Titel: | Ueber den Getreidespeicher von Pavy in Girardet (Depart. Indre und Loire); Bericht von Benoit. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXXVIII., S. 307 |
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LXXVIII.
Ueber den Getreidespeicher von Pavy in Girardet (Depart. Indre und Loire); Bericht von Benoit.
Aus dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, März 1862, S. 137.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Pavy's Getreidespeicher.
Die hier zu beschreibende Speichereinrichtung begreift eine verbesserte Combination
von schon mehr oder weniger bekannten Apparaten, welche sehr geeignet erscheint, die
gute Conservirung des Getreides und den Schutz desselben vor schädlichen Thieren zu
bewirken, während zugleich alle Feuersgefahr vermieden ist und die verhältnißmäßig
geringen Herstellungskosten diesem Speicher eine größere Verbreitung sichern.
Der Pavy'sche Speicher nähert sich am meisten dem von dem
Amerikaner Oliver Evans schon vor längerer Zeit
construirten, obwohl der Erf. von letzterem keine Kenntniß gehabt zu haben scheint.
Er unterscheidet sich von jenem nur durch eine neue Combination derselben Elemente,
durch die Art der Construction, durch die Natur des angewandten Materials und einige
besondere Einrichtungen im Einzelnen.
Die Haupttheile dieses Speichers sind die Behälter, der Elevator, die drehbare Rinne
und die Windfege. Eine Schnecke ist nicht vorhanden, da die Behälter nicht
reihen-, sondern büschelweise stehen und den Elevator in der Mitte haben, so
daß dieser das Getreide nach jedem Behälter schaffen kann.
Die Getreidebehälter sind cylindrische Gefäße aus gebranntem
Thon, welche aus übereinander stehenden Schichten bestehen, die entweder
durch große, aus einem Stück bestehende Ringe, oder auch durch große gebogene
Ziegelsteine gebildet werden, welche letztere dann in den verticalen Fugen auf
zweckmäßige Weise verbunden sind. Solche Steine werden im Großen dargestellt und
sind dann so regelmäßig, daß sie sich eben so gut wie die cylindrischen Ringe zu
einem Ganzen zusammenstellen lassen. Man macht sie der Leichtigkeit wegen hohl.
Jeder Kreis von Ziegelsteinen ist mit dem nächsten durch einen 5–8 Centimeter
breiten Eisenreifen von 4–8 Millim. Dicke verbunden, so daß die Fugen alle
außen verdeckt sind.
Jedem Gefäße kann man bis zu 6 Meter Durchmesser und 10 Meter Höhe, also einen Inhalt
von 3000 Hektoliter geben. Kleinen Gefäßen gibt man einen Boden aus einem Stück,
welches die Gestalt eines umgekehrten hohlen Kegels hat, dessen Erzeugende einen halben rechten
Winkel mit der Verticalen bilden, so daß das Getreide durch eine unten angebrachte
verschließbare Röhre auslaufen kann. Wenn der Behälter aber mehr als 75 Hektoliter
Getreide für jeden Meter Höhe enthalten, oder mehr als 3 Meter Durchmesser haben
soll, so bringt Pavy in seiner Achse eine starke
Holzsäule an, welche mit verticalen Nuthen versehen ist, die ähnlichen an der
gegenüberliegenden Innenseite der Ziegelwand entsprechen und setzt in diese Nuthen
hölzerne Scheidewände, die also den ganzen Behälter in 10 bis 20 gleiche
Unterabtheilungen theilen. Das Getreide wird mithin in eben so vielen Losen
eingespeichert; der Boden jeder Abtheilung wird natürlich so geformt, daß der Inhalt
sich leicht durch die entsprechenden Röhren entleeren kann.
Ueber der Mittelsäule ist eine Rinne drehbar angebracht, so daß man das
hinaufgehobene Getreide nach jeder beliebigen Abtheilung leiten kann. Ist eine
gefüllt, so wird dieß durch eine Glocke angezeigt.
Mehrere Behälter von verschiedenem Durchmesser können auch dicht neben einander
aufgestellt und der gebildete Zwischenraum ebenfalls benutzt werden, wenn man nur
den Boden passend herrichtet und ein Abzugsrohr anbringt.
Die Windfege befindet sich unterhalb des Behälters, so daß man das Getreide bei
seinem Eintritt so wie auch beim Umfüllen aus einer Abtheilung in die andere der
Wirkung dieser Maschine aussetzen kann, welche so eingerichtet ist, daß sie nur die
Körper, welche leichter als das Getreide sind, wegfegt und bloß die kleineren Körner
durchläßt. Die Fege steht außerdem so, daß man das Getreide beim Austritt aus einer
gewöhnlichen Reinigungsmaschine mittelst eines besonderen kleinen Elevators
hineinfallen lassen, und so die Ernte alsbald in den Speicher bringen kann.
Zum Bearbeiten von 20 Hektolitern Getreide per Stunde
(Umfüllen und Reinigen) erfordert der Apparat nur die Kraft von vier Arbeitern.
Wenn man das Getreide eines Behälters frei auslaufen läßt, so beträgt dasselbe etwa 2
Hektoliter in der Minute. Da eine solche Geschwindigkeit nicht nothwendig ist, so
hat Pavy noch einen Meßapparat von 10 Liter Inhalt
angebracht; so oft derselbe gefüllt ist und sich in den Sack entleert, zeigt dieß
ein bis zu 100 Hektolitern gehender Zählapparat an. Auch ist eine Waage angebracht,
welche das Getreide mittelst eines besonderen Zählapparates genau verwiegt.
Pavy hat sich durch Versuche überzeugt, daß es zur
Conservirung des Getreides hinreicht, dasselbe 6–12mal im Jahre den Behälter
wechseln und dabei durch die Windfege gehen zu lassen. Mit anderen Worten, man kann das Getreide
nach jeder Reinigung durch die Maschine 5–10 Wochen ruhig liegen lassen.
Natürlich bedarf es der Bearbeitung um so weniger je länger es im Speicher
befindlich war; wenn es darin z.B. seit 3 Jahren lagerte, so würde es 18–20
Reinigungen durchgemacht haben und kaum noch zu verbessern seyn: eine Behandlung
nach je 3–4 Monaten würde dann jedenfalls hinreichen.
Der Gestehungspreis dieser Art Speicher erhellt aus Folgendem: Pavy hat sich erboten, für die Pariser Hospitäler einen solchen von 12000
Hektoliter, mit vollständiger Einrichtung, zum Preise von 2 Franken für jeden
Hektoliter Inhalt herzustellen. Einen anderen von 25000 Hektoliter nebst
Dampfmaschine und den erforderlichen Umfassungs- und Schutzbauten, würde er
zu 4 Franken per Hektoliter berechnen.
Für das größere Publicum stellt er die Kosten eines von ihm auszuführenden Speichers
bis zu 4000 Hektoliter Inhalt auf 3 3/4 Franken per
Hektoliter Inhalt.
Sämmtliche Oeffnungen u.s.w. sind vergittert oder verschlossen, und somit ist jeder
Veruntreuung oder Verschleuderung vorgebeugt.
Es geht hieraus hervor, daß der in Rede stehende Speicher von allen bis jetzt
vorgeschlagenen der wohlfeilste in der Anlage, der einfachste in der Behandlung und
zugleich der zweckmäßigste ist.
Beschreibung der
Abbildungen.
Fig. 12
Verticaldurchschnitt durch die Mitte des Speichers;
Fig. 13
theilweiser Verticaldurchschnitt, senkrecht auf den vorhergehenden;
Fig. 14
Horizontaldurchschnitt nach der Linie XY;
Fig. 15
Horizontaldurchschnitt nach der Linie WZ.
Fig. 16
Apparat zum Wägen der Säcke;
Fig. 17
Meßapparat.
A Umfassungsgebäude, bestehend in einem achteckigen
offenen Thurm mit Läden, Dach und Haube; seine Basis ist mit einer Mauer umgeben,
innerhalb welcher sich die verschiedenen Apparate befinden. Unter dem Boden des
betreffenden Raums findet freie Luftcirculation statt.
B großer Behälter von cylindrischer Gestalt aus
Backsteinen (s. o.) mit den eisernen Reifen C.
D hölzerne Mittelsäule, von welcher die radialen
hölzernen Zwischenwände nach dem Umfang ausgehen. Der Boden der so gebildeten
Unterabtheilungen wird durch ein kegelförmiges Gefäß aus drei geneigten Flächen
gebildet, in dessen nach unten gekehrter Spitze die Auslauföffnung angebracht ist
(s. Fig.
15).
E Schwimmer zum Anzeigen der Getreideoberfläche in jeder
Abtheilung; sie sind durch Schnüre und Rollen mit dem außen sichtbaren Gegengewichte
B' (Fig. 15) verbunden.
F großes Paternosterwerk zum Heben des Getreides aus der
unteren Kammer nach der beweglichen Rinne G, woraus es
nach jeder Abtheilung laufen kann. Zum Einstellen von G
dient das mit dieser Rinne durch eine lange Stange verbundene kleine Rad H mit Zeiger und Tafel.
I Ueberlaufrohr zum Zurückführen des Getreides nach
unten, wenn eine Abtheilung voll ist; dabei setzt das Getreide ein Rädchen und durch
dieses eine Glocke in Bewegung, um dem Arbeiter kund zu thun, daß die Abtheilung
gefüllt ist.
J Sieb- und Windfege, mit dem Paternoster K, wodurch das Getreide von der außenstehenden
gewöhnlichen Reinigungsmaschine in den Trichter für J
gelangt.
L gemeinschaftliche Rinne für die zehn Auslaufrohre der
Abtheilungen. Durch die drei Leitungen M, N, O kann das
Getreide je nach Wunsch auf den Trichter der Windfege, in einen Sack auf der Waage,
oder in den Meßapparat geleitet werden.
P Leitwelle mit den Rollen Q
zum Uebertragen der Bewegung von der Dampfmaschine auf die Paternoster und die
Fege.
Waage (Fig. 16). – R Tisch für den Sack, mit den eisernen Armen S zum Befestigen der Sacköffnung unter dem Einlaufrohre
N. Letzteres enthält eine Klappe, die in der
Ruhelage durch eine Feder geöffnet gehalten wird.
T gekrümmter Stab, welcher durch den Waagearm gehoben
wird, wenn der Sack die gewünschte Menge Getreide enthält.
U zweiarmiger rechtwinkliger Hebel, dessen Knie in einer
Hülse steckt, die denselben in einer verticalen Ebene sich drehen läßt, wenn der
Stab T beim Aufsteigen daran drückt. An seinem Ende
trägt er einen Daumen, welcher beim Drehen die Feder trifft, durch welche dann die
Klappe im Rohr N geschlossen wird. Dadurch hört also,
wenn der Sack sein richtiges Gewicht hat, der Getreidezufluß auf. Mit diesem Apparat
ist ein hier nicht dargestelltes Läute- und Zählwerk verbunden.
Meßapparat (Fig. 17). –
Derselbe befindet sich am Ende des Rohres O.
V rechtwinkliger hölzerner Canal, mit zwei Schlitzen zur
Aufnahme der Schieber W, W', die an dem um seine Mitte
beweglichen Hebel so angebracht sind, daß stets einer geschlossen und der andere
offen ist (wie in Fig. 16). Eine Feder unter dem Hebel hält in der Ruhelage den Schieber
W zur Seite des Ausflusses geschlossen. Ist der
Inhalt des Canals
zwischen den beiden Schiebern bekannt, so ist hiernach das Messen durch die Bewegung
des Hebels leicht; durch einen Zählapparat ist die Quantität leicht anzuzeigen.