Titel: | Neue Verfahrungsarten zur Fabrication der Salpetersäure; von Fr. Kuhlmann Sohn. |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XLV., S. 196 |
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XLV.
Neue Verfahrungsarten zur Fabrication der
Salpetersäure; von Fr.
Kuhlmann Sohn.
Aus den Comptes rendus, t. LV p. 246.
Kuhlmann's neue Verfahrungsarten zur Fabrication der
Salpetersäure.
I. Wirkung des Manganchlorürs und verschiedener Chloride auf
das salpetersaure Natron. – Wenn man das salpetersaure Natron durch
Manganchlorür zersetzt, so erhält man einerseits eine große Menge Salpetersäure oder
condensirbares Salpetergas, und andererseits ein Mangansuperoxyd von solchem Gehalt,
daß es neuerdings zur Chlorfabrication benutzt werden kann.
Die Reaction zwischen dem Manganchlorür und dem salpetersauren Natron beginnt bei
ungefähr 230° C.; ich konnte aber sogar bei der sorgfältigsten Regulirung der
Temperatur nur ein Mangansuperoxyd von 65° erhalten. Für die Reaction gilt
daher folgende Formel:
5MnCl + 5 NaO, NO³ =
2 Mn²O³ + MnO²
oder 3 MnO² + 2 MnO+ 5 NaCl + 5 NO⁴
+ 2 O.
Indem das Gemisch von Untersalpetersäure und Sauerstoff in den Condensationsapparaten
mit Wasser zusammentrifft, verwandelt es sich in Salpetersäure; der Ueberschuß der
Untersalpetersäure verwandelt sich in Salpetersäure und in Stickoxyd. Wenn die in
den Apparaten enthaltene Luft hinreicht, um sämmtliches Stickoxyd in
Untersalpetersäure überzuführen, so tritt wieder die erstere Reaction ein; ist
hingegen die Luftmenge unzureichend, so löst sich das Stickoxyd in der Salpetersäure
auf und der Ueberschuß desselben geht in der Luft verloren.
Ich erhielt bei zahlreichen Versuchen, indem ich Retorten von Steinzeug anwandte,
eine durchschnittliche Ausbeute von 125 bis 126 Salpetersäure von 35°
Baumé auf 100 Natronsalpeter. Diese Ausbeute kommt derjenigen, welche das
gegenwärtige Verfahren in der Praxis liefert (127 bis 128 auf 100), sehr nahe.
Ich habe auch Versuche mit verschiedenen anderen Chloriden angestellt, insbesondere
mit Chlorcalcium, Chlormagnesium und Chlorzink, und die Resultate zeigten immer die
größte Schärfe. Mit diesen Chloriden und dem Natronsalpeter erhält man einerseits
Salpetersäure und Chlornatrium, und andererseits Calcium-, Magnesium-
oder Zinkoxyd.
II. Wirkung verschiedener schwefelsauren Salze auf den
Kali- und Natronsalpeter. – Ich
habe mich durch zahlreiche Versuche überzeugt, daß selbst diejenigen schwefelsauren
Mineralsalze, welche bei keiner Reaction die Rolle einer Säure spielen und sehr
beständig sind, die fragliche Zersetzung bewirken. Das schwefelsaure Manganoxydul
zersetzt das salpetersaure Natron, indem es analoge Resultate gibt wie das
Manganchlorür.
Aehnliche Reactionen finden mit dem schwefelsauren Zinkoxyd, der schwefelsauren
Magnesia und selbst dem schwefelsauren Kalk statt.
Letztere Reaction gestattet gewissermaßen eine directe Benutzung der Schwefelsäure
des Gypses, da sie aber nur bei ziemlich hoher Temperatur stattfindet, so liefert
sie nur beiläufig 90 Salpetersäure von 35° Baumé auf 100
Natronsalpeter. Der Rückstand ist ein Gemenge von schwefelsaurem Natron mit
Kalk.
III. Wirkung des Mangansuperoxyds auf den Salpeter.
– Im vorigen Jahre fand Wöhler,Polytechn. Journal Bd. CLXI S.
462. daß durch Glühen von Braunstein mit salpetersaurem Natron ohne Luftzutritt
keine Spur mangansaures Natron entsteht und das salpetersaure Natron so vollständig
zersetzt wird, daß man dieses Verhalten zur Bereitung von reinem Natronhydrat
anwenden kann.
Bei analogen Versuchen, welche ich bezüglich der Salpetersäurefabrication angestellt
habe, fand ich daß Mangansuperoxyd von niedrigem Gehalt, z.B. von 42°, dem
Natronsalpeter beigemengt, dessen Zersetzung bei erhöhter Temperatur erleichtert,
und 70 bis 90 Salpetersäure auf 100 Salpeter liefert, während der Salpeter für sich
allein nur 10 bis 15 Procent dieser Säure gibt. Das reine Mangansuperoxyd, welches
nicht dasselbe Bestreben hat sich des Sauerstoffs des Salpeters zu bemächtigen,
bewirkt dessen Zersetzung weniger leicht; benutzt man andererseits das Manganoxydul,
so vermindert sich die Ausbeute an Salpetersäure, weil eine zu große Menge
Sauerstoff vom Mangan absorbirt wird.