Titel: | Optische Controle der Spindelgeschwindigkeiten an Spinnmaschinen; von O. Aster in Großenhayn. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXV., S. 252 |
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LXV.
Optische Controle der Spindelgeschwindigkeiten an
Spinnmaschinen; von O. Aster in Großenhayn.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1862 S.
897.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Aster, optische Controle der Spindelgeschwindigkeit an
Spinnmaschinen.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß die folgende Beobachtung schon Manchem in die Augen
gefallen seyn mag, der den Gang der Water- und Zwirnspindeln verfolgt hat;
daß sie selbst aber ein so schönes und kostenloses Mittel bietet, zur beständigen
Controle des gleichmäßigen Ganges und zu manchen anderen Untersuchungen während des
raschesten Ganges zu dienen, scheint noch nicht allgemein bekannt zu seyn.
Bewegen sich zwei zweiflüglige, von Schnuren getriebene Flügelspindeln neben einander
rasch und mit nahezu gleichen Geschwindigkeiten, so wird der glockenförmige Schein
der Flügel, einer hinter dem anderen, nämlich von der Seite gesehen, in der Mitte
eine Schattenlinie xx (Fig. 27) enthalten,
welche Form und Lage eines Flügelschenkels darstellt und in dem Verhältniß der
doppelten Geschwindigkeitsunterschiede beider Spindeln nach rechts oder links ihren
Ort verändert oder wandert.
An den Spinnmaschinen kann man beobachten, daß diese Schattenlinien mehr oder weniger
nach verschiedenen Richtungen fast alle wandern, die Spindeln selbst also als
ungleichmäßig gehend sich erweisen.
Bei genau gleichen Umgängen kann derselbe Schatten entweder feststehend gesehen
werden, z.B. beim Vergleich von zwei Spindeln mit Rädertrieb, deren Flügel vom
Anfang in die gleiche Ebene gestellt wurden, oder er stellt sich überhaupt gar nicht
ein, wenn solche rechtwinklig gestellt wurden. Würde aber Jemand dergleichen
Schatten auf dem Scheine von Flügeln bemerken, hinter dem kein anderer Schein steht,
also von vorn gesehen, so ist er nur von der Nachbarspindel verursacht, die von der
Beleuchtung her eine Art Schlagschatten wirft.
Durch Verminderung der Schnurenspannung mittelst Aufdrücken des Fingers auf den
Würtelrand der zurückbleibenden Spindel beschleunigt man die Schattenerscheinungen,
während man umgekehrt durch Bremsen der voreilenden Spindel dieselben verzögert, was
sogar soweit fortgesetzt werden kann, daß der Lauf der Schattenlinie die Richtung
wechselt.
Die höchste Zahl der sichtbar werdenden Schatten, welche jedes gegenseitige
Zurückbleiben der Spindeln um eine halbe Umdrehung nachweist, betrug im Maximum 15
bis 16 per Minute an Zwirnspindeln von 1500 Umdrehungen
mit sehr großen Würteln und waagerechten Schnuren; oder 45 per Minute an Waterspindeln mit Abegg's
WindflügelregulatorMan s. polytechn. Journal Bd. CLVII S. 177. bei 4500 Umdrehungen, also 1/2 Procent; an manchen Spindeln stand der
Schatten beinahe still, oder wechselte wenigstens nur in geringem Maaße.
Eine ganz ähnliche Erscheinung kann man an Schnurspannrollen beobachten; wenn
nämlich, wie Fig.
28 und 29 zeigen, auf einem und demselben Bolzen nahezu gleich große
Schnurspannrollen laufen, die mit großer Geschwindigkeit von einer und derselben
Schnur, also nach entgegengesetzten Richtungen getrieben werden und deren jede im
vollen Boden ein Loch z hat, so sieht man den hellen
Schein desselben wandern, weil die relative Lage der Löcher gegeneinander sich
ändert.
Man besitzt also ein schätzbares Beobachtungsmittel, um durch eine optische
Erscheinung, während der ungestörten Thätigkeit der Spindeln, gleich viel ob sie
spinnen oder nicht, ihren ungleichmäßigen Gang jederzeit zu controliren und den Grad
der Ungleichmäßigkeit durch Abzählung nach der Uhr zu messen.
Die Grundursachen des ungleichmäßigen Spindelganges sind etwa folgende:
1) Verschiedene Reibung in Folge verschiedener Rauhigkeit oder Härte der
Lagerflächen, oder in Folge von Klemmung, wie oft im neuen Zustande.
2) Verschiedene Oelung nach Menge und Art des Oels, beziehentlich Reinhaltung der
Lager.
3) Verschiedene Würteldurchmesser an sich, oder falscher Lauf der Schnur gegen die
Spur des Würtels, ein Uebelstand, welchem man bei nicht paralleler Lage der
Trommel- und Spindelachsen durch Doppeltrommeln oder Leitrollen abzuhelfen
sucht.
4) Verschiedene, theilweise zu große Spulenfriction.
5) Verschiedene Schnurenstärke, welche auf den wirksamen Würteldurchmesser Einfluß
hat und bisweilen durch flache Bänder zu vermeiden gesucht wurde.
6) Verschiedene Schnurenspannung, die am häufigsten vorkommt, aber auch am bequemsten
zur Nachbesserung verfügbar ist.
Diesen verschiedenen Uebelständen hat man mit wenig Glück durch besondere
Frictionsbewegungen, besser noch durch Rädertrieb, welcher aber freilich nicht einen
so raschen Gang zuläßt, zu begegnen gesucht, wogegen das hier vorgeführte Mittel
mehr zur Justirung der Schnurenbewegung anzuwenden ist.
Lassen sich aber diese Umstände bei mehreren Spindeln nicht nur ausgleichen, sondern
an einem besonderen Versuchsapparate vermeiden, und als elementares
Beobachtungsresultat mit Schnur oder Friction ein stehender Schatten sich erzeugen,
so ist auch über den Einfluß der verschiedenen einzelnen Ursachen des
Schattenwanderns, ferner über den Vergleich einer spinnenden und einer nicht
spinnenden Spindel und dergleichen mehr sicherer Aufschluß zu finden.
Auch alle Mulespindeln an Selfactors und Handmaschinen für Spinnen und Zwirnen,
welche in Mangel der Flügel nicht direct die gleiche Gelegenheit zu derselben
Beobachtung bieten, lassen sich durch Anheftung eines Drahtes y (Fig.
30) unter dem Halslager zur Wahrnehmung des wandernden Schattens
einrichten, so daß lockere Schnuren und dergleichen controlirt werden können, was
sich den Spinnern sonst nur durch Entstehung ungleich geformter lockerer Kötzer
zeigt.