Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. , S. 394 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Die optische Anstalt der Herren Voigtländer und Sohn in Braunschweig.
In der optischen Anstalt der Herren Voigtländer und Sohn,
welche dieselben mit Beibehaltung einer Commandite in Wien vor 13 Jahren nach
Braunschweig verlegten, war schon Ende des verflossenen Jahres das zehntausendste photographische Instrument vollendet
worden; zur Feier dieses Ereignisses gab der Chef der genannten Firma, Herr Friedrich Voigtländer, am 22. Februar d. J. seinem
gesammten Personale in den Räumen des „Odeon“ zu Braunschweig
ein Fest, für welches das zehntausendste Objectiv, eines der größten Sorte,
zurückgehalten und im Saale aufgestellt worden war.
Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß sich Daguerre bei Anwendung seiner wundervollen Entdeckung wegen Mangels an
hinreichend lichtstarken Objectiven auf die photographische Aufnahme lebloser
Gegenstände beschränkt sah, und die Erzeugung von Portraits in jener Zeit in das
Reich der frommen Wünsche gehörte; weniger bekannt aber dürfte es in größeren
Kreisen seyn, daß dieß Problem erst im Jahre 1841 durch das Auftreten der Herren Voigtländer und Sohn mit ihren
nach der Berechnung des Herrn Professor Petzval
construirten Objectiven von großer Lichtstärke gelöst wurde, und daß sonach diese
Herren als die Gründer einer neuen Aera in der Photographie erscheinen, da diese
erst von jenem Zeitpunkt an nach und nach die jetzige große Ausdehnung gewann. Die
Leistungen der genannten Herren wurden damals allgemein anerkannt, und empfingen
dieselben unter anderen Auszeichnungen von Paris, wohin sie die ersten mit diesen
Instrumenten erzeugten Portraits sandten, eine eigens für sie geprägte Medaille.
Es war natürlich, daß das anfängliche Monopol des Etablissements in Anfertigung
solcher Apparate nach und nach einer in allen Ländern eröffneten Concurrenz weichen
mußte, allein bis auf den heutigen Tag haben die Instrumente der Herren Voigtländer und Sohn, welche
allen diesen Nachahmungen mehr oder weniger als Modell dienten, ihren alten Ruf
bewahrt, und dürfte dafür der durchschlagendste Beweis in der oben erwähnten Zahl
der bis jetzt angefertigten Instrumente sowie in dem Umstande zu finden seyn, daß
sie in allen ersten Ateliers der Welt, und besonders in Paris, als dem Hauptsitze
der Concurrenz, angetroffen werden, wo sie noch dazu viermal theurer sind als selbst
die besseren der dort erzeugten.
Von dem richtigen Grundsatze geleitet, daß es in keinem Geschäfte, welche Höhe es
auch immer erreicht haben mag, einen Stillstand gebe, haben die Herren Voigtländer und Sohn erst
kürzlich einige Neuerungen und Verbesserungen an ihren Instrumenten angebracht,
denen hauptsächlich die jetzt so bedeutende Ausdehnung des Geschäftes zuzuschreiben
ist, denn während sich die erwähnte Zahl von 10,000 Apparaten auf den Zeitraum von
20 Jahren vertheilt, fallen davon allein 1200 auf das abgelaufene Jahr, und nur die
Beschränkung an Arbeitskräften verhinderte die Anfertigung einer noch größeren Zahl,
da es sich nicht um die Aufträge, sondern lediglich um die Möglichkeit der
Ausführung derselben handelt. Um den sich immer mehr häufenden Aufträgen Genüge
zuleisten, wurde die
Anstalt so eben durch einen Neubau bedeutend vergrößert, sowie eine Dampfmaschine
aufgestellt, und es geht das schon jetzt zahlreiche Arbeiterpersonal einer
bedeutenden Vermehrung entgegen, so daß in diesem Jahre auf die Anfertigung von 2000
Objectiven gerechnet wird.
Außer diesen photographischen Apparaten beschäftigt sich das Etablissement noch in
ähnlicher Ausdehnung mit Anfertigung der ebenfalls von den Herren Voigtländer u. Sohn zuerst
construirten Perspective mit achromatischen Ocularen, für Theater- und
Feldgebrauch, ganz besonders auch für den Gebrauch auf Schiffen, die sich namentlich
in England eines großen Rufes erfreuen und dort unter dem Namen der
„Voigtländer“ bekannt sind.
Es würde zu weit führen, auf weitere Einzelnheiten der Leistungen des Instituts
einzugehen, doch kann bemerkt werden, daß schon vor 25 Jahren der jetzige Inhaber
des Geschäfts, Hr. Friedrich Voigtländer, sein Augenmerk
speciell auf die Anfertigung von Fernröhren nach seiner Berechnung richtete, welche
nach Briefen und bekannt gewordenen Urtheilen von Gauß,
Schumacher und Anderen, den Fraunhoferschen
Fernröhren nicht nur gleichgestellt werden mußten, sondern dieselben in einzelnen
Eigenschaften sogar übertrafen.
Der jetzige Inhaber des Geschäfts, welches vor mehr als hundert Jahren durch dessen
Großvater gegründet wurde und vor 26 Jahren von seinem Vater auf ihn übergieng,
wußte demselben namentlich durch seine Verbindungen mit dem Auslande die
gegenwärtige Bedeutung sowie zugleich auch dadurch die sicherste Basis zu geben, daß
Agenturen an allen bedeutenden Plätzen Europa's und Amerika's errichtet, sowie mit
einigen Firmen für ganze Länder Contracte abgeschlossen wurden für Lieferungen von
Apparaten zu einer bestimmten Höhe des Betrages und für eine Reihe von Jahren. Wir
begegnen mithin hier der so seltenen Zusammenwirkung zweier Factoren, nämlich
künstlerischer Leistungen mit kaufmännischem Betriebe.
E. Semper's
Wolltrockenmaschine.
In diesem Bande des polytechn. Journals wurde S. 89 die
Beschreibung der vom Civilingenieur E. Semper in Görlitz
construirten Maschine zum Trocknen von Wolle und Baumwolle mitgetheilt. Dem Wunsche
des Erfinders entsprechend, tragen wir hiemit nach, daß ihm diese Maschine nicht
allein in Sachsen, sondern auch in Preußen, Oesterreich, Belgien, Schweden und
Norwegen patentirt ist, und bereits in verschiedenen Exemplaren sich im Betriebe
befindet.
Die Redaction.
Keilförmige Treibriemen.
Um das Gleiten der Riemen auf den Scheiben zu verhindern, ohne dieselben übermäßig
anspannen zu müssen, gibt ihnen W. Clissold nach einer im
Lond. Journ. veröffentlichten Patentbeschreibung
einen Vförmigen Querschnitt, und versieht die Scheiben
auf ihrem Umfange mit ähnlich geformten Ausschnitten. Der Riemen reibt sich mit
seinen abgeschrägten Seitenflächen an den Seitenflächen der Ausschnitte, und bedarf
hierbei, um die Scheibe mitzunehmen oder von derselben mitgenommen zu werden, keiner
erheblichen Spannung. Die Riemen werden aus einer Anzahl übereinandergelegter
Lederstreifen zusammengesetzt, welche nach unten schmäler werden; die Enden der
einzelnen übereinanderliegenden Riemen sind schräg aneinander gestoßen und die Stöße
gegeneinander versetzt. Die Verbindung der einzelnen Riemenstreifen untereinander
geschieht durch Metallschrauben. Bei größeren Kraftübertragungen kann man sich eines
doppelten (d.h. zweier neben einander liegenden) Riemens, der in zwei Spuren VV geht, bedienen. Noch ist zu erwähnen, daß man
statt des Leders abwechselnd Lagen von Leder und einem Gewebe oder Kautschuk und
Gutta-percha in vulcanisirtem Zustande verwenden kann.
Neuere Formmethoden.
In der Ruffer'schen Maschinenfabrik in Breslau werden Zahnräder ohne Modell auf die Weise geformt, daß man eine
stehende Welle in den vorher festgestampften Sandboden einsenkt, und als Drehachse
für ein gußeisernes Rahmenstück benutzt, an dessen äußerem Ende ein Formstempel in
einer senkrechten Führung auf- und abwärts geschoben werden kann. Man sticht
mittelst dieses Stempels die Zähne einzeln oder paarweise aus, und dreht den Rahmen
jedesmal um einen entsprechenden Theil weiter. Durch eine Theilscheibe auf der
Drehachse wird das Rahmenstück mittelst eines federnden Stiftes in seinen Stellungen
fixirt. Zum Formen der Radspeichen dient ein Modell. – In der Maschinenfabrik
von Lasswitz u. Comp. in
Breslau werden die Kerne bei der Rohrförmerei aus
gewöhnlichem Formsand in der Weise hergestellt, daß man eine hohle gußeiserne
Kernspindel, mit Löchern und Stacheln versehen, in den zweitheiligen Kernkasten
legt, mit Sand unterstampft und überdeckt, dann mit einer Chablone abzieht. Nachdem
der Kern eingelegt, kann das Rohr sofort gegossen werden. Man wendet diese Methode
bei allen Rohrdimensionen von 2 Zoll Durchmesser und 6 Fuß Länge bis zu 8 Zoll
Durchmesser an. (Studienreise der Studirenden des königl. Gewerbe-Institutes
zu Berlin. Berlin 1859.)
Lang's Verfahren zum Verschmelzen von
Eisenfrischschlacken.
In diesem Bande des polytechn. Journals wurde S. 116 das
Verfahren von Lang zum Verschmelzen der Frischschlacken
mitgetheilt. Bezüglich desselben hat Hr. Reinhold v. Reichenbach folgendes Schreiben an das Secretariat des österreichischen
Ingenieurvereins gerichtet:
„Im Jahrgange 1861 der Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins
findet sich S. 137 die nähere Beschreibung eines den HHrn. Fr. Lang und A. Frei
privilegirten Verfahrens zum Verschmelzen der Frischschlacken, welche in allen
wesentlichen Punkten genau übereinstimmt mit jenem Verfahren, das von dem
Unterzeichneten für denselben Zweck bereits vor 8 Jahren, nämlich im Jahrgang
1853 der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen S. 301
unter der Aufschrift: „über das Zugutemachen der
Frischschlacken“ ausführlich begründet und öffentlich in
Vorschlag gebracht worden ist. Auch wurde dort am Schlusse bemerkt, daß dieselbe
Beschickungs- und Schmelzungsmethode auf manche natürliche Eisenerze
gleichfalls mit Vortheil anzuwenden seyn wird. Unter diesen Umständen dürfte der
berührte Gegenstand kaum mehr privilegirbar erscheinen, nachdem ihm das
erforderliche Prädicat der Neuheit offenbar abgeht, wenn auch das wirkliche
Verdienst der ersten praktischen und gelungenen Ausführung weder in Abrede
gestellt, noch irgend Jemanden geschmälert werden will. Mit dem höflichen
Ersuchen, dieses Sachverhalten zur gefälligen Kenntniß nehmen zu wollen,
zeichnet hochachtungsvoll.
Wien, den 14. Juli 1861.
Reinhold v. Reichenbach,Ingenieur.“
Ueber die Abscheidung des Vanadiums aus Eisenerzen; von H. Deville.
Bei Gelegenheit der Untersuchung eines vanadinhaltigen Eisenerzes aus der Gegend von
Toulon hat Deville folgendes Verfahren zur Abscheidung
des Vanadiums in der Form von Vanadinsäure als erfolgreich in Ausführung gebracht.
Um das Vanadium aus den betreffenden Eisenerzen abzuscheiden, zieht man durch
Salzsäure daraus den Kalk aus, pulverisirt und mischt es mit der Hälfte seines
Gewichtes Aetznatron, befeuchtet mit etwas Wasser, damit das Natron die Masse
gleichmäßig durchdringe, und erhitzt sie in einem gußeisernen Gefäße bis zum
Rothglühen. Man laugt hierauf die Masse mit kochendem Wasser aus, filtrirt das
feinzertheilte Eisenoxyd ab, und leitet durch das Filtrat Schwefelwasserstoffgas,
wodurch anfangs die Thonerde gefällt wird, dann aber die Lösung sich langsam
dunkelroth färbt (wie übermangansaures Kali), indem sich Natronsulfovanadatbildet. Die Lösung gibt
mit Schwefelsäure oder Essigsäure beim Kochen einen Niederschlag von braunem
Schwefelvanadium, das durch Rothglühen sich in geschmolzene Vanadinsäure
umwandelt.
Die schönen Farben, welche die Vanadinverbindungen zeigen, lassen vermuthen, daß es
auf billigere Weise und in größerer Menge als bisher dargestellt, technische
Verwendung, wie etwa in der Porzellanfabrication, wird finden können. (Journal für
praktische Chemie, Bd. LXXXIV S. 255.)
Das Amalgamiren galvanischer Zinkelemente.
Diese Operation ist eine für den Physiker, Telegraphisten und Galvanoplastiker
überaus lästige Arbeit, so daß jede kleine Erleichterung derselben wünschenswerth
erscheint. Bei der gewöhnlichen Methode, wo man das Quecksilber durch Aufgießen und
Vertheilen mit dem Finger oder einem Wergbäuschchen auf der vorher mit verdünnter
Schwefelsäure abgebeizten Zinkfläche zu vertheilen sucht, ist es schwierig, die
Quecksilberkügelchen aufzufassen und aufzutragen, eben weil sie an dem Werg nicht
haften. Die Säure greift außerdem die Haut an, die längerdauernde Berührung mit dem
Quecksilber könnte vielleicht sogar nachtheilig wirken. Außerdem wird leicht
Quecksilber verschüttet, oder wenigstens unnöthig viel aufgetragen. Bei Gelegenheit
der Darstellung des elektrischen Lichtes waren 70 große ringförmige Zinkelemente zu
amalgamiren. Dieß gelang überraschend schnell und vollständig, indem man dieselben
zuerst in einer Zelle mit sehr verdünnter Schwefelsäure so lange stehen ließ, bis
ein kräftiges Aufbrausen eintrat, und alsdann mit einer gewöhnlichen
Metalldraht-Kratzbürste, die vorher ebenfalls in Säure getaucht worden war,
das in einer Schale enthaltene Quecksilber aufnahm und einrieb. Die sich rasch
amalgamirenden Messingdrähte boten dem Quecksilber vollständige Adhäsion und
entfernten gleichzeitig durch ihre Reibung die fester sitzenden Oxydtheilchen. In
wenig Stunden und mit einem sehr kleinen Aufwande von Quecksilber waren die ganzen
Zinkelemente amalgamirt. Dr. H. Schwarz. (Breslauer Gewerbeblatt, 1862, Nr. 2.)
Anwendung des Schwefelcadmiums für die technische
Feuerwerkerei; von C. Uhden.
Ich habe Versuche über die Anwendbarkeit des Schwefelcadmiums für die technische
Feuerwerkerei gemacht, da das Cadmium mit brauner Farbe verbrennt. In folgendem
Satze verbrennt das Schwefelcadmium mit sehr schöner weißer Flamme, welche mit einem
prachtvoll blauen Rande umgeben ist:
Salpeter
20 Theile
Schwefel
5 „
Schwefelcadmium
4 „
feine Kohle
1 „
Dieser Satz läßt sich zu Leuchtkugeln und Lichtern
verwenden.
Herford, den 24. Februar 1862.
Giftfreies Ultramaringelb.
Eine bisher wenig gebräuchliche Farbe, die man sonderbarer Weise Ultramaringelb genannt hat, kommt in einer Verpackung in
den Handel, welche die ausdrückliche Bezeichnung „giftfrei“
trägt. In Folge dieser Bezeichnung ist sie auch zum Färben von Conditorwaaren
verwendet worden, die dann aber gar nicht unbedenkliche Gesundheitsstörungen
hervorgerufen haben, da diese Farbe durchaus nicht giftfrei, sondern entschieden
schädlich ist. Sie besteht nämlich aus chromsaurem Baryt und chromsaurem Kalk, ist
alsozwar nicht, wie
die bisher gebräuchlichen gelben Chromfarben (chromsaures Bleioxyd und chromsaures
Zinkoxyd), wirklich giftig, die chromsauren Salze sind aber als solche, nicht bloß
in Folge Metallgehalts, absolut schädlich, und um so schädlicher, je leichter
löslich sie sind. Die fragliche Farbe ist aber schon in Wasser etwas, in den
schwächsten Säuren leicht löslich, sie kann daher leicht schädlicher werden als das
schwer lösliche Chromblei. Die Bezeichnung dieser Farbe als giftfrei ist also nicht
gerechtfertigt und ihre Verwendung zum Färben von Eßwaaren durchaus unstatthaft.
(Verhandlungen des nieder-österreichischen Gewerbevereins.)
Rother Farbstoff aus dem Kreosot, nach Kolbe.
Der Verf. beschreibt in den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXIX S. 169, einen
Farbstoff von orangerother Farbe, der sich in den Lösungen der Alkalien mit
prachtvoller Purpurfarbe löst. Er bildet sich beim Erhitzen eines Gemenges von
Kreosot und Oxalsäure mit Schwefelsäure. Zur Färberei ihn zu verwenden gelang bis
jetzt nicht.
Ueber Luftfiltration.
Schon im J. 1854 haben Schröder und v. Dusch bewiesenPolytechn. Journal Bd. CXXXII S. 295., daß die atmosphärische Luft ihre Fähigkeit, in gewissen Substanzen Gährung
oder Fäulniß hervorzurufen, vollständig verliert, wenn man sie, ohne sie zu
erhitzen, durch ein mit Baumwolle locker gefülltes Glasrohr leitet; doch muß man die
hiezu dienende Baumwolle vorher einige Zeit hindurch im Wasserbade erwärmen. Diese
wissenschaftlich eben so interessante als praktisch höchst werthvolle Thatsache hat
Schröder durch fortgesetzte UntersuchungenAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CIX S. 35 und Bd. CXVII S. 273. noch genauer zu erforschen gesucht, und ist derselbe in neuester Zeit zu dem
bestimmten Resultat gelangt, daß die merkwürdige Wirkung der
Baumwolle, wie er bereits vermuthet hatte, in der That nur darauf beruht, daß
durch dieselbe die in der Luft befindlichen mikroskopischen Keime, welche allein die Schimmelbildung, die Bildung der Weinhefe,
des Milchsäureferments, des Ferments der Zersetzung des Harns etc. hervorzurufen vermögen, zurückgehalten werden. Gekochte
vegetabilische oder animalische Substanzen, heiß mit Baumwolle verschlossen, bleiben
unter derselben gegen jede Art von Gährung, Fäulniß oder Schimmelbildung vollkommen
geschützt, wenn alle entwicklungsfähigen Keime in denselben durch das Kochen
getödtet worden sind; denn diejenigen Keime, welche von der Luft zugeführt werden
könnten, werden durch die Baumwolle aus derselben abfiltrirt. Die Keime der meisten
vegetabilischen und animalischen Organismen werden durch bloßes Aufkochen der
Substanzen, in denen sie vorkommen, schon vollständig getödtet. Zur Tödtung aller
von der Luft zugeführten Keime reicht kurzes Aufkochen bei 100° C. ebenfalls
hin. Milch, Eigelb und Fleisch enthalten Keime, welche durch kurzes Aufkochen bei
100 Grad in der Regel nicht vollständig vernichtet sind. Kochen bei höherer
Temperatur, z.B. bei 2 Atmosphären Druck im Digestor, oder sehr lange fortgesetztes
Kochen bei 100 Grad reicht immer hin, auch diese Keime gänzlich zu zerstören. Keime
der Milch, des Eigelb, des Fleisches sind, auch wenn sie einer nicht allzulange
fortgesetzten Kochhitze bei 100 Grad ausgesetzt waren, noch fähig, sich als das
specifische Fäulnißferment, und nicht selten, wenigstens im Eigelb und Fleische, in
der Form langer, aber träger Vibrionen zu entwickeln. Dieses specifische
Fäulnißferment ist animalischer Natur. Es entwickelt und vermehrt sich auf Kosten
aller eiweißartigen Verbindungen. Es ist jedoch keiner Vermehrung fähig unter
Verhältnissen, welche alle Bedingungen vegetabilischer Bildung enthalten.
Ueber den Hoff'schen
Malzextract.
Nachdem in verschiedenen öffentlichen Blättern der sogenannte Hoff'sche Malzextract als Mittel gegen zahlreiche Körperleiden und zur
Kräftigung der Gesundheit überhaupt wiederholt angepriesen worden, hat eine
sorgfältige chemische Analyse desselben durch Sachverständige stattgefunden. Die
Untersuchungen ergaben, wie die N. Hannov. Zeitung berichtet, Folgendes: Der
sogenannte Hoff'sche Malzextract enthält in Procenten:
3,0 Weingeist, 0,2 Kohlensäure, 0,03 Hopfenbitter, 7,02 Malzextract, 89,75 Wasser.
Es sind demnach in demselben nur solche Bestandtheile enthalten, welche allgemein im
Biere vorkommen, und zwar in Verhältnissen, welche denen des Münchener Bieres nach
den darüber veröffentlichten Analysen nahe kommen. Es geht daraus zur Genüge hervor,
daß der vielgepriesene Hoff'sche Malzextract weiter
keinen Vorzug hat, als daß er völlig unschädlich ist, sonst aber mit den übrigen
Wundermitteln auf gleicher Stufe steht, die keinen anderen Nutzen stiften, als den,
ihren Erfinder reich zu machen. Zu bedauern ist nur, daß solche amtliche Analysen,
wie die von der N. Hannov. Zeitung veröffentlichte, in der Regel erst so spät,
nachdem ein großer Theil des Publicums bereits sein schweres Geld für das
Geheimmittel ausgegeben und der Verkäufer seinen Zweck erreicht hat, durch die
Presse der Oeffentlichkeit übergeben werden.
Ueber die Farbe der Briefoblaten.
Es ist keineswegs gleichgültig, mit welchen Farben die Brieboblaten versetzt sind,
denn man erweicht dieselben vor dem Gebrauch gewöhnlich im Munde, wobei leicht
Theilchen davon zurückbleiben, die dann in den Magen gelangen. Diese Umstände
bewogen Hrn. Prof. Wittstein in München, die
verschiedenen farbigen Oblaten auf Colorit theils selbst zu untersuchen, theils
durch Hrn. W. Müller aus Backnang untersuchen zu lassen.
Das Resultat war folgendes: Die rothen Oblaten, welche von allen Sorten am meisten
verwendet werden, scheinen auf den ersten Blick mit Zinnober gefärbt zu seyn, allein
es zeigte sich bei näherer Prüfung, daß nicht Zinnober, sondern Mennige (ein
Bleipräparat) darin ist, und zwar enthielt eine Sorte 42 Proc. (in einer Oblate fast
1 Gran), eine andere Sorte 25 Proc. davon! Die gelben Oblaten waren mit Chromgelb
(chromsaurem Bleioxyd) zu 14 Proc. gefärbt. Die grünen Oblaten enthalten den
sogenannten grünen Zinnober (ein Gemenge von chromsaurem Bleioxyd und Berlinerblau),
und zwar 13 1/2 Proc. aus den Chromgelbantheil. Die Menge des Berlinerblaus, als
einer unschädlichen Farbe, wurde nicht bestimmt. Von blauen Oblaten lagen 4 Sorten
vor, von denen drei mit Ultramarin und eine mit Berlinerblau gefärbt waren. Die
Berlinerblausorte und die dunkelste Ultramarinsorte enthielten keine andere
schädliche Farbe; in den beiden helleren Ultramarinsorten fand sich indessen auch
Bleioxyd, in der blassesten zu 7 1/3 Proc. als Bleiweiß, in der dunkleren nur eine
höchst geringe Menge. Es dürfte daher von einem absichtlichen Zusatze einer
Bleiverbindung zu dieser mittelblauen Sorte wohl keine Rede, sondern das Blei
zufällig dadurch hineingekommen seyn, daß man den Apparat, worin der Teig zu den
bleihaltigen Oblaten angemacht war, ohne vorherige sorgfältige Reinigung wieder zu
anderen Sorten benutzt hatte. Auch in rosarothen, violetten, fleischfarbigen,
braunen und weißen Oblaten konnte Blei, jedoch gleichfalls nur in Spuren
nachgewiesen werden, und es erklärt sich dieser Bleigehalt wohl ebenso wie bei der
einen Ultramarinsorte. Die Farbe der rosenrothen, violetten und fleischfarbigen
waren Lacke, die braune Sorte war durch Eisenocker gefärbt und die weiße bestand aus
bloßem Mehlteig. Diesen Untersuchungen gemäß ist bei dem Gebrauche der blaßblauen,
grünen, gelben und ganz besonders der rothen Oblaten die größte Vorsicht nöthig; und
es dürfte kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Verwendung giftiger Farben, wie
Mennige, Bleiweiß und Chromgelb, zum Färben der Oblaten von der Sanitätsbehörde
verboten werden muß. Am räthlichsten wäre es, sich nur der eines jeden
Farbenzusatzes entbehrenden, also der weißen Oblaten zu bedienen. (Durch
Verhandlungen d. nieder-österr. Gewerbevereins.)
Ueber Vertilgung der Schaben.
Die Vertilgung der Schaben, dieser unheimlichen Gäste, welche in so mancher Wohnung,
besonders der Küche, zu Milliarden sich einnisten und mit rapider Schnelligkeit sich
vermehren, bietet nicht geringe Schwierigkeiten. Die als wirksam empfohlenen Mittel,
Hinstreuen von pulverisirtem Borax, Bepinseln der Schlupfwinkel mit Chlorkalklösung,
helfen wenig. Selbst das Radicalmittel, brennender Schwefel, in solchen Räumen, z.B.
unter dem Feuerherd, die verschlossen werden können, scheint die Thiere nur zu
betäuben, aber nicht zu tödten, denn am nächsten Tage sind sie alle wieder da; ja
eine Hausfrau erzählte mir, daß sich unter den am andern Tage wieder erschienenen,
munter umherlaufenden, einige von der Schwefelung weiß gebleichte befanden.
Ein wirklich radicales Mittel aber bietet das bekannte Insectenpulver, auf
zweckmäßige Weise applicirt. Diese zweckmäßige Weise, eine recht sinnreiche neuere
Erfindung, besteht in der Anwendung eines kleinen Blasebalgs (Püsters), mittelst
dessen man das Insectenpulver in die Schlupfwinkel der Thiere hineinbläst. Wie die
Bewohner einer Stadt bei einem Erdbeben stürzen sie in wilder Flucht aus ihren
Löchern, und können so mit leichter Mühe zertreten werden, was jedenfalls sicherer
ist, als sie der tödtlichen Nachwirkung des Pulvers zu überlassen, die natürlich bei
den weniger getroffenen ausbleibt. Wem das Zertreten von Tausenden unschuldiger
Thiere widersteht, der fege sie, da sie halb gelähmt ihrer Bewegungen nicht mächtig
sind, mit einem Handbesen zusammen, schütte sie in ein Gefäß und tödte sie durch
Aufstreuen von Insectenpulver oder auf sonst beliebige Art.
Textabbildung Bd. 163, S. 400
Der Haupttheil des Apparates, außer dem Püster, besteht in einer kleinen Blechkapsel
nach vorstehender Skizze: a die Düse des Püsters, b die mit einem Kork zu verschließende Oeffnung zum
Einschütten des Insectenpulvers, c das Ausströmungsrohr,
d ein durchlöcherter Boden, auf welchem das
Insectenpulver liegt.
Erste Bedingung ist natürlich ein gutes, nicht durch längere Aufbewahrung in einer
Papiertüte verdorbenes Insectenpulver. (Monatsblatt des hannoverschen
Gewerbevereins, 1861, Nr. 11.)