Titel: | Skizzen aus der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XLIV., S. 161 |
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XLIV.
Skizzen aus der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth.
(Fortsetzung von S. 94 des vorhergehenden Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab. III.
Eyth, Skizzen aus der Londoner Ausstellung.
Englische Locomobilen.
Ransomes and Sims,
Orwell Works, Ipswich. – Fig. 35–44.
Diese Fabrik, welche den Anspruch macht, die erste gewesen zu seyn, die
Locomobilen auf Landgütern einführte, war bei den letzten Proben in Chester die
dritte in Betreff des Kohlenverbrauchs. In der Ausstellung führte sie uns neben
einer gewöhnlichen horizontalen Maschine drei Locomobilen vor. Davon ist Nr. 1
eine ihrer gewöhnlichen eincylindrigen achtpferdigen; Nr. 2, welche nicht im
Agricultur-Departement steht ist eine zweicylindrige, zwanzigpferdige
Maschine, Kessel und Maschine von ganz ähnlicher Construction; Nr. 3 ist eine
mit Biddell und Balk's
Patentkesseln versehene Locomobile.
Nr. 1 ist im Wesentlichen den Clayton und Shuttleworth'schen Maschinen ziemlich ähnlich. Der
gewöhnliche Dampfdruck von 45 Pfd. ist beibehalten. Eine höhere Geschwindigkeit
jedoch (110 bis 200, Umdrehungen, die Ransomes'schen
Maschinen von 6, 8 und 12 Pferdekräften machen resp. 200, 180 und 145
Umdrehungen) gestattet kleinere Cylinder, was wesentlich zur Verminderung des
ganzen Volumens der Maschine beiträgt, und bei so geringem Druck sicher nur zu
den Vortheilen der Construction gerechnet werden muß. Der Muschelschieber wird
durch ein auf der Schwungradwelle leicht verdrehbares Excenter in Bewegung
gesetzt; die geringe Expansion ist hienach zwischen gewissen Grenzen
veränderlich; die größeren Maschinen sind stets mit zwei Schiebern versehen.
Ueber den gewöhnlichen Locomotivkessel der Maschine (Fig. 35 u. 36) mit
viereckiger Feuerbüchse und runder Rauchkammer ist ohnedem nichts zu bemerken.
Der hohe Kamin ist oben durch ein Drahtnetz geschützt, so daß sämmtliche Funken
abgefangen werden und zurückfallen (Fig. 42).
Der Cylinder (Fig. 39) sitzt auf der Feuerbüchse und zwar in der Mitte derselben,
die einzige englische Locomobile, bei der dieß der Fall ist. Der Schieberkasten,
mit seitlichem Deckel, enthält in einem an demselben nach unten angegossenen
Kästchen den Absperrschieber, der durch einen auf dem Rücken der Feuerbüchse
liegenden, in horizontaler Ebene beweglichen Hebel regiert wird. Von der anderen
Seite, unterhalb des Cylinders, tritt die Spindel der Drosselklappe in die am
Cylinder angegossene, direct auf dem Kessel aufsitzende Dampfeinströmungsröhre.
Das Abgangsrohr geht in Front unter dem Stopfbüchsendeckel des Cylinders ab und
nicht wie gewöhnlich in den Kessel zurück. Die ganze Construction zeichnet sich
durch ihre wenigen, und leicht zugänglichen dampfdichten Verbindungen rühmlich
vor Clayton's Maschinen aus. – Die
Geradführung hat vier gußeiserne Lineale und zwei Gleitstücke, welch' erstere in
gewöhnlicher Weise an der Stopfbüchse und an einem auf dem Kessel aufgenieteten
Gußständer aufgeschraubt sind. Die Kolbenstangenköpfe (Fig. 44) sind in Form
von Lagern zusammengepaßt und mit eigenthümlichen Schrauben mit runden Muttern
und Köpfen versehen, welch letztere durch einen durch Kopf und Stange gesteckten
Stift am Drehen verhindert sind. Die Länge derselben ist besonders auffallend,
indem sie nahezu viermal so groß ist als der Hub. Die Kurbelwelle, für die
Kurbel einfach abgekröpft, sieht ziemlich schwach aus, umsomehr als bei der
centralen Lage des Mittels der Maschine die beiden Lager gleichweit von dem
Angriffspunkt der Kurbelstange abliegen. Auf der einen Seite sitzen die
verdrehbaren Excenter für die Steuerung, auf der anderen ist der Ring für den
Regulatorriemen angeschraubt. Die Excenterstangen greifen direct die außerhalb
des Schieberkastens nicht weiter geführten Schieberstangen an. Die Stange für
den Muschelschieber ist jedoch nach hinten über den Schieber hinaus verlängert
und in einer an der Schieberkastenwand angegossenen Kappe geführt. Der Regulator
steht an der Seite des Cylinders; seine Spindel läuft in einer am Kessel
angenieteten Pfanne einerseits, und wird durch einen am Cylinder angeschraubten
Arm andererseits gehalten. Das Riemenscheibchen sitzt oben und ist ein Stück mit den Drehpunkten der Schenkel. Das von
denselben bewegte Hebelchen bewegt direct die Drosselklappe unter dem Cylinder.
Ueberhaupt ist von der etwas erhöhten Lage des Cylinders in Betreff der Lage von
Drosselklappe, Absperrschieber, Ausblaserohr u.s.w. der beste Gebrauch gemacht.
– Lager und Lagerböcke sind ein Stück, und
beide Lagerböcke unter sich getrennt am Kessel festgeschraubt und durch je eine
Strebestange mit dem Cylinder verbunden. Die Lagerschalen sind unter 45°
geschnitten und in dieser Weise die Deckel aufgesetzt, so zwar, daß sich das
Lager gegen den
Minder hinneigt. Letzteres hat seinen Grund darin, daß die Dreschmaschine
gewöhnlich so vor der Locomobile steht, daß der Zug des Riemens auf der
Schwungradwelle in der Richtung von der Feuerbüchse zum Kamin stattfindet, und
somit, in der Weise in der das Lager geschnitten ist, der Lagerbock einen
größeren Theil des Drucks auszuhalten hat als der Deckel. Es ist dieß deßhalb
die gewöhnlichere Art, in der die Lager englischer Locomobilen geschnitten sind;
während französische Constructeure aus anderen Gründen gewöhnlich die Deckel
senkrecht zu dieser Richtung aufpassen. Die Speisepumpe liegt, von einem
Excenter aus betrieben, senkrecht unter der Welle an der Seite des Kessels.
– Das Gestell der ausgestellten Locomobile hat hölzerne Räder mit
schmiedeeisernen Achsen, wobei die Achse der Hinterräder an der inneren Wand der
Feuerbüchse befestigt ist.
Ein ausgezeichnet schönes Exemplar ist die von derselben Fabrik ausgestellte
zweicylindrige Maschine von 20 Pferdekräften. Der Kessel ist genau nach dem
beschriebenen Princip der eincylindrigen Maschine construirt. Auch die Maschinen
– als einzelne betrachtet – sind im Wesentlichen von gleichem
Modell. Nur ist die Bewegung der einzelnen Muschelschieber durch auswärts (von
der Welle aus gesehen) gekrümmte Coulissen und Umsteuerhebel vermittelt, deren
Anordnung wohl so hätte gewählt werden können, daß das eine Paar der
Excenterstangen nicht abgekröpft werden müßte. – Eigenthümlich und sehr
hübsch nimmt sich die doppeltgekröpfte Kurbel aus, von der wir in Fig. 43
eine Skizze geben. Die Angriffspunkte der Kurbelstangen liegen natürlich unter
90°, die Welle ist aber direct von dem einen zum anderen abgebogen, was
angeht, weil die Excenter außerhalb der Kurbeln sitzen. Was die Ausführung
anbelangt, so ist die Maschine ein wahres Meisterstück englischer
Maschinenconstruction.
Nr. 3 von Ransomes und Sims
ist wieder ein Patent, wenigstens was den Kessel betrifft. Derselbe (Fig. 37
und 38)
besteht aus einem runden, äußeren Cylinder. Die Feuerbüchse steckt in demselben,
und ist eine oben flachgedrückte ziemlich lange Röhre, deren obere Wölbung durch
Bügel versteift ist. An dieselbe angenietet ist die Stirnwand des Kessels und
hinten natürlich die Stirnwand der Heizröhren. Diese sind ziemlich kurz; ihre
hintere Stirnwand ist an ein Winkeleisen des äußeren Kessels angeschraubt und
trägt die Radkammer. Ebenso ist die Stirnwand der Feuerbüchse mit Schrauben an
dem äußeren Kessel zu befestigen. Der Zweck der ganzen Construction ist, die
Feuerbüchse und Heizrohre zum Zweck des Reinigens bequem herausnehmen zu können.
So, wie die Aufgabe gelöst ist, erfordert das Dichtbekommen der vorderen und
hinteren Stirnfläche
jedoch immer einen gewandten Mechaniker, und die Construction ist somit nicht
ganz zweckentsprechend. Dabei bringt sie andere Nachtheile mit, welche nicht
übersehen werden dürfen und die den Kesseln ohne eigentliche Feuerbüchse
eigenthümlich sind. Einer derselben ist der beschränkte Raum für den Luftzutritt
unter dem Roste, ein anderer der geringe Dampfraum, welcher dadurch entsteht,
daß man mit den Röhren nicht am Boden des Hauptkessels anfangen kann, mit
denselben, sowie namentlich mit der runden Feuerbüchse somit zu hoch hinaufkommt
und, selbst mit einem viel größeren äußeren Kessel, nur viel zu viel unnöthigen
Wasserraum unten und kaum den nöthigen Dampfraum oben erhält. Die plattgedrückte
Feuerbüchse der Patentkessel hilft in letzterer Beziehung etwas. – Ueber
die Maschine brauchen wir nichts zu sagen, da sie genau das in Nr. 1
beschriebene Modell ist. Der Kamin ist mit einem funkenfangenden Korbsieb
versehen, und ruht umgelegt auf einem viel praktischer construirten
schmiedeeisernen Ständer, als es die gewöhnlichen Säulchen sind.
Der Kohlenverbrauch der Ransomes'schen Maschinen ergab
sich bei den schon oben angeführten Proben zu 5,4 Pfd. per Stunde und Pferdekraft.
Die gewöhnliche Spannung ist 45 Pfd. per Quadratzoll,
das Maximum 60.
Die Anzahl der Umdrehungen variirt bei den verschiedenen Maschinen von 110 bis
200.
Die Fabrik hat Nr. 704 ihrer Maschinen (incl. etlicher wenigen stationären
Maschinen) ausgestellt und producirt im Augenblick 2 Stück per Woche, hat das vergangene Jahr 160 Stück
geliefert, und wird dieses Jahr wohl nahezu die doppelte Anzahl aussenden.
Hornsby and Son,
Spittlegate Ironworks, Grantham. – Fig. 46–50.
Was äußere Ausstattung und schöne Anordnung betrifft, hat Hornsby wohl den Sieg über seine Rivalen davongetragen. Dabei vertritt
er mit seinen selbstverständlich patentirten Maschinen die dritte Möglichkeit,
den Cylinder mit dem Kessel in Verbindung zu bringen, indem er denselben in den
Dampfraum legt.
Diese Lage des Cylinders, zu der Tuxford's mit
Dampfgehäuse umgebene Cylinder den Uebergang bilden, hat scheinbar viel für sich
und ist bei Maschinen von hoher Spannung und Expansion für letztere von
entschiedenem Werthe. Bei niederem Druck und geringer Expansion, wie sie bei
Locomobilen gebräuchlich sind, ist der Zweck aber jedenfalls verfehlt; denn da
der Cylinder nicht direct durch die Wärme des Feuers berührt wird, erhält man
die Temperatur des expandirenden und namentlich auch des ausströmenden
Dampfes und des sich entleerenden Cylinderraumes auf Kosten bereits erzeugten
Dampfes und verliert, was man im Cylinder gewinnt, im Kessel. Somit ist nicht
einzusehen, wo etwaige Kohlenersparniß herkommen soll. Die augenblickliche
Kraftleistung des Cylinders mag durch die Anordnung, verglichen mit freien
Cylindern, erhöht seyn, indem die Spannung des Dampfes im Cylinder auf Kosten
des Dampfes außerhalb desselben erhalten bleibt.
Der Dampfdom an sich ist jedoch eine wesentliche und jedenfalls sehr nützliche
Beigabe der Hornsby'schen Maschinen, indem er einen
ruhigen Gang und ein stetiges Feuern derselben fördert. Er sitzt, die ganze
Breite der Feuerbüchse einnehmend, über der Feuerbüchse des gewöhnlichen
Locomotivkessels. Seine Länge entspricht der Länge des Dampfcylinders, der so
zwischen den Stirnwänden eingepaßt ist, daß die Deckel und Cylinder und
Schieberkasten hinten und vorne alsbald abgenommen werden können. Der
Schieberkasten enthält, ähnlich wie bei Tuxford's
horizontalen Maschinen, die Drosselklappe und oben liegend den Absperrschieber.
Die Spindel für die erstere tritt durch den vorderen Schieberkastendeckel, die
für den letzteren durch die Wand des Dampfdoms über Schieberkasten und Cylinder
in den Dampfraum. Ein abwärtsgehender Absperrhebel, von einer auf zwei Säulchen
festgeschraubten Schiene gestützt, bewegt sich direct vor der Stirnwand des
Doms. In Betreff des Abgangrohrs begegnen wir demselben unbegreiflichen Fehler
wieder, dasselbe mit vieler Mühe und trotz der Gefahr der stets undicht
werdenden Verbindungen des gußeisernen Rohrs mit den schmiedeeisernen
Kesselwänden, durch den Dampfraum der Rauchkammer zuzuführen.
Die Geradführung (Fig. 48) besteht aus
zwei senkrecht übereinander liegenden runden Stangen, deren eines Ende am
Cylinderdeckel, das andere an einer starken Blechwand befestigt ist, welch
letztere an einem gußeisernen am Kessel angenieteten Gestellchen befestigt ist
und das Gestell für den Regulator einerseits, andererseits Führungsbüchsen für
die zwei Schieberstangen trägt. In der Mitte hat sie eine große kreisförmigekreisfömige Oeffnung für die Kurbelstange. Der Kreuzkopf – und das
Gleitstück zugleich – ist auf der Kolbenstange festgekeilt und umfaßt mit
angeschraubten, jedoch nicht verstellbaren Messingschalen, die Führungsstangen
(Fig.
57). Der Zapfen der gabelförmigen Kurbelstange dreht sich im
Gleitstück in ebenfalls nicht verstellbaren Messingschalen. Die ganze
Geradführung, so hübsch und frei sie sich ansieht, ist sicher der schwächste
Theil der Maschine. Die Lager mit dreitheiligen Schalen, ähnlich wie Clayton's Lager auf der Seite des Schwungrads, nur
ohne Stellschrauben und Keil, sind auf sehr niedlichen Blöcken aufgeschraubt, welche, einzeln
an den Cylinder angeschraubt, durch Strebestangen mit dem Cylinder verschränkt
sind (Fig.
54).
Auf der einen Seite der ausgestoßenen Kurbel sitzt der Ring für den Riemen des
Regulators, auf der anderen die beiden verdrehbaren Excenter. Das
Regulatorböckchen hängt an der oben angegebenen Blechwand; die in der Achse der
Spindel herablaufende Zugstange ist mit einem etwas theuern Gestänge mit der
Drosselklappenspindel in Verbindung gebracht, das jedoch sehr hübsch angeordnet
ist. Wie angeführt, sind die Schieberstangen geführt; die geringe Breite des
Excenterringes ist etwas auffallend.
Die Räder sind wie gewöhnlich von Holz; die Hinterräder liegen in der Mitte der
Feuerbüchse und die gemeinschaftliche schmiedeeiserne Achse ist gekröpft und
umfaßt dieselbe nicht wie es seyn sollte, von unten, sondern seitlich.
Die letzten Versuche ergaben für die Maschinen einen Kohlenverbrauch von 6,6
Pfund per Stunde und Pferdekraft.
Die Fabrik stellt Nr. 400 ihrer Maschinen aus.
R. Garrett and Son, Leiston Works,
Suffolk. –Fig.
30–34.
Diese Firma, eine der ältesten Fabriken, wurde in Betreff von Locomobilen von
etlichen ihrer jüngeren Rivalen weit überholt, doch scheint sie auch in dieser
Richtung neuerdings wieder einen kräftigen Aufschwung zu nehmen, was sowohl die
ausgestellten sehr hübsch gearbeiteten Exemplare, als auch namentlich ein reger
Handel nach Ungarn u.s.w. beweisen.
Die beiden ausgestellten Maschinen – die eine eincylindrig, die andere
zweicylindrig – haben gewöhnliche Locomotivkessel. Der Zug, was schon bei
etlichen früheren Locomobilen hätte bemerkt werden können, wird neben dem zu
senkenden Deckel über der Mündung des Kamins durch einen in schräger Richtung
die Frontseite der Aschepfanne abschließenden Deckel regulirt. Diese Pfanne ist
so construirt, daß sie etwas Wasser hält, um die herabfallenden Funken alsbald
zu verlöschen.
Bei der eincylindrigen Maschine sitzt der Cylinder in gewöhnlicher Weise seitlich
und der Schieberkasten über der Mitte der Feuerbüchse. Der Absperrschieber
befindet sich in der Weise der Clayton'schen Maschine
im Dampfraum des Kessels. Die Spindel, welche durch eine drehende Bewegung den
Schieber bewegt, tritt durch die Stirnwand der Feuerbüchse. Das Abgangsrohr geht
seitlich am Cylinder ab und führt außerhalb des Kessels zum Kamin. Die Deckel
des Schieberkastens liegen vorne und hinten in der gleichen Ebene mit den
Cylinderdeckeln. – Die Geradführung besteht aus den vier gewöhnlichen
Linealen und zwei nicht zu regulirenden Gleitstücken. Die Lineale sind am
Cylinderdeckel und an dem besonders auf den Kessel geschraubten Gußständer
befestigt. Die Welle ist für die Kurbel abgekröpft und ruht in mit den
Lagerböcken zusammengegossenen Lagern, deren Deckel sich unter 45° gegen
den Cylinder hinneigen. Der Regulator, durch einen halbgeschränkten Riemen
getrieben, sitzt auf der Feuerbüchse, auf der Schieberkastenseite des Cylinders;
die Spindel der Drosselklappe tritt von hinten in den Schieberkasten ein. Die
Speisepumpe liegt senkrecht unter der Welle und zeichnet sich durch die hübsche
Anordnung der Ventile aus, denen sehr bequem beizukommen ist, die aber freilich
einen etwas großen schädlichen Raum gestatten. Das Schwungrad ist mit einem
Gegengewicht versehen, das eigenthümlicherweise an der Nabe anstatt am Ring
angebracht ist.
Bei der zweicylindrigen Maschine (Fig. 32 und 33), die
mit Umsteuerungshebel versehen ist, haben die beiden Cylinder, welche ein Gußstück sind, einen gemeinschaftlichen
Schieberkasten, der durch einen oben befindlichen Deckel zugänglich ist. Das
Einströmungsrohr ist ein kurzes Knie, welches aus dem Kessel in die hintere Wand
des Schieberkastens führt und die Drosselklappe enthält. Geradführung, Lager,
Welle sind ganz ähnlich wie bei den eincylindrigen Maschinen. Die Böcke, welche
die Geradführung tragen, haben etwas höher die Lager für die Welle, an deren
einem Hebel in der Mitte die beiden Coulissen hängen. Der Regulator sitzt der
Welle sehr nahe in der Mitte des Kessels, und der hier ebenfalls halbgeschränkte
Riemen, welcher ihn in Bewegung setzt, ist offenbar viel zu kurz, um gut
arbeiten zu können.
Die Cylinderdurchmesser der Garrett'schen Maschinen
sind für
4,
5,
6,
7
u.
8
Pferdekräfte, resp.
6 1/4''
7''
7 3/4''
8 1/2''
„
9''.
Bei 10 Pferdekräften fängt die Reihe der zweicylindrigen Maschinen an.
Barrett, Exall and Andrews, Katesgrove Ironworks, Reading,
Berks.
Neben zwei horizontalen stationären Maschinen führt uns diese Fabrik zwei
Locomobilen – eine von zwei und eine von 10 Pferdekräften vor, welche
sich durch ihre leichte und einfache Construction auszeichnen.
In Betreff des Kessels, welcher der gewöhnliche Locomotivkessel ist, bemerken wir
nur, daß die Rohre in den beiden Stirnwänden
festgeschraubt sind, eine Eigenthümlichkeit, welche zur Solidität derselben
wesentlich beiträgt, bei etwaigem Herausnehmen der Rohre jedoch sehr große
Schwierigkeiten machen kann.
Auf der viereckigen Feuerbüchse des Locomotivkessels sitzt in sehr seitlicher
Lage der Cylinder mit angegossenem Schieberkasten (Fig. 58 und 59). Der Deckel des
Schieberkastens liegt auf der Seite. Im Schieberkasten befinden sich die
Drosselklappe und der Absperrschieber. Letzterer wird durch eine Stange, welche
nach hinten aus dem Schieberkasten tritt und mit einem in horizontaler Ebene
sich bewegenden Hebel in Verbindung steht, in Bewegung gesetzt. Die Spindel der
letzteren tritt nach vorne gehend direct unter der Schieberstange zu Tage. Das
Abgangsrohr führt im Dampfraume zur Rauchkammer. Die Geradführung bei der
kleinen Maschine besteht aus (Fig. 51) zwei in
einer horizontalen Ebene liegenden runden Stangen, welche einerseits an der
Flantsche der Kolbenstangenstopfbüchse, andererseits an einem gußeisernen Ring
befestigt sind, durch welchen die Kolbenstange tritt und der mittelst eines
säulenförmigen Fußes am Kessel angeschraubt ist. Der auf der Kolbenstange
festgekeilte Kreuzkopf (Fig. 53) umfaßt die
Führungsstangen mittelst kleiner Cylinder, welche mit Stellschrauben zu
regulirende Messingschalen enthalten. Bei den größeren Maschinen treten an die
Stelle der runden Stangen solide viereckige Lineale, die von den Gleitstücken
mit verstellbaren Messingböcken, ganz ähnlich wie bei Tuxford, auf drei Seiten umfaßt werden (Fig. 52). Die sehr
lange Kolbenstange hat auf der Seite des Kreuzkopfs einen mit Keil versehenen
geschlossenen Kopf; am Kurbelende ist ein messingener Deckel mit. Schrauben
gegen die Messingschale gezogen, welche direct auf der Stange aufsitzt, eine
ziemlich unsolide Verbindung. Die Lager (Fig. 53), mit den
Lagerböcken zusammengegossen, haben viereckige Schalen, senkrecht geschnitten,
mit seitlichen Stellschrauben. Ihr Hauptübelstand ist, daß das Oel beständig
abläuft. Die Lagerböcke sind unter sich getrennt und angeschraubt. Die Kurbel
ist einfach abgekröpft. Die Speisepumpe, senkrecht unter der Welle, pumpt das
Wasser in die Rauchkammer, in der es, wie bei Clayton
und Shuttleworth, vorgewärmt wird, ehe es in den
Kessel tritt.
Die Maschinen haben ein durchaus gefälliges und leichtes Aussehen, doch sind sie
in Betreff solider Construction den Clayton'schen
nicht zu vergleichen und auch die Ausführung ist nicht der Art, wie es bei
Ausstellungsmaschinen erwartet werden kann.
Das Ganze ruht auf hölzernen Rädern mit unförmlich großen Naben. Dieß veranlaßt
uns, auf die Räder fast sämmtlicher anderer Locomobilen zurückzukommen, welche
sich durch ihr leichtes gefälliges Aussehen auszeichnen. Der Grund liegt in den
hübschen eisernen Naben – ein Patent der Croskill'schen Räderfabrik in Halifax, von der sie
meistens direct bezogen werden. Diese Naben sind von hartem Gusse. Wir geben in
Fig. 62Fig. ist auf bezeichneter Tafel nicht vorhanden. eine Skizze einer solchen Nabe. Sie sind die wesentliche Ursache, daß hier die
hölzernen Räder den eisernen mit Recht vorgezogen werden, obgleich sie mehrere
Pfund Sterl. theurer sind.
Ueber Cylinderdimensionen, Gewicht der Maschine und Kohlenconsum macht Exall folgende Angaben:
Pferdekräfte.
Cylinderdurchmesser.
Hub.
Gewicht der Maschine.
Kohlenconsumin 10 Stunden.
2
4 3/4''
8''
23 Ctr.
2
Ctr.
3
5 3/4''
8''
26
2
1/2
4
6 1/4''
10''
40
3
5
7''
10''
45
4
6
7 3/4''
12''
50
5
7
8 1/2''
12''
55
6
8
9''
14''
60
7
10
10''
14''
70
9
Bei den Versuchen während der Pariser Ausstellung 1856 ergab sich der
Kohlenconsum seiner Maschinen zu 4 1/2 Pfund per
Stunde und Pferdekraft.
Die ausgestellten Maschinen tragen die Nummern 583 und 584.
RobeyandComp., Perseverance
Ironworks, Lincoln.
Lincoln scheint nun einmal bestimmt zu seyn, die halbe Welt mit Locomobilen zu
versehen. Robey stellt Nr. 904 seiner Maschinen aus,
und ist in dieser Beziehung der zweitgrößeste der großen Locomobilenbauer
Englands. Aber auch in anderer Beziehung verläugnet das einzig ausgestellte
Exemplar die Nachbarschaft von Clayton und Shuttleworth nicht, deren Constructionsverhältnisse
außerordentlich getreu nachgeahmt sind.
Wir nehmen von dieser Behauptung den Patentkessel der Firma aus, welcher auch
ohne Patent gewiß vor zu häufiger Nachahmung sicher wäre. Derselbe hat den
Vortheil, daß sich unterhalb der Aschenpfanne etliches Wasser befindet, daß
dadurch der freie Zutritt der Luft zum Roste wesentlich beeinträchtigt ist, und
daß die Darstellung der Feuerbüchse das beste Low Moor-Blech und viele
Mühe erfordert. Das Speisewasser tritt nicht in der Rauchkammer, sondern unter
dem Aschenfall in den Kessel.
Im Uebrigen ist die Maschine (Fig. 56 und 57) von
dem durchaus soliden prunklosen Schlage der gewöhnlichen englischen Locomobilen.
Der Cylinder liegt seitlich auf der Feuerbüchse, der aufgeschraubte
Schieberkasten der Mitte zu. Letzterer hat Deckel in der Ebene der
Cylinderdeckel, enthält die Drosselklappe und trägt auf seinem Rücken den Träger
für den Kamin und ein besonderes Sicherheitsventil. Der Absperrschieber liegt
genau wie bei Clayton im Kessel. Ebendaher stammen
die vier (jedoch
gußeisernen) Lineale, die gekröpfte Kurbelwelle und die Lagerböcke. Die
Lagerschalen sind viereckig und diagonal geschnitten, auch die seitlichen
Stellschrauben sind nicht vergessen. Die Schieberstange ist ohne weitere
Geradführung. Auf der Schieberkastenseite, fast neben demselben, mit Riemen und
conischen Rädchen betrieben, steht der Regulator. Die Spindel der Drosselklappe
tritt seitlich aus dem Schieberkasten, was das Gestänge noch einfacher macht als
bei Clayton.
Die Cylinderdurchmesser der Fabrik sind die
folgenden:
Pferdekräfte:
4
5
6
7
8
10
6 1/2''
7 1/4''
8''
8 3/4''
9 1/4''
10 3/4'' Durchmesser.
Doppelcylindrige Maschinen:
10
12
14 Pferdekräfte,
7 1/4''
8''
9'' Durchmesser.
Leider konnte, aus Mangel an Raum, die Fabrik keine ihrer einfachen
selbstbeweglichen Maschinen ausstellen, wie sie solche zur Dampfcultur anwendet.
Wir werden jedoch geeigneten Ortes auf diese Construction zurückkommen.
––––––––––
Hiemit hätten wir die sieben bedeutendsten Locomobilenfabriken Englands, welche
uns ein genügendes Bild des gesammten Locomobilenbaues des Landes geben,
skizzirt.
Die Hauptcharakterzüge sind kurz die folgenden:
Mit der Ausnahme von drei Fabriken (welche diese Ausnahme übrigens selbst nur auf
besonderes Verlangen eintreten lassen) sind sämmtliche Kessel Locomotivkessel,
mit viereckiger unten offener Feuerbüchse und runder Rauchkammer.
Die Cylinder legt 1 Fabrik in die Rauchkammer, 1 in den Dom, 1 in ein
Dampfgehäuse, die übrigen frei auf den Rücken der Feuerbüchse, und zwar liegen
alle, mit 1 Ausnahme (Ransomes), seitlich.
Ein Schieber mit verdrehbarem Excenter ist selbst bei
größeren Maschinen das gewöhnlichere. Die Schieberstangen sind nur in einem Fall
außer dem Cylinder geführt.
Statt des Ventils ist stets ein Einströmungsschieber angewendet.
Das Ausströmungsrohr liegt nur in zwei Fällen außerhalb des Dampfraumes.
Die Geradführung ist immer einerseits am Cylinderdeckel, andererseits an einem
auf dem Kessel aufgeschraubten Ständer befestigt. Gewöhnlich – drei Fälle
– besteht sie aus vier Linealen – 2mal kommen zwei Lineale und 2mal zwei
runde Stangen vor, wobei Stangen oder Lineale das einemal in horizontaler, das
anderemal in verticaler Ebene liegen.
Die Welle ist fast stets für die Kurbel abgebogen, und nur in zwei Fällen ist
dieselbe ausgestoßen.
Die Lager sind mit einer AusnahmeAnsnahme mit dem Lagerbock zusammengegossen. Die Lagerböcke sind stets unter
sich getrennt am Kessel angeschraubt. Die Form der Deckel und Lagerschalen ist
so mannichfaltig als möglich. Wo die Lager schief sind, neigen sie sich stets
gegen den Cylinder.
Der Regulator fehlt nie, ist stets mit den mißlichen Riemen betrieben und, mit
zwei Ausnahmen, in Betreff des Aufhängungspunktes der Schenkel von schlechter
Construction.
Die Speisepumpe hat immer ein besonderes Excenter, und ist an der Seitenwand des
Kessels, in zwei Fällen auch an dem nach unten etwas verlängerten Lagerbock
befestigt.
Die Räder sind von Holz und haben (mit zwei Ausnahmen) eiserne Naben. Die
Deichseln sind doppelt, d.h. stets nur für ein Pferd eingerichtet, da man die
Thiere hintereinander spannt.
Die Dampfspannung ist durchschnittlich 45 Pfd. per
Quadratzoll, und steigt unter Umständen auf 60 Pfund. Die Kessel sind selten
über einen Druck von 100 Pfd. kalt probirt.
Die Expansion ist verschieden, nie aber unter 1/2 Cylinderfüllung.
Die Umdrehungszahl liegt durchschnittlich zwischen 100 und 130.
Die Heizfläche schwankt zwischen 18 und 26 Quadratfuß per nominelle Pferdekraft.
Die Preise endlich der sieben Fabriken stellen wir hier tabellarisch
zusammen.
Preise englischer Locomobilen in
Pfd. Sterl.
Eincylindrige Maschinen.
Pferdekräfte.
Clayton.
Tuxford.
Ransomes.
Hornsby.
Garrett.
Barrett.
Robey.
I.
II.
I.
II.
III.
I.
II.
I.
II.
–
–
–
1
–
–
45
–
–
–
–
–
–
–
–
–
2
–
–
70
–
–
–
–
–
–
–
100
–
3
–
–
90
–
–
125
140
–
–
–
126
–
4
165
170
–
170
–
–
–
165
–
170
160
165
5
180
185
–
185
–
190
200
180
–
185
175
180
6
200
205
200
205
220
–
–
200
–
205
195
200
7
215
220
215
220
235
210
225
215
–
220
210
215
8
230
235
230
235
250
215
230
230
235
235
230
230
9
–
–
–
–
–
–
–
250
255
–
–
–
10
270
275
–
–
310
255
280
270
–
–
260
260
12
–
–
–
–
–
295
320
320
325
–
–
–
Zweicylindrige Maschinen.
Pferdekräfte.
Clayton.
Tuxford.
Ransomes.
Hornsby.
Garrett.
Barrett.
Robey.
I.
II.
II.
III.
I.
II.
II.
–
–
–
8
250
255
250
–
–
–
250
–
–
–
10
290
295
285
–
280
305
290
290
280
290
12
335
340
330
355
320
345
335
340
310
325
14
375
380
370
400
350
380
375
–
–
365
16
415
420
–
440
–
–
415
420
370
–
18
455
460
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470
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–
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–
20
495
500
–
500
–
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–
–
Anmerkungen.
Clayton
I
Maschinen mit offenem Cylinder;
II
Maschinen mit Cylinder in der Rauchkammer.
Tuxford
I
horizontale Maschinen mit freiliegendem Cylinder. Diese
Maschinen werden nicht zweicylindrig
gemacht;
II
verticale Maschinen mit stehendem Cylinder;
III
verticale Maschinen mit hängendem Cylinder.
Ransomes
I
horizontale Maschinen mit gewöhnlichen Kesseln;
II
Maschinen mit Biddell und Balk's Patentkesseln.
Hornsby
I
Maschinen mit Cylinder im Dampfraum, welcher nur von
einer Seite zugänglich ist.
Hornsby
II
Maschinen mit von beiden Seiten zugänglichen Cylindern und
somit verengtem Dom. Nur in dieser
Weise wird das
System zweicylindrisch
gemacht.
Die Preise sind fast durchaus gegen bare Bezahlung fixirt. Für hölzerne Räder,
welche theurer sind als eiserne, werden gewöhnlich circa 3 Pfd. Sterl. extra, und eben so viel bei etlichen der Fabriken
für verbesserte Dampfpfeife, verschließbares Absperrventil und andere
Kleinigkeiten angesetzt. Die Maschinen werden dann gewöhnlich, für Versendung
ins Ausland, frei zum nächsten Seehafen geliefert.
Außer den sieben angeführten Ausstellern Großbritanniens führen uns noch eilfelf weitere Locomobilfabrikanten des Königreichs ihre Producte vor. Da mit
einigen Ausnahmen ihre Maschinen in constructiver Beziehung mehr oder weniger
Nachahmungen und Wiederholungen der beschriebenen sind, werden wir sie nur kurz
berühren, um dann im entgegengesetzten Ende des Riesenbaues die belgischen,
französischen und deutschen Maschinen aufzusuchen. Von dort gedenken wir in den
östlichen Annex zurückzukehren, um die selbstbeweglichen Locomobilen und
Straßenlocomotiven zu mustern, die uns naturgemäß auf eine der leitenden und die
Ausstellung charakterisirenden Erscheinungen – die verschiedenen
Dampfcultursysteme – führen werden, denen sie zum großen Theile ihre
Entstehung verdanken.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)