Titel: | Ueber das Schmelzen des Stahls im Flammofen; von A. Sudre. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XC., S. 346 |
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XC.
Ueber das Schmelzen des Stahls im Flammofen; von
A. Sudre.
Aus den Comptes rendus,
t. LV p. 840.
Sudre, über das Schmelzen des Stahls im Flammofen.
Hr. Fremy bemerkt in seiner Abhandlung über Stahlbereitung
mit französischem Roheisen (polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 131), daß die Anwendung
des Flammofens zum Schmelzen des Stahls bis jetzt keine genügenden Resultate
geliefert habe. Dieß veranlaßt mich, der (französischen) Akademie über ein neues
Verfahren zum Schmelzen des Stahls im Flammofen zu berichten, welches während der
Monate November und December 1860 und Januar 1861 in großem Maaßstabe auf der Hütte
zu Montataire auf Befehl und Kosten des Kaisers Napoleon versucht wurde.
Das fragliche neue VerfahrenUeber dasselbe wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXV S. 236
berichtet. besteht im Schmelzen des Stahls beliebigen Ursprungs auf der concaven Sohle
eines Flammofens mittelst der Flamme der Steinkohle oder der brennbaren Gase, wobei
man den Stahl durch ein Schlackenbad gegen die Berührung der Luft schützt. Diese
Schlacke darf einerseits keine entkohlende oder verändernde Wirkung auf den Stahl
ausüben und andererseits die Sohle und Wände des Ofens nicht angreifen. Beiden
Bedingungen entspricht die Schlacke der mit Holzkohlen betriebenen Hohöfen, worin reine Erze bei gutem
Gang verschmolzen werden, deßgleichen das Bouteillenglas. Diese Materialien kann man
fast überall wohlfeil erhalten, und überdieß ist es leicht, die entsprechenden
Silicate auf der Sohle des Schmelzofens selbst zu erzeugen. Ich unterlasse es, hier
die Construction des Ofens zu beschreiben, welcher dem in England zum Schmelzen der
Kupfererze gebräuchlichen ähnlich ist.Die Construction dieses Ofens, wie sie als Mittheilung für J. H. Johnson in England patentirt wurde, ist im
polytechn. Journal Bd. CLIV S. 107 beschrieben.A. d. Red. Ich beschränke mich darauf, die Resultate der Operationen anzugeben, welche
von competenten Richtern verfolgt und wobei Quantitäten von 600 Kilogr. Stahl auf
einmal geschmolzen wurden. Diese Resultate constatiren:
1) daß der Stahl, selbst der welche, unter dem Schlackenbad leicht schmilzt; dieß ist
der Hauptpunkt, welcher a priori sehr bestritten
wurde;
2) daß die Qualität des Stahls durch diese Schmelzweise gar nicht geändert wird;
3) daß mittelmäßig gekohlter Stahl leicht in vier Stunden mit einem Verbrauch von 2
Thln. Steinkohle auf 1 Thl. Stahl geschmolzen werden kann;
4) daß dieselbe Schlacke zu mehreren auf einander folgenden Schmelzungen dienen
kann;
5) daß der Abstich ohne Schwierigkeit zu bewerkstelligen ist, und daß die
Schmelzungen continuirlich aufeinander folgen können;
6) daß ein mit feuerfesten Materialien von guter, aber nicht ausnahmsweiser Qualität
gebauter Ofen eine Campagne von acht Tagen aushält, welche beiläufig dreißig
Schmelzungen entspricht.
Im Verlaufe dieser Versuche überzeugte man sich, daß die Ofensohle gar nicht
angegriffen wird, weder vom Stahl noch von der Schlacke, daß aber ihre verschiedenen
Theile durch Fugen mit Falz unter einander verbunden werden müssen, um das
Eindringen des Metalls und das Heben der Ziegel zu verhüten. Nur das Gewölbe und die
Feuerbrücken des Ofens haben von der zur Schmelzung erforderlichen hohen Temperatur
zu leiden, daher man für dieselben feuerfeste Materialien von vorzüglicher Güte
auswählen muß; um eine größere Dauer dieser Theile zu erzielen, dürfte es zweckmäßig
seyn, sie zur Verminderung der Fugenanzahl aus großen Steinen herzustellen und
sowohl in dem Gewölbe als in den Feuerbrücken zur Abkühlung derselben Luftströme
circuliren zu lassen.
Die neue Schmelzmethode gewährt folgende Vortheile:
a) es fällt dabei die Anwendung der Tiegel weg;
b) es werden dadurch die Kosten für Handarbeit bedeutend
vermindert, und den Arbeitern werden mühsame und gefährliche Manipulationen
erspart;
c) es ist dadurch möglich, 2000 oder 3000 Kilogr. Stahl
auf einmal in demselben Apparat zu schmelzen;
d) sie gestattet nach Belieben und mit Sicherheit
Gußstahl von der zu einem bestimmten Zweck erforderlichen Qualität und Härte zu
erhalten;
e) die Verminderung der Schmelzkosten glaube ich auf
zwei Drittel des Betrages derselben bei den alten Verfahrungsarten anschlagen zu
können. Die Kosten des Schmelzens im Tiegel betragen in Frankreich 150 bis 200 Frcs.
per Tonne. Das Schmelzen im Flammofen wird nur noch
60 Frcs. kosten;
f) der Ofen für das neue Schmelzsystem ist bedeutend
wohlfeiler herzustellen als die alten Oefen mit Tiegeln für eine gleiche
Production.
Zum Umschmelzen der großen Stahlstücke, welche beim Guß oder Hämmern mißlangen, oder
durch den Gebrauch abgenutzt worden sind, sowie zum Umschmelzen der fehlerhaften
Producte, welche man bei dem Bessemer'schen Verfahren oft
erhält, dürfte sich der Flammofen sehr nützlich erweisen, da dieses Umschmelzen in
Tiegeln fast unmöglich ist.