Titel: | Der Normal- und Universal-Schachtofen des kais. russischen Berg- und Hütteningenieurs Generalmajor Woldemar Raschette; auf der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862 mit der Preismedaille gekrönt. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXX., S. 270 |
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LXX.
Der Normal- und
Universal-Schachtofen des kais. russischen Berg- und Hütteningenieurs
Generalmajor Woldemar Raschette; auf der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862 mit der Preismedaille gekrönt.
Raschette's Normal- und
Universal-Schachtofen.
Patentirt für Rußland, Frankreich,
England, Belgien, Oesterreich, Schweden etc.
Schon seit einer Reihe von Jahren beschäftigte sich General Raschette, zur Zeit Director der ausgedehnten Eisen- und
Kupfer-Hüttenwerke des Fürsten Demidoff zu Nischne
Tagilsk (an den europäischen und asiatischen Abhängen des Urals gelegen), mit der
Vervollkommnung der Schachtöfen, zunächst für die Verschmelzung von Eisen-, Kupfererzen u.s.w. Im Verlauf der dazu
nöthigen ausgebreiteten Versuche im Großen gelang es endlich, einen solchen
Schachtofen zu erfinden, welcher in jeder Hinsicht bedeutende Vortheile gegen die
bisher gebräuchliche Constructionsweise zeigt und in welchem man mit nur geringer
Abänderung, ohne also das System und die Grundform des Ofens irgendwie zu stören,
sowohl alle Arten von Erz verschmelzen, als auch alle Arten Metalle wie Hütten-Producte und Educte vortheilhaft
umschmelzen und verhütten kann. Mit einem Worte, General Raschette erfand einen Normal- und Universal-Schachtofen, welcher hervorgegangen aus
Jahre lang in Betrieb gewesenen Versuchsbauten der mannichfaltigsten
Constructionsweisen, wie z.B. Oefen mit kreisrunden, elliptischen, hufeisenförmigen,
trapezoidischen etc. Horizontalschnitten, von den verschiedensten Dimensionen und
mit sonstigen Modificationen, sich durch seine glänzenden Betriebsresultate, wie
besonders enormes Durchsetzquantum resp. Production bei
Brennmaterial-Ersparung, durch weit einfachere und billigere Construction
etc. vor allen bisher gebräuchlichen Schachtöfen auszeichnet.
Derselbe hat im Innern im Wesentlichen die Gestalt einer abgestutzten vierseitigen Pyramide, deren Schnittfläche die Basis bildet und die in allen
ihren Querschnitten die Form eines Oblongs, also langgestreckten Rechtecks zeigt,
und bietet folgende charakteristische Merkmale dar: er ist schmal aber lang und verhältnißmäßig niedrig, an der Gicht erweitert, ferner düsenreich, d.h. mit zwei langen
Formreihen oder mit geschlitzten Formkästen doppelter
Arbeitsseite resp. Vorherden oder Tümpeln und mit besonderer
Abwärmungs-Feuerung unter der Ofensohle versehen.
Dieser Schachtofen eignet sich außer zur obenerwähnten Verschmelzung aller Arten von Erzen, wie vornehmlich: Eisen-,
Kupfer-, Gold-, Silber-, Blei-, Zinn-, Zinkerzen
etc. und Umschmelzung sämmtlicher Metalle, Hüttenproducte
und Educte, als da sind: Platin, Nickel, Eisen, Gußeisen,
Kupferstein, Speise u.s.w. auch zur Darstellung des Gußstahls direct aus den Erzen oder auch mit Hülfe der hierzu nothwendigen
Materialien, und zur Abröstung aller Erzgattungen.
Die gebotene Kürze dieser Abhandlung erlaubt mir nur die wichtigsten und
charakteristischsten Merkmale, sowie die mannichfaltigen bei dem Bau und Betriebe
solcher Oefen sich herausstellenden Vortheile und Vorzüge zu erwähnen.
Wie ich schon Eingangs erwähnte, erfährt dieser Normal-Schachtofen, je nachdem
er für die Verhüttung oder Verschmelzung dieses ober jenes Erzes, Metalles etc.
bestimmt ist, einige Abänderungen, obgleich die Principien, das System also und die Grundformen ganz dieselben bleiben.
In den für die Verschmelzung von Kupfererzen bestimmten
Oefen kann auch, ohne jegliche Abänderung und mit allen später zu erwähnenden
Vortheilen, die Verschmelzung von Silber-, Bleierzen etc. ausgeführt
werden.
Die Oefen für die Verhüttung von Eisenerzen sowie zur Umschmelzung des Roheisens
etc. unterscheiden sich von ersteren nur durch stabilere Bauart, stärkere Armirung,
größere Höhe, Vorhandenseyn von Tümpeln etc., überhaupt nur durch das, was die Natur
der zur Verschmelzung kommenden Erze und Producte in dieser Weise unumgänglich
nothwendig macht.
Nur der Uebersichtlichkeit halber werde ich im Folgenden die Verschmelzung von Eisen- und Kupfererzen
getrennt abhandeln.
Für die Verschmelzung und Verhüttung von Metallen mit höher gelegenen Schmelzpunkten,
wie vornehmlich Platin, Nickel etc., sowie zur
Darstellung des Gußstahls u.s.w., wendet man dieselben Oefen nur mit geringen
Unterschieden und je nach Bedarf von größeren oder kleineren Dimensionen an, also
z.B. namentlich kleine und niedrige Oefen, wenn es sich darum handelt:
1) beim Schmelzproceß vorkommenden Betriebsstörungen möglichst
leicht und schnell abhelfen zu können;
2) Verlusten bei der Verschmelzung namentlich von edlen Metallen
nicht so leicht ausgesetzt zu seyn;
3) falls überhaupt nur eine geringe Production verlangt wird,
oder eine nicht
genügende Quantität Schmelzgut für einen Ofen von größeren Dimensionen vorhanden
seyn sollte.
Für Oefen, welche diese letzteren Functionen haben, eignen sich vornehmlich die geschlitzten Formkästen, worauf ich später nochmals
zurückkommen werde.
A.
Die Unterschiede und Vortheile, welche sich in der Bauart und
bei dem Betriebe eines nach diesem neuen System
aufgeführten Eisenhohofens herausstellen, sind folgende:Dieselben gründen sich auf drei schon über zwei Jahre lang zu Nischne
Tagilsk in Betrieb stehende Eisenhohofenbauten dieses Systems;
gegenwärtig (Januar 1862) ist eine ebensolche zu Wirchisetzky ausgeführt
und schon in Betrieb gesetzt, deßgl. eine andere zu Nischne Turinsk,
ebenfalls am Ural gelegen, in Bau begriffen.
1) Ist in diesen Oefen der Niedergang der einzelnen Gichten,
wie ich durch directe Messungen nachgewiesen habe, bis zu den Formen ein
vollkommen gleichmäßiger und successiver, nicht aber, wie bei den Oefen
früherer Constructionsweise, ein mit der Tiefe sich verzögernder.
2) Bei diesen Oefen werden die Erze in horizontalen Lagen
fast gleichmäßig (nur etwas mehr nach der Mitte des Schachtes hin) auf den
Querschnitt des Ofens vertheilt, d.h. aufgegichtet, während bei den Oefen
älterer Construction mit meist kreisrundem Querschnitt, die Erze immer mehr
auf die inneren Ränder des Schachtes gesetzt werden, so daß die äußerste
Mitte desselben ganz frei bleibt.
3) Bei diesen Oefen herrscht in dem Querschnitt zwischen den
Formen durch die vortheilhafte und entsprechende Combination und Stellung
einer großen Anzahl von Düsen (beziehungsweise 12 Formen, 6 in einer Reihe,
unter sich parallel, aber mit den
gegenüberliegenden in wechselständiger Ordnung),
also auch ihrer Brennpunkte, eine weit gleichmäßigere Temperatur sog. Schmelzzone, im Gegensatz zu den Oefen früherer
Construction, wo gewöhnlich nur 1 bis 2 oder höchstens 3 Formen, mithin auch
nur ebensoviel Verbrennungsräume oder getrennt liegende Brennpunkte
vorhanden sind.
4) Aus den bisher angeführten Unterschieden geht also
deutlich hervor, daß: a) der Niedergang der
Beschickung,b) die Vorbereitung der Erze
bei ihrem Niedergange in dem Schacht, undc) die Verschmelzung
derselben an den Formen eine weit rationellere seyn muß, als in den
Oefen älterer Construction, daß mithin auch bei einer
vortheilhafteren Ausnützung des Brennmaterials die Ausgangsproducte,
nämlich in diesem Falle das Gußeisen, von besserer Qualität
resultiren.
5) Der Ofenschacht, nach diesem neuen System erbaut, hat
keine Rast oder hat vielmehr so zu sagen nur die Form einer steilen bis zur
Gicht und Sohle des Ofens hin verlängerten Rast.
6) Hieraus geht hervor, daß sich der innere Ofenschacht von
der Sohle aus bis zur Gicht gleichmäßig nach und nach erweitert, wodurch die
bei den Formen erzeugte intensive Wärme und Gase bei dem Hinaufsteigen in
dem Ofenschacht sich auf einen stets größer werdenden Querschnitt
vertheilen, leichter gemäßigt und absorbirt werden, also eine
Brennmaterial-Ersparung bei einer besseren Vorbereitung der
Beschickung erzielt wird.
7) Die Abwärmung des Ofens geschieht nicht wie bisher von
innen nach außen, sondern in entgegengesetzter Richtung, also von außen nach
innen, mit Hülfe der unter der Ofensohle liegenden Abwärmungs-Feuerung. Dieß ist sicher eine weit rationellere
Art, da man nur hierdurch allein und noch dazu leicht beurtheilen kann, ob
ein wahres Durchwärmen, so namentlich der Ofensohle etc. stattgefunden hat,
was für den nachherigen günstigen Schmelzproceß von der größten Wichtigkeit
ist. Diese Abwärmungs-Feuerung ist ein äußerst wichtiges und
ebenfalls neues Glied bei diesen Schachtöfen, denn hierdurch ist es möglich: a) den Ofen bei äußerst
geringem Brennmaterialverbrauch schnell und vollständig abzuwärmen; b) einen solchen Ofenbau
selbst im Winter, ohne einen ungünstigen Einfluß befürchten zu
müssen, aufzuführen;c) den Ofenbau weit leichter
in Bezug auf Stärke des Rauhgemäuers, Kernschachtes, Armirung etc.
zu construiren, indem die atmosphärische Luft, welche freien Zutritt
hat, durch die zahlreichen im Rauhgemäuer und zwischen diesem und
dem Kernschacht gelassenen Kreuz- und Quercanäle in
horizontaler und verticaler Lage fortwährend abkühlend wirkt, also
ein Auseinandertreiben der Ofenwandungen hierdurch verhindert
wird.
8) Durch Anwendung der geschlitzten
Formkästen, statt des Düsensystems, erzielt man im wahren Sinne des
Wortes eine gleichmäßige, dazu in verticaler Richtung wenig mächtige Oxydations- oder Schmelzzone, welche bisher noch in keinem Ofen zu erreichen stand
und wodurch: a) eine weit raschere und
gleichmäßigere Förderung resp. Verschmelzung der Erze möglich ist,
somit also auch eine ungemein hohe Production;b) kann die Verschmelzung
größerer Massen von Metallen mit hoch
gelegenen Schmelzpunkten, wie Platin, Nickel etc. in keiner anderen
Weise ausgeführt werden;c) leisten dieselben bei der
Darstellung des Gußstahls, direct aus den Erzen oder auch mit Hülfe
der nothwendigen Materialien, ausgezeichnete Dienste. Somit sind
diese geschlitzten Formkästen ebenfalls
als eine wesentliche und äußerst wichtige Verbesserung in der
Schachtofen-Construction zu betrachten, welche sicher in den
metallurgischen Processen bald eine vielseitige und ausgedehnte
Anwendung finden werden.
9) Dieser Normal-Eisenhohofen hat nur eine Höhe von 30
Fuß engl., da durch directe Versuche im Großen nachgewiesen wurde, daß ein
Aufenthalt der Erze von 7 Stunden in dem Ofen vollkommen genügend ist, um
selbst die reichsten Erze, wie z.B. Magneteisenstein, vollkommen zu
reduciren und zu kohlen, mit einem Worte ein dünnflüssiges und gutartiges
graues Roheisen zu erblasen.
10) Wegen der nur so geringen Höhe des Ofenschachtes, also
auch seiner Beschickung- oder Schmelzsäule, ist somit: a) ein geringer Druck der
Gebläseluft ausreichend, sind also starke Gebläsemaschinen nicht
nothwendig, ja bei Holzkohlenbetrieb ist sogar ein gut construirtes
Ventilatorgebläse ausreichend;b) die Anlage einer hohen
und darum kostspieligen Gichtbrücke nicht erforderlich;c) die Beschickung, wie Erz,
Kohlen, Fluß etc. auf dem Gichtboden weit billiger und leichter zu
beschaffen;d) der Aufwand für den Bau
des Ofens überhaupt bedeutend geringer;e) die Führung des Ofens,
durch den raschen Niedergang der Gichten wesentlich erleichtert und
der Schmelzproceß selbst unschwer zu reguliren.
11) Die Production an Gußeisen in einem solchen Ofen beträgt
im Verhältniß zu seinem nur äußerst geringen Schachtinhalte (noch nicht 2000
Kub. Fuß) gegen diejenige eines bisher gebräuchlichen Ofens
(durchschnittlich zu 5000 Kub. F. gerechnet) mehr als das 31/2 fache; die durchschnittliche Production an
Gußeisen in 24 Stunden bei Holzkohlenbetrieb
beträgt bis 30,000 Kilogr. (resp. bei der Verhüttung von 67 procenthaltigem
Magneteisenstein), läßt sich jedoch bei Anwendung von erhitzter
Gebläseluft, Kohks und Oefen von größerem Inhalte, unbedingt noch bedeutend
vergrößern.
12) Die Brennmaterialersparung hat sich durchschnittlich zu
15 Procent und darüber ergeben.
13) Derartige Oefen haben doppelte Arbeitsseiten, d.h. in
diesem Falle Tümpel und Abstichöffnungen: a) um bei der bedeutenden
Länge dieser Oefen im Verhältniß zu ihrer Breite, also auch sehr
großen Tiefe des eigentlichen Schmelzraumes, bequemer eine
Aufarbeitung des Schmelzgutes auf der Ofensohle bewirken zu
können;b) um bei dem enormen
Durchsetzquantum leichter die nothwendigen Räumlichkeiten für die
Formbetten etc. des Roheisens zu beschaffen.
14) Ein solcher Eisenhohofenbau läßt sich vollständig und
ohne besondere Anstrengungen in 2 1/2 bis 3 Monaten ausführen und kann auch
sofort, nach dem was unter Nr. 7 angeführt ist, in Betrieb gesetzt werden;
die Baukosten betragen in St. Petersburg circa
10,000 Thlr. preuß.Sie betrugen zu Nischne Tagilsk nur 3500 Rubel Silber, einschließlich
Gichtbrücke und Rauhmauer. Dieß letztere dürfte mit einen wesentlichen Grund dazu abgeben, daß
diese Schachtöfen neuen Systems bald eine allgemeine und verbreitete
Anwendung finden werden, wenn man bedenkt, daß bisher ein Eisenhohofen meist
nicht früher denn in Jahresfrist aufgeführt und dann noch bis zu 4 Monaten
bei einem großen Aufwand von Brennmaterial abgewärmt werden mußte, während
der Bau ein Anlagecapital von mindestens 40 bis 50,000 Thlr. preuß.
erforderte.Den Hüttenbesitzern, welche einen Normal- und
Universal-Schachtofen zu bauen beabsichtigen, ertheilt Herr
August Lange, Architekt in Köln
(Theophanienstraße Nr. 58), auf frankirte Anfragen nähere
Auskunft.A. d. Red..
B.Oefen für die Verschmelzung von Kupfererzen, deßgleichen für Zugutemachung
von Silber-, Blei-, Zinnerzen etc.
Der innere Schachtraum dieser Oefen zeigt ebenfalls in allen Querschnitten die
Form eines lang gestreckten Rechtecks; die beiden Längsseiten des Ofens, die Formwandungen, welche sich von der Sohle aus bis zur
Gicht fortwährend erweitern, dienen zur Aufnahme von je einer Formreihe mit je
13 bis 15 Düsen, oder zur Aufstellung der geschlitzten
Formkästen; an den beiden anderen kurzen gegenüber
liegenden Seitenwänden des Ofens, den Arbeitsseiten,
welche von der Sohle bis zur Gicht vollkommen vertical aufgemauert sind,
befindet sich je ein Sumpf und resp. Vorherd, sowie die Abstichöffnungen. Die
Sohle des Ofens hat von der Mitte aus nach jeder Arbeitsseite oder Vortiegel
hin, wie auch bei den Eisenhohöfen, eine geringe Neigung und die Formen sind
parallel mit derselben in die Längswandungen des Ofens eingesetzt, also von der
mittelsten aus in etwas absteigender Reihenfolge und mit den gegenüber liegenden
Formen in wechselständiger Ordnung.
Unter der Ofensohle befindet sich auch wieder die Abwärmungs-Feuerung, von welcher aus mehrere Querzüge unter der
Ofensohle hinwegführen, die sich dann in Form von Kreuz- und Quercanälen
in verticaler und horizontaler Lage in dem Rauhgemäuer des Ofens bis an die
Gicht hin verzweigen.
Die Vorzüge und Unterschiede, welche sich nun bei der Verschmelzung von Kupfererzen, sey es zunächst auf Kupferstein, oder
direct auf Schwarzkupfer herausstellen, gegensätzlich der nach altem Verfahren
erzielten, sind folgende:Die hier angeführten Resultate sind Durchschnittszahlen aus den schon
Jahre lang zu Nischne Tagilsk fortwährend in Betrieb stehenden Oefen,
deßgl. aus denjenigen, welche Mitte des Jahres 1861 auf den Kupferwerken
zu Bogoslowsk und Perm aufgeführt wurden.
Nr. 1. Auch hier findet sich der gleichmäßigere Niedergang der Gichten, mithin
die normalere Vorbereitung der Erze und der rationellere Schmelzproceß deßhalb
auch ein besseres Ausgangsproduct.
Nr. 2. Das Abstechen der Schmelzproducte oder Metalle, deßgl. die Aufarbeitung
resp. Reinigung der Ofensohle und das Aufgeben der Beschickung ist weit leichter
und schneller zu beschaffen und erfordert geringere Anstrengung von Seiten des
Arbeiterpersonals, indem dieses schon von der Hitze an der Gicht weniger
behindert wird.
Nr. 3. In einem solchen Kupferschmelzofen werden in 24 Stunden bis 56,400 Kilogr.
Beschickung (d.h. Erz mit Fluß, Zuschlag etc.) verschmolzen, während in den
Oefen früherer Construction in derselben Zeit nur 6050 bis höhstens 8300 Kilogr.
verschmolzen werden konnten.
Es ersetzt folglich ein solcher Ofen sechs bis sieben Oefen älterer Constructionsweise. Ein solch
wirklich colossales Durchsetzquantum in ein und demselben Ofen und innerhalb 24
Stunden, ist bis jetzt in keinem Ofen, welcher Construction er auch seyn mag, zu
erreichen. Dieß ist mit Recht also eine nicht unbedeutende Vervollkommnung in
dem metallurgischen Processe zu nennen, da es hierdurch möglich wird die Anzahl der gegenwärtig in
Betrieb stehenden Oefen, sey es für die Verschmelzung von Kupfer-,
Silber-, Bleierzen oder dergl. auf ein Sechstel bis ein Siebentel zu
reduciren.
Nr. 4. Die Brennmaterial-Ersparung beträgt bis 33 Proc., auch ist eine
weit geringere Quantität und Pressung der Gebläseluft nothwendig, als für den
Betrieb von sechs Oefen früherer Construction verbraucht wurden.
Nr. 5. Bei einem solchen Ofen sind in 24 Stunden nur
28 Arbeitsleute beschäftigt, bei sechs Oefen älterer Construction hingegen 48
Arbeiter, mithin erspart man bei jedem Ofen neuen Systems in 24 Stunden zwanzig Hüttenarbeiter.
Nr. 6. Die Schlacke, welche bei diesen neuen Oefen resultirt, ist stets
gleichartiger und fortwährend ärmer (circa 0,1
Proc.) im Gegensatz zu den Haldenschlacken, welche man aus den Oefen älterer
Construction erhält; deßgl. fallen bis zu 15 Proc. weniger unreine Schlacken, wie Ofengeschur und Gekrätz.
Nr. 7. Die Dauer der Schmelzcampagne beträgt bei den älteren Oefen gewöhnlich nur
50 bis 70 Tage, während die Oefen neuen Systems durchschnittlich über 140 Tage
ohne Unterbrechung in Betrieb stehen
Nr. 8. Vermittelst der bei dieser neuen Constructionsweise unter der Ofensohle
gelegenen Abwärmungs-Feuerung ist es möglich, den Ofen weit schneller und
besser auszutrocknen als bei den Oefen älterer Construction, deßgl. ist hierzu
weit weniger Brennmaterial nothwendig und die Aufführung eines solchen selbst im
strengsten Winter leicht und schnell zu bewerkstelligen.
Nr. 9. Da jeder dieser Oefen isolirt steht, so ist die Anlage eines massiven
Hüttengebäudes nicht nothwendig, ebensowenig eine allgemeine Bandmauer, an
welcher man bisher mehrere der älteren Oefen aneinander reihte. Ueberhaupt ist
durch die in Nr. 3 erwähnte große Förderungskraft jener Oefen eine Hütte von
weit geringeren Dimensionen ausreichend. Die Baukosten für einen Ofen mit 26 bis
30 Formen oder geschlitzten Formkästen betragen in St. Petersburg circa 2000 Thlr. preuß.Sie betrugen zu Nischne Tagilsk nur 650 Rubel Silber, einschließlich der
Rauhmauer., für welche Summe man höchstens 2–3 Oefen älterer Construction
herzustellen im Stande ist.
Nr. 10. Es genügt selbstverständlich eine viel geringere Anzahl von Aufsehern,
tüchtigen Schmelzmeistern und Arbeitern, wodurch die Uebersichtlichkeit
erleichtert wird, der Betrieb und die Rechnung strenger und genauer geführt
werden können, was namentlich bei Verschmelzung von werthvolleren Metallen
wichtig ist.
Bei wenn auch geringer, doch genügender Anzahl solcher Groß-Oefen wird das Probirverfahren bedeutend vereinfacht und
abgekürzt, denn um die Zusammensetzung der Beschickung, die Qualität der
resultirenden Metalle und Schmelzproducte zu ermitteln, sind einige Analysen
oder sonstige hüttenmännische Proben ausreichend, und ist so der wahre
Durchschnittsgehalt der Producte viel genauer und leichter zu erfahren.
Nr. 12. Endlich werden die Erze resp. Beschickung gleichmäßig auf die beiden
langen Formseiten gesetzt, das Brennmaterial hingegen in die Mitte d.h. in die
Richtung der Längsachse des Ofens vertheilt. Hieraus erklärt sich die relativ
noch größere Brennmaterial-Ersparung, welche beim Kupfererzschmelzen im
Vergleich mit dem Eisenhohofenbetrieb erreicht wurde; denn da in diesem Falle
das Brennmaterial in die Mitte des Ofens, zu beiden Seiten aber das Schmelzgut
zu liegen kommt, so wird hierdurch sicher eine bessere Ausnützung und
Zusammenhaltung der Wärme erzielt, als in den Oefen älterer Constructionsweise,
wo man die Erze auf die Formseite des Ofens, das Brennmaterial hingegen auf die
Brust resp. Arbeitsseite desselben setzte, wobei also die Kohlen so zu sagen nur
auf einer Seite in innige Berührung mit dem Erze treten, während sie anderseits
nur auf der Stirnseite des Ofens anliegen, durch welche fortwährend, wegen der
großen Wärmeleitungsfähigkeit der Chamottsteine, ein bedeutender Theil der Wärme
absorbirt und in Berührung mit der Luft an diese wieder abgegeben wird.
Carl Aubel.