Titel: | Creuzburg's Kraftdünger. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XVIII., S. 69 |
Download: | XML |
XVIII.
Creuzburg's Kraftdünger.
Creuzburg's Kraftdünger.
Wenn man Knochenmehl mit Urin von Menschen oder Thieren stark anfeuchtet, und bei
mittlerer Temperatur sich selbst überläßt, – was in einem alten leicht
bedeckten Faß geschehen kann – so wird in der Masse ein Kampf der Elemente
hervorgerufen, der eine völlige Umsetzung der letzteren zu neuen Producten zur Folge
hat. Die Masse erhitzt sich bedeutend von selbst, indem ein, mit starker
Ammoniakentwickelung und einem sehr penetranten Gestank begleiteter Fäulnißproceß
eintritt.
Die werthvollen ammoniakalischen Educte würden aber in die Luft verstiegen, wenn man
nicht dafür sorgen würde, sie festzuhalten, zu fixiren, und zwar nach der Vorschrift
für andere Düngemittel, die dadurch zugleich bedeutend an Düngkraft gewinnen.
Eine Mischung von Moorerde und Gyps zu gleichen Maaßtheilen ist es nämlich, wofür man
zu sorgen hat, bevor das Faulen des Knochenmehls beginnt.
Das Hervortreten eines üblen Ammoniakgeruchs zeigt das Beginnen der Fäulniß des
Knochenmehles (womit das Faß bis 3/4 gefüllt wird) deutlich an, und nun ist es Zeit,
die Mischung von Gyps und Moorerde über den faulenden Knochen aufzutragen, das Faß
damit vollends vollzufüllen, und es mit einem Deckel zuzudecken.
Wenn man nun glaubt, daß der höchste Fäulnißgrad vorüber sey, was nach 8 bis 14 Tagen
– je nach Temperatur des Locals – der Fall seyn wird und erkenntlich
ist an der abnehmenden Temperatur in der gefaulten Knochenmasse, läßt man das Ganze
noch 3–4 Tage ruhig aber bedeckt stehen, damit das sich aus dem Innern noch
entwickelnde Ammoniak von der oben aufgeschichteten Mischung von Humuserde und Gyps
absorbirt werde.
Nunmehr leert man den Inhalt des Fasses auf eine Tenne aus, mischt noch eben so viel
der Mischung von Moorerde und Gyps, als man auf das faulende Knochenmehl aufgetragen hatte,
schnell darunter, und füllt den nunmehr fertigen Kraftdünger in Fässer, die man
verschließt. Beim Gebrauch kann man aber diesen concentrirten Dünger noch verdünnen
mit Erde oder Straßenstaub, ihm auch Düngsalz zusetzen; nur keine Asche oder
Kalk.
Es ist nun nur noch hinzuzufügen, daß man die Fässer, worin man die Knochen faulen
läßt, vorher mit Urin oder Jauche einige Tage befeuchten oder ganz einweichen muß,
sonst fangt das Holz des Fasses zu viel Feuchtigkeit weg, und die an den Faßwänden
anliegenden Theile kommen dann gar nicht in Fäulniß.
Für Diejenigen, welche über die Bezeichnung „Moorerde“ im
Unklaren blieben, sey bemerkt, daß damit die schwarze leichte Torferde, aber auch
Stockerde aus hohlen Baumstöcken, gemeint ist. Im Nothfall kann man auch gestoßenen
Torf nehmen.
Das vorstehende Verfahren eignet sich mehr für kleinere Wirthschaften. Auf
großartigen Gütern ist folgende Methode zu empfehlen:
Man wählt vor allem ein Local, welches (wegen des unangenehmen Geruches) nicht zu
nahe an Wohnungen, nicht zugig, und wo möglich dunkel ist, da die faule Gährung das
Licht nicht liebt, z.B. einen leeren Stall mit ebenem Boden, Schafstall, der
ohnedieß im Sommer leer steht. Man schüttet das Knochenmehl, z.B. zwei Scheffel, auf
den geebneten Boden hin, und arbeitet dasselbe unter Begießung mit Urin, am besten
Menschenurin, so lange mit der Haue durch, bis es stark befeuchtet erscheint, worauf
man dasselbe auf einen großen Haufen zusammenschaufelt. Nach 24 Stunden wird man
finden, daß das Knochenmehl den Urin stark absorbirt hat, und nicht mehr so feucht
ist. Man wirft deßhalb den Haufen wieder auseinander, mischt nochmals Urin bis zu
starker Befeuchtung darunter, reibt es, der Knollen wegen, durch ein grobes Sieb,
und setzt nun den Haufen wieder auf. Nach ein- bis zweimal 24 Stunden,
– je nachdem die Temperatur des Locals höher oder niedriger ist, –
beginnt die faule Gährung des Knochenmehls; es erwärmt sich der Haufe wie beim
Malzmachen, und das Beginnen der Fäulniß ist schon am Geruch zu erkennen. Nun ist es
höchste Zeit, den Haufen schnell noch einmal durchzustechen, dabei, wenn nöthig,
noch mit etwas Urin zu befeuchten, eilig aber wieder aufzusetzen, und nun sofort den
Haufen mit der bereit gehaltenen Mischung von 1/2 Scheffel Moorerde und 1/2 Scheffel
Gyps ringsum gleichmäßig zu bedecken, wie an einem Kohlenmeiler.
Man überläßt nun den Haufen der Ruhe; Erwärmung und der Fäulnißgeruch nehmen zu, und
nach 8 bis 14 Tagen wird der Fäulnißproceß zu Ende seyn. Wenn die Temperatur im Innern des Haufens
mit der der äußeren Luft ziemlich gleich ist, steche man den Haufen durch, so daß
die gefaulten Knochen mit dem Gyps und der Moorerde gleichförmig gemischt werden.
Sollte man schöne Moorerde bequem zur Verfügung haben, so kann es nur vortheilhaft
seyn, davon einen halben bis ganzen Scheffel dem Ganzen beizumischen.
Der Dünger wäre nun so fertig. Hat man alte Fässer oder Kufen zur Verfügung, so fülle
man diese damit, wo nicht, so setze man den Haufen wieder auf, überwerfe denselben
mit einer schwachen Schichte Moorerde, patsche ihn mit der Schaufel fest, und lasse
ihn so bis zum Gebrauch stehen.
Der Dünger wird auf die Wintersaat im April, auf Sommersaat wenn diese einige Zoll
hoch aufgewachsen ist, aufgestreut. Bei günstiger Witterung ist der Erfolg ein
überraschender. Dieser Dünger gab auf einem und demselben Felde sechs Jahre
hintereinander ohne jedem anderen Dünger stets gute Kartoffelernten. Er wurde zu
diesem Behuf mit guter Erde gemischt, davon in jedes Loch eine Hand voll geworfen
und die hineingeworfene Kartoffel nun mit Erde zugedeckt. Der Dünger hält
Feuchtigkeit, bei welcher die Pflanze sich stets kräftig entwickelt.
Der Geruch dieses Düngers scheint auch manche schädliche Insecten abzuhalten.
Betrachten wir den so bereiteten Kraftdünger und die Vorgänge bei dessen Bereitung
aus chemischem Gesichtspunkte, so kommen wir zu ganz interessanten Resultaten.
Angewendet wurde nämlich:
1) in dem Knochenmehl: basisch-phosphorsaurer Kalk mit Leimsubstanz;
2) in dem Urin: phosphorsaure Salze nebst Harnstoff und etwas harnsaures Ammoniak
etc.;
3) im Gyps: schwefelsaurer Kalk;
4) in der Moorerde: Humus mit Humussäure.
Die faule Gährung hat diese Körper fast ganz umgeändert, sie theilweise zerstört und
mehr oder weniger umgewandelt in ganz andere Verbindungen. Die Leimsubstanz des
Knochenmehls, durch Fäulniß zerstört, hat sich fast ganz in Ammoniak und thierisches
Oel verwandelt. Von dem frei gewordenen Ammoniak wurde der
basisch-phosporsaure Kalk der Knochen selbst in neutralen phosphorsauren
Kalk, in phosphorsaures Ammoniak und kohlensauren Kalk verwandelt. Der faulende Urin
gab im Harnstoff kohlensaures Ammoniak und harnsaures Ammoniak. Der Gyps wurde durch
das entweichende Ammoniak zum Theil in schwefelsaures Ammoniak und kohlensauren Kalk
umgewandelt. Was endlich von dem frei gewordenen Ammoniak der Gyps nicht absorbirte,
das nahm die Humussäure der Moorerde auf, damit humussaures Ammoniak bildend.
Unser Kraftdünger hat demnach, außer dem Humus, folgende chemische Bestandtheile:
phosphorsaures Ammoniak,
phosphorsauren Kalk,
harnsaures Ammoniak,
schwefelsaures Ammoniak,
schwefelsauren Kalk (unzersetzt gebliebenen Gyps),
humussaures Ammoniak.
Durch diese Zusammensetzung wird die kräftige Wirkung dieses Düngmittels
gerechtfertigt und begreiflich gemacht.