Titel: | Ueber ein neueres Material zur Verpackung von Stopfbüchsen an Dampfmaschinen; von R. Jacobi, Techniker aus Hettstädt. |
Autor: | Robert Jacobi |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber ein neueres Material zur Verpackung von
Stopfbüchsen an Dampfmaschinen; von R.
Jacobi, Techniker aus Hettstädt.
[Ueber ein neueres Material zur Verpackung von Stopfbüchsen an
Dampfmaschinen.]
Bisher wurden zur Verpackung der Stopfbüchsen an Dampfmaschinen, Ventilen etc. fast
ausschließlich Zöpfe oder Flechten von Hanf oder Flachs verwendet, welche für sich,
oder in verschiedenem Gemisch mit einander, gesponnen oder geflochten sind. Bei
jeder Art der Verwendung unterliegen die organischen Fasern dieser Packungen durch
die auf sie einwirkenden Temperaturen von gewöhnlich mehr als 100° C. und
durch die Feuchtigkeit, in welcher sie sich unausgesetzt befinden, schnell der
Zerstörung, und nutzen sich dann unter den Einflüssen der Reibung der gedichteten
und bewegten Stangen, Wellen etc. stark ab. Undichtheiten und zu ihrer Beseitigung
oft wiederholtes Nachziehen der Stopfbüchsendeckel sind die unvermeidlichen Folgen
dieser Abnutzung, welche dann nach verhältnißmäßig kurzer Zeit Nachpackung oder
vollständige Erneuerung der Stopfbüchsenfüllung nöthig macht. Das Nachziehen der
Stopfbüchsendeckel erfolgt gewöhnlich stärker als eben nöthig; die größere Pressung
des Packmateriales gegen die Stangen etc. bewirkt dann abnorme Reibungen und
Kraftverluste, welche in kurzen Zwischenräumen wieder mit sehr lästigen
Undichtheiten abwechseln.
Vor etwa sechs Monaten wurde mir von der Gummiwaaren-Fabrik des Hrn. W. Unger in Berlin ein anderes
Stopfbüchsen-Packmaterial angeboten, welches in Gestalt cylindrischer Stränge
von verschiedenen (den Leerräumen zwischen Stange und Büchse entsprechenden)
Durchmessern aus wechselnden Lagen von Segeltuch und vulcanisirtem Kautschuk
besteht, die mit einander zusammengerollt und gegenseitig zu einem Ganzen verbunden
sind. Obwohl ich mir nicht verhehlte, daß das bei der Verbindung mit dem Kautschuk
ohnehin stark angegriffene und mürber gewordene Segeltuch für sich voraussichtlich
noch schnellerer Abnutzung unterliegen müsse als frischer Hanf oder Flachs, und
obwohl ich dem Kautschuk für sich eine genügende Widerstandsfähigkeit ebenfalls
nicht beimaß, bezog ich
doch versuchsweise von diesem Material, und verpackte damit vor etwa fünf Monaten
die zwei Stopfbüchsen der durchgehenden schmiedeeisernen Kolbenstange am Cylinder
einer liegenden Wasserhaltungsmaschine von zwanzig Pferdekräften, welche bei
durchschnittlich 22 Pfd. Volldruck und mit 14–15 Umdrehungen per Minute unausgesetzt Tag und Nacht arbeitet. Diese
Stopfbüchsen mußten in den ersten Tagen allerdings ebenfalls einigemale nachgezogen
und nach circa acht Tagen etwas nachgepackt werden,
bewährten sich aber dann in Bezug auf Dichtheit so ausgezeichnet, daß ein weiteres
Nachziehen nur in immer größeren Zwischenräumen erforderlich wurde, und nach circa zwei Monaten gänzlich unterblieb. Seit nahezu drei
Monaten arbeiten nun beide Büchsen mit tadellosester Dichtheit, ohne daß an ihnen
irgend etwas geschehen ist, ein Resultat, das bei dem unausgesetzten Betriebe dieser
Maschine schon jetzt ungemein befriedigt, und welches sich durch jeden Tag weiterer
Dauer ferner erheblich verbessert. Mit völliger Zuversicht kann diese Dauer auf noch
zwei bis drei Monate angenommen werden, erreicht aber wahrscheinlich noch sechs und
mehr Monate. Stellt man sie vorläufig in Summa auf nur sechs Monate fest, so ist sie
immerhin im Mittel vier- bis fünfmal größer als die Dauer der Hanf-
und Flachspackungen bei dieser Maschine war, während ihr Preis kaum der doppelte
ist.
Ich habe dann mehr als zwanzig Stopfbüchsen mit diesem Material verpacken lassen, und
erzielte bei allen ein gleich günstiges Resultat, weßhalb ich mich gedrungen fühle,
Vorstehendes hier mitzutheilen und dieses Material schon jetzt ausgedehntester
Anwendung zu empfehlen.
Grube v. d. Heydt bei Halle a. S., im Februar 1863.