Titel: Ein Multiplicator-Manometer; von C. Schinz.
Autor: C. Schinz
Fundstelle: Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXII., S. 241
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LXII. Ein Multiplicator-Manometer; von C. Schinz. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Schinz's Multiplicator-Manometer. Das Manometer ist schon längst ein unentbehrliches Instrument um den Druck der Gase bei technischen Processen zu messen, insbesondere den Druck des Windes, welchen irgend ein Gebläse bei metallurgischen Operationen zu geben vermag. Gewöhnlich sind bei diesen Gebläsen ziemlich bedeutende Pressungen zu messen, so daß sehr kleine Bruchtheile des Manometerstandes gar nicht in Betracht kommen; aber selbst bei hohem Drucke, wenn es darauf ankommt, daß derselbe fortwährend möglichst constant erhalten wird, ist das gewöhnliche Manometer ein unbequemes Instrument, weil der Arbeiter welcher den Druck überwachen soll, genöthigt ist sich ganz in die Nähe des Manometers zu begeben, um dessen Stand zu beobachten. Handelt es sich um sehr geringen Druck, so sind die gewöhnlichen Manometer überdieß schwierig zu beobachten, und kleine Bruchtheile der Druckscale gar nicht mehr zu bestimmen. Bei Kaminen, welche durch negativen Druck wirken, ist derselbe stets so klein, daß er mit gewöhnlichen Manometern nicht gemessen werden kann. Man hat daher zur Beurtheilung der Wirkung der Kamine die Anemometer in Vorschlag gebracht, und es ist nicht in Abrede zu stellen, daß diese Instrumente eine genaue Messung zulassen; da sie aber in der Mündung der Kamine angebracht werden müssen, so ist ihre Benutzung nicht nur unbequem, sondern auch auf einzelne Versuche beschränkt, während ein Multiplicator-Manometer fortwährend die in jedem Zeitpunkt stattfindende Wirkung des Kamins angibt. Bis jetzt blieb es lediglich dem Urtheile der Heizer von Dampfkessel- und anderen Oefen überlassen, das Kaminregister zur geeigneten Unterhaltung des Zuges zu stellen; da es aber sehr schwierig ist, den Zug im Kamin mittelst des Registers normal zu erhalten, so wird derselbe in den meisten Fällen zu stark seyn, weßhalb nicht unbeträchtliche Wärmemengen durch den Kamin abziehen, welche den Nutzeffect beeinträchtigen. Die Fabrikbesitzer werden mir daher Dank wissen, daß ich sie auf Mittel aufmerksam mache, welches diesen Uebelstand beseitigt; den Heizern aber, welchen ich die Sorge auflade, außer dem Dampfmanometer auch noch das Kaminmanometer zu berücksichtigen, war ich bemüht, die Beobachtungen so bequem als möglich zu machen. Das Multiplicator-Manometer, mit welchem ich die Leser bekannt machen will, ist zuerst von Peclet vorgeschlagen worden, meines Wissens aber in der von ihm angegebenen Form nicht in die Praxis übergegangen. Um dieses Instrument für den praktischen Gebrauch anwendbar zu machen, habe ich dessen Construction abgeändert, und dann dessen Benutzung so schätzbar gefunden, daß ich auf den Gedanken kam, dasselbe auch für Kamine in Anwendung zu bringen. Da aber in diesem Falle das Manometer noch viel empfindlicher seyn muß, als für Drucke von wenigen Linien Wassersäule, so war ich veranlaßt, meine frühere ConstructionBeschrieben Seite 16 in meinem Werke: „Die Heizung und Ventilation in Fabrikgebäuden, und die Einrichtung von Trocknungs-Apparaten. Stuttgart 1861, Verlagsbuchhandlung von Carl Mäcken.“ noch weiter zu verbessern, und ich beschreibe nun im Folgenden das Instrument in seiner für die Praxis anwendbarsten und für die Genauigkeit zuverlässigsten Form. Dieses, in den Figuren 1012 abgebildete Multiplicator-Manometer besteht in einem Blechkasten von 20 Zoll Länge, 4'' Tiefe und 6'' Breite; eine Dille von 4 1/2'' Durchmesser senkt sich in den Kasten von oben nach unten, läßt jedoch am Boden dem in dem Kasten enthaltenen Wasser den Durchgang. Der Querschnitt des Kastens, einschließlich der Dille, ist somit 6 × 20 = 120 Quadratzoll; der Querschnitt der Dille ist = ¼ (4½² . π) = 15,9043 Quadratzoll. Wenn daher außerhalb der Dille eine Depression von 1 Zoll Wassersäule stattfindet, so wird das Wasser in der Dille fallen, und zwar um 1 – 15,9043/120 = 0,8675''; drückt hingegen die Luft auf das Wasser mit einer Pressung von 1 Zoll Wassersäule, so wird das Wasser in der Dille steigen, und zwar um eben so viel als es im vorhergehenden Falle gesunken ist. Wenn nun 1'' Druckdifferenz genügend ist – und sie reicht insbesondere bei Kaminen vollkommen aus –, so ist der Weg von 0,8675'', welchen das Wasser in der Dille zurücklegt, auf einen Mechanismus zu übertragen, der die 1'' betragende Differenz multiplicirt und auf einem Gradbogen anzeigt. Dieser Mechanismus besteht einfach in einem auf dem Wasser in der Dille angebrachten Schwimmer, von welchem aus ein Seidenfaden über eine Rolle geht, an dessen anderem Ende ein Gegengewicht befestigt ist. Die Rolle selbst wird die Bewegung des Schwimmers und seines Gegengewichtes mitmachen und ebenso ein Zeiger, welcher auf der die Rolle tragenden Achse befestigt ist. Je nachdem man nun das Instrument mehr oder weniger empfindlich machen will, ist dem Gradbogen eine größere oder kleinere Länge zu geben. Wenn aber die Sehne dieses Bogens wie in unserer Zeichnung 22'' hat, so wird das Instrument unter allen Umständen empfindlich genug, denn ein solcher Bogen mißt 24,609'', welche vom Zeiger durchlaufen werden müssen, bis er die höchste Depression von 1'' anzeigt. Es kommt nun darauf an, der Rolle selbst den richtigen Durchmesser zu geben, damit der Zeiger den Gradbogen für den Weg des Wassers von 0,8675'' genau beschreibe. Der Winkel welchen der Gradbogen einschließt, hat 94°; es muß daher die Rolle einen solchen Durchmesser haben, daß die Peripherie derselben für 94° genau 0,8675'' beträgt. Es wird dieser Durchmesser  d = (360 . 0,8675)/(94 . π) = 1,0575''. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, diesen durch Rechnung gefundenen Durchmesser, der Rolle wirklich zu geben. In den meisten Fällen handelt es sich allerdings nicht darum, genau den effectiven Manometerstand zu bestimmen, sondern bloß darum, Variationen desselben zu beobachten; soll jedoch das Instrument auch den absoluten Druck mit großer Genauigkeit angeben, so kann dieß dadurch bewerkstelligt werden, daß man dasselbe mit einem Normal-Manometer vergleicht, und den Rolle-Durchmesser so lange adjustirt, bis das Instrument genau stimmt. Wie die Figuren 1012 zeigen, läuft die Achse, auf welcher die Rolle und der Zeiger befestigt sind, in Stahlspitzen, und die eine Wand des Blechkastens bildet zugleich die Fläche auf welcher der Gradbogen aufgetragen ist. Das Ganze ist von einem hölzernen Kasten umfangen, und derselbe vor dem Gradbogen mit einer Fensterscheibe versehen. Die kleine Röhre a dient um den Apparat durch einen Kautschukschlauch mit dem Orte zu verbinden, wo der Druck oder die Depression gemessen werden soll; b ist ein kleiner Hahn zum Ablassen des Wassers; die Glasröhren-Verbindung zwischen a und b dient als gewöhnliches Manometer, durch welches man leicht prüfen kann, ob der Apparat richtig anzeigt, denn dieß ist nicht mehr der Fall, wenn etwa das Wasser im Kasten merklich verdunstet ist oder sonst der Zeiger nicht auf 0° eingestellt war ehe der Druck oder die Depression statt fand. Ein solches Instrument gibt also für jede Linie Druckdifferenz dem Zeiger einen Weg von 2,4 Zoll, und es kann folglich noch ein Druck von 1/127 Zoll abgelesen werden. Diese letztere Eigenschaft ist von Werth, wenn der absolute Druck genau bestimmt werden soll; für die Praxis gewährt ein solches Instrument aber noch besonders den Vortheil, daß der Arbeiter welcher den Druck zu beobachten hat, gleich auf den ersten Blick und selbst auf einige Entfernung sieht, ob derselbe normal ist oder um wie viel er annähernd abweicht, folglich leicht sein Register einstellen kann, bis er auf den normalen Manometerstand gekommen ist. Hätten wir z.B. unter einem Dampfkessel per Stunde 100 Pfd.Die angenommenen Maaße sind 1 Fuß = 0,3 Meter und 1 Pfd. = 1/2 Kilogr. Steinkohle mittlerer Güte zu verbrennen, so ist das Volumen der Verbrennungsproducte 30676 Kubikfuß per Stunde, und 8,521 Kubikfuß per Secunde bei 0°. Wenn der Dampfkessel eine hinlänglich große Heizfläche hat, um zu gestatten daß die Verbrennungsproducte mit 150° C. in den Kamin entweichen, so wird das per Secunde zu evacuirende Volumen bei dieser Temperatur = 13,201 Kubikfuß. Hätte nun der Kamin beispielsweise 50 Fuß Höhe und 1 Quadratfuß Querschnitt, so müßte die normale Geschwindigkeit im Kamin = v = V/S = 13,201/1 = 13,201 Fuß seyn. Dieser Geschwindigkeit entspricht eine Druckhöhe P als Luftsäule = v²/2g = 13,201²/63,368 = 2,6677', und als Wassersäule = 2,6677 . 0,0013 = 0,00337' = 0,0337.'' Der 50' hohe Kamin gibt aber einen Druck P = hhsy, worin h die Kaminhöhe, s das specifische Gewicht der Luft bei 150° und y das specifische Gewicht der Verbrennungsproducte bezeichnet; folglich ist: P = 50 – 50 . 0,84512 . 1,02508 = 6,684' Luftsäule,        = 6,684 . 0,0013 = 0,0087' = 0,087'' Wassersäule. Von dieser Druckhöhe wird jedoch durch Widerstände aller Art ein bedeutender Theil consumirt; da aber dieselben nicht constant sind, und namentlich der im Feuerherde stattfindende Widerstand je nach der Größe der Kohlenstücke, den Schlacken auf dem Roste und der Höhe der Kohlenschicht auf demselben, öfter wechselt, so wird sich die Geschwindigkeit im Kamin und damit der Druckverlust eben so oft ändern. Als Mittel diese Geschwindigkeit annähernd constant zu machen, dient das Register, welches, wenn es ganz offen ist, das Maximum der Zugkraft im Kamin gestattet, wogegen durch theilweise Schließung desselben vermehrte Reibung erzeugt und folglich die Geschwindigkeit im Kamin vermindert wird. Soll nun diese Geschwindigkeit – oder, was auf dasselbe hinauskommt, der Kohlenverbrauch – constant seyn, so hat der Heizer bloß auf das Kaminmanometer zu sehen und sein Register so zu stellen, daß er constant eine Pressung von 0,0337'' Wassersäule hat. Nehmen wir an, der Wärmeconsum wechsle per Stunde zwischen 100 und 50 Pfd. Steinkohle, so werden die Verbrennungsproducte                   für     100       90       80      70      60     50 Pfd. Kohle per Secunde = 13,201 11,881 10,561 9,241 7,921 6,601 Kubikfuß seyn, und darnach       13       12     10,5 9,25        8 6,6' die nöthigen Geschwindigkeiten, und 0,035; 0,0281; 0,0222; 0,0170; 0,0125; 0,0087'' die Manometerstände. Da nun an unserem Multiplicator-Manometer 0,01'' Druck auf dem Gradbogen noch 1/4 Zoll und 0,001'' Druck noch 1/4 Linie einnimmt, so können diese Drucke noch sehr leicht beobachtet und eingehalten, und dadurch die Verbrennung normal geführt werden. Bekanntlich wird angenommen, daß die Verbrennungsproducte bei extensiver Feuerung, wie unter Dampfkesseln, einen Luftüberschuß enthalten, welcher derjenigen Quantität gleichkommt, die zur Verbrennung nothwendig ist; doch gründet sich diese Annahme nur auf vereinzelte Versuche, nicht auf fortgesetzte Beobachtung. Es muß jedoch nothwendig eine Abweichung von dieser Annahme stattfinden, wenn, wie in dem vorher angeführten Beispiele, auf ein und derselben Rostfläche bald 100, bald 50 Pfd. Steinkohle per Stunde verbrannt werden; es wird nämlich im letzteren Falle offenbar dieser Luftüberschuß gemindert werden, vorausgesetzt daß der Zug im Kamin entsprechend geringer gemacht wird; in diesem Falle würde dann aber der Kohlenverbrauch größer als 50 Pfd. werden, und die Dampfproduction größer als diesen 50 + x Pfd. entspricht, weil die Initialtemperatur der Verbrennungsproducte steigen würde. Es könnte daher die Anwendung des Multiplicator-Manometers dazu dienen eine Frage zu lösen, welche gegenwärtig noch bei weitem nicht aufgeklärt ist, die Frage nämlich: welche Rostfläche soll für den Verbrauch von 100 Pfund Steinkohle zur Wirksamkeit kommen? Es wäre dazu nur noch die Bestimmung der Temperatur im Kamin nothwendig. Wir wollen letztere mit t bezeichnen, den Manometerstand in Fußen mit m, und das verbrauchte Kohlenquantum mit Pfunden. Der Manometerstand gibt die Geschwindigkeit Textabbildung Bd. 164, S. 246 Die Geschwindigkeit v mit dem Querschnitte des Kamins multiplicirt, gibt das Volumen der durchgegangenen Verbrennungsproducte. Dieses Volumen hängt aber ab von der Temperatur t derselben, und kann also durch t bestimmt werden. Ferner muß dieses Volumen verschieden seyn nach dem Luftüberschusse, welchen die Verbrennungsproducte mitführen. Ohne Luftüberschuß ist dieses Volumen für Steinkohle mittlerer Güte bei 0° = 156,29 Kubikfuß per Pfund. Mit diesen Factoren läßt sich dann berechnen, welches Luftvolumen im unverbrannten Zustande den Verbrennungsproducten beigemischt gewesen ist. Angenommen, wir hätten in 10 Stunden 1056 Pfd. Steinkohle mittlerer Güte verbrannt; das Manometer habe während dieser Zeit nicht merklich von 0,035'' Wassersäule variirt, und ebenso sey die Temperatur im Kamin nahezu constant 170° gewesen: so würden bei 1 Quadratfuß Querschnitt des Kamins per Secunde = √(2g 0,0035/0,0013) = 13,20 Kub. F. evacuirt worden seyn, also per Stunde 47520 Kub. F., und in den 10 Stunden 475200 Kub. F. Das luftfreie Volumen der Verbrennungsproducte von 1056 Pfd. Steinkohle ist bei 0° = 165040 Kub. F., bei 170° aber 267870 Kub. F. Vergleichen wir nun die beiden berechneten Volumina, so ergibt sich daß der Luftüberschuß 475200 – 267870 = 207330 Kub. F. betrug, und da 1056 Pfd. Steinkohle 257900 Kub. Luft von 170° zu ihrer vollkommenen Verbrennung brauchen, so ist dieser Ueberschuß 207330/257900 = 0,8 Mal so groß gewesen. Wäre hingegen der Manometerstand nur 0,01'' Wassersäule gewesen, so würde das effectiv evacuirte Volumen = √(2g 0,001/0,0013) = 7,0911 Kub. F. per Secunde, also 20287 Kub. F. per Stunde, und in 10 Stunden 202870 Kub. F. betragen haben. In diesem Falle wäre kein Luftüberschuß vorhanden gewesen, sondern ein Gasüberschuß von 267870 – 202870 = 65000 Kub. F. Die Verbrennungsproducte von 1 Pfd. Steinkohle wären dann bei 170° = 202870/1056 = 192 Kub. F., und bei 0° = 118 Kub. F. gewesen, also noch kleiner als dasjenige Quantum welches bei der sogenannten intensiven Feuerung oder unvollkommenen Verbrennung erzeugt wird und 130 Kub. F. beträgt. Die Anwendung dieses Multiplicator-Manometers bietet also nicht nur ein bequemes Mittel, in jedem Augenblick den Zug im Kamin nach Bedürfniß zu reguliren, sondern er dient auch als Beobachtungsmittel zur Beurtheilung der mehr oder minder vollkommenen Verbrennung. Offenburg, den 26. April 1862.

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