Titel: | Ein einfaches Verfahren, die Collodium-Negative auf Papier zu übertragen; von Dr. J. Schnauss. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XLI., S. 182 |
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XLI.
Ein einfaches Verfahren, die
Collodium-Negative auf Papier zu übertragen; von Dr. J. Schnauss.
Aus dem Photographischen Archiv, Novbr. 1862, S.
224.
Schnauss, einfaches Verfahren, die Collodium-Negative auf
Papier zu übertragen.
Der einzige Mangel des bisherigen Collodiumverfahrens ist die Zerbrechlichkeit der
Unterlage. Schon so manches schöne Glaspositiv ist dadurch vernichtet worden, und es
mag dieß wohl die Veranlassung zur Erfindung der Panotypie gewesen seyn. Für
Glas-Negative ist leider noch immer kein
Ersatzmittel für die zerbrechliche Unterlage in die Praxis eingeführt worden, obwohl
es an deßfallsigen Vorschlägen nicht gefehlt hat. Und doch würde ein solches von so
bedeutendem Vortheil seyn; der immerhin starke Druck in den Copirrahmen setzt das
Glasnegativ der beständigen Gefahr des Zerspringens aus, besonders wenn man nicht
lauter Spiegelplatten zum Ueberziehen mit Collodium anwendet. Außerdem sind für
reisende Photographen die vielen zerbrechlichen Glastafeln ein sehr störender
Ballast. Ich habe deßhalb schon längst Versuche angestellt, um auf einfache und
sichere Weise das Collodiumhäutchen mit sammt dem negativen Bild auf Papier zu
übertragen. Diese Collodium-Papiernegative lassen sich natürlich viel
bequemer aufbewahren und transportiren als die Glasnegative, und geben sowohl
gewachst wie ungewachst scharfe und kräftige Copien. Wenn man sie nicht wachsen
will, was bei feinem Papier unnöthig ist, so muß man nur während des Verstärkens des
Negativs Rücksicht darauf nehmen, indem man es nicht zu weit treibt, da die
Undurchsichtigkeit der Schwärzen durch das Papier sehr vermehrt wird.
Die Präparation des Papiers ist einfach folgende: Man befestigt einen halben oder
ganzen Bogen davon mittelst Stifte glatt auf einem horizontal liegenden Bret und
überstreicht es möglichst gleichmäßig mit einer heißen und so starken Auflösung von
reiner Gelatine in Wasser, daß dieselbe nach dem Erkalten zu einer festen Gallerte
erstarrt. Es ist besser das Papier in nicht zu große, dem Format der benutzten
Glasplatten entsprechende Stücke zu schneiden, weil es sich so leichter gleichmäßig
mit Gelatine überstreichen läßt, als in ganzen Bogen. Schließlich wird das Bret mit
dem bestrichenen Papier zum Trocknen senkrecht hingestellt. Alles Faltenwerfen muß
möglichst vermieden werden, weil sich in den Falten die Gelatine mehr ansammelt.
Nach dem Trocknen werden die Bogen in einer Mappe aufbewahrt, welche einem gelinden Druck ausgesetzt ist,
um das Papier möglichst flach zu erhalten.
Ich habe diese vorstehende Methode des Abziehens vorläufig nur bei soeben vollendeten
feuchten Collodiumplatten in Anwendung gebracht und verfahre dabei wie folgt:
Ich benutze ein gutes Negativcollodium, welches ziemlich die Dicke des
Panotypcollodiums besitzt. Erscheint das Bild schon durch den Eisenentwickler
kräftig genug zu vorliegendem Zweck, doch zum directen Copiren noch etwas zu
schwach, so verstärkt man nicht weiter mit Pyrogallussäure. Man braucht letzteres
gewöhnlich nur bei noch frischen Lösungen zu thun, welche bekanntermaßen unter dem
Eisenentwickler keine kräftigen Negative geben. Nach einigen Versuchen ist man
leicht im Stande, den richtigen Grad von Kraft zu bestimmen. Jedenfalls muß das Bild
gute Halbschatten haben und schleierfrei seyn. Am besten
eignet sich diese Methode des Uebertragens für Porträts mit nicht zu kleinen Köpfen,
also Brust- oder Kniebilder von 1/4, 1/2 und 1/1 Plattengröße, sowie für
Landschaften und Architekturen in 1/1 Größe oder darüber.
Nachdem das Bild fixirt und gut abgewaschen worden, übergießt man es mit
nachstehender Flüssigkeit:
Salzsäure
5
Kubikcentimeter,
Alkohol
5
„
Wasser
100
„
läßt dieselbe unter beständigem Bewegen einige Minuten darauf
und wäscht sie gut ab. Inzwischen hat man ein etwas kleiner geschnittenes Stück
Gelatinepapier, als das negative Bild groß ist, mit der Gelatinseite auf Wasser
gelegt, natürlich unter Vermeidung von Luftblasen. Im Winter kann man lauwarmes
Wasser nehmen. Die stark benetzte Glasplatte legt man horizontal mit der Bildseite
nach oben auf den Tisch und legt nun das abgetropfte Papier mit der Gelatinseite
behutsam auf, so daß keine Luftblasen entstehen. Die hierzu nöthige Manipulation ist
jedem Photographen bekannt und gleicht dem Verfahren in der Panotypie. Man stellt
nun das Ganze, nachdem man die vorstehenden Ränder des Collodiumhäutchens auf das
Papier umgeschlagen, einige Minuten senkrecht hin, um die Flüssigkeit zwischen
Papier und Häutchen abfließen zu lassen und preßt es hierauf in einem Copirrahmen,
unter Auflegen von etwas Fließpapier auf die Rückseite des Bildes, unter gelindem
Druck und nur wenige Minuten, denn das Bild darf durchaus nicht antrocknen, sonst
läßt es sich nicht mehr abziehen. Hierauf hebt man das Gelatinepapier an einer Ecke
in die Höhe und sieht ob die Haut an demselben haftet. In diesem Fall läßt man
einige Tropfen Wasser zwischen Glas
und Häutchen fallen und hält das Ganze etwas schräg, so daß
die Wassertropfen der Richtung des allmählich emporgehobenen Häutchens entlang
laufen. Ist das Abziehen glücklich ausgeführt, so hängt man das abgezogene Bild zum
Trocknen auf. Will man es wachsen, so geschieht dieß am besten, indem man es mit der
Collodiumseite auf eine erhitzte Kupferplatte legt und die Rückseite mit einer
Mischung von Wachs und Hirschtalg vorsichtig überstreicht. Schließlich drückt man es
noch warm zwischen feinem Fließpapier ab, um allen Ueberschuß des Wachses zu
entfernen. Die Wachsmischung bereitet man nach Martin's
Angabe am besten durch Zusammenschmelzen von 3 Theilen weißen Wachses und 2 Theilen
gereinigten Hirschtalges. Nach tüchtigem Umrühren gießt man die Masse in eine
Papierrolle, welche am unteren Ende durch einen Korkstöpsel verschlossen ist. Nach
dem Erkalten nimmt man das Papier ab und hat nun eine Art Kerze ohne Docht, mit
welcher man das erhitzte Papiernegativ unter gelindem Druck überstreicht.
Dieses Verfahren liefert sehr gute und sichere Resultate, wovon sich die Besucher
meiner Unterrichtsanstalt oft genug zu überzeugen Gelegenheit haben. Die Copien sind
eben so fein wie von Glasnegativen, besonders wenn das Papier gewachst worden. Mir
scheinen dieselben sogar einen eigenthümlichen Vorzug vor letzteren zu haben, indem
sie weicher und saftiger erscheinen.