Titel: | Ueber Bildung von Acetylen durch directe Vereinigung des Kohlenstoffes und Wasserstoffes; von Berthelot. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XL., S. 148 |
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XL.
Ueber Bildung von Acetylen durch directe
Vereinigung des Kohlenstoffes und Wasserstoffes; von Berthelot.
Aus den Comptes
rendus, 1862, t. LIV p. 640.
Berthelot, über Bildung von Acetylen aus seinen
Bestandtheilen.
Die Kohlenwasserstoffe und die Alkohole sind der Ausgangspunkt für die Bildung
anderer organischer Verbindungen, und nachdem mir die Synthese der Alkohole und
ihrer Aether mittelst der Kohlenwasserstoffe gelungen war, suchte ich auch die
Kohlenwasserstoffe selbst aus ihren Elementen zu bilden. Es war wenig Hoffnung, daß
die directe Vereinigung beider gelingen werde, da der Kohlenstoff bei gewöhnlicher
Temperatur gegen Reagentien ganz indifferent ist, bei Glühhitze aber, wo diese
Indifferenz verschwindet, die Verbindungen des Kohlenstoffs mit dem Wasserstoff
meist zersetzt werden. Nur das Acetylen, welches weniger Wasserstoff und zwar nur
sein gleiches Volum davon ohne Condensation enthält (C⁴ H² = 4 Volume; H² = 4 Vol.), macht hiervon eine
Ausnahme; es ist der beständigste Kohlenwasserstoff. Es bildet sich in reichlicher
Menge aus ölbildendem Gas und auch aus Sumpfgas unter dem Einflusse der Hitze oder
des Inductionsfunkens. So war einige Aussicht, daß es gelingen werde, dasselbe
direct aus seinen Elementen erzeugen zu können.
Zur Darstellung reiner wasserstofffreier Kohle, welche bekanntlich durch bloßes
Glühen nicht erhalten werden kann, wurde Gaskohle, welche außer einer Spur
Wasserstoff immer noch eine kleine Menge theerartiger Substanzen enthält, im
Chlorstrom anderthalb Stunden geglüht; durch dieses Verfahren wird die Kohle
überdieß von Schwefel, Eisen, Aluminium, Silicium und den meisten Metallen
gereinigt, welche als flüchtige Chlorüre entweichen.
Das bloße Erhitzen der so dargestellten reinen Kohle in reinem Wasserstoffgas gab
keinen Erfolg. Selbst bei einer Erhitzung bis zum Schmelzen der Porzellanröhre in
Deville's Ofen konnte keine Spur von Acetylen
erhalten werden.
Es wurde ferner der Inductionsfunke angewendet, theils mit geglühter, theils mit sehr
fein zertheilter durch Zersetzung von Sumpfgas im Apparat selbst erhaltener Kohle.
Der Versuch mißlang ebenfalls, wahrscheinlich weil die Kohle durch den Funken nicht
hinreichend erhitzt wurde.
Ich benutzte endlich die elektrische Säule und den Lichtbogen, welcher sich zwischen
zwei Kolenspitzen unter mächtiger Temperaturerhöhung und Ueberführung der Kohle von
einem Pole zum anderen erzeugt. Die Kohlespitzen wurden auf die angegebene Weise im Chlorstrom
gereinigt. Der Versuch gelang vollkommen. Es entstand
sofort Acetylen, dessen Bildung fortdauerte, so lange der elektrische Bogen
übergieng, und bis die Kohlespitzen zerstört waren.
C⁴
+
H²
=
C⁴H².
Kohlenstoff.
Wasserstoff.
Acetylen.
Das hierbei sich bildende Acetylen wird in einer Auflösung von ammoniakalischem
Kupferchlorür condensirt, in welcher es den bekannten rothen Niederschlag
(Verbindung von Acetylen mit Kupferoxydul) erzeugt. Es bildeten sich bei meinen,
auch vor der Pariser Akademie ausgeführten Versuchen, etwa 10 Kubikcentimeter
Acetylen in der Minute, indem etwa halb so viel Kohle in die Verbindung eingieng als
mechanisch fortgerissen wurde. Behandelt man die rothe Kupferverbindung mit
Salzsäure, so erhält man das reine Acetylen.