Titel: | Ueber Testud de Beauregard's Dampferzeuger für überhitzten Dampf; von Paul Käuffer aus Dresden, Constructeur bei Testud de Beauregard in Paris. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XLIII., S. 162 |
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XLIII.
Ueber Testud de Beauregard's Dampferzeuger für
überhitzten Dampf; von Paul
Käuffer aus Dresden, Constructeur bei Testud de
Beauregard in Paris.
Aus dem Civilingenieur, 1862, Bd. VIII S.
33.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Käuffer, über Testud der Beauregard's Dampferzeuger.
Die Kritik der gewöhnlichen Dampfmaschine ergibt bekanntlich, daß in derselben im
besten Falle etwa nur der zwanzigste Theil derjenigen Arbeitsgröße ausgenutzt wird,
welche der durch den Brennstoff entwickelten Wärmemenge entspricht, und daß ein
großer Theil des Verlustes in der Veränderung des Aggregatzustandes des in Dampf
übergeführten Wassers begründet ist. Daher sind denn auch von verschiedenen Seiten
Versuche angestellt worden, um die dem Dampfe mitgetheilte Wärme besser auszunutzen,
namentlich hat es Séguin, der Aeltere, in Paris
versucht, denjenigen Verlust, welcher bei den Dampfmaschinen dadurch entsteht, daß
die Dämpfe nach Verrichtung ihrer Arbeit die Maschine in Dampfgestalt verlassen,
dadurch herabzuziehen, daß er sie abwechselnd stark überhitzt und nachher wieder so
weit abkühlt, als sie als Dämpfe abgekühlt zu werden vertragen.Polytech. Journal Bd. CXLVI S.
165. Es wird hierbei diejenige Wärme erspart, welche erforderlich ist, um Wasser
in Dampf zu verwandeln.
Auf eine ganz andere Weise sucht Testud de Beauregard
Ersparnisse bei der Dampfmaschine zu erzielen, und zwar beruht dieses System auf dem
Austausch der latenten Wärme eines Metallbades. Das Speisewasser wird nämlich
dadurch in Dampf verwandelt, daß es gegen ein schmelzendes Metallbad gespritzt wird;
hierbei wird ein Theil des Metalls fest und die dabei frei werdende Wärme dient zur
Erzeugung stark überhitzten Dampfs, während eine äußere Feuerung das fest gewordene
Metall wieder flüssig macht.
Schon im Jahre 1848 experimentirte dieser Ingenieur mit einem derartigen
DampferzeugerPolytechn. Journal Bd. CXI S. 73., bei welchem das Gefäß, worin der Dampf gebildet wurde, in einem Bleibad
stand, aber dieser Apparat vermochte nicht in die Praxis einzudringen, weil sich das
Metall in Folge der fast augenblicklichen Wärmeabgabe zu rasch zerstörte. Der jetzige Apparat ist
großentheils frei von diesem Mangel, indem das Gefäß, in welchem das Wasser in Dampf
verwandelt wird, von dem Erfinder „Verdampfer“ (vaporisateur) genannt, mit einem besonders
eingerichteten Boden in das Metallbad taucht, welches sich seinerseits in einem von
unten geheizten Gefäße, dem Generator befindet. In diesem Apparat werden überhitzte
Dämpfe von circa 280º C. Temperatur erzeugt,
indem das Metallbad (ein Gemisch aus Zink und Blei) ungefähr bei dieser Temperatur
flüssig ist. Das Speisewasser wird durch eine besondere Pumpe in den Verdampfer
gepreßt, nachdem es vorher in einem Vorwärmer oder sogenannten Regenerator durch den
aus dem Dampfcylinder tretenden Dampf auf 120 bis 150º C. erwärmt worden ist,
und der abziehende Dampf wird endlich noch in einem Röhrenapparat condensirt.
Fig. 24 zeigt
den verticalen Durchschnitt durch einen Kessel, wie er für eine 4pferdige Maschine
erforderlich ist, in dem Maaßstabe von 1/9 der natürlichen Größe, die
eingeschriebenen Maaße aber beziehen sich auf einen Generator für eine 20pferdige
Maschine. Man ersieht daraus, daß der Apparat aus drei in einander gesetzten Gefäßen
besteht. Das innerste Gefäß, der Verdampfer A, enthält
kein Wasser, empfängt aber continuirlich durch die beiden Röhren B, B¹ zwei Wasserstrahlen zugeführt, welche
sofort an der auf circa 280º C. erhitzten
Bodenfläche in überhitzten Dampf verwandelt werden. Ueber dieses Gefäß ist ein
glockenförmiges Gefäß C gestürzt, welches den gebildeten
Dampf nöthigt, äußerlich an den Wänden des Verdampfers A
herab- und innerlich an den Wänden des äußersten Gefäßes D, D hinauf zu gehen, wobei er noch weiter durch die
Heizgase, welche letzteres Gefäß von außen bestreichen, erhitzt wird und zugleich
zur Conservirung der Metallwände beiträgt, indem diese von beiden Seiten erwärmt,
also etwaige schädliche Spannungen vermieden werden. Der untere Theil des äußeren
Kessels E ist mit einer Legirung aus Zinn und Blei
gefüllt, welche durch die unter dem Kessel befindliche Feuerung flüssig erhalten
wird, und damit sich die Wärme besser dem eingespritzten Speisewasser mittheile, ist
der Boden des Verdampfers äußerlich verzinnt, sowie auch der Kesselboden E verzinnt ist. In dem Metallbade befindet sich noch ein
Rührer F, mit Hülfe dessen der Kesselheizer erkennen
kann, ob das Zinn geschmolzen ist. Ferner ist bei a als
Sicherheitsapparat eine Alarmpfeife angebracht, welche bei zu hoch gesteigerter
Wärme ertönt. Der Balancier dieser Pfeife wird nämlich durch eine Zugstange G niedergehalten, so lange eine am unteren Ende
derselben befindliche, nach dem erforderlichen Wärmegrad zusammengesetzte
Metallcomposition fest bleibt; schmilzt dieselbe aber, so öffnet das Gegengewicht
das Ventil der
Alarmpfeife. Endlich ist auch noch ein gewöhnliches Sicherheitsventil auf dem Kessel
angebracht.
Wichtiger und eigenthümlicher ist nun aber der Speiseapparat, die sogenannte
Aequationspumpe. Es ist dieß eine von der gewöhnlichen Speisepumpe gespeiste
Druckpumpe, deren Lieferung genau dem Wasserbedarf für 20 bis 30 Minuten Arbeitszeit
entspricht, und deren Kolben mit Gewichten oder sonst so stark belastet ist, als die
Spannung im Kessel erfordert. Das Wasser geht, ehe es in den Kessel gelangt, durch
einen Dreiweghahn, der sich von selbst regulirt, wenn im Kessel mehr oder weniger
Wasser gebraucht wird. Es ist nämlich an seinem Schlüssel eine Stange angebracht,
welche durch einen Vorstecker am Gewicht gehoben wird, wenn dieses Gewicht zu hoch
hinauf getrieben wird. Die Aequationspumpe ist zugleich ein Sicherheitsventil für
den Generator, durch welches eine Ueberschreitung der normalen Spannung in letzterem
verhütet wird.
Uebrigens gelangt das Speisewasser aus diesem Apparate nicht unmittelbar in den
Kessel, sondern es durchläuft zunächst den sogenannten Regenerator, einen Vorwärmer
mit ungefähr 30 Quadratdecimeter Heizfläche pro
Pferdestärke. Hier umspült es eine größere Menge von Röhren, durch welche der von
der Dampfmaschine kommende Dampf hindurch strömt, und erwärmt sich so auf 140 bis
150º C. Erst dieses stark erwärmte Wasser tritt durch die Röhren B, B¹ in den Verdampfer A.
Wir haben nun noch einen Apparat zu erwähnen, den Condensator, in welchem der aus den
Röhren des Regenerators ausströmende und nicht mehr im überhitzten Zustande
befindliche Dampf vollends condensirt wird. Es ist dieß ein Oberflächencondensator
mit ungefähr 0,3 Quadratmeter Röhrenoberfläche pro
Pferdestärke, in welchen der Dampf durch eine größere Zahl von mit Wasser umgebenen
Röhren ausströmt. Das Condensationswasser wird durch eine Pumpe wieder zu dem
Abkühlungswasser gehoben, da letzteres ohne Schaden bis auf 60 bis 65º
erwärmt seyn darf, jedoch ist noch ein Kaltwasserhahn vorhanden, durch welchen nach
Bedarf kaltes Wasser hinzutreten kann. Dieser Hahn wird durch einen selbstthätigen
Apparat gestellt, welcher auf der Ausdehnung der Flüssigkeiten durch die Wärme
beruht und um so mehr kaltes Wasser zutreten läßt, je stärker die Erwärmung ist.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß 14 Kilogr. flüssiges Zinn beim Festwerden so viel
Wärme hergeben, als erforderlich ist, um 1 Kilogr. in den elastisch flüssigen
Zustand überzuführen. Im Verdampfer bildet sich bei 280º C. Temperatur
überhitzter Dampf, welcher einen doppelt so großen Raum einnimmt, als gesättigter
Dampf von der Pressung, mit welcher das Speisewasser eintritt (circa 5 Atmosphären). Dieser Dampf kühlt sich bei Verrichtung seiner
Arbeit in der Dampfmaschine um circa 40º ab und
wird im Regenerator bis auf 100º abgekühlt. Solcher Dampf braucht dann zur
Condensation nur etwa 1/9 bis 1/13 von derjenigen Wassermenge, welcher gewöhnlicher
Dampf beansprucht. Die Menge des schmelzenden Zinns ist über ein gewisses Minimum
hinaus ganz willkürlich, doch soll die Niveaulinie mindestens 2 Centimeter höher
reichen, als die Nieten am Rande des Bodens E, so daß
durchschnittlich etwa 35 Kilogr. Zinn pro Pferdestärke
erfordert werden.
Durch dieses System der Dampferzeugung werden hauptsächlich folgende Vortheile
erzielt:
Es ist ein viel kleinerer Kessel und Feuerherd nöthig, als bei den gewöhnlichen
Dampferzeugern. Jener wird etwa nur 1/6, dieser 1/4 soviel Raum beanspruchen, als
bei gewöhnlichen Kesseln. Die Heizfläche ist etwa 1/18 so groß, was zugleich eine
große Sicherheit gegen Explosionen bietet.
Die Verbrennung ist bei den neuen Kesseln eine ziemlich vollkommene, indem die
chemische Analyse folgende Zusammensetzung der Gase nachgewiesen hat:
Stickstoff
0,7000
Kohlenoxydgas
0,0600
Kohlensäure
0,2092
freier Kohlenstoff
0,0008
––––––
1,0000
Von Speisewasser wird nur 1/3 so viel als bei den jetzigen Dampfmaschinen verbraucht.
Der Dampfcylinder kann nie mit übergerissenem Wasser belästigt werden. Zur
Ingangsetzung einer Maschine wird nur die Hälfte der Zeit erfordert, als bei
gewöhnlichen Kesseln.
Demgemäß wird ein solcher Apparat immer weit weniger Raum beanspruchen und weit
schneller in Gang zu setzen seyn, als gewöhnliche Kessel, er gewährt aber auch noch
bei guter Behandlung eine Brennmaterialersparniß von 30 Proc. und eine größere
Sicherheit gegen Explosionen.
Nachschrift.Ueber die Anwendung des nach dem Verfahren von Testud de
Beauregard überhitzten Wasserdampfes.
Abbé F. Moigno theilt in seinem Cosmos vom 24. Januar 1862, vol. XX p. 109, im Wesentlichen Folgendes über
die verschiedenen Anwendungen mit, welche Testud de
Beauregard von dem nach seinem Verfahren überhitzten Dampf zu machen
gedenkt.
Der durch das Metallbad bereits stark erhitzte Dampf verhält sich bei Fortsetzung der
Erhitzung wie ein permanentes Gas, d.h. er dehnt sich nach einem bestimmten Gesetz
aus, wie weit er auch, mit oder ohne Druck, erhitzt werden mag. Er kann so hoch
erhitzt werden, daß die kupfernen Leitungsröhren, durch welche er strömt, glühend
werden, und bei dieser Temperatur läßt sich der glühende Dampfstrahl zur Erzielung
der verschiedensten und intensivsten Wärmeeffecte verwenden.
Mit der steigenden Temperatur nimmt aber die Verwandtschaft zwischen den beiden
Gasen, aus denen der entwässerte Dampfstrahl besteht, ab; die Sauerstoff- und
Wasserstoffmolecüle sind nicht mehr innig mit einander vereinigt, sondern sie
befinden sich gewissermaßen nur neben einander, und sind immer bereit, sich von
einander zu trennen und einander an die Bestandtheile ihrer Umgebung, die eine
größere Verwandtschaft zu dem einen oder dem anderen haben, abzugeben. Vermöge
dieser Eigenschaft kann man dem stark überhitzten Dampf eine ganz neue Reihe von
Wirkungen abgewinnen, die wesentlich darauf beruhen, daß der Wasserstoff mit
bedeutender Wärmeentwickelung verbrannt wird und der Sauerstoff die Verbrennung
hervorbringt.
Ueberhitzer. – Läßt man in einen Ueberhitzer
gesättigten Wasserdampf eintreten, so verwandeln sich die mitgerissenen Wassertheile
sofort in Dampf, und dieß ist die Ursache der schnellen Zerstörung, bisweilen sogar
von Explosionen, denen die Ueberhitzer ausgesetzt sind. Wenn man dagegen bereits
überhitzten Wasserdampf in den Ueberhitzer einführt, so fallen diese Uebelstände weg
(?), und man kann eine Temperatur von 1000º C. erreichen, die man mit Hülfe
eines Pyrometers immer auf derselben Höhe erhalten kann.
Gebläse. – Der bis zu 800 bis 1000º C.
erhitzte Dampf wird durch eine sehr enge Röhre dem Hohofen zugeführt, in welchem er
zunächst das Brennmaterial entzündet, und dann bei der Berührung mit der Flamme oder
den glühenden Brennstoffen sich zersetzt. Sein Sauerstoff verbindet sich mit dem
Kohlenstoff und befördert dessen Verbrennung; sein Wasserstoff aber wird selbst
verbrannt, und dadurch entsteht die intensivste Verbrennung, welche überhaupt nur
erreicht werden kann. Es wurde in dieser Richtung in Paris an einem 1 Meter hohen
und 20 Centimeter weiten Ofen ein Versuch angestellt. Man füllte den Ofen bis auf 33
Centimeter Höhe mit Kohlen, und führte dann durch ein Rohr von kaum 1 Millimeter
Weite den stark überhitzten Dampf ein. Die Kohle entzündete sich, die Zersetzung
begann, und es erhob sich aus dem Ofen eine 30 Centimeter starke und 1 Meter hohe
Wasserstoffflamme. Ersetzt man die Kohle durch Boghead, oder streut man nur einige
Stückchen Boghead über die Oberfläche der Kohlen, so geht der Wasserstoff in
Kohlenwasserstoff über und es entsteht eine hell leuchtende Flamme, welche zwar
nicht stärker als die Wasserstoffflamme ist, aber auf mehrere Meter Höhe sich
erhebt. Testud gedenkt nun, die gegenwärtig angewendeten
Hohofengebläse durch solche direct wirkende Dampfgebläse zu ersetzen, und glaubt,
zur Erzeugung des Dampfes nur 1/3 derjenigen Brennmaterialmenge zu bedürfen, welche
zum Betriebe der jetzigen Gebläse nothwendig ist.
Auch zur Heizung von Dampfkesseln für stehende Maschinen, wie für Locomotiven, will
er dergleichen Gebläse anwenden. Der Rost könne wegfallen und die Intensität der
Verbrennung nach Belieben regulirt werden; die Feuerung wäre eine rauchlose und die
Schornsteine würden entbehrlich. Die Feuerung könne auch als Kohksofen benutzt
werden; durch den Werth der hierbei fallenden Kohks ziehe man die Kosten der
Feuerung noch weiter herab.
Gasgeneratoren. – Füllt man einen geschlossenen
Raum mit Kohks oder Steinkohlen, ersteren wenn man reinen Wasserstoff, letzteren
wenn man Kohlenwasserstoff erzeugen will, und führt in denselben Dampf ein, welcher
bis zu 800 bis 900º C. überhitzt ist, so erhält man mit sehr kleinen
Apparaten große Mengen Gas. Ein Testud'scher Ueberhitzer
von 6 Pferdestärken liefert auf diese Weise stündlich 250 Kubikmeter Gas, und zwar
zu einem sehr niedrigen Kostenpreis. Dieses Gas könne zur Extraction von Mineralölen
aus Kohlenschiefern, zur Entschwefelung von Schwefelmetallen, zum Brennen von
Porzellan, Glas, Ziegelsteinen, Gyps etc. benutzt werden. (Polytechnisches
Centralblatt, 1862 S. 434.)