Titel: | Verfahren, die bei der Destillation der Steinkohlen, der bituminösen Schiefer etc. erhaltenen schweren Oele auf Leuchtgas und andere nutzbare Producte zu verarbeiten. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXXXI., S. 303 |
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LXXXI.
Verfahren, die bei der Destillation der
Steinkohlen, der bituminösen Schiefer etc. erhaltenen schweren Oele auf Leuchtgas und
andere nutzbare Producte zu verarbeiten.
Aus dem Technologiste, December 1861, S. 145;
durch das polytechnische
Centralblatt, 1862 S. 479.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Ueber Verarbeitung der schweren Oele aus dem
Steinkohlentheer.
Bei der Destillation der Steinkohle, der Schiefer- und der Bogheadkohle
entstehen bekanntlich Leuchtgase, ammoniakalisches Wasser und Theer. Die Behandlung
des so erhaltenen Theers liefert durch eine sorgfältige Destillation zunächst
Producte, die leichter sind als Wasser, und bei 70 bis 100° C. sieden. Diese
Producte sind die flüchtigen Oele, welche man zu verschiedenen Zwecken, u.a. zur
Beleuchtung, zum Ausmachen von Fettstecken, zu Maler- und Anstreichfarben und
zur Bereitung von Farbstoffen aus dem in ihnen in größerer oder geringerer Menge
enthaltenen Benzol, verwendet. Andererseits erhält man bei der Verarbeitung des
Theers flüssige Producte, die schwerer als Wasser sind, und im Allgemeinen aus einem
Gemenge von Naphtalin und anderen Kohlenwasserstoffen bestehen, deren Siedepunkt 150
bis 250° beträgt. Diese schweren Oele, welche im Mittel 25 bis 30 Proc. vom
Gewicht des Theers ausmachen, sind bisher zur Bereitung von Maschinenschmiere, zu
Maler- oder Anstrichfarben, und unter gewissen Bedingungen zur Beleuchtung
verwendet worden.Die vortheilhafteste Anwendung dieser schweren Oele dürfte gegenwärtig
diejenige zur Nußbrennerei seyn. A. d. Red. Das dritte Product der Behandlung des Theers ist eine pechartige Masse,
welche bei gewöhnlicher Temperatur fest wird; dieses Product benutzt man in der
Marine und zur Fabrication künstlicher Brennmaterialien.
Der Zweck der vorliegenden Erfindung, welche die Gasbeleuchtungs-Gesellschaft
in Paris in ihren Fabriken zur Ausführung gebracht hat, besteht darin, die schweren
Oele in der Art zu behandeln, daß sie einerseits Leuchtgas und andererseits
flüchtige Producte, welche reich an Benzol sind, liefern. Der dabei angewendete
Apparat ist in Fig.
21 im Verticaldurchschnitt dargestellt.
a ist eine Retorte, deren man mehrere in einer Reihe
anbringt; diese Retorten
können von Gußeisen oder von Thonmasse seyn. b ist der
Ofen, in welchem die Retorten in solcher Art angebracht sind, daß die Feuerluft
dieselben rings umspülen kann. Jede Retorte ist an dem einen Ende mit einem Deckel
versehen, welcher leicht abzunehmen ist, damit man zu dem Innern der Retorte
gelangen und dasselbe reinigen kann. In der Nähe des anderen Endes ist eine
Scheidewand b¹, um das Ausfließen des Oels aus
der Retorte zu verhüten. Außerhalb dieser Scheidewand ist die Retorte mit einem Rohr
o versehen, welches in einen geschlossenen Behälter
d, der Wasser enthält, mündet. Dieser Behälter steht
andererseits mit einem Kühlapparat e von irgend einet
der gewöhnlichen Einrichtungen in Verbindung, in welchem die flüchtigen Producte
sich verdichten.
Nachdem die Retorten bis zum Rothglühen erhitzt sind, läßt man einen continuirlichen
Strahl des schweren Oels aus dem Behälter g durch das
gebogene Trichterrohr f, mit welchem jede Retorte
versehen ist, in dieselbe einfließen. Das in die Retorte gelangte Oel wird hier zum
Theil verdampft, indem ein anderer Theil desselben in feste Producte, und zwar in
eine rußartige Masse und in Graphit, welche in der Retorte bleiben, übergeht. Die
flüchtigen Producte bestehen aus einer theerartigen Flüssigkeit und einem
permanenten Gas. Beim Durchgehen dieser Producte durch den Wasserbehälter d findet eine Scheidung statt; in diesem Behälter
verdichtet sich nämlich ein schweres, weniger flüchtiges Oel, während der nicht
verdichtete Theil in den Kühlapparat strömt. In Folge der hier stattfindenden
Abkühlung verdichtet sich in demselben ein leichtes und flüchtiges Oel, wogegen das
Gas übrig bleibt und durch das Ende h des Kühlrohrs in
einen Gasometer geleitet wird.
Das in dem Kühlapparat verdichtete leichte Oel liefert, indem es nachher aus einer
gewöhnlichen Blase destillirt wird, flüchtige Oele, welche reich an Benzol sind. Das
Oel, welches sich in dem Wasserbehälter d abgesetzt hat,
enthält kein flüchtiges Oel; man läßt es daher entweder für sich allein, oder mit
einer neuen Portion des ursprünglichen schweren Oels vermischt, wieder in die
Retorte fließen, wobei eine neue Portion Gas und flüchtige Oele daraus
entstehen.