Titel: | Ueber eine neue, von dem Mechaniker W. Winter construirte Dampfkesselform; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XXI., S. 105 |
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XXI.
Ueber eine neue, von dem Mechaniker W. Winter construirte
Dampfkesselform; von Dr. Robert
Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Schmidt, über die von Winter construirte neue
Dampfkesselform.
Die Uebelstände der bisher wegen ihrer einfachen Form und Dauerhaftigkeit am meisten
im Betriebe befindlichen Dampfkessel, namentlich also der Kessel mit innerer
Feuerung, der Kessel mit Rauchröhren und der Kessel mit Siederöhren, sind
bekanntlich folgende:
1) Die Verbrennungsproducte können ihre Wärme den Kesselwänden und somit dem
Kesselwasser nur sehr unvollkommen mittheilen und deßhalb zu wenig ausgenutzt
werden, sey es dadurch, daß
a) die Theile der feuerberührten Fläche,
welche mit den heißesten Gasen in Berührung treten, am ersten und leichtesten
sich mit Kesselstein bedecken, wodurch bekanntlich noch Veranlassung zu
Kesselexplosionen entsteht, oder
b) ein größerer Theil der Feuerfläche im
Raume eine unvortheilhafte Lage hatUntersuchungen über die vortheilhafteste Lage der Feuerflächen an
Dampfkesseln von Longridge, polytechn.
Journal 1860, Bd. CLVII S. 81., die in Bezug auf das Mauerwerk veranlaßt, daß die Wärme in viel
größerer Menge an dieses abgegeben wird.
2) Die Circulation des Kesselwassers findet entweder gar nicht oder doch sehr
unvollkommen statt. Dieß hat zur Folge, daß, weil nicht continuirlich neue
Wassermengen mit den Kesselwänden in Berührung treten, einerseits die Kesselbleche
stark angegriffen werden, andererseits bei plötzlichem und größerem Dampfverbrauch,
wie solcher bei vielen Fabricationszwecken zum Kochen u.s.w. vorkommt, entweder eine
Betriebsstörung eintritt, oder das Heizen in einer Weise betrieben werden muß, bei
welcher die Ausnutzung des Brennmaterials eine höchst unvortheilhafte wird.Untersuchungen über die verschiedenen Feuerungsarten von Schniz, Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1857 S. 52.
3) Die oben erwähnten Kesselconstructionen lassen keine Vergrößerung des Kessels zu,
ohne eine längere Betriebseinstellung zu veranlassen. Die Vergrößerung eines Kessels
stellt sich aber dann als wünschenswerth heraus, wenn entweder in Folge der
Vergrößerung des Fabrikbetriebs mehr Dampf als zur Zeit der Anlage des Kessels
gebraucht wird, oder wenn der Zug in künstlicher Weise erzeugt und Vortheil daraus
gezogen werden soll.Untersuchungen über die künstliche Erzeugung des Zuges von Zeuner, polytechn. Journal 1858, Bd. CL S.
322. Eine Nichtvergrößerung des Kessels im ersten Fall würde wiederum zur Folge
haben, daß das Heizen in einer solchen Weise betrieben werden müßte, wie es für die
Ausnutzung des Brennmaterials höchst unvortheilhaft wäre.
Die in Rede stehende, von dem Mechaniker W. Winter
construirte Form von Dampfkesseln hilft den unter 1) bis 3) erwähnten Uebelständen
nach wissenschaftlichen Grundsätzen und den in der Praxis gewonnenen Erfahrungen
vollkommen ab; ihre Anwendung bei neuen und bereits im Betriebe gewesenen Kesseln
gewährt also folgende Vortheile:
A. Durch die vortheilhafte Lage der wirksamsten Theile
der Feuerfläche wird eine vortheilhaftere Ausnutzung des Brennmaterials als bei den
gewöhnlichen Kesseln erzielt, sowie die Nichtbildung von Kesselstein an solchen
Stellen, welche mit den heißesten Gasen in Berührung treten; die Folge davon ist
eine größere Sicherheit des Dampfkesselbetriebs in Bezug auf Explosionen.
B. Es findet eine lebhafte Circulation des Wassers im
Kessel statt, wodurch die Kesselbleche geschont und Brennmaterial erspart wird.
C. Die neue Construction gewährt die Möglichkeit, die
Feuerfläche eines alten Kessels ohne große Betriebsstörung und Kosten vergrößern zu
können, wodurch sowohl der Dampfkesselbetrieb vergrößert als auch ein künstlicher
Zug mit Vortheil angeordnet werden kann.
Von Hrn. Winter mit der Besorgung der Patente für
erwähnten Dampfkessel betraut, bin ich für jetzt außer Stand die Construction
desselben näher mitzutheilen, muß dieß vielmehr noch einige Zeit hinausschieben. Ich
bemerke nur noch, daß die im großen Maaßstabe ausgeführten Probekessel sich auch in
der Praxis vollständig bewährt haben, sowie daß Anfragen in Bezug auf Ausführung
solcher Kessel und Ankauf von Patenten für denselben auf frankirte Briefe auch durch
mein Bureau für mechanische Gewerbe (in Berlin)
beantwortet werden.