Titel: | Luftmaschine von Piobert, Ingenieur in Troyes. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXXXVII., S. 324 |
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LXXXVII.
Luftmaschine von Piobert, Ingenieur in
Troyes.
Aus Armengaud's Génie industriel, März 1862,
S. 113.
Piobert's Luftmaschine.
Diese Maschine vereinigt die beiden Systeme der erwärmten Luft und des überhitzten Wasserdampfes. Sie ist in den Fig. 7–11 dargestellt
und zwar gibt:
Fig. 7 einen
Verticaldurchschnitt nach der Achse des Dampfkessels und dessen Feuerung,
Fig. 8 einen
Längendurchschnitt der Maschine,
Fig. 9 einen
Grundriß derselben;
Fig. 10 und
11 sind
zwei Querschnitte, der eine nach der Linie 1–2 des Schiebers, der andere nach
der Linie 3–4 des Cylinders.
Das Ganze begreift vier Theile, wovon drei in der Zeichnung dargestellt sind,
nämlich:
1) der Dampfkessel,
2) die eigentliche Maschine,
3) die Luftpumpe,
4) ein Erhitzungsapparat für die Luft.
Wie gesagt, sind die bewegenden Elemente dieser Maschine die ausgedehnte Luft und der
überhitzte Dampf.
Dampfkessel (Fig. 7). – Der
verticale Cylinder aus Eisenblech A ist an beiden Enden
durch die blechernen Böden A', A² geschlossen; er
ist an den Schienen B, B' angeschraubt, welche an beiden
Enden des Verticalcylinders oder Hauptkesselkörpers vernietet sind.
Der untere Boden ruht auf dem gußeisernen Sockel C, und
das Mannloch befindet sich bei D; ein cylindrischer
Körper A³, gleichfalls vertical, geht durch den
oberen Kesselboden hindurch und ist noch um eine gewisse Strecke verlängert, worauf
er durch einen eisernen Deckel F mittelst eines
verschraubten Randes verschlossen ist. In diesem Deckel ist eine Oeffnung zum
Eingeben des Brennmaterials angebracht, die durch eine Thür G mit Angel und Schraubenverschluß verschlossen werden kann, wobei
vollkommene Dichtung durch einen Bleiring bewirkt wird.
Der Cylinder A³ nimmt nach unten eine viereckige
Gestalt an und tritt aus der Seite des Kessels heraus. Hier ist seine Oeffnung
gleichfalls mittelst einer Thür mit Angel und Schraubenhebel dicht verschlossen.
Im Inneren der Biegung Y befindet sich ein beweglicher
Rost Z unter einem Winkel von 45°, dem man die
passendsten Stellungen geben kann, um entweder das Feuer anzuzünden, oder um die
Verbrennung so vollständig wie möglich zu machen, oder um die Reinigung zu bewirken,
welche mittelst eines Hakens I geschieht, der vollkommen
cylindrisch ist und durch eine Stopfbüchse J mit
Kugelbewegung geht; über dieser befindet sich das Glasauge K, welches zwischen Drahtgeflecht und Gummiringen eingeklemmt ist.
In der Seite des Cylinders A³ befindet sich ein
Stutz M mit zwei Oeffnungen; die eine nach oben
gerichtete wird von dem Ventil N geschlossen, welches
durch die Stange O mit dem Rade P auf und nieder bewegt wird. Die andere Oeffnung des Stutzes,
„Taucher“ genannt, mündet im Innern des Kessels etwas
unterhalb des Normalwasserstandes; ihre Oeffnung wird durch eine Klappe s geschlossen, welche vermöge ihres Gewichtes auf der
schiefen Unterlage aufliegt.
Der Kessel hat eine hölzerne Umhüllung a, zwischen
welcher und dem Kessel nicht leitende Körper sich befinden; ebenso wird die
Wärmestrahlung vom oberen Boden durch aufgelegte schlechte Wärmeleiter verhütet,
wozu hier ein Ring angebracht ist.
Maschine. – Sie ist den gewöhnlichen Dampfmaschinen
ähnlich construirt, unterscheidet sich davon aber in einigen Punkten:
Die Vertheilungsbüchse ist von einer Hülle a umgeben; der
Zwischenraum ist mit schlechten Wärmeleitern gefüllt; dasselbe gilt für die Böden
des Cylinders a', welche zu diesem Zweck mit den Schalen
b versehen sind. Um den Cylinder wird durch die Wand
b' ein ringförmiger Raum gebildet, in welchem
fortwährend ein Strom von Dampf und heißer Luft direct aus dem Kessel circulirt.
Der Schieber hat ein Ventil mit Auslaßdeckel c (Fig. 3),
welches mittelst des Conus c' (Fig. 10) die Ausströmung
und mithin den Zufluß von Dampf und heißer Luft regulirt.
Die einzige Gleitstange D' bewegt sich über den Boden
einer Schale E, die so viel Oel enthält, daß die
reibenden Theile stets geschmiert sind; diese Schale kann man mittelst
Stellschrauben nach jeder Richtung, wie es die Abnutzung erfordert, einstellen.
Luftpumpe. – Diese ist links bei den Figuren 8 u.
9
angegeben; sie besteht aus einem Cylinder D mit der
Umhüllung B'. An dem so entstehenden ringförmigen Raum
ist die Saugröhre der Speisepumpe d angebracht, damit
das Speisewasser erst um den Cylinder circulirt. Wenn der Kessel nicht gespeist zu
werden braucht, so geht die Pumpe doch ununterbrochen fort und das Speisewasser
fließt nach seinem Behälter zurück.
Die Luft-Ansaugung zu beiden Seiten des Kolbens p
geschieht durch die Oeffnungen d', welche mit ledernen
Klappen versehen sind, die sich auf Gitter e legen und
mit eisernen Unterlagen versehen sind. Die Luft wird durch die Leitungen f getrieben, welche ebenfalls mit ledernen, in der
Büchse G' enthaltenen Klappen versehen sind; sie tritt
bei h aus und begibt sich unter den Kesselrost.
Im oberen Theile der Büchse G' befindet sich ein
Regulator für den Luftstrom; derselbe besteht aus einer Art Schale von einer sehr
dünnen Metallplatte über dem Boden der Büchse. In dieser ist ein Loch angebracht,
das die Luft im Innern der Büchse mit der Schale h' in
Verbindung setzt. Die Platte ist mit kreisförmigen Rippen versehen, um sie sehr
dehnbar zu machen; auf derselben befindet sich der Cylinder j, welcher von der Feder k angedrückt wird,
deren Widerstand man mittelst Schrauben reguliren kann.
Am oberen Theile dieses Cylinders befindet sich ein Muff mit Ohren I, welche die Arme der beiden Hebel M, M' aufnehmen, an deren Enden mittelst kleiner Stangen
die Schieber N, N' hängen, so daß, wenn der Druck in der
Büchse G' und mithin in der Schale steigt und also die
Metallplatte sich ebenso wie der darauf ruhende Cylinder hebt, die Schieber die
Luftaustrittsöffnungen theilweise oder ganz schließen.
Der Luftdruck steigt ziemlich häufig; wenn z.B. die Maschine im Gang ist, und der
Widerstand abnimmt, so wird der (nicht abgebildete, auf dem Cylinder angebrachte)
Regulator seinen Gang beschleunigen und das Ventil schließen; die Maschine
verbraucht also weniger Dampf und Luft. Da aber die Luftpumpe mit unveränderter
Geschwindigkeit geht, so liefert sie dem Kessel stets gleiche Mengen Luft, während
doch weniger aus demselben zum Cylinder abgeht. Es müßte also die Luft im Kessel
eine sehr hohe Spannung erhalten, wenn nicht der oben beschriebene Luftregulator
diesen Mißstand verhütete.
Um den Kolben der Luftpumpe zu schmieren und die Luftverluste an seinem Umfang zu
vermeiden, stellen zwei kleine Röhren eine Verbindung zwischen dem Hauptrohr für
Dampf und Luft mit den Luftöffnungen außerhalb der Klappen her. In diesen Röhrchen
befinden sich Hähne, durch welche man eine geringe Menge Dampf hinzuleiten kann, der
sich an der Cylinderwand niederschlägt und als Schmiermittel dient. Am unteren Theil
des Cylinders befindet sich zu jeder Seite ein Hähnchen, aus welchem das condensirte
Wasser nur tropfenweise ausfließen kann.
Lufterhitzungsapparat. – Obwohl diese Maschine
schon einen erheblichen Nutzen gegenüber den gewöhnlichen Dampfmaschinen gestattet,
so kann man denselben doch noch mehr erhöhen, indem man einen Apparat hinzufügt, der
zum Erhitzen der Luft dient. Derselbe ist folgendermaßen eingerichtet:
Ein flaches Kupferrohr dient zur Circulation der Luft vor ihrem Eintritt unter den
Rost und geht durch eine eiserne Kammer, in welcher der Dampf und die heiße Luft,
die aus dem Hauptcylinder der Maschine kommen, dieselbe erhitzen. Durch eine
Umhüllung mit nichtleitenden Substanzen wird dieses eiserne Gefäß vor Wärmeverlust
geschützt, auch kann es unter dem Boden angebracht seyn.
Gang der Maschine. – Die Maschine wird in
einfacher Weise und ganz ähnlich wie eine Dampfmaschine in Gang gesetzt.
Die beiden Oeffnungen des Kesselcylinders seyen offen; man läßt den Rost nieder und
zündet das Feuer wie bei einer locomobilen Dampfmaschine an. Wenn das Wasser so viel
Dampf entwickelt hat, daß der Druck auf 3 Atmosphären (den Normaldruck) gestiegen
ist, setzt man den Rost in seine Lage ein und füllt den Cylinder durch die Thür G mit Kohks bis oberhalb des doppelten Stutzes M; die Quantität muß für eine Arbeit von 12 oder 20
Stunden ausreichen, wenn dieselbe so lange ohne Unterbrechung dauern soll. In dem
Falle aber, wo ohnehin Pausen stattfinden, thut man besser, sich auf einen kürzeren
Gang einzurichten, und in den Pausen den Rost zu reinigen und frisches Brennmaterial
aufzugeben. Alsdann
werden die obere und untere Thür geschlossen, und die Maschine wird mit dem
gebildeten Wasserdampf in Gang gebracht. Die Luftpumpe kommt nun gleichfalls in
Thätigkeit, treibt Luft unter den Rost und setzt das Feuer in Brand. Die Feuergase,
mit aller Verbrennungswärme, gehen durch M in das
Wasser; hier trennt sich die Asche vom Gas, fällt zu Boden und wird etwa monatlich
einmal aus dem Kessel durch den Hahn r ausgeblasen. Die
Gase werden durch das Wasser vollkommen gewaschen, so daß keine schädliche
Einwirkung derselben auf den Gang der Schieber und Kolben stattfinden kann.
Es muß die in das Wasser getriebene Flamme nothwendig daraus eine ungeheure Menge
Dampf neben der schon durch die Feuerung erzeugten, entwickeln; die Temperatur der
aus dem Wasser tretenden Gase ist indeß viel höher als diejenige des Wassers, da sie
demselben unmöglich alle ihre Wärme mittheilen konnten. Der Dampf wird also
überhitzt und dem entsprechend ebenso wie die Luft selbst ausgedehnt.
Man kann den Kessel auch so einrichten, daß die Gase, statt durch das Rohr M wenig unter dem Wasserstand auszutreten, nach dem
Boden des Kessels gehen und daselbst durch einen durchlöcherten Doppelboden, in
viele Blasen vertheilt, ins Wasser gelangen.
Durch die Oeffnung N mit dem entsprechenden Ventil läßt
man entweder einen Theil der Feuergase direct in den Wasserdampf treten, um
denselben zu überhitzen und auszudehnen, während der Nest durch s ins Wasser geht, oder man läßt sämmtliche Feuergase
hier heraus und öffnet daher das Ventil so weit, daß kein Druck die Klappe s öffnet.
Man sieht, daß die eigenthümlichen Anordnungen dieser Maschine zunächst den Vortheil
des Dampfes zu benutzen gestatten, der eine positive und nicht eine negative Kraft
wie bei den übrigen bekannten Maschinen mit heißer Luft bildet, indem bei dem
vorliegenden System die Kraft des Treibcylinders nicht direct von der Thätigkeit der
Luftpumpe abhängt, und die Ingangsetzung nach jedem Stillstand mittelst des
angewandten Dampfes derjenigen der gewöhnlichen Dampfmaschine gleich ist, überdieß
dieser Dampf zum Schmieren der Schieber und Kolben unumgänglich nothwendig ist.
Außerdem gewährt diese Maschine den Vortheil der auf das Doppelte oder Dreifache
ihres Volumens ausgedehnten Luft, die von der Pumpe getrieben wird, so wie den des
vollkommenen Aufhörens jedes Gegendruckes hinter dem Kolben (welcher bei den
gewöhnlichen Maschinen ohne Condensation stattfindet), weil die Luft zu beiden
Seiten des Kolbens vorhanden ist. Man sieht also, daß das Gleichgewicht wie mit den
Condensatoren, obwohl nach einem entgegengesetzten Princip erhalten wird.