Titel: | Verfahren zur continuirlichen Fabrication von Cementstahl, mit Anwendung von Baryt; patentirt für W. E. Newton in London. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CXX., S. 448 |
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CXX.
Verfahren zur continuirlichen Fabrication von
Cementstahl, mit Anwendung von Baryt; patentirt für W. E. Newton in London.
Aus dem Repertory of
Patent-Inventions, Januar 1862, S. 54.
Newton's Verfahren zur Fabrication von Cementstahl, mit Anwendung
von Baryt.
Das Verfahren zur continuirlichen Cementstahlfabrication, welches sich der Genannte
am 5. März 1861 in England als Mittheilung patentiren ließ, ist die im Jahrgang 1861
des polytechn. Journals, Bd. CLX S. 211, besprochene Caron'sche Methode.
Um das abwechselnde Anheizen und Erkaltenlassen des Ofens, wodurch viel Zeit verloren
geht, zu vermeiden und die Operation continuirlich zu machen, versieht man die
Cementirgefäße, welche die gewöhnliche Construction haben, an jedem Ende mit einer
von außen zugänglichen Oeffnung, durch welche das Beschicken und Entleeren erfolgt.
Wenn die aus den Schmelzöfen abziehende Feuerluft zum Erhitzen der Cementiröfen
benutzt wird, so wendet man am besten eine Art Retorte von Thonmasse (oder von
Eisen, welches in geeigneter Art gegen die Flamme geschützt ist) an, welche
horizontal oder vertical gestellt seyn kann. Die Hitze muß immer über Rothglühhitze
seyn, und der Proceß findet um so rascher statt, je stärker die Hitze ist.
Die gewöhnlich angewendeten Cementirmittel wirken nur kurze Zeit, weil die darin
enthaltenen Salze, welche die Cementation bewirken, theilsselbst flüchtig sind, theils in
der Hitze durch die Einwirkung der Kohle in flüchtige Verbindungen übergeführt
werden. Die Cyanverbindungen, welche mittelst Aufnahme von Stickstoff aus der Luft
aus ihnen entstehen, sind ebenfalls flüchtig, was auch darauf hinwirkt, daß die
genannten Salze alsbald verschwinden, und man sie folglich erneuern, d.h. frisches
Cementirpulver nehmen muß. Dieser Uebelstand läßt sich durch Anwendung von
kohlensaurem Baryt vermeiden. Aus demselben entsteht, indem die Kohle bei Glühhitze
darauf wirkt, caustischer Baryt, welcher bei der vorhandenen Hitze nicht verdampft;
indem aber zu demselben der Stickstoff der Luft hinzukommt, geht der Baryt zum Theil
in Cyanbaryum über, welches viel weniger flüchtig ist, als Cyanammonium, Cyannatrium
und Cyankalium.
Zum Cementiren nach diesem Princip füllt man irgend einen geeigneten Apparat mit
einem Gemenge von pulverisirter Holzkohle und pulverisirtem natürlichen kohlensauren
Baryt (Witherit). Man macht dieses Gemenge in dem Verhältniß, daß es höchstens 50
Proc. kohlensauren Baryt enthält; die Erfahrung dürfte aber wahrscheinlich zeigen,
daß man den Barytzusatz noch um die Hälfte verringern kann.
Die Kästen oder Gefäße, worin die Cementation stattfinden soll, und welche das
Cementirpulver enthalten, werden geschlossen, und dann bis zum hellen Rothglühen
erhitzt. Wenn die Temperatur hinreichend hoch gestiegen ist, öffnet man das eine
Ende der Kästen, und bringt dann Eisenstäbe zwischen das Cementirpulver, in der Art,
daß sie ganz von demselben umgeben sind. Nachdem die Kästen auf diese Weise gefüllt
sind, verschließt man sie wieder. Um den Fortgang der Operation zu erkennen, zieht
man zuweilen einen der Stäbe heraus, läßt ihn durch ein Walzwerk gehen, härtet und
zerbricht ihn, worauf man nach dem Ansehen des Korns mit Sicherheit die
Beschaffenheit der Masse beurtheilen und die Dauer der Operation so einrichten kann,
daß der beabsichtigte Grad von Cementation erreicht wird. Wenn die Stäbe bis zu dem
gewünschten Grade von Kohlung gelangt sind, werden sie durch die äußere Oeffnung aus
den Kästen herausgezogen. Sollte dabei etwas von dem Cementirpulver mit
herausfallen, so muß dasselbe wieder ersetzt werden. Wenn sämmtliche Stäbe
herausgezogen sind, wird das Gefäß sofort wieder mit anderen Eisenstäben beschickt,
welche sich eben so wie das erstemal mit Leichtigkeit einführen lassen, da das
Cementirmaterial ganz locker ist. Ein wenig von der Kohle des Cementirpulvers wird
natürlich verbraucht und muß nach Erforderniß ersetzt werden. Der kohlensaure Baryt
hält dagegen fast für immer vor. Der Stickstoff der Luft, welcher durch die
unvollkommen verschlossenen Oeffnungen und selbst durch die porösenWände der Kästen eindringt, ist
vollkommen ausreichend, um die für die Cementation des Eisens erforderliche
Quantität Cyan zu bilden.
Durch das beschriebene Verfahren wird der doppelte Vortheil erreicht, daß man weit
weniger Brennmaterial verbraucht als bisher, und daß man ein sehr wirksames
Cementirpulver verwendet, welchem man bloß von Zeit zu Zeit wieder etwas Holzkohle
hinzufügen muß.