Titel: | Rowan's Maschine zum Brechen und Schwingen des Flachses; beschrieben von Prof. C. H. Schmidt in Stuttgart. |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. V., S. 19 |
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V.
Rowan's Maschine zum Brechen
und Schwingen des Flachses; beschrieben von Prof. C. H. Schmidt in Stuttgart.
Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1862, Nr.
35.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Rowan's Maschine zum Brechen und Schwingen des
Flachses.
Auf der Londoner Ausstellung befindet sich eine ganz neue und eigenthümliche, von
John Rowan und Söhnen in
Belfast construirte, das Brechen und Schwingen des gerösteten Flachses gleichzeitig
ausführende Maschine, welche gegen die bisher zu diesen Operationen angewandten
Maschinen in jeder Beziehung so bedeutende Vortheile bietet, daß sie bestimmt zu
seyn scheint, eine großartige Umwälzung in der Flachsbereitung herbeizuführen.
Die Maschine ist in Fig. 20 und 21 in zwei rechtwinkelig
gegen einander genommenen Verticalschnitten im 24. Theil nat. Größe skizzirt.
In einem aus vier Wänden b, b, c, c gebildeten
kastenförmigen Gestell liegt eine zum Theil vom Gehäuse g umgebene Trommel a von 3' engl. Durchmesser
und 1' Breite, deren Mantelfläche mit 11 glatten, beweglichen Schlagschienen d und einer gezahnten, in radialer Richtung befestigten
Schiene e garnirt ist. Die glatten Schienen d sind aus vierkantig prismatischen Eisenstäben von
1/2'' Dicke, 1'' Breite und 8–9'' Länge gebildet und werden an beiden
Kopfenden derart gelagert, daß ihre Länge parallel zur Trommelachse gerichtet ist.
Wird nun die Trommel nach Richtung der eingezeichneten Pfeile in Rotation gesetzt,
so nehmen die beweglichen Schienen d in Folge der
auftretenden Centrifugalkraft die in Fig. 21 dargestellte
radiale Stellung ein und bearbeiten den durch die Oeffnung i eingeführten Flachs so intensiv, daß er nach circa 10 Secunden in rein geschwungenem Zustande wieder ausgezogen werden
kann. Das Schwingwerg fällt in den Raum p, die holzigen
Theile sammeln sich in dem unter der Trommel angebrachten Kasten q. Die Trommel macht im Mittel gegen 400 Umdrehungen per Minute; bei weichem geschmeidigem Flachs können die
Umdrehungen etwas verringert, bei hartem Flachse müssen sie gesteigert werden.
Eine derartige Maschine liefert nach Angabe des Constructeurs stündlich 12–16
Pfd. geschwungenen Flachs und erfordert zur Bedienung nur einen Knaben, welcher bloß
darauf seine Aufmerksamkeit zu richten hat, daß er den Flachs möglichst schnell
einführt und langsam wieder auszieht. Außerdem werden noch Doppelmaschinen gebaut,
deren 2' breite Trommeln mit zwei Schlägerreihen und zwei Einführungsöffnungen
versehen sind, mithin auch durch zwei Arbeiter bedient werden müssen. Der Preis
einer einfachen Maschine ist 18 Pfund Sterl., derjenige einer Doppelmaschine 24 Pfd.
Sterl. loco Bradford.
Aus diesen Angaben werden sich die Vortheile der Rowan'schen Maschine gegen die älteren Brech- und Schwingmaschinen zur
Genüge erkennen lassen. Die neue Maschine ist äußerst billig zu beschaffen, sie ist
sehr compendiös, indem eine Doppelmaschine nur einen Raum von 5' Länge und 3' Breite
einnimmt, sie erfordert kein besonders eingeübtes Arbeiterpersonal, verursacht keine
Reparaturen und übertrifft alle bisher angewandten Maschinen sehr bedeutend an
Productionsfähigkeit. Nehmen wir eine ältere Schwingerei mit einem Satze oder 12
Schwingrädern von 5–6' Durchmesser, welche 160 bis 180 Umdrehungen per Minute machen, so liefert dieselbe mit 12
erwachsenen, eingeübten Arbeitern gegen 200 bis 250 Pfd. per Tag, während die Rowan'sche Doppelmaschine
mit zwei Arbeitern,
bei denen gar keine Uebung vorauszusetzen ist, gegen 300 bis 400 Pfd. pro Tag liefert. Obige 12 Schwingräder mit Gehäuse und
Zubehör werden schwerlich unter 800 bis 1000 fl. zu beschaffen seyn, während die
englische Maschine bis nach Deutschland nur etwa auf 350 fl. zu stehen kommt. Nimmt
man, um sicher zu gehen, die Production eines Satzes Schwingräder und einer Rowan'schen Doppelmaschine als gleich groß an und setzt
voraus, daß die Knaben bei letzterer Maschine nur halb so viel Lohn erhalten, als
die eingelernten Arbeiter an den Schwingrädern, so ergibt sich, daß der directe
Schwinglohn bei der neuen Maschine nur den zwölften Theil so viel beträgt, als bei
den älteren Maschinen, ganz abgesehen von den weiteren Kosten, welche früher noch
durch das Brechen herbeigeführt wurden.
Für die Landwirthschaft dürfte die neue Maschine mehrere besonders beachtenswerte
Vortheile bieten, da sie keine weitere Gebäudeanlage erfordert, sondern mit
Leichtigkeit an ein Mühlrad, einen Pferdegöpel, oder eine Locomobile angehängt
werden und durch jeden vom Felde genommenen Arbeiter bedient werden kann. Die
Ausbeute an geschwungenem Flachse soll bedeutender seyn als früher. Bei einem vor
einer Commission angestellten Probeschwingen ergab sich, daß die neue Maschine aus
100 Pfd. Röstflachs 19,6 Pfd. Schwingflachs producirte, während die älteren
Maschinen aus demselben Quantum Röstflachs nur 14,3 Pfd. zu liefern vermochten. In
diesem Falle wurden fünf Hände voll Flachs in 70 Secunden rein geschwungen und die
stündliche Production einer einfachen Maschine belief sich auf 20 Pfd.