Titel: | Neue Krempel für Baumwollspinnerei. |
Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. CXIII., S. 404 |
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CXIII.
Neue Krempel für Baumwollspinnerei.
Aus den Verhandlungen des nieder- österreichischen
Gewerbevereins, 1862 S. 214.
[Neue Krempel für Baumwollspinnerei.]
Wir verdanken den Herren Aders Preyer und Comp. in Manchester folgende Beschreibung einer Krempel,
deren Einrichtung so sehr von der bisher angewandten verschieden ist, daß sie gewiß
von Interesse für unsere Leser seyn wird.
Die Vortheile, welche der Erfinder, der bisherigen Construction gegenüber, in
Anspruch nimmt, sind folgende:
1) bessere Qualität und eine um 60–70 Proc. erhöhte Production;
2) völlige Unabhängigkeit von den Arbeitern, indem das erforderliche periodische
Reinigen ganz ohne Menschenhände, durch die Maschine selbst geschieht;
3) geringere Production von Abfall, trotz der vermehrten Lieferung;
4) gleichmäßige Qualität, welche dadurch erreicht wird, daß die Walzen beständig
durch die Einrichtung der Maschine selbst rein gehalten werden, während sie sonst
von Zeit zu Zeit durch die Arbeiter geputzt werden müssen, wobei sie bald rein und
bald unrein sind;
5) längere Dauer der Garnitur, welche durch das mechanische Reinigen nicht leidet,
was bei dem Putzen durch die Arbeiter immerhin mehr oder weniger der Fall seyn
muß;
6) Weglassung der Wendewalzen, welche ihrer großen Geschwindigkeit halber stets einen
beträchtlichen Theil der Triebkraft in Anspruch nehmen und dabei viel Oelung und
Beaufsichtigung erfordern;
7) Vermeidung des bei dem gewöhnlichen Putzen durch Menschenhände unvermeidlichen
Staubes, der der Gesundheit der Arbeiter stets schädlich seyn muß;
8) die Möglichkeit ein und dieselbe Krempel für die gröbsten sowohl, als die feinsten
Garne zu benutzen und daher Vereinfachung der Einrichtung einer Spinnerei.
Die Construction dieser Krempel unterscheidet sich von der gewöhnlichen durch die
Vorrichtung zum Putzen der Walzen und die Einrichtung zum Reinigen der
Haupttrommel.
Betrachten wir zuerst die Vorrichtung zum beständigen Reinhalten der Walzen.
Hinter jeder Walze ist ein gezahntes Messer angebracht, auf welches der sich bei der
Umdrehung der Walze auf derselben ansammelnde Abfall abgestreift wird. Der Raum
zwischen den Walzen und der Trommel ist durch ein Stück Holz ausgefüllt, welches
zusammen mit dem Messer genau gestellt werden kann.
Der Baumwoll-Abfall, welcher sich auf diese Messer von den Walzen abstreift,
wird in Form eines Vließes von einer Walze zur anderen und von der letzten Walze auf
eine Rolle geführt, auf welche er sich aufwickelt.
Das Putzen geschieht hiedurch so allmählich, daß gar kein Staub verursacht wird; man
kann ferner das sich bildende Vließ genau beobachten und sehen, ob zu viel oder zu
wenig Abfall gemacht wird, und spart natürlich an Arbeitslohn, da eine solche Rolle,
welche durch eine passende Vorrichtung comprimirt wird, nur alle 8 bis 10 Tage
abgenommen zu werden braucht.
Anstatt der sonst allgemein üblichen rotirenden Bewegung drehen sich die Walzen
abwechselnd ein wenig vorwärts und rückwärts, jedoch so, daß die vorwärtsgehende
Bewegung etwas größer ist als die rückgängige. Diese Bewegung der Walzen wird auf
eine äußerst sinnreiche Weise hervorgebracht.
Die Kette, welche diese Walzen gewöhnlich treibt, geht um eine Scheibe, welche auf
derselben Achse mit zwei Sperr-Rädern sitzt, deren Zähne in entgegengesetzter
Richtung liegen, und welche durch Sperr-Riegel nach entgegengesetzten
Richtungen hin vorwärts bewegt werden. Diese Sperr-Riegel stehen mit einem
Hebel in Verbindung, welcher mittelst einer Rolle durch die Versenkung in einer
rotirenden Platte in Bewegung gesetzt wird. Diese Versenkung ist so eingerichtet,
daß zwar bei jeder Viertel-Umdrehung der Platte die Sperr-Räder und
mit ihnen die Reinigungswalzen ein wenig bewegt, aber nur einmal bei jeder Umdrehung
der Platte um einen Zahn vorwärts geschoben werden. Auf diese Weise machen die
Walzen die Bewegung zum Abstreifen des Abfalles, worin die englischen Arbeiter so
große Fertigkeit haben, und welche von manchen unserer deutschen Arbeiter gar nicht
erlernt werden kann. Wenn, wie es scheint, die Maschine hierin genau das leistet,
was ein geübter Arbeiter thut, so ist dieß allein gewiß ein Punkt, der die größte
Beachtung unserer Spinner verdient.
Wir kommen weiter unten auf die Einrichtung zum Reinigen der Haupttrommel zurück,
während welcher Procedur die Walzen natürlich stillstehen müssen. Dieß wird auf eine
höchst einfache Weise durch Loselaufen eines Riegels beim Rückwärtsdrehen des
Abnehmers bewirkt, wodurch alle Verbindung des Triebwerkes mit der die Versenkung
enthaltenden Scheibe aufgehoben wird.
Es liegt auf der Hand, daß bei dem gewöhnlichen Verfahren die Walzen oder Deckel nur
gleich nach dem Putzen ganz rein sind und völlig ihren Zweck erfüllen können; in dem
Maaße, wie sie sich mit Schmutz und Abfall füllen, muß ihre Wirksamkeit nachlassen,
bis sie wieder gereinigt werden. Auf diese Weise kann die Reinigung der Baumwolle
nur unregelmäßig und folglich unvollkommen geschehen, abgesehen von dem Zeitverlust,
der durch das jedesmalige Reinigen entsteht. Obige Einrichtung muß offenbar diesen
Uebelständen abhelfen, da die Walzen beständig in demselben Grade von Reinheit
erhalten werden und nie zum Zwecke des Putzens stillzustehen brauchen.
Die Vorrichtung zum Reinigen der Haupttrommel ist folgende:
Auf der Seitenachse, welche die Bewegung von dem Abnehmer den Zuführwalzen mittheilt,
befinden sich auf der Strecke zwischen den Zuführwalzen und der Triebscheibe drei
hintereinander liegende Schnecken, deren erstere mittelst einer passenden kleinen
Achse, eine Scheibe treibt, von der ein Stift an der inneren Seite hervorragt und
bei jeder Umdrehung dieser Scheibe in die zweite Schnecke eingreift. Diese Schnecke
ist conisch, so daß, wenn der Stift gegen den größeren Durchmesser kommt, die Achse
dadurch an dem Ende
gegen das Gestell der Krempel gedrückt wird, und folglich das an diesem Ende
befindliche conische Rad außer Verbindung kommt mit dem auf der Zuführwalze
befindlichen Rade und demnach diese Zuführwalzen stillstehen. Zu gleicher Zeit wird
durch einen anderen Vorsprung in obiger Platte mittelst eines unten liegenden
Hebels, der Treibriemen der Maschine von der festen auf die Leerrolle gebracht,
durch eine passende Einrichtung eine Bremse angeschraubt, und somit die Haupttrommel
zum Stillstande gebracht. Die Wirkung der Bremse dauert nur einen Augenblick, so daß
die Trommel in der entgegengesetzten Richtung bewegt werden kann, welches durch
conische Räder geschieht, die im Inneren der Riemenscheiben enthalten sind, und
welche Rückdrehung so lange anhält, als der Treibriemen auf der Leerrolle läuft.
Wenn der Stift in der oben erwähnten Platte über die dritte Schnecke hinaus ist, so
wird der Riemen wieder auf die Triebscheibe gebracht, die Zuführwalzen kommen wieder
mit dem sich dann in gewöhnlicher Richtung drehenden Abnehmer in Verbindung, und die
Maschine arbeitet wieder wie vorher.
Während des Stillstellens der Haupttrommel wird durch Umdrehung eines, mit vorher
erwähnter Platte in Verbindung stehenden Hebels, eine unten liegende Bürste gegen
die Haupttrommel geschoben und durch eine Schnur rasch herumgedreht, so daß sie die
Trommel während des Rückganges ausputzt. Diese Bürste wird wieder durch einen
dahinterliegenden Kamm gereinigt und in ihre vorherige Position zurückgeschoben,
wenn die Richtung der Umdrehung der Haupttrommel wechselt.
Es ist einleuchtend, daß durch Wechselung der Räder, welche die mehrerwähnte Scheibe
treiben, deren Geschwindigkeit, und folglich die Zeit, nach welcher obiger Wechsel
eintritt, nach Belieben verändert werden kann. Der Erfinder hat indessen bemerkt,
daß eine Reinigung der Haupttrommel auf diese Weise alle 5 bis 6 Stunden genügt.
Der Arbeiter hat ersichtlich bei dieser Reinigung der Haupttrommel gar nichts zu
thun. Die Maschine stellt sich von selbst stille, geht zurück, schiebt die Bürste
vor, reinigt damit die Haupttrommel und geht dann wieder von selbst auf die
ursprüngliche Bewegung zurück, ist also in allen Theilen ganz
selbstthätig und von dem Arbeiter völlig unabhängig.
Außer dieser gänzlichen Unabhängigkeit von der Fähigkeit der Arbeiter und einer
Ersparniß an Arbeitslohn, ist natürlich die erzielte größere Production und
regelmäßige Qualität der Hauptvortheil der Maschine, wenn derselbe nicht durch einen
zu hohen Preis aufgehoben wird. Wie wichtig es ist, eine regelmäßige, gleichmäßige
Production der Krempel zu erzielen, deren Mangel in keinem der folgenden Proceduren abgeholfen werden kann,
werden unsere Feinspinner zu würdigen wissen.
Wir vernehmen, daß eine Krempel nach obiger Construction, von dem Hause John Hetherington und Sohn in
Manchester angefertigt, auf der Londoner Ausstellung arbeiten wird, und sollen dabei
verschiedene Details der Einrichtung noch vereinfacht werden. Man ist dann
jedenfalls im Stande über die Verdienste derselben näher zu urtheilen.