Titel: | Ueber ein neues Verfahren Farbstoffe in ihren Gemischen zu erkennen; von Dr. F. Goppelsröder, Privatdocent an der Universität zu Basel. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LVII., S. 212 |
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LVII.
Ueber ein neues Verfahren Farbstoffe in ihren
Gemischen zu erkennen; von Dr. F.
Goppelsröder, Privatdocent an der Universität zu Basel.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1862,
Bd. CXV S. 487.
Goppelsröder, über ein neues Verfahren Farbstoffe in ihren
Gemischen zu erkennen.
Vor einiger Zeit hielt Schönbein in der naturforschenden
Gesellschaft zu Basel einen Vortrag über das Wanderungsvermögen verschiedenartiger
Substanzen im Filtrirpapier. Ich thue hier, falls Schönbein's Versuche noch nicht allgemein bekannt seyn sollten, zweier
derselben Erwähnung, welche als die Fundamentalversuche meiner begonnenen Arbeit zu
betrachten sind.
1) Taucht man einen Streifen Filtrirpapier einige Linien weit in blaue Lackmustinctur
ein, so saugt das Papier in kurzer Zeit sowohl blauen Lackmusfarbstoff als auch
Wasser in sich auf, und zwar steigt der blaue Farbstoff mit eben derselben
Leichtigkeit in dem Filtrirpapier wie das Wasser, worin er gelöst ist, empor. Ein
größeres Stück des unteren Theils des Filtrirpapiers erscheint mit blauer
Farbstofflösung benetzt.
2) Taucht man aber das Filtrirpapier in durch Schwefelsäure rothgefärbte
Lackmuslösung ebenfalls einige Linien weit ein, so bemerkt man nach einiger Zeit auf
dem Papier nicht nur eine rothe Schicht, sondern drei Schichten, und zwar: eine
oberste, worin reines Wasser, eine zweite mittlere Schicht, welche verdünnte
Schwefelsäure, und eine dritte, welche rothen Lackmusfarbstoff enthält. Es gieng
demnach eine theilweise Trennung der verschiedenartigen Bestandtheile der
Farbstofflösung vor sich in Folge des verschieden großen Wanderungsvermögens des
Wassers, der Schwefelsäure und des rothen Lackmusfarbstoffes in dem porösen Medium
des Filtrirpapieres. Das Wasser ist mit einem größeren Wanderungsvermögen als die
Schwefelsäure, diese aber mit einem größeren Wanderungsvermögen als der rothe
Lackmusfarbstoff begabt. Der blaue Lackmusfarbstoff ist mit einem eben so großen
Wanderungsvermögen wie das Wasser begabt.
Diese und noch eine Reihe anderer Versuche Schönbein's
beweisen auf das deutlichste, welches ungleich große Wanderungsvermögen in porösen
Medien die verschiedenen Körper zeigen, und müssen Jedermann zu der festen
Ueberzeugung leiten, daß auf dem angebahnten Versuchsfelde noch ein reicher Schatz
interessanter Thatsachen zu finden sey. Ich, meines Theils, wurde sogleich von der
Ansicht beseelt, daß wir es hier in nicht ferner Zeit mit einer Art von Analyse zu
thun haben würden. So habe ich mit Schönbein's
Einverständnisse seit kurzer Zeit begonnen, das Verhalten der Farbstoffe nach dieser
Richtung zu studiren, und wünsche hier bereits das Resultat einiger gewiß nicht
uninteressanten Versuche mitzutheilen.
Unter denjenigen Stoffen, welche ich bis dahin untersucht habe, zeichnet sich ganz
besonders die Pikrinsäure aus; sie wandert in dem Filtrirpapier mit der größten
Leichtigkeit. Dieses Vermögen gibt uns das Mittel an die Hand, die Pikrinsäure
überall in ihren Mischungen mit anderen Farbstoffen, die nicht so schnell wie sie
wandern, zu erkennen.
Mischt man eine wässerige Lösung der Pikrinsäure mit einer solchen des ebenfalls
gelben Curcumafarbstoffes zusammen, so kann man durch jenes einfache Mittel, durch
das Eintauchen eines Streifens Filtrirpapier in die Lösung beider Farbstoffe, diese
neben einander erkennen. Man erhält auf dem Filtrirpapier drei Schichten oder Zonen:
eine oberste ganz schmale Zone, welche bloß Wasser enthält, eine große mittlere
Zone, welche die Farbe der Pikrinsäure trägt, und eine dritte unterste, von
curcumagelbem Ansehen. Schon durch das bloße Ansehen des Papierstreifens läßt sich
genügend erkennen, daß hier beide Farbstoffe zum größten Theil von einander getrennt
worden sind; um sich aber noch vollends zu überzeugen, braucht man den Streifen bloß
in verdünnte Kalilauge einzutauchen: es verschwindet darin die Pikrinsäureschicht,
während sich die Curcumaschicht braun färbt.
Natürlich scheiden sich die Pikrinsäure und der Curcumafarbstoff, oder überhaupt die
Farbstoffe, nicht vollkommen von einander ab; es sind in den unteren Schichten immer
geringe Mengen derjenigen Farbstoffe, welche weiter wandern, enthalten. Falls wir
z.B. vier Schichten a, b, c, d beobachten, so sind in
der Schicht d auch alle diejenigen Stoffe, welche bis
nach c, b, a wandern, enthalten, aber allerdings nur in
kleiner Menge. Man sieht dieses leicht ein, wenn man die bei letzterem Versuche
erhaltene unterste curcumagelbe Schicht für sich allein mit Weingeist behandelt. Sie
löst sich darin mit gelber Farbe auf, und taucht man dann in die weingeistige Lösung
ein Filtrirpapier einige Linien weit hinein, so bemerkt man bald drei Schichten. Die
oberste Schichte enthält nur Weingeist und die unterste Schicht Curcumafarbstoff; die
mittlere Schicht ist nur einige Linien breit und nur höchst schwach durch
Pikrinsäure gelb gefärbt. Als Pikrinsäure gibt sie sich zu erkennen, indem sie durch
Eintauchen in eine Ammoniakatmosphäre nicht braun, durch schwache alkalische
Lösungen aber abgelöst wird.
Ein zweiter Versuch mit Pikrinsäure ist folgender: Mischt man eine wässerige Lösung
derselben mit der intensiv blaugefärbten Lösung des Indigos in Schwefelsäure
zusammen, so erhält man eine schöne grüne Flüssigkeit. Taucht man in diese
Flüssigkeit Fließpapier ein, so erhält man je nachdem vier oder drei Schichten. Vier
Schichten erhält man, wenn man solche Mengen von Pikrinsäure und Indigschwefelsäure
zusammengemischt hat, daß die Flüssigkeit eine reine grüne Farbe von weder
vorherrschendem blauem noch gelbem Tone besitzt. Es bildet sich eine unterste große
grünliche Schicht, dann darüber eine viel kleinere von rein gelber Farbe, alsdann
eine dritte, worin sich verdünnte Schwefelsäure (leicht nachweisbar durch einen
darauf fallenden Tropfen blauer Lackmustinctur) befindet; die vierte und oberste
Schicht enthält nur reines Wasser. Hat man hingegen wenig Pikrinsäurelösung mit viel
Indigschwefelsäurelösung zusammengemischt, so erhält man nur drei Schichten: eine
untere Schicht von stark blaugrüner Farbe und von ziemlicher Ausdehnung, eine
mittlere Schicht von rein gelber Farbe, und eine dritte Schicht, worin verdünnte
Schwefelsäure sich befindet. Dadurch, daß in dem bei letzterem Versuche angewandten
blaugrünen Gemische das Verhältniß der Schwefelsäure zum Wasser größer war als bei
dem ersten Versuche, trennte sich die bedeutende Menge Schwefelsäure viel weniger
gern von dem Wasser ab.
Einen weiteren Beweis dafür, daß die Pikrinsäure neben anderen selbst sehr intensiv
gefärbten Substanzen auf die besprochene Weise nachweisbar ist, finden wir in den
folgenden Versuchen: Ein Gemisch von Murexid- und Pikrinsäurelösung läßt sich
auf die leichteste Weise als solches erkennen. Enthält die Lösung des Gemisches nur
sehr wenig Pikrinsäure im Verhältniß zum Murexid, so erscheint eine große unterste
purpurrothe und eine kleine mittlere gelbe Schicht; über dieser Pikrinsäureschicht
steht wiederum eine farblose Schicht, welche nur Wasser enthält.
Bei Anwendung aber eines Gemisches, worin wenig Murexid und sehr viel Pikrinsäure
enthalten ist, erhält man zwar wiederum drei Schichten: die Pikrinsäureschicht ist
jedoch etwas größer als bei vorigem Versuche, und die untere große Schicht trägt
nicht mehr eine purpurrothe, sondern eine stark gelbröthliche Farbe.
Wie in einem Gemische mit Murexid läßt sich die Pikrinsäure auch in ihrem Gemische
mit Fuchsin erkennen. So wie das Fuchsin aus dem Anilin gewonnen wird, gleicht
es, wie bekannt, einem harzartigen Körper, und löst sich in gewissen Flüssigkeiten
mit rosenrother Farbe auf. Seine Lösung zeigt aber in mancher Hinsicht lange nicht
so ausgezeichnete Eigenschaften wie diejenigen sind, welche der Lösung des
krystallisirten Fuchsins zukommen. Abgesehen davon, daß das rohe Fuchsin neben dem
eigentlichen rosarothen Farbstoffe noch harzige Substanzen enthält, während das
krystallisirte Fuchsin nur aus chemisch reinem rosenrothem Farbstoffe besteht, zeigt
sich dem Färber bei der Benutzung beider noch der wesentliche Unterschied, daß das
rohe Fuchsin lange nicht so schöne rein rosenrothe Farbennüancen liefert wie das
krystallisirte Fuchsin. Ein jeder Chemiker muß, im Hinblick auf die Quelle und
Darstellungsweise des Fuchsins, zu der Idee gelangt seyn, daß sich bei seiner
Darstellung noch andere Farbstoffe mitbilden, welche hernach die mit dem Fuchsin
erhaltenen rosenrothen Nüancen zum Theil ihrer Schönheit berauben; ist es doch
bereits gelungen, aus ein und demselben Materiale, dem Steinkohlentheer, ja aus ein
und demselben Bestandtheile desselben, dem Anilin, einen rosenrothen, violetten,
blauen, gelben, grünen und braunen Farbstoff durch verwandte Processe
darzustellen.
Am meisten unterscheidet sich die rosenrothe Farbe des gewöhnlichen harzartigen
Fuchsins von derjenigen des krystallisirten Fuchsins durch einen etwas gelblichen
Ton, welchen man nothwendig von der Gegenwart eines gelben Farbstoffes herleiten
muß. Der einzige gelbe Farbstoff aber, der bis dahin aus dem Steinkohlentheer
dargestellt wurde, ist die Pikrinsäure. Daß diese sich bei der Darstellung des
Fuchsins mitbilden kann, wird keinen Chemiker befremden, sobald er weiß, daß sowohl
das Fuchsin als auch die Pikrinsäure Producte der Oxydation des Anilins sind.
Nachgewiesen wurde zwar die Pikrinsäure in dem Fuchsin noch niemals, denn die
chemische Trennung der organischen Farbstoffe, und namentlich dieser neuen noch
weniger studirten, ist mit den allergrößten Schwierigkeiten verknüpft.
Es läßt sich aber die Pikrinsäure in dem rothen Fuchsin des Handels mittelst der
neuen analytischen Methode sehr leicht nachweisen.
Löst man das krystallisirte chemisch reine Fuchsin in Alkohol auf, und taucht man ein
Filtrirpapier in die alkoholische Lösung einige Linien weit ein, so saugt das Papier
mit der größten Schnelligkeit die rothe Flüssigkeit in sich auf. Nach wenigen
Minuten erblickt man vier Schichten: die oberste farblose Schicht des Filtrirpapiers
enthält reinen Alkohol, die anderen drei Schichten bestehen aus drei verschieden
stark gefärbten reinen fuchsinrothen Nüancen, vom helleren Rosa durch Dunkelrosa
hindurch bis zum beinahe schwarz aussehenden Dunkelroth, welches letztere die mittlere Schicht
bildet. Löst man aber in der Lösung des krystallisirten chemisch reinen Fuchsins
auch nur eine Spur von Pikrinsäure auf, so erhält man mittelst eines Streifens
Papiers in eben derselben Zeit ein Farbenbild ganz anderen Aussehens. Es bilden sich
dreierlei Arten von Schichten: 1) rosenroth und dunkelroth gefärbte, 2) farblose
Schichten und 3) eine schmale schön pikringelb gefärbte. Je mehr Pikrinsäure man dem
Fuchsin beimischt, desto größer wird die gelbe Pikrinsäure- und desto kleiner
die blauroth aussehende Fuchsinschicht.
Ganz so wie ein künstliches Gemisch von Pikrinsäure und chemisch reinem Fuchsin
verhalten sich nun auch die verschiedenen rohen ordinären Fuchsinsorten des Handels.
Löst man dieselben in Alkohol auf und prüft man sie mit einem Filtrirpapier, so
bemerkt man, wie dieselben alle zusammen, die einen mehr, die anderen weniger, außer
der rothen Zone noch eine gelbe bilden. Um diese gelbe Zone so recht hervortreten zu
lassen und von gehöriger Intensität der Nüance zu erhalten, ist es am besten, wenn
man die alkoholischen Fuchsinlösungen sehr concentrirt anwendet, und das
Filtrirpapier so lange eingetaucht läßt, bis das Fuchsin sich mit dunkelbraunrother
Farbe auf dem Papier abgelagert hat.
Mittelst eines einfachen Verfahrens ist es uns demnach möglich geworden, die
Gegenwart eines Körpers zu constatiren, den wir sonst unter den obwaltenden
Umständen auf keinem anderen Wege so leicht nachzuweisen im Stande gewesen wären.
Der Unterschied aber zwischen dem krystallisirten Fuchsin und dem rohen Fuchsin des
Handels ist künftighin nicht nur dahin auszulegen, daß das rohe Fuchsin außer dem
eigentlichen rosenrothen Farbstoffe noch harzartige, theerartige Substanzen, sondern
auch noch einen gelben Farbstoff (Pikrinsäure) enthält. Fernere Versuche wurden mit
dem vor nicht langer Zeit entdeckten und aus dem Steinkohlentheer dargestellten
blauen Farbstoffe, dem sogenannten Azulin,Die Bereitungsweise dieses Farbstoffes wird von den Erfindern, den Herren Guinon, Marnas und Bonney in Lyon, geheim gehalten; die Eigenschaften desselben sind
in Perkin's Abhandlung „über die aus
dem Steinkohlentheer abstammenden Farbstoffe“ im polytechn.
Journal Bd. CLXIII S. 381 angegeben.
A. d. Red. angestellt. Wie ich im rohen Fuchsin des Handels einen gelben Farbstoff
nachwies, so konnte ich im Azulin einen rosenrothen Farbstoff, wahrscheinlich
Fuchsin, nachweisen. Das erhaltene Resultat stimmt vollkommen mit der praktischen
Erfahrung der Seidenfärber überein, nach welcher alle mit Azulin gefärbte blaue
Seide einen violetten Stich besitzt, welchen wegzubringen die Seidenfärber trotz
aller Anstrengungen nur durch die langwierigsten Operationen und auch dann nur
theilweise im Stande gewesen sind.
Tabellarische Zusammenstellung der in
Goppelsröder's Abhandlung beschriebenen Reactionen zusammengemischter wässriger
oder alkoholischer Lösungen verschiedener Farbstoffe.
Textabbildung Bd. 164, Zu S. 217
Wäßrige Pikrinsäurelösung;
Alkoholische Lösung von Pikrinsäure und Curcuma; Wäßrige Lösung von Pikrinsäure
und Indigschwefelsäure; Wäßrige Lösung von viel Murexid und wenig Pikrinsäure;
Wäßrige Lösung von viel Pikrinsäure und wenig Murexid; Unverändert; In verdünnte
Kalilösung getaucht; Erstere im Ueberschuß; Letztere im Uebershuß; Farblos;
Pikrinsäure-Gelb; Wasser; Pikrinsäure; Alkohol; Curcumagelb; Curcuma;
Braun; Verdünnte Schwefels.; Pikrinsäure und Indigschwefelsäure; Dunkelblaugrün
mit sehr starkem Stich ins Blaue; Pikrinsäure und viel Indigschwefelsäure;
Purpurroth; Murexid; Stark Gelbroth; Viel Pikrinsäure und wenig Murexid;
Alkoholische Lösung von Fuchsin, und zwar; Alkoholische Lösung von
krystallisirtem Fuchsin und einer Spur von Pikrinsäure; Alkoholische Lösung von
krystallisirtem Fuchsin und viel Pikrinsäure; Alkoholische Azulinlösung;
Alkoholische Lösung von viel Azulin und wenig rohem Fuchsin; Dunkel braunroth;
Sold schimmernd; Fuchsinroth; Fuchsin; Gelb; Orange; Rosaviolett; Dunkel
rosaviolett; Pikrinsäure und etwas Fuchsin; Sehr helles Rosa;
Pikrinsäure-Gelb; Fuchsin und Pikrinsäure; Sehr dunkelblau mit stark
violettem Stich; Azulinblau; Azulin; Rosaroth; Braunroth; Sehe hell violett;
enthält auch etwas Fuchsin; Wäßrige Murexidlösung; Rosa; Murexid; Purpurroth;
Violettblau; Dunkel violettblau; Azulin mit etwas Murexid; Mittelblau; Sehr
dunkelblau; Dunkelblau; Helles Indigblau; Dunkles Azulinblau; Verd.
Schwefelsäure; Indigschwefelsäure; Azulinblau, heller als nebenstehendes
Taucht man in eine alkoholische Lösung des Azulins ein Filtrirpapier ein, so
erscheinen bald vier Schichten: eine blaue, eine violette, eine rosenrothe und eine
farblose Schicht, welche letztere nur Alkohol enthält. Löst man die rosenrothe Zone
für sich in Weingeist auf, so erhält man eine rosenrothe Flüssigkeit, während die
beiden blauen Schichten, in Alkohol gelöst, zwei blaue Flüssigkeiten bilden, in
welchen sich Seide viel reiner blau färbt als in dem gewöhnlichen Azulin des
Handels. Durch diese allerdings unpraktische Methode läßt sich das Azulin reinigen
von seinem violetten Stich, namentlich wenn man die Operation einigemale hinter
einander wiederholt. Taucht man abwechselnd ein größeres Stück Filtrirpapier längere
Zeit in eine alkoholische Azulinlösung einige Linien weit ein, und löst man dann die
einzelnen Schichten für sich allein in Alkohol auf, um wiederum in die entstandenen
Lösungen einzutauchen und die verschiedenen Schichten hernach in Alkohol zu lösen
u.s.w., so gelangt man endlich dahin, sowohl von der blauen als auch rosenröthen
Farbe so viel zu erhalten, daß man damit kleine Seidensträhne zu färben im Stande
ist. Die auf diese Weise erhaltene rosenrothe Nüance ist rein rosenroth: die blauen
Nüancen sind sehr schön blau, ohne violetten Stich.
Ich habe bereits noch eine größere Reihe von Versuchen sowohl mit den Lösungen
isolirter reiner Farbstoffe als auch mit gemischten Farbstofflösungen angestellt,
und ich darf mit Hinblick auf meine Versuche die Ueberzeugung aussprechen, daß das
neue Verfahren, verbunden mit einer passenden Anwendung ausgewählter
charakteristischer Reactionen auf die, verschiedene Zonen bildenden, Farbstoffe, uns
ein Mittel an die Hand geben werde, in manchen Fällen ein rasches Urtheil über die
Natur zusammengesetzter Farbstofflösungen zu gewinnen.
Auch in sanitarischer Hinsicht, mit Bezug auf Verfälschungen der Biere mit
Pikrinsäure, der Weine mit den verschiedenen Farbstoffen u.s.w. läßt sich ein Nutzen
aus dem neuen Verfahren ziehen, wofür ich später mitzutheilende Beweise habe.
Für jetzt begnüge ich mich mit den oben erwähnten Notizen. Ich hoffe aber in kurzer
Zeit über das Resultat einer größeren Reihe einläßlicherer Versuche, namentlich auch
über die einzelnen Vorsichtsmaßregeln und Umstände des Verfahrens, Mittheilung zu
machen.
Auf der beigegebenen Tabelle sind die Zonen dargestellt, welche die Flüssigkeiten auf
dem eingetauchten Theil des Papiers durchwanderten. Alle 14 Versuche sind bei
gewöhnlicher Temperatur und, mit Ausnahme von Nr. 9, während 13 Minuten
angestellt.