Titel: | Skizzen aus der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXXX., S. 321 |
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LXXX.
Skizzen aus der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth.
(Fortsetzung von S. 247 des vorhergehenden Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab. V.
Eyth, Skizzen aus der Londoner Ausstellung.
Englische Locomobilen.
Smith and Ashby,
Stamford.
Das ausgestellte Maschinchen von 2½ Pferdekräften ist fast in jeder
Beziehung eine außerordentliche, wenn auch im allgemeinen nichts weniger als
empfehlenswerthe Erscheinung. Die gewöhnlichen Kessel der Ashby'schen Locomobilen haben die auf dem Continent fast vergessene
Kofferform und stehen äußerlich ziemlich unbeholfen auf ihren vier Rädern, deren
Vorder- und Hinterachsen festgenietet sind. Die ausgestellte Maschine hat
jedoch einen äußeren Kessel von durchaus cylindrischer Form. Ein langer und
schmaler Rost liegt in dem vorderen Drittel des Feuerrohrs, welches das Feuer
nach der Rauchkammer führt, wo es umkehrt und durch sechs auf beiden Seiten des
Hauptrohrs liegende Heizröhren wieder nach vorn geht; dort sammelt es sich in
einer zweiten Rauchkammer, über welcher sich der Kamin befindet. Das System ist,
wie man sieht, dem Tuxford'schen ähnlich und theilt
namentlich vollständig dessen gefährlichsten Nachtheil, daß die erste
Rauchkammer absolut nicht zugänglich ist, während die zweite Rauchkammer, unter
der hier direct der Rost liegt, noch den weiteren Nachtheil hat, daß das Blech,
welches Feuerbüchse und Rauchkammer scheidet, rasch durchbrennen muß.
Ein kleiner Dampfdom befindet sich in der Mitte des Kessels (Fig. 15, 16 und
17).
Derselbe enthält neben dem Sicherheitsventil, nahezu eine halbe Kessellänge von
dem Schieberkasten entfernt, die Drosselklappe. Der Cylinder hängt nun an der
Seite des Kessels und trägt den angegossenen Schieberkasten auf dem Rücken, der
natürlich mit einem nach oben zu öffnenden Deckel geschlossen ist (Fig. 18).
An die Kolbenstange ist ein gußeiserner Kreuzkopf aufgekeilt, der gegen unten
verlängert eine einzige Führungsstange umfaßt. Verstellbare Messingschalen
dienen zur Regulirung dieser überaus unsoliden Vorrichtung. Glücklicherweise führt
eine sehr lange Kurbelstange vom Kreuzkopf zur Kurbel, welch letztere, mit dem
Excenter zusammengegossen, auf dem einen Ende der gerade hinter der Rauchkammer
liegenden Welle aufgekeilt ist. Die Lager sind geneigt und an die Seitenwände
des Kessels angeschraubt. Ueber der Welle, von conischen Rädchen betrieben,
erhebt sich der Regulator, bei dem nur zu bemerken ist, daß die Bewegung der auf
und ab gehenden Büchse durch ein gezahntes Rädchen direct der
Drosselklappenspindel mitgetheilt wird. Unter der Welle, die Rückwand der ersten
Rauchkammer einnehmend, ist ein offenes Wasserreservoir, auf dessen Boden die
Speisepumpe, von einem Excenter bewegt, angeschraubt ist. Dieses Reservoir mag
namentlich die Ursache seyn, warum das gewöhnliche Dampfabgangsrohr nicht
genügt, um den gehörigen Zug im Kessel herzustellen, indem es den Rauch zu frühe
abkühlt. Es führt deßhalb ein kleines Rohr direct aus dem Dampfraum des Kessels
in den Kamin, zu dem man namentlich beim Anfeuern seine Zuflucht nimmt, ehe die
Maschine in Gang gesetzt werden kann.
Der Cylinderdurchmesser ist 4 1/2'', die Kesselspannung 45 Pfd. Die Ausführung
ist nichts weniger als schön und die Preise der Maschinen sind nicht niederer
als z.B. die der Tuxford'schen kleinen
Locomobilen.
An sich hat das System, die Maschine an der Seite des Kessels zu befestigen, so
viele Vortheile: – die geringe Entfernung des Cylindermittels von der
Kesselwand, die fast unbeschränkte Länge der Kurbelstange, die ungekröpfte Welle
und für den Käufer vor allem die bequem und leicht zu bedienende Lage der
eigentlichen Maschine, – daß wir nur bedauern müssen, daß das System
keine bessere Vertretung gefunden hat.
Wenham, 1 Union road,
S. London.
Diese Locomobile, welche wegen ihrer unschönen Proportionen und wegen der
durchaus nachlässigen Ausführung sicher zu den geringsten gehört, die in der
Ausstellung zu finden sind, vertritt ein so eigenthümliches Princip, daß wir sie
nicht übergehen können. Wie Fig. 20 und 21 zeigen,
liegen bei derselben auf dem gewöhnlichen Locomobilkessel über der Rauchkammer,
auf beiden Seiten des Kamins zwei Cylinder von verschiedenen Durchmessern und
gleichem Hub. Jeder ist mit einem Schieberkasten versehen, der einen einfachen
Vertheilungsschieber enthält. Jeder derselben wirkt auf eine besondere
Kurbelstange. Auf der Kurbelwelle, welche für den größeren Cylinder zwischen den
Lagern gekröpft ist, ist für den kleineren außerhalb der Lager eine Kurbel
aufgesteckt. Die in Fig. 19 angegebene
Gegenkurbel dient zur Bewegung der Speisepumpe. Die beiden Kurbeln sind unter
90° verstellt. Der Dampf tritt nun aus dem ziemlich großen Dampfdom des Kessels
zunächst in den kleinen Cylinder, und arbeitet dort nahezu ohne Expansion. Von
dort geht er, durch ein Rohr nach unten geführt, in ein mit Röhren durchzogenes
Reservoir in der Rauchkammer, in welchem er überhitzt wird und dann in den
größeren Cylinder tritt. Vom größeren Cylinder erst führt ihn das Abgangsrohr in
den Kamin.
Diese eigenthümliche Modification des Woolf'schen
Princips ist jedoch nicht einzig in ihrer Art. Im westlichen Annex finden wir
eine große horizontale Maschine mit zwei Cylindern, zwischen welchen ebenfalls
ein Reservoir liegt, das den Dampf im kleinen Cylinder so lange aufbewahrt, bis
die um 90° verstellte Kurbel des großen Cylinders so steht, um denselben
in den Cylinder einströmen zu lassen. Ueber die Wirkung des Ueberhitzens während
des Ueberganges vom kleinen in den großen Cylinder läßt sich natürlich ohne
Versuche nichts Bestimmtes sagen. Bei Locomobilen angewandt, halten wir dir Idee
jedenfalls für verunglückt. Für große stationäre Maschinen scheint sie uns alle
Beachtung zu verdienen, indem wir nichts kennen, was so sehr einen
gleichförmigen Gang der Welle bei großer Expansion erzielen kann, als eine
glückliche Ausführung einer Woolf'schen Maschine mit
unter 90° verstellten Kurbeln.
Eigentliche transportable Maschinen, d.h. Maschinen ohne Fundament und statt
dessen mit dem Kessel in fester Verbindung, finden wir nur vier im englischen
Departement. Da denselben meist die Räder fehlen, um sie zu vollständigen
Locomobilen zu machen, so können wir mit ihnen ohne weiteres in unserer
Aufzählung fortfahren.
Appleby Brothers, 69 King William street, London.
Wir sahen die Maschine mitten auf dem Rücken des Locomobilkessels, wir fanden sie
seitlich auf demselben, auch ganz an der Seite hängend, und Appleby legt sie auch unter den Kessel.
Eine ziemlich starke gußeiserne Fundamentplatte dient dem Kessel als Lager, der
sich auf dieselbe einerseits mit der Feuerbüchse, andererseits mit einem die
Rauchkammer nach unten verlängernden Kasten stützt (Fig. 29). Dieser
Kasten enthält den mit Dampf umgebenen Cylinder und Schieberkasten. Die Deckel
beider stehen nach vorn und hinten aus demselben hervor. Die Maschine, welche
sich nun zwischen Kasten und Feuerbüchse erstreckt, ist im allgemeinen von der
gewöhnlichen Locomobilenform. Das einzig Bemerkenswerthe ist, daß die Coulisse,
mit der die Expansion verändert und umgesteuert werden kann, während des
gewöhnlichen Ganges der Maschine mit dem Regulator durch einen Hebel in directer
Verbindung steht. Ob dieser, allerdings äußerst einfache Weg, die Expansion
durch Regulatoren zu
ändern, dem Zweck entspricht, ist uns zweifelhaft. Jedenfalls erfordert die
Reibung in der Coulisse einen sehr kräftigen Regulator (s. Fig. 30). –
Das Schwungrad ist seiner Lage am Boden wegen verhältnißmäßig klein
gehalten.
Die Anordnung gibt dem Ganzen ein sehr solides Aussehen und macht jede
Befestigung am Boden unnöthig, die Maschinen somit namentlich auch in den oberen
Stockwerken von Fabrikgebäuden, wenn dieselben überhaupt die Last tragen können,
anwendbar. Sonst hat das System seine Nachtheile, unter denen der Staub und
Schmutz, der sich auf der Maschine in ihrer tiefen Lage leicht sammelt, nicht
der kleinste ist.
Neben dieser stellt Appleby eine kleine verticale
Maschine aus, von der wir in Fig. 25 und 26 eine
Skizze geben. Der niedere, verticale Kessel hat, wie man sieht, nur eine
Feuerbüchse, aus der das Feuer direct in den seitlich abgehenden Kamin tritt.
Der einzige Vortheil, den die einfache Maschine bietet, ist die durch den sehr
breiten und niederen Kessel gebotene solide Auflagerung der Maschinentheile.
T. M. Tennant and Comp., Edinburgh and
Leith.
Verticale Röhrenkessel sind, durch die Dampfkrahne eingeführt, in diesem Gebiete
schon länger in ausgedehnter Anwendung. Für Locomobilen an sich ist die Form
nicht sehr geeignet, da sie sich nicht wohl auf vier Räder solid befestigen
läßt. Bei bloß transportabeln Maschinen jedoch bieten diese Kessel sehr
wesentliche Vortheile dar, wie es sich in dem hübsch construirten Exemplar
zeigt, das uns die schottische Fabrik von Tennant
vorführt.
Der Kessel dieser Maschine (Fig. 23 und 24) von
acht Pferdekräften ist ein einfacher, auf einem gußeisernen Aufsatze stehender
Cylinder, der über dem geräumigen Roste unten eine cylindrische Feuerbüchse von
40 Centimeter Höhe enthält, aus welcher 60 Röhren von 5 Centim. Durchmesser nach
oben führen, wo sich das Feuer wieder sammelt, um direct in den Kamin zu
entweichen. Der große Vortheil ist hiebei, daß sich in den Röhren nie Asche
ablagern kann, der Nachtheil, daß Theile der Heizfläche nur von Dampf berührt
werden und nothwendig dem Verbrennen ausgesetzt sind. Auffallend in dieser
Beziehung ist, daß nicht einmal die Röhren vollständig unter Wasser gehalten
sind.
Die Anordnung der Maschine ist ganz wie bei den gewöhnlichen horizontalen
Maschinen: der Cylinder mit dem angegossenen Schieberkasten liegt etwas seitlich
oben, mit hängender Stopfbüchse; sein Deckel trägt zwei starke Führungslineale,
zwischen welchen sich das Gleitstück bewegt. Dasselbe wird durch die gespaltene
Kurbelstange gefaßt, welche zwei offene Köpfe und am anderen Kurbelende einen
geschlossenen Kopf mit Bügel hat. Die Kurbel ist auf dem Ende der Welle aufgekeilt, welche in
zwei am Kessel angeschraubten Wandlagern läuft, und zwischen denselben das
Excenter und den Ring zum Regulatorbetrieb, und am anderen Ende die
Schwungradwelle trägt. Speisepumpe und Schieberkasten liegen sich so gegenüber,
daß die verlängerte Schieberstange der Speisepumpenkolben wird. Die
Excenterstange packt beide zwischen den Stopfbüchsen, dieselben natürlich von
der Seite angreifend. Der wesentliche Vortheil hiebei ist, daß der Schieber sehr
nahe an den Cylinder zu liegen kommt, obgleich das Wellenlager zwischen Kurbel
und Excenter liegt. Das einseitige Anfassen der Stange ist natürlich ein
Nachtheil, den man dabei kaum übersehen kann.
Der Kessel arbeitet mit 30–50 Pfd. Druck auf den Quadratzoll. In Betreff
der Dimensionen des Cylinders u.s.w. gibt die Fabrik folgende Tabelle an:
Pferdekräfte.
Cylinderdurchmesser.
Hub.
Gewicht.
Preis.
4
6
1/2''
13''
2 Tonnen 5 Ctr.
105 Pfd. Sterl.
6
8
3/4''
14''
2 „ 18
„
130
„ „
8
8
3/4''
16''
3 „ 10
„
160
„ „
10
9
1/2''
16''
4 „
– „
190
„ „
12
2 Cylinder 8''
14''
4 „ 18
„
230
„ „
14
8
1/4''
16''
5 „ 5
„
250
„ „
16
8
3/4''
16''
5 „ 15
„
275
„ „
20
9
1/2''
16''
6 „ 10
„
320
„ „
Man sieht aus dieser Tabelle, daß trotz der verhältnißmäßig großen
Cylinderdurchmesser die Maschinen beispiellos billig sind. Eine 20pferdige
zweicylindrige Maschine kostet weniger, als der Durchschnittspreis der
12pferdigen englischen Locomobilen. Die billigen, fast zu tief gedrückten
Arbeitslöhne in Schottland machen sich natürlich bei Maschinen, die
verhältnißmäßig viele Arbeit erfordern, besonders bemerklich.
Dieselbe Fabrik verfertigt gewöhnliche Locomobilen, deren Preise wir in der
Tabelle am Schluß angeben.
Garrett, Marshall and
Comp., Sun Foundry, Leeds.
Die transportable Maschine (Fig. 27 und 28) dieser
Fabrik kann wohl kaum mit der beschriebenen concurriren, indem das Vermeiden von
Kesseln mit engen Heizröhren bei Locomobilen wohl stets zu unförmlichen Formen
und doch nicht zu der genügenden Heizfläche führen wird. Der Kessel ist ein
niederer, stehender Cylinder, welcher mit einer flachen Platte oben abgedeckt
ist, auf der die Maschine steht. Der Rost liegt selbstverständlich im Innern
dieses Cylinders, in einem ringförmig im Wasserraum liegenden Wulst, der somit
das sich vertheilende Feuer nach hinten führt, wo die beiden Canäle
zusammenkommen und der Rauch in einem Rohr durch den Dampfraum in den Kamin abgeführt wird. Zur
Vermehrung des Zuges ist am Boden, direct unter dem Kamin, ein Schieber
angebracht, durch welchen man nach Belieben kalte Luft einläßt, eine Vorrichtung
welche der Dampfentwickelung nicht sehr förderlich seyn kann. Im übrigen ist es
uns räthselhaft, wie der Kessel bei der außerordentlich kleinen Heizfläche
überhaupt den nöthigen Dampf liefern kann, und sehr erklärlich warum Garrett nach eigener Angabe auf einen Kessel von vier
Pferdekräften eine dreipferdige Maschine setzt.
Was nun die Maschine betrifft, so ist dieselbe im Style eines Dampfhammers
gebaut, indem der Cylinder auf zwei auf dem Kessel aufgeschraubten Gußständern
befestigt ist, welche das solide und mit Keilen regulirbare Gleitstück führen.
Die Kurbelstange ist beispiellos kurz. Drosselklappe und Absperrventil befinden
sich weit ab vom Cylinder, in einem gußeisernen Dampfdom. Die für die Kurbel
abgekröpfte Welle ruht in drei auf dem Cylinder aufgeschraubten Lagern. Die
ganze Anordnung muß nothwendig die Maschine schwer und unbehülflich machen und
wird ihr doch nie die vollständige Stabilität sichern, was der Zweck dieser
transportabeln Maschinen hauptsächlich seyn sollte.
Hiemit hätten wir die englischen Locomobilen erschöpft und geben zum Schluß eine
Fortsetzung der früher (Seite 171) angefangenen Preistabelle. Leider sind wir
nicht im Stande, diese Tabelle ganz vollständig zu liefern, da mehrere der
englischen Fabriken keine Kataloge ausgegeben haben.
Preise englischer Locomobilen in
Pfd. Sterl.
Maschinen mit einem Cylinder.
Pferdekräfte
2
3
4
5
6
7
8
9
10
12
Ruston, Proctor
and Comp.
–
–
165
180
200
210
225
–
260
–
Burrell
–
–
165
180
200
215
230
250
270
310
Turner
80
105
155
–
200
215
230
–
–
–
Brown
and
May
75
105
160
–
200
–
220
–
250
–
Ashby
80
90
120
130
–
–
–
–
–
–
Tennant
–
–
–
–
150
175
–
225
275
–
Maschinen mit zwei Cylindern.
Pferdekräfte
8
10
12
14
16
Ruston , Proctor
and
Comp.
250
280
320
360
–
Brown
and
May
–
275
310
–
400
Tennant
–
280
300
340
–
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)