Titel: | Die Apparate von E. Bourdon in Paris, auf der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862. |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. LVI., S. 241 |
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LVI.
Die Apparate von E. Bourdon in Paris, auf der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862.
Aus Armengaud's Génie industriel, September 1862, S.
113.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Bourdon's Apparate auf der Londoner Ausstellung.
Außer durch ihre vollkommene Ausführung und vorzügliche Harmonie der Formen, zeichnen
sich die Maschinen und Apparate von E. Bourdon auch
besonders durch neue und eigenthümliche Anordnungen aus.
Wir wollen von denselben folgende beschreiben:
1) Heber-Ventilator;
2) Exhaustor für Gasanstalten;
3) rotirende Pumpe;
4) hydraulischer Regulator für Motoren;
5) Apparat zur Uebertragung sehr schneller Bewegungen mittelst eines Rades mit
Röllchen auf eine endlose Schraube.
1. Heber-Ventilator.
Dieser Ventilator unterscheidet sich von dem gewöhnlichen dadurch, daß die bisher
feste äußere Hülle sich mit den Flügeln dreht, wodurch der Verlust an
Centrifugalkraft vermieden wird, welcher sonst in Folge der Reibung der Luft an der
festen Wand stattfindet. Das Princip wonach der Ventilator construirt ist, ist ein
sehr einfaches.
Wenn ein kreisförmiges Gefäß, etwa von der Form wie Fig. 21, eine schnelle
Drehung besitzt, so wird die darin enthaltene Luft durch die Reibung der Wände mit
fortgerissen (diese Reibung kann man durch radial auf der Oberfläche eingesetzte
Leisten oder Flügel erhöhen) und dreht sich sofort mit einer Geschwindigkeit, welche
derjenigen des Gefäßes fast gleichkommt; hernach bilden sich unter dem Einfluß der
Centrifugalkraft concentrische Zonen mit nach dem Umfang zunehmendem Druck; je mehr
man die Bewegung beschleunigt, desto größer wird dieser Druck.
Wenn man nun in dieses Gefäß durch die Mittelöffnung ein gebogenes Rohr einführt,
dessen Mündung der Drehungsrichtung entgegen angeordnet ist, so dringt die Luft in dieses Rohr in Folge
der Geschwindigkeit, welche ihr durch die Drehbewegung des Gefäßes mitgetheilt wird,
und zu dieser Wirkung kommt noch diejenige der Centrifugalkraft, welche die Luft um
so mehr gegen die Wand comprimirt, je entfernter letztere vom Mittelpunkt ist. Das
gekrümmte Rohr wirkt also etwa wie ein Heber: es schöpft die Luft da aus dem Gefäß,
wo ihr Druck am größten ist.
Es ist hervorzuheben, daß man auf diese Weise fast den doppelten Druck wie mit einem
Flügelventilator von gleichem Durchmesser und gleicher Geschwindigkeit erhält, weil
hier gleichzeitig zwei Kräfte sich zu der gewünschten Wirkung vereinigen.
Bei diesem Ventilatorsystem werden zwei Uebelstände vermieden, welche bei den
Flügelventilatoren erheblichen Kraftverlust veranlassen. Die Luft hat nämlich bei
letzteren stets die Neigung nach den seitlichen Oeffnungen zurückzuströmen, wenn man
die Ausflußöffnung in einem gewissen Verhältniß vermindert; außerdem muß man
zwischen den Flügeln und der Hülle einen Zwischenraum lassen, so daß auch bei der
sorgfältigsten Construction ein Verlust unvermeidlich ist, der mit zunehmender
Geschwindigkeit immer größer wird.
Bei dem Bourdon'schen Ventilator dreht sich das Gefäß
selbst, es kann daher keine Luft entweichen, und man erhält also am Ende des
Blasrohrs den vollständigen Druck, wie er im Innern hervorgebracht wird; da dieser
Druck in einem viel rascheren Verhältniß als die Drehungsgeschwindigkeit des
Apparats wächst, so kann man mit gewöhnlichen Geschwindigkeiten leicht einen Druck
von 20 bis 80 Centimet. Wassersäule hervorbringen. Ein Ventilator von 90 Centimet.
äußerem Durchmesser und 950 Umdrehungen per Minute gibt
z.B. einen Druck von 20 Centim. Wassersäule (14,7 Millim. Quecksilbersäule). Wenn
man diese Geschwindigkeit verdoppelt, also auf 1900 Umdrehungen per Minute bringt, was für diesen Durchmesser durchaus
nicht übertrieben ist, so erhält man einen Druck von 80 Centimet. Wassersäule oder
59 Millim. Quecksilbersäule, welcher für den guten Gang eines mit Holzkohlen
betriebenen Hohofens passend ist.
Eine Geschwindigkeit von 2400 Umdrehungen würde einen Druck von 1 Meter Wassersäule
liefern; dieser würde für Kohks-Hohöfen ausreichen, wenn man den Formen einen
etwas größeren Durchmesser gibt als bei Anwendung von Kolbengebläsen.
Beschreibung des Ventilators. – Fig. 2 zeigt den
Ventilator im Aufriß; die eine Leitrolle ist weggenommen und eine Oeffnung in der
Wandung gezeichnet, um das Innere sehen zu lassen. Fig. 3 ist ein
horizontaler Durchschnitt nach der Mitte der Maschine.
Die äußere Hülle D besteht aus dünnem Kupferblech und hat
die Form einer abgeplatteten Kugel. Sie hat in der Richtung ihres größten
Durchmessers eine blecherne Zwischenwand G, die fest mit
der Welle E an deren mittlerem Verstärkungswulste
verbunden ist.
In jeder der beiden Schalen, welche die Kupferhülle bilden, ist in der Mitte eine
Oeffnung o von etwa 25 Centim. angebracht, in welcher
die kleinen Platten m radial befestigt sind; eine dünne
Scheibe M, ebenfalls mit einer Mittelöffnung versehen,
verbindet diese Platten.
Die Welle liegt auf zwei Lagern C und trägt an jedem Ende
eine Leitrolle P und P', die
gußeisernen, an der Grundplatte A angebrachten Stühle
B, worauf die Lager ruhen, dienen zugleich den vier
Kupferröhren J zum Stützpunkte, welche die comprimirte
Luft heberartig aus dem Gehäuse schöpfen. Diese vier Röhren sind nach einer
Kreis-Devolvirenden gekrümmt und vereinigen sich zu den zwei Sammelröhren I, I', welche die Luft nach ihrem Bestimmungsorte
führen.
Wenn der Ventilator in Drehung versetzt wird, so nimmt die Luft, welche durch die im
Innern des Apparates befindlichen Platten m mitgerissen
wird, sofort eine Geschwindigkeit an, welche wenig geringer als diejenige des
Gehäuses ist. Die durch die mittleren Oeffnungen o
eingesogene Luft wird durch die Centrifugalkraft gegen den Umfang comprimirt und
strömt durch die Heberröhren aus.
Bei diesem System werden die colossalen Windkästen überflüssig, welche bei
Kolbengebläsen zur Herstellung eines gleichmäßigen Luftstromes erforderlich
sind.
2. Gas-Exhaustor.
Dieser ist nach demselben Princip construirt wie der eben beschriebene Ventilator. Er
hat bekanntlich den Zweck, das Leuchtgas aus der Retorte allmählich zu entfernen,
und so das Innere derselben von dem Druck der Leitung etc. zu isoliren. In großen
Gasfabriken, so wie auch in kleinen, wenn man Thonretorten anwendet, sind die
Exhaustoren als nochwendig anerkannt.
Der Bourdon'sche Apparat hat nun die Eigenthümlichkeit,
daß das gesaugte und dann weiter (in die Reinigungsapparate) beförderte Gas sich
nicht aus dem Apparate durch dessen Fugen nach Außen verbreiten kann, indem der
feste und der bewegliche Theil desselben durch hydraulischen Verschluß verbunden
sind.
Fig. 9 zeigt
diesen Exhaustor im verticalen Durchschnitt. Die Hülle A
ist an einer verticalen schmiedeeisernen Welle aufgehängt, welche zwischen zwei
bronzenen Lagern und Haltern ihre passende Führung hat. Die Art, wie diese Welle und somit
der Apparat selbst bewegt werden kann, ist aus der Zeichnung klar.
Die Verbindung dieses beweglichen mit dem festen Theil des Exhaustors ist mittelst
der mittleren Büchse und des äußeren cylindrischen Gefäßes C hergestellt, und wird durch eingegossene Flüssigkeit hydraulisch
gedichtet.
Das Gas tritt aus der Retorte durch A ein, wo es durch
die Drehung des Gehäuses weggesaugt wird, so daß es durch das heberförmige Rohr B und dessen senkrechten in der Achse liegenden Theil
austritt, um nach den Reinigern und dem Gasometer zu gelangen.
3. Rotirende Pumpe.
Das System des Ventilators hat Bourdon noch mehrfach, so
zu der in Fig.
4 dargestellten Pumpe, angewandt.
Diese besteht aus der kupfernen Hülle D, welche der
Deckel d hermetisch verschließt, und die nach unten mit
dem cylindrischen Fortsatz in das Wassergefäß A taucht.
Diese Hülle hängt an der verticalen Welle E, welche in
zwei festen Trägern mit Lager läuft und durch die Transmissionstheile ihre Bewegung
erhält. Um die Wirkung der Centrifugalkraft zu erhöhen, ist im unteren conischen
Theil des Gefäßes das dünne Diaphragma M von Eisenblech
angebracht; dasselbe hat eine centrale, mit den radialen Klingen m versehene Oeffnung. In der Mitte des Gefäßes tritt das
Rohr J ein; in der senkrechten Verlängerung des Gefäßes
ist es von dem Schraubenrand d umgeben, welcher an der
Hülle festsitzt, dem Rohr aber Spielraum läßt und zur Erleichterung des Aufsteigens
des Wassers beiträgt, wenn der Apparat in Betrieb gesetzt wird.
Das Rohr J ist tangential zu dem Gefäße gekrümmt und
schöpft daselbst das Wasser.
Sobald das Gefäß in Drehung versetzt wird, nimmt auch das darin enthaltene Wasser,
welches durch die Adhärenz und die Wirkung der inneren Klingen mitgerissen wird,
nahezu die gleiche Geschwindigkeit an. In Folge dieser Geschwindigkeit und des durch
die (Centrifugalkraft bewirkten Druckes stürzt das Wasser alsdann in die der Drehung
entgegengesetzte Oeffnung des Rohres J.
Dieses neue Pumpensystem hat den Vortheil, daß es außerhalb des Wassers und ohne
andere Reibung als diejenige der verticalen Welle arbeitet; außerdem wird dadurch
das Wasser bei gleicher Geschwindigkeit etwa zur doppelten Höhe, wie bei den
bekannten Centrifugalpumpen, gehoben, was sich aus der Betrachtung der Umstände als
ganz natürlich ergibt. Bei dieser Pumpe wird nämlich gleichzeitig die
Stoßgeschwindigkeit des
bewegten Wassers und die Centrifugalkraft benutzt, welche letztere dasselbe gegen
die Außenwand mit einer der Drehungsgeschwindigkeit proportionalen Kraft zu
comprimiren strebt, und so die Höhe, auf welche das Wasser emporgetrieben wird,
verdoppelt.
Dieß wird durch folgende Zahlen bestätigt, welche ein specieller Versuch ergab:
Durchmesser des Gehäuses gegenüber dem Mittelpunkt
des gekrümmten Rohres
0,400 Met.
Kreisumfang an dieser Stelle
1,256 „
Umdrehungen in der Minute
155
Umdrehungen in der Secunde
2,58
Umdrehungsgeschwindigkeit des Gehäuses an der Stelle
wo das Wasser in das Steigrohr tritt.
1,256 × 2,58
=
3,24 Met.
dieser Geschwindigkeit entsprechende Wasserhöhe
0,525 „
Höhe, bis zu welcher sich das Wasser über das Niveau
des Reservoirs erhebt, wenn die
Geschwindigkeit 2,58 Umdrehungen in der
Secunde beträgt
1,03 „
Man ersieht hieraus, daß, wenn bloß eine der beiden Kräfte auf das Wasser wirkte,
dieses sich nur auf 0,525 Met. oder etwa die Hälfte der wirklichen Höhe erheben
würde.
4. Hydraulischer Regulator für
Motoren.
Die Regelmäßigkeit, womit die eben beschriebene rotirende Pumpe arbeitet, hat den
Erfinder auf den Gedanken gebracht, einen Schwimmer zur Regulirung der
Bewegungsmaschinen damit zu verbinden; die Anwendung dieses Princips auf die
Stellung der Drosselklappe der Dampfmaschine hat in seinen Werkstätten den besten
Erfolg gehabt.
Dieser Regulator beruht auf der Anwendung der Centrifugalkraft und der
Stoßgeschwindigkeit, um eine Wassersäule auf einer Höhe zu erhalten, welche der
Geschwindigkeit des zu regulirenden Motors proportional ist.
Fig. 5 und
6 sind ein
senkrechter und ein horizontaler Durchschnitt des Apparates. Die Pumpe ist der oben
beschriebenen ganz ähnlich; ihr Saugrohr J führt das
Wasser aus dem im Fußgestell befindlichen gußeisernen Behälter A in den Cylinder von dünnem Metallblech R, welcher auf passenden Füßen über der Pumpe steht. Im
Inneren desselben bewegt sich ohne merkliche Reibung ein hohler Schwimmer F von dünnem Metallblech, dessen Stange t mittelst passender Hebel mit der Dampfklappe der
Maschine verbunden ist. Außerdem ist an den Schwimmer eine Kette befestigt, deren
anderes Ende mit der kleinen Rolle p in Verbindung
steht; die Achse dieser Rolle setzt ein kleines Getriebe und dadurch einen Zeiger in Bewegung,
wodurch auf dem Blatte in der Büchse b die Höhe des
Schwimmers und mithin die entsprechende Geschwindigkeit angezeigt wird.
Der Apparat wird dadurch in Thätigkeit gesetzt, daß man zunächst das kupferne Gefäß
D aus A vollsaugt, für
welche Operation, die später nicht wiederholt zu werden braucht, in dem Deckel ein
passender Ansatzhahn vorhanden ist. Hierauf wird durch ein Getriebe, welches mit der
Maschinenwelle in Verbindung steht, das Gefäß D in
Drehung versetzt und dadurch je nach der Geschwindigkeit desselben das Wasser höher
oder niedriger gepumpt und der Schwimmer, mithin auch die Drosselklappe, regulirt.
Natürlich muß die Uebertragung auf die Achse des Apparates gleich anfangs so gewählt
werden, daß der Normalgeschwindigkeit der Maschine auch der Normalstand des
Schwimmers, resp. der Dampfklappe, entspricht.
5. Uebertragung der Bewegung von einem
Rade auf eine endlose Schraube.
Um unmittelbar eine Geschwindigkeit bedeutend zu vermindern, wendet man bekanntlich
in der Mechanik oft eine endlose Schraube in Verbindung mit einem helicoidisch
geschnittenen Zahnrade an. Das Umgekehrte, d.h. eine 20–40mal größere
Geschwindigkeit an einer der Treibwelle parallelen oder darauf senkrecht stehenden
Achse läßt sich wegen der zu großen Reibung zwischen den Zähnen des Rades und der
Schraube nicht erreichen; nur durch einen sehr großen Gang der Schraube kann man die
Bewegung herbeiführen.
Bourdon hat diesen Zweck dadurch zu erreichen gesucht,
daß er dem Rade statt der Zähne eine entsprechende Anzahl schmiedeeiserner
Frictionsröllchen gab, wie dieß in den Figuren 7 und 8 dargestellt
ist. Diese Röllchen g, g sind passend auf dem Rade P angebracht und mit möglichst geringer Reibung in ihren
Hülsen und Lagern d, d beweglich; sie stehen entweder
auf dem Kranze des Rades (Fig. 8) oder an dessen
Seite (Fig.
7).
In beiden Fällen erzielt man leicht und ohne Kraftaufwand die Drehung der Schraube,
welche ohne diese eigenthümliche Construction nur schwierig erfolgen würde.