Titel: | Ueber die Darstellung der essigsauren Thonerde aus schwefelsaurer Thonerde; von G. Lenssen. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XV., S. 55 |
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XV.
Ueber die Darstellung der essigsauren Thonerde
aus schwefelsaurer Thonerde; von G. Lenssen.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1862, Bd. LXXXV
S. 89.
Lenssen, über die Darstellung der essigsauren Thonerde aus
schwefelsaurer Thonerde.
Die Darstellung der essigsauren Thonerde geschieht in den Zeugdruckereien häufig in
der Art, daß die schwefelsaure Thonerde heiß gelöst und sodann der Bleizucker zur
heißen Lösung gesetzt wird. Man nimmt an, daß sich Al²O³, 3SO³ mit 3 Aeq. PbO, Ā zu 3PbO, SO³ und Al²O³, 3Ā umsetzen. Indessen treten dabei einige secundäre Reactionen ein,
welche bis jetzt unberücksichtigt geblieben sind, deren Mittheilung deßhalb von
Interesse seyn dürfte.
Herr A. Dollfus in Dornach theilte mir die eigenthümliche
Beobachtung mit, daß wenn man 1 Aeq. Al²O³, 3SO³ mit
etwa 2 1/2 Aeq. PbO, Ā heiß vermische, man eine
Flüssigkeit erhalte, die noch einen starken Ueberschuß an Bleisalz enthalte, und
daß, wenn man die schwefelsaure Thonerde zuvor mit 1 Aeq. NaO, CO² abstumpfe, die Lösung dadurch noch reicher an Bleisalzen
werde; dagegen durch Verminderung des Bleiacetates, um zu einem bleifreien Product
zu gelangen, zuweilen die ganze Masse gelatinire. – Da die essigsaure
Thonerde eine Hauptrolle in der Herstellung der Dampffarben spielt, und zu diesem
Zwecke bleifrei, aber auch bis zu einem gewissen Grade frei von SO³ seyn muß, so unternahm ich von diesen
Mittheilungen ausgehend eine Untersuchung, deren Ziel die geeignetste Methode zur
Darstellung der essigsauren Thonerde seyn sollte.
Ich stellte mir eine Lösung von chemisch reiner schwefelsaurer Thonerde und eine von
reinem neutralen essigsauren Bleioxyd dar. Erstere hatte das spec. Gew. = 1,051, die
zweite = 1,12. Die Beantwortung der folgenden Frage schien mir am nächstliegendsten
zu sein:
„Stimmt das äquivalente Zersetzungsverhältniß überein mit dem empirisch
ermittelten?“
10 Kub. Cent. der schwefelsauren Thonerde erforderten zur Zersetzung in der Kälte, so
daß im Filtrat des Niederschlags eine kleine Spur Blei mit Schwefelwasserstoff
nachweisbar war, in mehreren Versuchen = 8 Kub. Cent. Bleiacetatlösung; demgemäß
mußte die in 10 Kub. Cent. Thonerdelösung enthaltene Menge Sulfat und die in 8 Kub.
Cent. Bleizuckerlösung enthaltene Menge Acetat im Verhältniß von 1 Aeq. zu 3 Aeq.
stehen. Die quantitative Analyse mußte über diese Annahme entscheiden.
10 Kub. Cent. Thonerdelösung ergaben 1,0613 Grm. BaO,
SO³ (der frei von Al²O³ war), entsprechend = 0,3640 Grm. SO³.
8 Kub. Gent. Bleilösung gaben 0,9494 Grm. PbO. Das
Aequivalentenverhältniß verlangt aber nun auf 0,9494 Grm. PbO 0,3413 Grm. SO³; da in den 10 Kub.
Cent. Thonerdelösung aber 0,3640 Grm. SO³
vorhanden, so ergibt sich in obiger Mischung ein Ueberschuß von 0,0227 Grm.
Schwefelsäure. Aus diesen Daten berechnet sich für das Aequivalentenverhältniß nun
der Satz 10 Kub. Cent. Thonerdelösung: 8,5 Kub. Cent. Bleilösung. – Die nach
dem obigen ersten Verhältniß dargestellte essigsaure Thonerde war in der That stark
schwefelsäurehaltig, die darin enthaltene geringe Menge Blei mußte also wohl als
schwefelsaures Bleioxyd darin enthalten seyn.
Als die beiden Flüssigkeiten nun nach dem Aequivalentverhältniß 10 : 8,5 in der Kälte
gemischt wurden, erhielt ich Lösungen, die sowohl Bleioxyd als Schwefelsäure
enthielten, und zwar in solchem Maaße, daß dieselben für die technische Anwendung
unbrauchbar erschienen. Auch durch Erhitzen dieser Flüssigkeiten gelang es nicht,
noch schwefelsaures Bleioxyd abzuscheiden.
Es ist demnach nicht möglich, auf dem bisherigen Wege reine neutrale essigsaure
Thonerde herzustellen, denn das schwefelsaure Bleioxyd scheidet sich in derselben
nur unvollständig aus. Die Löslichkeit desselben tritt sogar schon früher hervor,
als alle schwefelsaure Thonerde in Acetat umgesetzt ist. Nur dann läßt sich eine
bleifreie Flüssigkeit erhalten, wenn ein gewisser Ueberschuß von Thonerdesulfat
unzersetzt gelassen wird; dieser Ueberschuß muß nach Obigem mindestens 7 Proc. der
Gesammt-schwefelsauren Thonerde betragen, welcher Procentsatz jedoch mit der
Concentration der schwefelsauren Thonerde etwas variirt.
In gewissen Fällen zieht man eine basisch-essigsaure Thonerde der neutralen
vor, und man gelangt hierzu in der Weise, daß man die schwefelsaure Thonerde durch
Zusatz von kohlensaurem Natron abstumpft, ehe man den Bleizucker zufügt. Dieses
Verfahren konnte möglicherweise zur Darstellung einer reinen
basisch-essigsauren Thonerde mittelst Bleizucker geeignet seyn; daher:
2. welchen Einfluß übt ein vorhergehendes Abstumpfen des Sulfats mit kohlensaurem
Natron auf die Reinheit der essigsauren Thonerde aus?
10 Kub. Cent. schwefelsaure Thonerde wurden mit kohlensaurem Natron (10 Kub. Cent.)
dergestalt abgestumpft, daß der Proceß der Formel Al²O³, 3SO³ + NaO, CO = Al²O³, 2SO² + NaO, SO³ entsprach, sodann
8,5 Kub. Cent. Bleilösung zugefügt. Das Filtrat enthielt noch in bei weitem höherem Maaße
schwefelsaures Bleioxyd gelöst, als wenn kein NaO,
CO² zugesetzt worden wäre. Auch durch Fällen in der Hitze wurde kein
besseres Resultat erhalten. Offenbar übt hier das entstandene essigsaure Natron sein
Lösungsvermögen auf das PbO, SO³ aus, und da
solches bedeutender ist, als dasjenige der essigsauren Thonerde, so wird, je mehr
man die schwefelsaure Thonerde abstumpft, desto mehr essigsaures Alkali entstehen,
folglich um so mehr PbO, SO³ in Lösung erhalten.
Sobald man die Menge des Bleizuckers vermindert, gelangt man selbstverständlich zu
bleifreien Flüssigkeiten. Ein Versuch zeigte, daß 10 Kub. Cent. Thonerdelösung mit
10 Kub. Cent. kohlensaurem Natron abgestumpft und mit 6,6 Kub. Cent.
Bleizuckerlösung versetzt, ein eben bleifreies Präparat lieferten. In diesem Falle
ist also ein Ueberschuß von etwa 20 Proc. unzersetztem Sulfat erforderlich, um ein
günstiges Resultat zu liefern. Bei heißen Fällungen müßten diese Verhältnisse
geändert werden, denn bei Zusatz von 6,6 Kub. Cent. Bleilösung wurde selbst nach dem
Erkalten keine bleifreie essigsaure Thonerde erhalten, ein Beweis, daß die
essigsauren Salze heiß ein größeres Lösungsvermögen für Pb O,
SO³ besitzen als in der Kälte, auch daß einmal gelöstes
schwefelsaures Bleioxyd sich durch Erkalten nicht ausscheidet. Als Regel ergibt sich
hierbei, daß die Zersetzung in der Kälte vorzunehmen ist.
Der Ansatz:
10 Kub. Cent.
schwefelsaure Thonerde
= 1 Aeq. Al²O³,
3SO³
10 „
„
kohlensaures Natron
=
1 „ NaO, CO²
6,6
„ „
essigsaures Bleioxyd
= 2 1/3 „ PbO, Ā
lieferte eine Flüssigkeit, die frei von Bleisalzen war,
dagegen eine bedeutende Menge von Schwefelsäure enthielt, jedoch ist dieselbe
dennoch nicht so groß, daß schwefelsaure Thonerde vorhanden seyn könnte. Aus dem
Aequivalentenverhältniß ist ersichtlich, daß nur schwefelsaures Natron entsteht
neben dem Hauptproduct der basisch-essigsauren Thonerde.
Alle Beobachtungen zusammengestellt ergeben:
1) Essigsaure Thonerde und essigsaures Natron wirken lösend auf schwefelsaures
Bleioxyd, und zwar in heißer Lösung bedeutender als kalt.
2) Eine gewisse Menge eines Sulfats, sey es Al²O³, 3SO³ oder
NaO, SO³ paralysirt dieses
Lösungsvermögen.
3) Um eine essigsaure Thonerde zu erhalten, die keine Bleisalze enthält, und
möglichst frei von schwefelsaurer Thonerde ist, bleibt nur der eine Weg übrig, in
der Flüssigkeit eine gewisse Menge schwefelsaures Natron zu bilden, welche das
Bleisulfat niederschlägt. Da dieses schwefelsaure Natron für die Darstellung der
meisten Dampffarben nicht schädlich einwirkt, so ergibt sich das folgende Verfahren zur
Darstellung der essigsauren Thonerde:
Schwefelsaure Thonerde wird mit kohlensaurem Natron abgestumpft, so daß 7 Proc. der
Schwefelsäure an Natron gebunden werden, dann in der Kälte so viel essigsaures
Bleioxyd zugesetzt, bis nur die Schwefelsäure des Thonerdesulfats in Essigsäure
umgesetzt ist. In der Praxis entspricht der folgende Ansatz den angedeuteten
Umständen:
81
Kilo
feste schwefelsaure Thonerde (44,5 Proc. Al² O³, 3 SO³-haltig),
7
„
krystallisirte Soda,
104
„
Bleizucker.
Löst man die 81 Kilo schwefelsaure Thonerde in 140 Lit.
Wasser, setzt die Soda dann zu, löst dann andererseits die 104 Kilo Bleizucker in 70
Lit. Wasser, und mischt die halbkalten Flüssigkeiten, so erhält man eine essigsaure
Thonerde von 12° B., welche nur so viel schwefelsaures Natron enthält, als
gerade erforderlich ist, um ein bleifreies Präparat zu erhalten.
In der Praxis hat man zur Darstellung der essigsauren Thonerde bis vor kurzem einzig
den Alaun benutzt, und diesen nach dem Verhältniß 100 Th. Alaun auf 100 Th.
Bleizucker bei Siedhitze zersetzt, eine Zusammenstellung, welche ungefähr dem
Aequivalentenverhältniß von 1 : 2 1/2 entspricht. Man hat also immerhin einen
erheblichen Theil schwefelsaurer Salze unzersetzt gelassen.
Meinen Erfahrungen zufolge hat man bei der Herstellung von Dampffarben die Gegenwart
unwirksamer Ingredienzien stets zu vermeiden; die einfachsten Zusammenstellungen
geben gewöhnlich die besten Resultate. So ist auch die Gegenwart des schwefelsauren
Kalis in der essigsauren Thonerde (bei Anwendung von Alaun) in den meisten Fällen
überflüssig; die schwefelsaure Thonerde allein in Verbindung mit Bleizucker hat den
Vorzug, daß sie billiger ist und zugleich schönere Dampffarben erzeugt.
Die Anwendung der käuflichen schwefelsauren Thonerde an Stelle des Alauns ist jedoch
noch nicht allgemein, hauptsächlich Wohl deßhalb, weil die schwefelsaure Thonerde
des Handels zu wechselnd in der Zusammensetzung ist. Sogar die Lösungen der
schwefelsauren Thonerde von dem gleichen specifischen Gewicht enthalten nicht
dieselbe Menge Thonerde, denn das Handelsproduct enthält außer freier Schwefelsäure
auch noch beträchtliche, aber wechselnde Mengen Alaun, zudem ist dasselbe selten
eisenfrei. Die folgende Analyse eines Productes aus der Fabrik von F. Curtius u. Comp. in Duisburg,
unter dem Namen „concentrirter Alaun“ verkauft, gibt einen
Beleg für die angeregten Uebelstände:
SchwefelsäureThonerde
31,3313,33
= Al²O³, 3SO³
schwefelsaures Kali
1,20
Schwefelsäure
3,87
Wasser (und deutliche Spuren von Eisenoxyd)
50,38
–––––
100,11
Fr. MohrTitrirmethode Bd. I S. 360. Derselbe stützt seine Methode auf die Annahme daß
die Menge des Ammons, die zum Abstumpfen der SO³ erforderlich sey, bei Parallelversuchen mit Alaunen,
schwefelsaurer Thonerde etc. über den Werth jener Präparate entscheide, d.h.
also ein Maaß für den Gehalt an Thonerde sey. Daß dieß bei der
schwefelsauren Thonerde nicht so ist, zeigt die obige Analyse. fand in einem Product der Wiesmann'schen Fabrik
14,4 Proc. Al²O³.
Für die Fälle in der Colorie, wo es auf eine gewisse Genauigkeit in dem
Thonerdegehalt der Farben ankommt, z.B. bei den ächtfarbigen Rosa's, kann der Alaun
einstweilen noch nicht verdrängt werden. Vor Allem ist es nun Sache der Fabrikanten,
eine reinere, namentlich eisenfreie schwefelsaure Thonerde in den Handel zu bringen;
man würde dieselbe alsdann in Form von Lösungen anwenden können, deren
Thonerdegehalt aus dem specifischen Gewicht zu ermitteln wäre. Die folgende
TabelleDiese Tabelle beansprucht nur die für technische Anwendung hinreichende
Genauigkeit. dürfte in sofern einigen Werth für den Techniker haben, als sie die
Quantitäten erkennen läßt, nach denen Ammoniak-Alaun und chemisch reine
schwefelsaure Thonerde in Lösung sich ersetzen.
GradeBaumé
Auf 100 Volumth.= GewichtstheilenAl²O³,
3SO³
EntsprechendeMengeAmmon-Alaunin
Gewichtsth.
GradeBaumé
Auf 100 Volumth.= GewichtstheilenAl²O³,
3SO³
EntsprechendeMengeAmmon-Alaunin
Gewichtsth.
1°
8,64
22,87
17°
156,7
414,7
2
17,29
45,78
18
166,5
440,7
3
25,94
68,67
19
176,4
466,9
4
33,72
89,25
20
189,2
500,8
5
41,51
109,87
21
202,1
534,9
6
49,29
130,57
22
215,0
569,0
7
57,08
151,09
23
227,9
603,1
8
67,20
177,87
24
241,9
640,3
9
77,50
205,1
25
255,9
677,6
10
86,9
230,0
26
269,9
714,6
11
97,2
257,2
27
283,9
751,7
12
107,4
284,2
28
297,6
787,7
13
117,3
310,5
29
311,3
824,0
14
127,1
336,4
30
325,0
880,1
15
137,0
362,6
31
338,9
897,3
16
146,8
388,5
32
352,8
933,8