Brunnenkasten hat an den verkitteten
Stellen kein Wasser mehr durchgelassen.
Wenn es sich daher um Herstellung von Brunnenkästen aus einem Stück Stein handelt, braucht man sich wegen der im Steinbruch etwa
vorkommenden Stichadern nicht abhalten zu lassen, den Stein zu diesem Zweck
auszuarbeiten; – man wird sich auf obenangeführte Weise zu helfen wissen.
Auch bei Brunnenkästen, welche aus Quadersteinen zusammengesetzt werden, ist es
rathsam, die Ruthen und Falzen, zwischen welchen der Cementmörtel aufzutragen ist,
mit Wasserglas zu bepinseln. Bei solchen Arbeiten ist die Regel streng zu befolgen:
daß der Cementmörtel schnell und bevor derselbe anfängt zu erstarren, verarbeitet
werde. Arbeiter, welche halberstarrtes Cement mit der Kelle noch einmal
durcharbeiten oder gar mit Wasser nachhelfen, um es wieder flüssiger zu machen, sind
streng zu bestrafen, weil sie durch Mißlingen der Arbeit große Verlegenheiten
bereiten.
Kegelbahnen aus Romancement hat man herzustellen
versucht, jedoch nicht mit günstigem Erfolg. Der Cementguß, mit gutem Cement und
regelrecht ausgeführt, muß zwar im Winter aushalten, auch bei unbedeckten Bahnen,
aber der im Herbst durchnäßte Boden, sowohl unter dem Cementguß, als auch an den
Seiten desselben, friert im Winter auf, und so kann es nicht fehlen, daß die Bahn nach Verlauf des
Winters schadhaft ist. Aber abgesehen hievon, ist der gewöhnliche Cementguß zu
spröde und auch zu porös, um der pressend auffallenden Kugel dauernd Widerstand zu
leisten. Das Auffrieren des Fundaments und der Seitentheile der Bahn kann dadurch
verhütet werden, daß man bei Anlegung der Bahn den Erdboden 2 1/1' tief aushebt, und
dafür Steinbrocken einwirft, zu beiden Seiten aber auch eben so tief bis herauf
Steine mit Cement aufmauert, um alle Feuchtigkeit von der Seite abzuhalten. Um einen
Cementguß herzustellen, welcher der Prellkraft der Kugel besser widersteht, ist eine
besondere Cementcomposition nothwendig, welche einen zwar harten, aber doch weniger
spröden, mehr Zähigkeit besitzenden Guß darbietet. Ich werde seiner Zeit eine solche
Composition mittheilen, wenn die bezüglichen Versuche günstig ausfallen.
Malztennen und Netzböden von Cementguß dagegen haben sich
vorzüglich bewährt. Bei dergleichen Tennen oder Estrichen kann das Cement stark mit
Sand, wohl auch mit magerem Kalkmörtel versetzt werden.
Zu solchen Tennen läßt sich auch
ein künstliches Cement anwenden, welches ganz hart, auch
hydraulisch dauerhaft und besonders an Orten billig herzustellen ist, wo man Gyps in
der Nähe hat. Man nimmt dazu z.B. 8 Metzen gebrannten Gyps, 2 Metzen gestoßene
Eisenschlacken aus der Schmiede, 2–3 Metzen Ziegelmehl und 1/2 Metzen
Eisenfeile. Wenn diese Ingredienzien untereinander gemischt sind, wird der Guß in
der Art bewerkstelligt, daß eine Person die Mischung in einem Kübel oder Waschzuber
mit Wasser zu einem Brei anrührt und ausgießt, während eine zweite Person das
Ausbreiten und Egalisiren mit dem Richtscheit besorgt, und man eilig ohne
auszusetzen, fortfährt, bis der Guß vollständig fertig gemacht ist. Auch zu Küchentennen ist dieser Guß aus künstlichem Cement
besonders zu empfehlen. Da dergleichen Tennen eine egale Fläche ohne Sprünge oder
Zwischenräume darbieten, so haben sie große Vorzüge gegen viele andere, von welchen
das Malz nie so rein abgekehrt werden kann, daß nicht zwischen den Fugen derselben
Körner sitzen bleiben, welche sauer oder faul werden, und verderblich ansteckend auf
das später darauf kommende Malzgetreide einwirken.
Diese Estriche und Kugelbahnen erinnern an
Cementtrottois. Von den wenigen mir bekannt gewordenen
Versuchen, Straßentrottoire mittelst Cement herzustellen, ist keiner als gelungen zu
betrachten gewesen. Auch meine eigenen Versuche fielen anfangs ungünstig aus. Ich
erkannte bald, daß der gewöhnliche Weg, Cement zu verarbeiten, bei großen Gußflächen, wie bei
Kugelbahnen und Trottoiren, nicht ausreiche. Mannichfaltige Versuche mit
Cementcompositionen, deren Ausdauer unter freiem Himmel eine 10- bis
20jährige Prüfung bestand, ließen mich Compositionen erkennen, welche für
dergleichen größere Gußarbeiten die nöthige Garantie einer außergewöhnlichen
Ausdauer zu bieten, und den weit kostspieligeren Asphaltguß vollkommen zu ersetzen
scheinen. Ich sage zu ersetzen scheinen, weil Versuche in größerem Maaßstab erst
noch abzuwarten sind. Um aber hiezu Veranlassung zu geben, theile ich hier eine
Composition mit, welche sich durch viele Jahre in Hitze und Kälte, Näße und
Trockene, in horizontaler Fläche im Freien bewährte. Es ist dieß eine innige
Mischung von
100 Pfd.
Cement
100 „
Chamout (Porzellankapselmehl)
50 „
Quarzsand und
6
„
geschlämmter Bleiglätte.
Das käufliche Cement ist aber gewöhnlich zu grob gesiebt, und muß dann durch ein
feineres Sieb abgeschlagen werden; eben so fein muß das Porzellankapselmehl seyn.
Die Bleiglätte vertheilt und verreibt man vorher mit etwa 12 Pfd. Cement und siebt
sie besonders durch, bevor man sie zu den übrigen Ingredienzien mischt.
Man nimmt ein vorher geprüftes gutes Cement, welches binnen 10 Minuten erstarrt; mit
den übrigen Ingredienzien versetzt, erstarrt dasselbe dann erst in circa 20 Minuten. Chamout kann nicht etwa durch
Ziegelmehl ersetzt werden, wohl aber durch Basalt- oder Phonolithstaub, wo
diese Gesteine vorkommen, – man nimmt dann den zermalmten Schmutz von den
Basaltstraßen, glüht denselben, um alles Organische zu zerstören, und siebt ihn fein
ab. Das Korn des Sandes sey mittelfein; unreiner Sand muß durch Waschen von
organischen und erdigen Theilen befreit und wieder getrocknet werden.
Wie bei den Kegelbahnen, so ist auch bei den Trottoiren die Gefahr des Auffrierens
des Bodens und zu den Seiten des Trottoirs zu beseitigen, und sind zu dem Behuf die
nämlichen Vorsichtsmaßregeln zu nehmen, wie oben bei den Kegelbahnen angegeben.
Neben der Cementcomposition hat man auch für einige Pfunde Wasserglas zu sorgen,
welches mit gleichviel Wasser verdünnt wird.
Wenn nun Alles zum Guß vorbereitet, auch das nöthige Wasser zur Stelle ist, ist es
gut, einen Probeversuch mit einer nicht zu kleinen Menge Composition, z.B. 1/4
Berliner Scheffel, zu machen, damit man die dazu erforderliche Menge Wasser notiren,
auch erfahren kann, wieviel Quadratfuß des 2'' starken Gußes man damit machen
kann.
Dem Guß unmittelbar voraus geht ein Begießen der Kantensteine sowie der 2''
niedrigeren Steinbrocken (Fundament des Gusses) mit Wasser, hinterher aber noch das
Anstreichen der Kantensteine mit Wasserglas, soweit sie oben der Guß berührt. Zum
Anmachen des Gußes wählt man ein mehr tiefes als weites Gefäß. Man rührt die
Composition in das Wasser, nicht umgekehrt. Die gut durchgearbeitete Masse wird
rasch auf einmal bis an den Rand der Kantensteine ausgegossen, von einem besonderen
Arbeiter vertheilt, und mit dem Richtscheit, welches auf den Kantensteinen aufliegt,
egal gestrichen, während mit einem Holzschlägel auf die Kantensteine geschlagen
wird. Unterdessen wird von den anderen Arbeitern eine neue Gußportion angemacht und
aufgetragen, denn es soll womöglich diese neue Portion ausgegossen werden, bevor die
vorhergehende erstarrt ist. Den fertigen Guß überstreut man vor der Erstarrung
zuletzt mit Sand, was am egalsten durch ein Sieb geschieht.
Die Trottoirstrecke, welche heute vollendet worden ist, könnte andern Morgens den
Fußgängern zum Begehen übergeben werden, wenn man sie sogleich mit dem verdünnten
Wasserglas begösse, denn dadurch erlangt der Guß sofort eine große Härte. Allein es
ist besser, das Trottoir vorerst einen. Tag lang öfters mit Wasser zu begießen,
welches davon begierig eingesaugt wird, und erst dann das Begießen mit Wasserglas
folgen zu lassen. Uebrigens ist schließlich zu bemerken, daß dergleichen Arbeiten am
besten im Frühjahr, wenn keine Nachtfröste mehr zu befürchten sind, nie aber im
Herbste, vorzunehmen sind.
Solche Cementfußböden (auf Altanen, Plafonds, Vorplätzen etc. in Häusern) können auch
mit mosaikartigen Verzierungen effectvoll verziert werden. Diese Verzierungen werden
mittelst eines besonderen farbigen Cementes bewerkstelliget, wozu man die feurigsten
Farben wählt. Es dient dazu ein, besonders zu fertigendes, ganz weißes Cement,
welches, mit gewissen Farben versetzt, die bunten Cemente darstellt.
Die Applicirung der farbigen Ornamente in den Cementguß (aus welchem man aber den
Sand ganz wegläßt) geschieht in der Art, daß man den vollendeten Guß etwas anziehen
läßt, dann vorsichtig Breter auflegt, um den Guß unbeschadet betreten zu können, die
beliebigen Verzierungen nun aber aus dem kaum erstarrten Guß 1/2'' tief mit dem
Federmesser herausschneidet und aushebt, und in die ausgehobenen Vertiefungen, nach
vorherigem Bestreichen mit Wasserglas, die farbigen Cemente einbringt, andrückt,
egalisirt, und, nachdem man sie mit Wasserglas angestrichen hat, mit Bimsstein egal
schleift. Zuletzt giebt man noch dem ganzen Fußboden einen Wasserglasanstrich.
Sollte ein solcher Guß auf Holzunterlage ausgeführt werden, so sind in diesem Fall
besondereRegeln zu
beobachten. Hierüber, sowie über Fertigung ganz weißer und farbiger Cemente werde
ich ein andermal Ausführlicheres mittheilen. Einen brillanten Effect machte ein in
einem kleinen Gartensalon auf dem Cementguß angebrachter Stern, dessen acht Zacken
jeder eine andere Farbe hatte.
Heldburg bei Coburg, den 15. Januar 1862.