Titel: | Relative Schmelzbarkeit der Silicate des Eisens, des Kalks, der Magnesia und der Thonerde; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXXXIX., S. 378 |
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LXXXIX.
Relative Schmelzbarkeit der Silicate des Eisens,
des Kalks, der Magnesia und der Thonerde; von Dr. Carl Bischof.
Bischof, über die relative Schmelzbarkeit verschiedener
Silicate.
Die verschiedenen Silicate wurden auf Grund der folgenden, nach den chemischen
Formeln berechneten Tabelle gebildet, woraus überhaupt deren Zusammensetzung
ersichtlich ist.
Eisenoxydul.
Eisenoxydul
Kieselsäure
Singulosilicat (3FeO + SiO³)
1
0,427
oder
Eisenspath(natürlicher möglichst reiner)
Quarz(chemisch reiner)
1
0,265
Eisenoxydul
Kieselsäure
Bisilicat (3FeO + 2SiO³)
1
0,855
oder
Eisenspath
Quarz
1
0,531
Eisenoxydul
Kieselsäure
Trisilicat (FeO + SiO³)
1
1,282
oder
Eisenspath
Quarz
1
0,796
Kalk.
Kalk
Kieselsäure
Singulosilicat (3CaO + SiO³)
1
0,548
oder
kohlensaurer Kalk(krystallisirter
Kalkspath)
Quarz(chemisch reiner)
1
0,307
Kalk
Kieselsäure
Bisilicat (3CaO + 2SiO³)
1
1,095
oder
kohlensaurer Kalk
Quarz
1
0,614
Kalk
Kieselsäure
Trisilicat (CaO + SiO³)
1
1,643
oder
kohlensaurer Kalk
Quarz
1
0,922
Magnesia.
Magnesia
Kieselsäure
Singulosilicat (3MgO + SiO³)
1
0,770
oder
kohlens. Magnesia(krystallisirt.
Magnesit).
Quarz(chemisch reiner).
1
0,367
Magnesia
Kieselsäure
Bisilicat (3MgO + 2SiO³)
1
1,540
oder
kohlens. Magnesia
Quarz
1
0,734
Magnesia
Kieselsäure
Trisilicat (MgO + SiO³)
1
2,309
oder
kohlens. Magnesia
Quarz
1
1,100
Thonerde.
Thonerde(künstliche, chemisch reine)
Quarz(chemisch reiner)
Singulosilicat (AlO³ + SiO³)
1
1,801
Bisilicat (AlO³ + 2SiO³)
1
3,601
Trisilicat (AlO³ + 3SiO³)
1
5,402
Nachdem sämmtliche vorstehende Silicate der dunklen Rothglühhitze ausgesetzt worden
waren, zeigte sich keines derselben geschmolzen.
Als die Hitze so weit gesteigert wurde, daß Gußeisen zum Schmelzen kam, waren zu
einer glasartigen Masse zusammengeschmolzen:
1) das Eisen-Singulosilicat2) das Eisen-Bisilicat
gleichfalls, jedoch nicht so
vollständig
Schmelzen in derGußeisenschmelzhitze
Als hierauf die Hitze so weit gesteigert wurde, daß Gußstahl zum Schmelzen kam, waren
zu einer glasähnlichen Masse zusammengeschmolzen:
3) und 4) das Kalk-Singulosilicat
und Kalk-Bisilicat,
welches letztere etwas leichtflüssiger
erschienFerner waren geschmolzen, wenn auch sichtbar eine zähere Masse
bildend5) das Kalk-Trisilicat, welches sich
daher merklich strengflüssiger als das
Kalk-Singulosilicat und Bisilicat erweistGeschmolzen war, nebenbei
bemerkt6) der Eisenspath für sich, welcher
leichter schmilzt als7) das Eisen-Trisilicat
schmelzen inGußstahlschmelzhitze
Als das Eisentrisilicat im Vergleich zu den genannten Silicaten und den folgenden
Magnesiasilicaten kürzere oder längere Zeit der Gußstahlschmelzhitze ausgesetzt
wurde, zeigte es sich merklich strengflüssiger als das Kalktrisilicat, aber
leichtflüssiger als die Magnesiasilicate.
Wesentlich strengflüssiger sind die Magnesia- und Thonerdesilicate, welche in
gesteigerter Gußstahlschmelzhitze schmelzen.
Am leichtflüssigsten darunter ist:
8) das Magnesia-Singulosilicat, welches eine glasartige
Masse bildet; dann
folgt, eine glasähnliche Masse gebend, 9) das Magnesia-Bisilicat und10) das Thonerde-Singulosilicat.Merklich
strengflüssiger sind, eine zähe mehr körnige Masse bildend:11) das Magnesia-Trisilicat, dann12) das Thonerde-Bisilicat und Trisilicat.
schmelzen in gesteigerterGußstahlschmelzhitze
Am leichtflüssigsten sind also die Eisensilicate, und zwar das Singulo- und
Bisilicat, wovon letzteres unbedeutend strengflüssiger als ersteres ist.
Merklich strengflüssiger sind die Kalksilicate, worunter das Bisilicat wohl das
leichtflüssigere und das Trisilicat das strengflüssigste ist.
Wesentlich am strengflüssigsten sind die Magnesia- und Thonerdesilicate, bei
denen im Allgemeinen die Strengflüssigkeit mit der Zunahme der Kieselsäure
wächst.
Ueberhaupt sind die Trisilicate stets merklich strengflüssiger als die
Singulo- und Bisilicate.
Das Eisentrisilicat ist strengflüssiger als selbst die beiden ersten Kalksilicate,
wiewohl die beiden ersten Eisensilicate wesentlich leichtflüssiger als die
Kalksilicate überhaupt sind.
Das Eisentrisilicat ist sogar etwas strengflüssiger als das Kalktrisilicat.
Eisenspath für sich schmilzt leichter als das Eisentrisilicat, indem sich
wahrscheinlich ein Silicat mit Hülfe der Kieselsäure der Tiegelwand bildet.
Für die Praxis geht daraus in Hinsicht der Beschickung
hervor:
1) daß die Bildung von Trisilicaten stets zu vermeiden ist;
2) daß den beiden Eisensilicaten unbedingt der Vorzug vor allen übrigen zu geben
ist;
3) daß die Kalksilicate, welche in der Mitte stehen, wesentlich leichtflüssigere
Schlacken geben als die Magnesia- und Thonerdesilicate.
Um das gegenseitige Verhalten verschiedener Silicate hinsichtlich ihrer
Schmelzbarkeit kennen zu lernen, wurde beispielsweise das
Eisen-Singulosilicat mit der 1, 2 und 3fachen Menge Thon, dem Volumen nach,
versetzt. Hierzu wurde ein sogenannter feuerfester Thon verwendet, welcher wenig
Kalk und Eisenoxyd enthält, ziemlich reine kieselsaure Thonerde ist und zu den
strengflüssigen gehört.
Als diese verschiedenen Gemenge geglüht wurden, schmolz am leichtesten das mit der
einfachen Menge Thon versetzte Eisen-Singulosilicat.
Will man die gefundenen Verhältnisse in der Schmelzzeit ausdrücken, welche stets auf
Grund von wenigstens zwei unter sich übereinstimmenden Bestimmungen ermittelt wurde,
so schmelzen zu einer glasähnlichen Masse:
1 Theil
Eisen-Singulosilicat
+ 1 Theil Thon
in 3 Min.
Gußstahlschmelzhitze
1 „
„
+
2 „ „
in 3 1/4 Min.
„
1 „
„
+
3 „ „
in 3 1/4 Min.
„
Eisen-Singulosilicat für sich
in 3 1/2 Min.
„
Thon für sich (zu einer krugähnlichen Masse)
in 8 Min.
„
Die Strengflüssigkeit eines Thones und selbst eine mehrfache Menge desselben wird
also durch das Eisen-Singulosilicat bedeutend beeinträchtigt, oder ein Thon
ist durch das Eisensilicat leicht zu verschlacken. Die
Gemenge, worunter der einfache Thonzusatz das leichtflüssigste ist, schmelzen
leichter als jeder der Gemengtheile für sich.
Als man das Kalk-Singulosilicat mit der 1, 2 und 3fachen Menge desselben
Thones versetzte, stellte sich gleichfalls heraus, daß die Gemenge leichtflüssiger
sind als die Gemengtheile für sich, und daß das Gemenge mit dem einfachen Thonzusatze das leichtflüssigste ist.
In der bezeichneten Schmelzzeit ausgedrückt, schmolz:
1 Theil
Kalk-Singulosilicat
+ 1 Theil Thon
in 6 Min.
Gußstahlschmelzhitze
1 „
„
+ 2
„ „
in 6 1/2 Min.
„
1 „
„
+ 3
„ „
in 6 3/4 Min.
„
das Kalk-Singulosilicat für sich
in 7 Min.
„
der Thon für sich
in 9 Min.
„
Im Allgemeinen gilt also für das Kalk-Singulosilicat als Fluß- oder
Verschlackungsmittel von Thon, dasselbe wie für das Eisen-Singulosilicat, nur
ist hierbei der Schmelzpunkt ein beträchtlich höherer.
Beiläufig bemerkt, zeigte sich stets bei einer Wiederholung der Schmelzversuche, daß
eine größere Hitze erforderlich ist um ein Silicat zu bilden, als um das fertige
Silicat zum Schmelzen zu bringen.
Selbstredend lassen sich vorstehende Versuche noch sehr vervielfältigen und
ausdehnen. Das Verhalten der basischen Verbindungen und namentlich der Thonsilicate
in ihren wichtigsten Beziehungen, wird der Gegenstand meiner nächsten Abhandlung
seyn.
Hüttenmännern etc., welche ein Interesse an derartigen vergleichenden
Schmelzversuchen nehmen, stelle ich anheim, mir Proben zukommen zu lassen unter der
frankirten Adresse: Dr. C. Bischof bei Ehrenbreitstein am Rhein.