Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. , S. 232 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die Eisengießerei und Locomotivenfabrik von A. Borsig in Berlin; von E. F. Dürre.
1) Eisengießerei und
Locomotivenfabrik, Chausseestraße 1.
Diese meisterhaft eingerichtete Werkstätte, welche überdieß auch gleich der
nachher zu schildernden Schwesteranstalt zu Moabit einer ausgezeichneten Leitung
sich erfreut, liefert die Gußwaaren zu den Locomotiven, Tendern und anderen
Fabrikationsobjecten der zugehörigen Maschinenwerkstätte und nur ausnahmsweise
Bauguß zu eigenem und fremdem Bedarf. Die Walzen und andere Inventarienstücke
für das große Puddel- und Walzwerk desselben Besitzers in Moabit werden
hier nur dann fabricirt, wenn die Moabitter Gießerei still steht, oder mit
anderen Bestellungen wohl versehen ist. Es ist demnach einleuchtend, daß bei der
großen Sorgfalt, die im Bau von Locomotiven walten muß, die Auswahl geeigneter
und vorzüglicher Betriebsmaterialien, so wie die stete Ueberwachung und
Anleitung der Arbeiter ein Hauptaugenmerk der Verwaltung bilden müssen.
Dieser imperatorischen Rücksicht ist es auch zuzuschreiben, daß bei der
Ausführung der diversen Artikel man namentlich die Qualität der zu verwendenden
Roheisensorten und ihre zweckentsprechendste Gattirung in Erwägung zieht. Man
trifft deßhalb auch in keiner anderen Berliner Gießerei einen so gut assortirten
Roheisenvorrath an, wie hier, und die Wahrheit dieser Behauptung erhellt von
selbst aus nachstehenden Angaben.
Verwendet werden gegenwärtig:
Schwedisches Holzkohlenroheisen von hellgrauem,
dunkel geflecktem, feingefügigem Bruch. Schlesisches
Holzkohlenroheisen von einigen Werken im Lublinitzer Kreise, bei kaltem
Wind und fast nur aus Thoneisensteinen erblasen. Schlesisches Kohksroheisen, theils von dem oberschlesischen Revier
(Tarnowitzer Hütte u.a.), theils von der Vorwärtshütte bei Waldenburg. Die
Hauptmasse des verwendeten Roheisens wird aus Schottland bezogen, doch findet man nur die besten Nummern. Das
gesuchteste ist Lang Loan I. und Derwent, Forth etc.
Der in den Blüthejahren des Maschinenbaues und Hüttenbetriebes gefaßte Beschluß,
auf den Ankauf bedeutender Erzfelder in Oberschlesien einen bedeutenden
Kohkshohofenbetrieb in der Nähe von Zabrze zu gründen, woselbst eine dem
Besitzer gehörende Steinkohlengrube das zu einem solchen Unternehmen nothwendige
Brennmaterial geliefert haben würde, ist nicht zur Ausführung gekommen.
Es sollten 4 Hohöfen gebaut werden, um bei einer durchschnittlichen
Wochenproduction von 1000 Ctrn., 200,000 Ctr. Roheisen jährlich zu beschaffen.
Wenn auch dieser Plan mehr im Interesse des Puddelwerkes aufgefaßt worden war,
so hätte seine Ausführung doch auch dem Gießereibetriebe nützlich werden
können.
Die Cupolöfen werden mit englischen Kohks, die Flammöfen und Dampfkessel mit
englischen Steinkohlen gefeuert, da leider in Berlin die Preise der inländischen
Rohstoffe durch die künstlich geschraubten Tarifsätze der Eisenbahnen noch zu
hoch sind, um nicht die Verwendung englischer Rohstoffe im Interesse jedes
Betriebes zu gebieten. Die Preise derselben gestalten sich, wie bei der
Königlichen Eisengießerei.
Das Detail des Betriebes anbetreffend, so ist hier vor Allem die ausgezeichnete
Disposition der Gießhütte und ihrer einzelnen Theile hervorzuheben. In der Form
eines lateinischen T im Grundriß erscheinend,
besteht die Werkstatt aus drei gleich langen Flügeln, von denen zwei gegenseitig
ihre Verlängerung bilden, und der dritte rechtwinklig darauf steht. Die
einspringenden Winkel sind zu breiten Flügelthoren abgestumpft. Der
vorspringende Flügel wird durch einen eleganten achteckigen Glockenthurm mit der
Schichtenglocke und Hauptuhr flankirt, und an seinem Fuße ist ein hübscher
Brunnen angebracht. In dem Thurme befindet sich die Modellkammer und darüber das
Bureau des Obermeisters.
Symmetrisch gestellt, dem Vorderflügel gegenüber und an der langen Rückwand der
beiden Seitenflügel erscheinen zwei gleich große Cupolöfen von nicht besonders
eigenthümlicher Construction. Sie mögen jeder 30–40 Ctr. fassen und
erhalten die Gebläseluft von einem in der Nähe angebrachten Ventilator mit
radialen Flügeln, den die Hauptbetriebsmaschine der hinter der Gießerei
liegenden Bohr- und Drehwerkstatt umtreibt. In dem Anbau der beiden
vereinigt befindet sich außer der Maschine noch die Aufgebekammer der Oefen.
Von den Cupolöfen aus kann man sämmtliche Flügel der Hütte bequem übersehen, und
es sind die Arbeiter so disponirt, daß in dem linken Flügel, wo auch die wenig
thätigen Flammöfen sich befinden, die Lehmförmer, im rechten Flügel und in der
Nähe der Oefen die Masseförmer arbeiten.
Der übrige Raum ist durch die Sandförmer besetzt.
Der Cupolofenbetrieb ist der nämliche, wie er weiter unten bei der Moabiter
Anstalt zur Besprechung kommt, und es gelten dafür die dort gemachten
Angaben.
Die Bemannung der Eisengießerei besteht unter der Leitung eines Obermeisters aus
42 Förmern, die zu ihrer Aushülfe noch circa 20
Lehrlinge mit 1 1/2 bis 2 Thlr. Wochenverdienst haben. 2–3 Förmer mit
einem Burschen arbeiten zusammen, und haben ihr eigenes Arbeitsconto.
Zu der Aushülfe an den Krahnen etc. sind 15 Tagelöhner engagirt. Die Oefen werden
von 2 Schmelzern mit mehreren Aufgebern und Aufläufen: bedient, und außerdem
arbeiten für den Bedarf der Gießerei noch 3 Schlosser und Schmiede, 1 Zimmermann
und der Modelltischlermeister. Alle diese Arbeiter stehen unter dem Obermeister,
der mit denselben in privatem Accord steht, und der Centralverwaltung gegenüber
die Gießerei allein zu repräsentiren hat. Ehe wir von
dieser musterhaften Anlage zu einer noch verwandten übergehen, sey uns
gestattet, als Beleg für die ausgezeichnete Leistung derselben (auch im Bauguß)
der im November 1860 angefangenen und abgewickelten Bestellung von
Tragegitterbögen für die kolossalen Säle der neuen Kaufmannsbörse in Berlin
Erwähnung zu thun, die bei nur geringer Eisenstärke einem doppelten Zweck
genügen, als Träger vergoldeter Ornamente sich nicht werfen und als bauliche
Factoren nicht brechen dürfen.
Es charakterisirt die Lage der Industrie, wenn eine sonst den Markt dominirende
Fabrik zu solchem Ersatz mangelnder Thätigkeit greifen muß.
2) Eisengießerei und Maschinenfabrik
in Moabit, Brückenstraße.
Diese von der in Berlin selbst belegenen, getrennte Fabrik besteht aus
Eisengießerei, Maschinenbauanstalt nebst einer bedeutenden Kesselschmiede. Es
werden hier gewöhnlich alle diejenigen der Firma zulaufenden Bestellungen
abgewickelt, die nicht zum Eisenbahnbedarf gehören. In Ausnahmsfällen nur leidet
diese Maxime Abänderungen. Daher kommt es, daß der gröberen Gegenstände wegen,
deren Gewicht oftmals 150 bis 200 Ctr. erreicht, bei Anlage der Gießerei auf
passende Vorrichtungen Rücksicht genommen werden mußte. Obgleich daher hier die
Fabrication keinen größeren Umfang erreicht, als bei der Berliner Anstalt im
gewöhnlichen Betriebe der Fall ist, so findet man die Moabiter Gießerei mit
einer größeren Anzahl von Oefen ausgestattet. Die Fabricationsmethode ist an
sich auch weniger sorgfältig, und deßhalb eine geringere Auswahl von Rohstoffen
vorzufinden. Man verwendet vorzugsweise:
Schottisches und englisches Roheisen besserer Nummern, daneben schlesisches
Kohksroheisen von Barbarahütte bei Neurode; Holzkohlenroheisen von Miotek u.a.
O. wird nur ausnahmsweise zugesetzt und deßhalb in geringeren Posten vorräthig
gehalten.
Die Nähe des Walzwerks ermöglicht die leichte Umschmelzung alter Baugußwaaren,
und man verbessert mit Hilfe dieses sich ausgezeichnet verhaltenden, zweimal
geschmolzenen Eisens die Qualität der gewöhnlichen Beschickung wesentlich.
Der Beschickungsmodus ist folgender:
2 1/2 Ctr. Eisen werden von einem 2–3 Kubikfuß haltenden Maaß Kohks
getragen und dazu, aber nur bei anhaltendem Betriebe des Cupolofens, nach je 10
Ctrn. Roheisen, also 4 Gichten, eine Schaufel Kalk ad
libitum zugesetzt. Wenn Hartwalzen gegossen werden sollen, giebt man
dem gewöhnlichen Satz eine Beimischung von Roheisen-Bohr- und
Drehspänen neben schlesischem Holzkohlenroheisen.
Das bei der Förmerei im Ganzen beschäftigte Personal beläuft sich auf pptr. 70 Mann, die bei schwierigen und zeitraubenden
Artikeln, wie sie zur Zeit vorlagen, eine zwischen 100 und 180 Ctr. variirende
tägliche Fabrication liefern.
Es ist unter den jetzt im Allgemeinen obwaltenden Umständen dieses Verhältniß
noch ein günstiges, und hoffte man auch pro 1860 die
vorjährige Production bedeutend zu übertreffen und ein Quantum von 46,000
Centnern zu erreichen.
Unter den namhafteren Bestellungen des Jahres 1860 mag Erwähnung geschehen: 1)
der vollständigen Einrichtung einer Zuckersiederei bei Halle, hauptsächlich in
Anfertigung der nothwendigen Baugußwaaren und Röhrentouren bestehend. Bei dieser
Veranlassung wurden mit den dazu benöthigten Balken Tragfähigkeitsversuche
angestellt, die außerordentlich günstig ausfielen, indem sich erst bei einer
Belastung von 1000 Ctrn. Brucherscheinungen zeigten, während die geforderte
Leistung im Maximum nur 150 Ctr. Belastung betrug. Die Preise der ganzen
Einrichtung berechneten sich laut Contract auf 3 Thlr. 15 Sgr. loco Halle, doch hatte die Fabrik auch die Montage
mit übernommen und soll ohne Schaden gearbeitet haben;
2) ist bemerkenswerth die nach Odessa gelieferte, von Scholl construirte Einrichtung zu 6 Dampfölmühlen, bei welchen die
Anfertigung der complicirten, mit Dampfheizung und deßwegen mit doppelten Wänden
und Böden von außerordentlicher Stärke versehenen Preßcylinder und Mahltröge
bedeutende Schwierigkeiten machte, da es unmöglich war, trotz der knapp
zugemessenen Lieferungszeit dieselben anders als im Lehmguß auszuführen.Die Lehmförmerei leistet hier Ausgezeichnetes, und es ist vorgekommen,
daß bei einem Blasecylinder von pptr. 100
Ctr. Gewicht der Einlaßventilkasten, der sonst getrennt gegossen zu
werden pflegt, mit dem Cylinder in einem Stück geliefert wurde, um es
der Egell'schen Fabrik zuvor zu thun, die die
nämliche Bestellung erhalten, aber nach dem hergebrachten
Darstellungsmodus verfahren war.
3) Einer der delicatesten Aufträge, und auch im letzten Jahre oftmals
vorgekommen, ist die Anfertigung der Eisenconstruction großer eleganter
Treibhäuser; dieselben sind nach dem berühmten Mustertreibhause des Fabrikherrn
an seiner Villa und oft noch luxuriöser eingerichtet, und sind dergleichen
namentlich nach Rußland und Skandinavien gegangen.
Zum Gießereibetrieb sind vorhanden:
3 Cupolöfen und 1 Flammofen; letzteren wendet man indeß nur als Aushülfe bei sehr
großen Stücken an, an deren Homogenität in Bezug auf die innere Beschaffenheit
zugleich weniger Ansprüche gerichtet werden; ferner, um Walzen- und
andere Gußköpfe, so wie groben Ausschuß einzuschmelzen.
Es mag hierbei bemerkt werden, daß man auf den Berliner Eisengießereien wenig und
nur ungern den Flammofenbetrieb anwendet; wohl weil sofort und bei der nächsten
Prüfung und Bearbeitung durch die Maschinenconstructeure, die Ungleichartigkeit
und das Unsichere in der Brauchbarkeit Veranlassung zur Verwerfung des Stückes
geben würden.
Zum Betriebe der Cupolöfen wird von einer sechspferdigen Dampfmaschine ein sehr
einfach construirter Ventilator umgetrieben, und es liefert derselbe bei 2000
Umdrehungen außerdem noch den Wind zu einer kleinen Dampfhammerschmiede mit 2
Feuern. Diese außerordentlichen Leistungen rechtfertigen ein näheres Eingehen
auf Constructionsverhältnisse und Anordnung dieses Apparates, der an die Stelle
eines der bekannten und so hochgepriesenen Schwartzkopf'schen Ventilatoren trat, weil die Schmierung des
letzteren einen bis auf 6 Pfd. täglich gesteigerten Oelverbrauch und dabei
dennoch häufiges Trockenlaufen und Brennen der Zapfen hervorrief. Ein auf einer
1 1/2 Zoll starken Gußstahlachse aufgetriebenes, aus einem Stück geschmiedetes
Armkreutz trägt 4 schiefstehende Sförmig gebogene
Flügel, deren Mittel von der Achse um circa 15 Zoll
abstehen. Der Durchmesser des umgebenden Gehäuses beträgt 3 Fuß.
Dieser Ventilator geht bereits ein Jahr ohne eine andere Reparatur, als daß,
anstatt der ursprünglich 1 Zoll starken Achse, die 1 1/2 Zoll starke eingelegt
worden ist, und verbrauchte das halbe Quantum Schmieröl des vorgedachten
Apparats.
Was nun Localität und Disposition der Werkstätte anbetrifft, so ist anzumerken,
daß in der Mitte der Langseite der rectangulären Gießhütte die Cupolöfen und die
Flammöfen liegen, und daß an der einen Schmalseite die Darrkammern ihren Platz
erhalten haben (worunter eine sehr hohe, für die Ständerformen häufig
vorkommende Säulenmaschine), an der anderen die Verbindung mit den
Bearbeitungswerkstätten stattfindet. Die vierte Seite öffnet sich auf den Hof,
und an dieselbe stoßen im rechten Winkel Putzerwerkstätten und Wagehaus an. Der
Hof selbst mündet auf die vorüberfließende Spree und an den Abladekrahn des
Landungsplatzes werden die zu Wasser ankommenden Betriebsmaterialien vermittelst
directer Schienengeleise auf das Einfachste den Werkstätten zugeführt.
(Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1862, Nr, 3.)
Telegraphenstangen aus alten eisernen Locomotivsiederöhren;
von Edm. Heusinger von Waldegg in Hannover.
Hölzerne Tragstangen sind einer schnellen Fäulniß unterworfen; sie halten kaum 6
Jahre; die häufige Auswechselung derselben ist nicht allein kostspielig, sondern
auch für den Betrieb der Telegraphen lästig und störend; in der Periode, wo sie
stark angefault sind, brechen sie durch Windstöße leicht ab, können dabei auf das
Bahngleis fallen und so den Bahnbetrieb gefährden. Zur Vermeidung dieser Nachtheile
hatte die schweizerische Centralbahn bereits im Jahre 1857 auf einer 14,400 Meter
langen Strecke zwischen Sissach und Olten eiserne Tragstangen aus 10 Fuß hohen, 2
Zoll breiten, rechteckigen und gleichschenkeligen Winkeleisen herstellen lassen;
jede Stange wiegt 42,36 Zollpfund; die Isolatoren sind daran theils auf dem Kopf der
Stangen durch angenietete schmiedeeiserne Spitzträger, theils an der Seite durch
ebenfalls angenietete Winkelträger von 5 Zoll Abstand angebracht. Die Entfernung der
Stangen ist 100, 150 oder 200 Fuß, je nachdem der Krümmungsradius unter 2500, über
2500 oder über 4000 Fuß beträgt. Die Stangen sind mit Cement in solide, wetterfeste
Kalksteinquader von 2 Fuß 5 Zoll Länge, 1 Fuß 2 Zoll Breite und Dicke eingelassen.
Eine genaue Abbildung und Beschreibung dieser Tragstangen enthält die
Eisenbahnzeitung 1857.
Viel einfacher, zweckmäßiger und billiger verwendet man alte, unbrauchbar gewordene
eiserne Siederöhren von Locomotiven. Die alten Siederöhren von 1 3/4 bis 2 Zoll
Durchmesser werden von dem außen daran haftenden Kesselstein gereinigt, auf 9 bis 10
Fuß Länge an den Enden gerade abgeschnitten, von außen getheert und in dem obigen
Quader mit Cement oder Schwefel festgegossen. Obenauf wird in die Höhlung der Stange
ein gußeiserner Spitzträger mit seinem unteren 4 bis 5 Zoll langen Zapfen
eingesteckt, welcher genau die Stärke der lichten Rohrweite hat und am Ende etwas
zugespitzt ist, um leichter aufgesteckt werden zu können; an der oberen 2 1/4 Zoll
starken Spitze trägt er in üblicher Weise den Isolator; sollen mehrere Isolatoren
für 3 bis 5 Drahtleitungen an der Stange angebracht werden, so werden einfache oder
doppelte schmiedeeiserne Winkelträger (aus 1/2 Zoll starkem Rundeisen) von beiden
Seiten an den Spitzträger mittelst zwei Nieten angenietet. Diese höchst einfachen
hohlen Telegraphenstangen haben vor den aus Winkeleisen gefertigten den großen
Vortheil, daß sie aus einem Material, welches bisher fast gar keinen Werth oder
höchstens den von altem Schmelzeisen hatte, gefertigt werden, und die ersten
Herstellungskosten fast nicht höher als die von hölzernen Stangen sind; auch sind
sie eben so solid und steif, wie die Telegraphenstangen aus Winkeleisen. Außerdem
können bei diesen Röhrenstangen Reparaturen der Drahtleitung
leichter und ohne Beihülfe einer Stellleiter vorgenommen werden, indem man
mittelst einer Gabelstange die Tragstützen mit den Isolatoren leicht aus der
Oeffnung des Rohres abheben und wieder aufstecken kann.
Die Kosten der Herstellung und 24jährigen Unterhaltung einer Leitung von der Länge
einer Stunde (4800 Meter) bei hölzernen Tragstangen (80 auf 1 Stunde) betragen 3850
Francs, wobei alle 6 Jahre neue Stangen gesetzt und 5 Proc. Zinsen gerechnet wurden.
Winkeleisenstangen mit Steinquadern (100 auf 1 Stunde) kosten auf24 Jahre unter denselben
Bedingungen 3454 Francs. Stangen aus Siederöhren (ebenfalls 100 auf 1 Stunde) mit
Quadern kosten auf 24 Jahre nur 2000 Francs.
An Wegübergängen setzt man in schwerere Quadersteine 6 bis 7 Fuß lange gußeiserne
Röhren von 2 Zoll lichter Weite und 1/4 Zoll Wandstärke, und gießt sie mit Schwefel
oder Blei fest; diese Gußröhren haben 1/4 Zoll starke, am Fuße etwas breitere
kreuzweise Längsrippen; oben enden sie in einem 6 Zoll langen Zapfen von der Stärke
der lichten Rohrweite; über diesem Zapfen wird das Siederohr aufgesteckt und
mittelst zweier kreuzweise durchgehenden Nieten befestigt.
Schon 1858 wurden längs der Eisenbahn von Weißenfels nach Gera schmiedeeiserne Röhren
auf starken, 6 Fuß hohen Sandsteinsockeln als Telegraphenstangen benutzt und haben
sich gut bewährt; die von dem Verfasser vorgeschlagenen Spitz- und
Winkelträger sind einfacher und zweckmäßiger als das Durchbohren der Röhren und die
Befestigung der Isolatorstützen durch Schrauben; auch die rauhen Quader sind
bedeutend billiger als 6 Fuß lange Sandsteinsockel. (Zeitung des Vereins deutscher
Eisenbahn-Verwaltungen, 1861, Nr. 28.)
Neue Liederung für Pumpenkolben.
W. Palmer hat in England ein Patent genommen, welches sich
auf die Liederung der Kolben bezieht und im Wesentlichen darin besteht, daß der zu
liedernde Kolben mit einem Lederringe umgeben und hierauf ein Ring von Kautschuk, am
besten von sogenanntem vulcanisirten Kautschuk, aufgezogen wird. Letzterer wird dann
wieder mit einem Lederringe umgeben, der an dem ersten Lederringe festgenäht wird.
Der Kautschukring ist somit in eine Hülle von Leder eingeschlossen und kann mit dem
Umfange des Cylinders nicht in Berührung kommen, übt aber gegen das Leder seine
Elasticität aus. (Stamm's illustrirte Zeitschrift, 1861
S. 397.)
Zusammensetzung des Aichmetalls, nach Dr. Sauerwein.
Die Untersuchung einer vom Hrn. Maschinendirector Kirchweger dem Verfasser zugestellten Probe des Aichmetalles ergab
folgende Zusammensetzung:
Kupfer
60,2 Proc.
Zink
38,1 „
Eisen
1,6 „
(Monatsblatt des hannoverschen Gewerbvereins.)
Verfahren, Glas und andere Körper zu versilbern, von John Cimeg.
Um eine Glasplatte nach diesem Verfahren zu versilbern, wäscht man sie mit reinem
Wasser, legt sie auf einen Tisch, und reibt sie mittelst Baumwolle zuerst mit
destillirtem Wasser und dann mit einer Lösung von 1 Th. Seignettesalz
(weinsteinsaurem Kali-Natron) in 200 Th. Wasser. Man benutzt darauf eine
Silberlösung, welche auf die Art bereitet wird, daß man salpetersaures Silberoxyd
nach und nach zu Ammoniak hinzufügt, bis ein brauner Niederschlag zu entstehen
anfängt, und dann die Flüssigkeit filtrirt. Für jeden Quadratyard zu versilbernde
Glasfläche benutzt man eine Quantität dieser Losung, welche 20 Grm. salpetersaures
Silberoxyd enthält, vermischt dieselbe aber noch mit einer Lösung von 14 Grm.
Seignettesalz, und fügt dann nöthigenfalls noch so viel Wasser hinzu, daß das
Gewicht der gemischten Flüssigkeit 60 Grm. beträgt. Eine bis zwei Minuten nach der
Bereitung dieser Flüssigkeit wird dieselbe trübe; man gießt sie dann sofort über die
Glasplatte, welche vorher mit dem einen Rande höher gelegt ist, so daß sie eine
Neigung von etwa 1 zu 40 hat. Die Flüssigkeit wird längs des oberen Randes auf die
Platte gegossen, in der Art, daß sie gleichmäßig auf derselbenherunterfließt. Nachdem dieß
geschehen ist, bringt man die Platte in eine horizontale Lage, und erhält sie bei
einer Temperatur von 68° F. (20° C.). Das Silber beginnt nun in 2
Minuten sich auszuscheiden: vor Ablauf von 10 Minuten ist die Platte damit bedeckt,
und nach 30 Minuten ist eine hinreichende Menge Silber auf derselben abgelagert,
nämlich 2 Grm. Silber per Quadratyard, was für die
meisten Zwecke ausreichend ist. Die Flüssigkeit wird dann von der Platte abgegossen
und das darin enthaltene Silber wieder daraus abgeschieden. Die versilberte
Glasfläche wird gewaschen, indem man 4 bis 5mal Wasser darauf gießt, worauf man sie
hinstellt und trocken wergen läßt. Nach dem Trocknen wird sie mit einem Firniß
überzogen, welcher aus 20 Th. Dammarharz, 5 Th. Asphalt, 5 Th. Gutta-percha
und 75 Th. Benzin bereitet wird. Nach dem Trocknen dieses Firnisses kann der so
erzeugte Glasspiegel eingerahmt und benutzt werden.
Nachdem eine Glasfläche in dieser Art versilbert worden ist, kann man auf
galvanischem Wege die Silberschicht mit Kupfer überziehen; dieß geschieht jedoch
nicht, wenn man ein versilbertes Glas haben will. Wenn aber Kupfer in beträchtlicher
Dicke auf das Silber abgelagert wird, läßt sich dasselbe nachher als Platte von dem
Glase ablösen (dieß geht leicht von Statten, wenn die Kupferschicht dick ist), und
nimmt dabei das Silber mit sich. Auf diese Art kann man versilberte Kupferplatten
herstellen. Das beschriebene Verfahren der Versilberung kann man auch benutzen, um
galvanoplastische Formen leitend zu machen. Man kann das Silber auch vom Glase auf
Papier, Gewebe etc. übertragen, indem man die versilberte Fläche mit einer Lösung
von einem Th. Schellack in 6 bis 10 Th. Holzgeist überzieht, nach dem Trocknen
dieses Ueberzuges eine Lösung von 1 Th. Leim in 6 bis 10 Th. Wasser darauf gießt,
diesen Ueberzug gallertartig werden läßt, dann das Papier etc. darauf legt, das
Ganze zusammenpreßt, trocken werden läßt, und endlich das Papier von der Glasfläche
abzieht, wobei das Silber daran hängen bleibt. – Patentirt in England am 13.
März 1861. (London Journal of arts, December 1861, S.
340; polytechnisches Centralblatt, 1862 S. 219.)
L. Berlandt's Verfahren, aus
kupferhaltigem Silber reines Silber zu gewinnen.
Das kupferhaltige Silber wird in reiner Salpetersäure aufgelöst und die Lösung zur
Entfernung der überschüssigen Säure zur Trockene abgedampft. Je eine Unze des
resultirenden Salzes wird dann in circa 5 Unzen
destillirtem Wasser aufgelöst, die Lösung filtrirt, hierauf mit 14 Unzen einer
Auflösung von 5 1/2 Theilen schwefelsaurem Eisenoxydul in 8 1/2 Unzen Wasser
vermischt und gut umgerührt. Der feine weißgraue Absatz, welcher noch mit sehr
verdünnter Schwefelsäure, dann mit destillirtem Wasser gut ausgesüßt wird, besteht
aus chemisch reinem Silber. (Archiv für Pharmacie, Bd. CLV S. 279.)
Dalpiaz's sogenanntes Preston-Salz.
Zur Anfertigung desselben wird hell durchscheinendes kohlensaures Ammoniak, dem Raume
nach etwa 1 Kubikcentimeter, zu kleinen Stückchen zerbrochen und in Gläser mit
weiter Oeffnung gefüllt; darnach wird, um alle Zwischenräume auszufüllen, eine
hinreichende Menge von nachstehender Mischung aufgegossen: 4 Unzen starke
Aetzammoniakflüssigkeit (Liquor ammon caust. duplex), 25
Tropfen Bergamottöl, 10 Tropfen Rosenöl, 10 Tropfen Zimmetöl, 10 Tropfen
Gewürznelkenöl und 15 Tropfen Lavendelöl. Das unzerfallene kohlensaure Ammoniak
absorbirt sehr schnell concentrirte Ammoniaklösung, verbindet sich damit zu einer
zusammenhängenden festen Masse, welche die Gläser durchgehends erfüllt und sich
lange Zeit erhält. Dieses Festwerden findet schon nach Verlauf von 2 Tagen statt,
während welcher Zeit man die Gläser der Ruhe überlassen muß. Wendet man ein
theilweise zerfallenes Salz an, so tritt das Festwerden auch nach langer Zeit nicht
ein. Wahrscheinlich bildet sich im ersteren Falle ein im höheren Grade basisches
Carbonat, welches zu
seiner Constituirung gewisse Aequivalente Wasser bedarf. (Casselmann's
„Apotheker.“ 1861. S. 173.)
Ueber Sandelholzroth; von Dr. Sauerwein.
Nach Dussauce (polytechn. Journal Bd. CLXI S. 159) soll
man aus Sandelholz in folgender Art eine schön rothe, gegen Licht und Luft sehr
beständige Farbe darstellen. Das gemahlene Sandelholz zieht man bis zur Erschöpfung
mit Alkohol aus, und fügt dem alkoholischen Auszuge Bleioxydhydrat in Ueberschuß
hinzu. Der Niederschlag, in welchem nachher der Farbstoff in Verbindung mit Bleioxyd
sich befindet, wird auf einem Filter gesammelt, mit Alkohol gewaschen und
getrocknet. Dann löst man ihn in Essigsäure, und vermischt diese Lösung mit
überschüssigem Wasser, wodurch der Farbstoff, da er in Wasser unlöslich ist, sich
niederschlägt, während essigsaures Bleioxyd gelöst bleibt. Der Niederschlag, nach
Dussauce reines Santalin, wird ausgewaschen und
getrocknet, worauf er die beabsichtigte rothe Farbe darstellt. Es wurde bei einem
angestellten Versuche genau nach dieser Vorschrift verfahren, und dabei ein zwar
ganz angenehm gefärbtes Pulver erhalten, allein die Farbe ist doch nicht so
brillant, um den Kosten der Bereitung zu entsprechen. Ob der Niederschlag wirklich
reines Santalin ist, mag dahin gestellt seyn; beim Auflösen in Weingeist und
langsamen Verdunsten der filtrirten Lösung wurden wenigstens keine Krystalle
erhalten; es schied sich aus der Lösung eine amorphe, harzige Masse aus.
(Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins.)
Ueber die zweckmäßigste Bereitungsweise des Binitronaphtalins;
von L. Troost.
Zur Gewinnung schöner Farbstoffe aus dem Binitronaphtalin unter Mitanwendung
geeigneter Reductionsmittel ist die erste Bedingung die Reindarstellung des
Binitronaphtalins. Der Verfasser bereitete dasselbe anfangs dadurch, daß Naphtalin
nach und nach in rauchende Salpetersäure eingetragen wurde. Die Masse erhitzt sich
dabei und entwickelt reichliche rothe Dämpfe. Außer diesem Uebelstande und einem
erheblichen Säureverlust ist bei diesem Verfahren noch der Nachtheil, daß man
Bi- und Trinitronaphtalin erhält, welches oft noch mit Nitronaphtalin
vermischt ist, und daß man daher das Product nachher noch reinigen muß, z.B. durch
Alkohol. Man erhält schon ein besseres Resultat, indem man die rauchende
Salpetersäure nach und nach zum Naphtalin fließen läßt, welches in einem äußerlich
abgekühlten Gefäße enthalten ist. Es entsteht dann weniger Trinitronaphtalin, aber
man verliert noch viel Säure. Dieses Verfahren ist also ebenfalls technisch nicht
geeignet, wogegen die folgende Methode durchaus empfohlen werden kann.
Man bereitet zunächst Nitronaphtalin, indem man das Naphtalin mit einer Mischung von
gewöhnlicher und rauchender Salpetersäure von 44° B. behandelt, welche in
einem abgekühlten Gefäße enthalten ist, so daß eine Erhitzung und die Entwickelung
von salpetrigsauren Dämpfen vermieden wird. Die Säure, welche schon einmal benutzt
worden ist, kann wieder brauchbar gemacht werden, indem man concentrirte Säure
hinzufügt, so daß die Mischung wieder die hinreichende Stärke erlangt. Die
krystallinische Masse, welche durch Einwirkung der Säure auf das Naphtalin in der
Kälte erzeugt worden ist, läßt man abtropfen, und bringt sie dann in höchst
concentrirte Salpetersäure von 50° B., die ebenfalls in einem abgekühlten
Gefäße enthalten ist. Sie zertheilt sich hier wie gebrannter Kalk in Wasser und
verwandelt sich in eine blaßgelbe krystallinische Masse, welche den ganzen Raum des
Gefäßes ausfüllt. Diese Masse ist, wenn man die Mischung gut abgekühlt hat, reines
Binitronaphtalin.
Die Salpetersäure von 50° B. muß eigens dargestellt werden, denn die rauchende
Salpetersäure des Handels zeigt nur 48° B. und kann die stärkere Säure nicht
ersetzen. (Aus dem Technologiste, durch polytechnisches
Centralblatt, 1861, S. 1596.)
Winkel aus gehärtetem Kautschuk zum Gebrauch für Zeichner; von
C. Karmarsch.
Das durch Schwefelzusatz gehärtete und hornartig gemachte Kautschuk oder sogenannte
hornisirte Gummi, woraus seit mehreren Jahren mannichfaltige Gegenstände hergestellt
werden (Kämme, Spazierstöcke, künstliches Fischbein etc.), hat eine neue nützliche
Anwendung gefunden durch den Mechaniker J. Lohmeier in
Hamburg, welcher es zu Winkeln (Dreiecken) für Zeichner verarbeitet. Von solchen
Winkeln liegen dem Verf. verschiedene Exemplare vor, welche durch ihre sehr saubere
und genaue Zurichtung das höchste Lob verdienen, wie sie auch vermöge des ihnen
eigenen Grades von Elasticität in Verbindung mit der erforderlichen Steifheit und
Härte als äußerst zweckmäßig für den Gebrauch sich darstellen. Die fein matte
schwarze Farbe giebt ihnen ein recht gefälliges, dem des Ebenholzes ähnliches
Ansehen. An Dauerhaftigkeit stehen sie voraussichtlich in bedeutendem Vortheile
gegen hölzerne Winkel, weßhalb der etwas höhere Preis, den der höhere Werth des
Stoffes, sowie die ziemlich weitläufige Arbeit des Pressens, Feilens, Schleifens und
Justirens unvermeidlich macht, kein Hinderniß für die bereitwillige Aufnahme unter
dem zeichnenden Publicum seyn dürfte. Die Preise dieses empfehlenswerthen neuen
Artikels sind folgende:
a) Gleichschenkelige Winkel von 90° und
45°.
Seitenlänge
10 bis
12 Centim.
(etwa 4 bis 5 Zoll)
12 Sgr.
„
14 „
(5 3/4 Zoll)
18 „
„
17 „
(7 Zoll)
24 „
„
20 „
(8 1/4 Zoll)
36 „
b) Ungleichschenkelige Winkel von 90°, 60°
und 30°.
Länge
der
größeren
Seite
10 bis
12 Centim.
(4 bis 5 Zoll)
12 Sgr.
„
„
„
„
19 „
(7 3/4 Zoll)
24 „
„
„
„
„
26 bis
27 „
(etwa 11 Zoll)
36 „
Bei Abnahme in Duzenden erbietet Hr. Lohmeier sich, 15
Proc. Rabatt zu gewähren. (Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins, 1861, Nr.
10 und 11.)
Gebisse von gehärtetem Kautschuk.
Die ebenso interessante wie technisch wichtige Erfindung, aus einer Verbindung von
Kautschuk mit Schwefel eine harte hornartige Substanz zu erzeugen, welche den Namen
„gehärtetes oder hornisirtes Kautschuk“ führt und zu
vielerlei Gegenständen, besonders Kämmen, Spazierstöcken, Messerheften,
Schirmgestellen u. dergl., verarbeitet wird, hat auch in die Ateliers der Zahnärzte
bedeutenden Eingang gefunden, welche diese Masse zur Anfertigung künstlicher Gebisse
verwenden, die sonst nur von Gold oder Platin hergestellt wurden. Theils wegen des
wohlfeileren Materials, theils wegen der viel leichteren und bequemeren Herstellung
können solche Gebisse zu einem mäßigen Preise geliefert werden, und dennoch besitzt
die Masse eine solche Härte und Zähigkeit, daß die daran befestigten künstlichen
Zähne ungemein fest sitzen.
Um aber der Masse die wünschenswerthe Fleischfarbe zu ertheilen, giebt man ihr einen
Zusatz von Zinnober, und es hat sich nun im Publicum die Befürchtung verbreitet, als
könnten giftige oder doch nachtheilige Folgen daraus entstehen. Ganz abgesehen aber
davon, daß der Zinnober seiner völligen Unauflöslichkeit wegen nicht zu den
eigentlich giftigen Stoffen gehört, ist er auch in dem vorliegenden Falle mit der
Kautschukmasse so fest und innig verbunden, daß, wenn er auch giftig wäre, unmöglich
eine nachtheilige Wirkung von ihm hervorgebracht werden könnte. Bedient man sich
doch auch zum Plombiren der Zähne verschiedener Metalllegirungen, welche einen nicht
unbedeutenden Zusatz von Quecksilber enthalten, und dennoch nicht die geringsten
giftigen Wirkungen machen. Die Substanz der Kautschukgebisse besitzt eine solche
Härte und Festigkeit, daß sie im Munde keiner Abnutzung unterliegt, wie denn auch
derartige Gebisse nach zweijährigem Gebrauch (die Erfindung ist noch nicht länger
bekannt) sich noch ganz unversehrt zeigen, als wären sie erst soeben aus der Hand
des Arbeiters hervorgegangen.
Es wäre in der That sehr zu bedauern, wenn ein so unbegründetes Vorurtheil, wie das
in Rede stehende, der allgemeineren Einführung solcher aus gehärtetem Kautschukangefertigten Gebisse
hinderlich in den Weg träte. (Monatsblatt des hannoverschen Gewerbevereins.)
Patentirtes Verfahren, an Geweben mit Kettenfiguren einen
größeren Farbenwechsel zu erzielen, als es der Kettenscherung nach möglich ist; von
J. G. Schmidt, Fabrikant in Chemnitz.
Um bei Stoffen, bei denen der Grund von dem Einschlage und die Figuren von der Kette
gebildet werden, durch die letztere einen größeren Farbenwechsel hervorzubringen,
als es der Kettenscherung nach möglich ist, oder um mit denselben Kettenfäden,
welche die Figuren in der einen Farbe bilden, auch Figuren in der anderen Farbe
darzustellen, wendet man nachstehend beschriebenes, am 24. September 1861 im
Königreich Sachsen patentirtes Verfahren an.
Angenommen, man wolle die Figuren abwechselnd weiß und schwarz bilden, so schere man
zuerst eine ganz weiße Kette, und zwar, wenn sich der Farbenwechsel auf der ganzen
Breite des Stoffes zeigen soll, so breit als es diese Breite erfordert. Will man
jedoch den Farbenwechsel bloß auf einzelne Theile des Stoffes anwenden, so schere
man nur die dazu erforderlichen Kettentheile, und ergänze später die Breite der
Kette. Hat man diese fertig, so bezeichnet man an derselben der Länge nach genau die
Punkte, wo die Figur, wie angenommen, weiß werden soll, umwickelt die abgezeichneten
weißbleibenden Theile sorgfältig mit Bindfaden und zwar der Art, daß die
freigebliebenen Theile, wie angenommen, schwarz gefärbt werden können, ohne daß die
Farbe in die umwickelten und auszusparenden Theile eindringen kann. Auf diese Weise
erhält man eine Kette, welche der Länge nach auf einem gewissen Theile weiß bleibt
und auf anderen Theilen schwarz erscheint.
Ist die Kette so weit vorbereitet, so wird sie auf den Webstuhl gebracht und derart
zum Weben bereit gestellt, daß, wenn zuerst die weiße Figur gebildet werden soll,
auch der weiß gebliebene Theil der Kette und ebenso beim Jacquardstuhle diejenigen
Karten vorliegen müssen, welche die weiße Figur bilden. Nun wird das Weben begonnen
und fortgesetzt, bis die weiße Figur gebildet ist. Ist nun nach unserer Annahme der
weiße Theil der Kette verarbeitet, so müssen auch die Karten, welche die weiße Figur
bilden, geendet haben.
Hierauf wird von der Kette der nächste schwarze Theil ebenso bereit stehen, wie
diejenigen Karten, welche die schwarze Figur bilden, und so wird auch dieser Theil
abgewebt. Ist dieß geschehen, so tritt wieder eine weiße Figur nebst den
betreffenden Karten ein, dann wieder eine schwarze Figur und so fort, bis die Kette
völlig abgewebt ist.
Doch ist hierbei noch zu bemerken, daß die Figuren, der Länge nach, in einiger
Entfernung von einander stehen müssen; der Zwischenraum wird dann vom Grunde
gebildet, und die Kettenfäden müssen von dem Einschlage gut verdeckt werden, um die
Stellen, wo der Farbenwechsel eintritt, auf der rechten Seite des Stoffes nicht
sichtbar werden zu lassen. Denn es ist weder beim Färben, noch beim Weben möglich,
den Farbenwechsel so scharf abzugrenzen, daß er auf einer
Linie der Kette liegt; doch bewegen sich die Farbenanfänge und die Enden innerhalb
einer Grenze von 3 bis 4 Zoll.
Ebenso wie Weiß und Schwarz, läßt sich auch jede andere Farbe in beliebiger
Abwechselung, lassen sich nicht nur zwei, sondern drei und mehr Farben abtheilen,
färben und anwenden.
Das vorliegende Verfahren gewährt den Vortheil, daß man zu einem solchen mehrfarbigen
Stoffe nicht mehr Material als zu einem einfarbigen braucht, daß man eine
festverbundene Waare erzielt und der Farbenwechsel die verschiedensten
geschmackvollen Veränderungen ermöglicht. (Sächsische Industriezeitung, 1861, Nr.
48.)