Titel: | Purnell's neue Anordnung der Wasserheizungsanlagen, von Prof. C. H. Schmidt in Stuttgart. |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. LXI., S. 256 |
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LXI.
Purnell's neue Anordnung der
Wasserheizungsanlagen, von Prof. C. H.
Schmidt in Stuttgart.
Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1862, Nr.
40.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Schmidt, über Purnell's neue Anordnung der
Wasserheizungsanlagen.
Die Warmwasserheizungen werden bekanntlich stets so angeordnet, daß man das zur
Heizung dienende Wasser in einem im tiefsten Punkte des Gebäudes aufgestellten
Kessel A, Fig. 10, erwärmt, durch
das vom heißesten Theile des Kessels ausgehende Steigrohr b bis ins Niveau der zu beheizenden Räume und durch die Etagenleitungen c in die betreffenden Localitäten führt, von wo es durch
das Fallrohr d nach dem kältesten Theile des Kessels
zurückkehrt. Die continuirliche Bewegung des Wassers wird hier einzig und allein
durch die verschiedenen specifischen Gewichte der kalten und warmen Wassersäulen
bedingt.
Ganz abweichend von diesem bisher durchgängig festgehaltenen Princip ist das von Purnell in Glasgow in Anwendung gebrachte, über welches
im Mechanics' Magazine, August 1862, S. 67 folgende
Notizen enthalten sind.
Der Wasserkessel A
Fig. 10 wird
entweder in gleichem Niveau mit den zu beheizenden Räumen oder in beliebiger Höhe
darüber aufgestellt. Mit dem Kessel A ist durch den
Stutzen B ein offenes Gefäß C verbunden, in welchem auf einer Verlängerung des Stutzens B zwei Klappenventile x
angebracht sind, wie die in vergrößertem Maaßstabe dargestellte Fig. 11 erkennen läßt.
Aus dem Gefäße oder Ventilkasten C strömt das erwärmte
Wasser durch das Rohr D in die Etagenleitung E und kehrt durch das Rohr F
nach dem kältesten Theile des Kessels zurück. Das mit dem Ventilkasten durch ein
drittes Klappenventil communicirende Gefäß G dient als
Reservoir für das Speisewasser und nimmt zugleich auch für den Fall, daß sich im
Ventilkasten Dämpfe bilden sollten, das durch das Rohr H
abströmende Condensationswasser auf.
Die Bewegung des Wassers wird bei dieser eigenthümlichen Anordnung auf ähnliche Weise
herbeigeführt, wie bei dem bekannten hydraulischen Widder. Um die Vorgänge, welche
die Bewegung bedingen, kennen zu lernen, denke man sich in das Zurückströmungsrohr
F ein in der Zeichnung nicht angegebenes, nach dem
Kessel hin sich öffnendes Ventil eingeschaltet, welches mit z bezeichnet werden möge. Nimmt man nun an, der ganze Apparat sey mit
Wasser gefüllt und dem Kessel werde Wärme zugeführt, so dehnt sich das Wasser aus,
öffnet die Ventile x und strömt in die Leitung über.
Wegen des Widerstandes der Ventile wird die Abströmung nur bei einem gewissen
Ueberdruck stattfinden können, dann aber auch mit bedeutender Schnelligkeit vor sich
gehen und dadurch sowohl einen Stoß gegen die Wassermasse in der Leitung
herbeiführen, als auch die Spannung im Kessel wenigstens momentan unter den
Gleichgewichtszustand herabziehen. Die Folge davon wird seyn, daß die Ventile x sich schließen, während das Ventil z sich öffnet und durch letzteres kaltes Wasser in den
Kessel strömt. Nach einiger Zeit wird sich das Kesselwasser so weit erwärmt haben,
daß es die Ventile x wiederum öffnet, worauf sich das
eben betrachtete Spiel in ganz gleicher Weise von Neuem wiederholt. Diese Vorgänge
folgen nun in der Wirklichkeit innerhalb so kleiner Zeiträume auf einander, daß sich die Ventile
fortwährend in einer vibrirenden Bewegung befinden, in welchem Fall dann die oben
angenommene periodische oder stoßweise Bewegung des Wassers in eine nahezu
continuirliche übergeht. Nimmt man noch Rücksicht auf die Trägheit des in der
Leitung befindlichen Wassers, welche eine momentane Rückwärtsbewegung unmöglich
erscheinen läßt, so kommt man auf die Vermuthung, es werde der geforderte
Bewegungszustand auch ohne Einschaltung des Ventils herbeizuführen seyn; denn die
Trägheit des in der Leitung befindlichen Wassers wird während der kurzen Zeit, wo
das Kesselwasser sich ausdehnt, eine Abströmung durch das Rohr F jedenfalls nicht eintreten lassen. Das Ventil z wurde hier nur zum Zweck der leichteren Erklärung
angenommen und ist auf der Originalzeichnung nicht vorhanden.
Der Erfinder hat derartige Anlagen bereits mehrere in großem Maaßstabe für
Waaren- und Gewächshäuser ausgeführt. Er findet dieselben besonders dann
vortheilhaft, wenn es sich darum handelt, eine einzelne Etage eines Hauses mit
Wasserheizung zu versehen.