Titel: | Ueber die von S. Senn, Vater und Sohn, gebauten Maschinen zum Ueberziehen der Druckwalzen für die Spinnmaschinen; Bericht von Camille Schoen. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. IV., S. 9 |
Download: | XML |
IV.
Ueber die von S. Senn, Vater und Sohn,
gebauten Maschinen zum Ueberziehen der Druckwalzen für die Spinnmaschinen; Bericht von
Camille
Schoen.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1862, t. XXXII p. 479.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Ueber Senn's Maschinen zum Ueberziehen der Druckwalzen für die
Spinnmaschinen.
Die HHrn. S. Senn haben unserer Industriegesellschaft ein
vollständiges Sortiment von Maschinen zum Ueberziehen der in den Spinnereien
angewandten Druckwalzen (Lederwalzen, oberen Streckwalzen) übersandt; diese mit
Sorgfalt ausgeführten Maschinen sind von den Constructeuren theils neu erfunden,
theils verbessert worden. Der einfache Betriebsmechanismus dieser sehr praktischen
Werkzeugmaschinen befriedigt sowohl in Bezug auf Größe der Leistung, als auch auf
Güte der Arbeit alle diejenigen, welche Gebrauch von denselben machen. Ebenso trägt
der niedrige Preis dieser Maschinen dazu bei, daß sie immer mehr eingeführt werden,
weil auch die kleinsten Spinnereien dadurch in den Stand gesetzt sind, dieselben
anschaffen zu können.
Die zur Herstellung einer Druckwalze bestimmte schmiedeiserne oder hölzerne Walze
wird mit einem Tuchstreifen umkleidet, welchen man mit einem Cylinder aus Kalbleder
überzieht. Das Leder muß überall gleich dick und gut ausgestreckt seyn, damit seine
Oberfläche glatt und elastisch wird. Eine zweckmäßige Anfertigung der Druckwalzen
ist, nachdem die Spinnerei einen so bedeutenden Aufschwung genommen hat, von großer
Wichtigkeit und es war auch durchaus nothwendig geworden, die verschiedenen
Operationen bei deren Anfertigung, welche früher mit den Händen ausgeführt wurden,
auf eine schnellere und namentlich auch vollkommenere Weise bewerkstelligen zu
können.
Schon vor 20 Jahren hat Emil Dollfus die Aufmerksamkeit
auf diesen Gegenstand durch eine sehr interessante Abhandlung gelenkt, welcher er
die Beschreibung einer zum Befestigen des Ledercylinders auf die Walzen dienenden
Maschine beifügte und welche allgemeine Bemerkungen über die Anfertigung, Dauer und
Instandhaltung der Druckwalzen enthält. Diese Abhandlung wurde mit den betreffenden
Zeichnungen und einem Berichte von Heinrich Ziegler in
unserem Bulletin Nr. 75 veröffentlichtDaraus im Jahrgang 1843 des polytechn. Journals, Bd. LXXXVII S. 445
mitgetheilt. und kann von denjenigen, welche sich mit der Spinnerei
beschäftigen, mit Nutzen zu Rathe gezogen werden.
Durch eine kurze Uebersicht der Einzelheiten des Verfahrens bei der Anfertigung der
Druckwalzen wird die Wirkungsweise der von den HHrn. Senn
construirten Vorrichtungen verständlich werden.
Diese Anfertigung besteht in vier Hauptoperationen: dem Aufleimen des Tuches, dem
Zuschneiden, dem Befestigen (Aufziehen) und dem Glätten des Ledercylinders.
1) Das Aufleimen des Tuches. Das in den passenden
Dimensionen abgeschnittene Tuch wird mit Leim überzogen; damit das Tuch an der Walze
haftet und glatt aufgepreßt wird, rollt man die Walze zwischen zwei Tafeln. Diese
Operation ist mit großer Anstrengung verbunden; deßhalb machen die HHrn. Senn den Vorschlag, diese Arbeit durch dieselbe Maschine
verrichten zu lassen, welche zuletzt den Ueberzug der Walzen glättet, und von
welcher unten die Rede seyn wird.
Beiläufig sey bemerkt, daß seither die beiden Enden des Tuches nach dem Aufkleben
desselben auf die Walze zusammengenäht wurden. Das kostet Zeit, ist schwierig
auszuführen und die Erfahrung hat dennoch gezeigt, daß die Cylinder, bei welchen das
Tuch nur einfach aufgeleimt war, ebenso gut arbeiteten als jene, bei denen es
zusammengenäht war.
2) Das Zuschneiden und Zusammenrollen des Ledercylinders.
Das Leder wird zuerst in Streifen von der richtigen Breite geschnitten; die beiden
anderen Seiten des zu bildenden Cylinders werden ganz gleichmäßig (nach demselben
Neigungswinkel) zugeschärft, um sie aufeinander leimen zu können, ohne daß die Fuge
dicker wird und hervortritt. Das Zuschärfen wird auf einer ganz ebenen Platte von
Marmor oder Glas mittelst sehr scharfer Messer bewirkt. Diese Arbeit erheischt große
Vorsicht und um sie gut auszuführen, bedarf man geschickter Arbeiter.
Die HHrn. Senn haben deßhalb eine Maschine construirt,
mittelst deren das Leder auch durch weniger gewandte Arbeiter mit großer Genauigkeit
zugeschärft werden kann. Dieselbe hat den Zweck, das Leder auf der Ebene, auf
welcher es zugeschärft wird, straff angespannt zu erhalten; Fig. 6 zeigt diese
Maschine im Durchschnitt und Fig. 7 in der oberen
Ansicht.
Eine Scheibe H wird durch ein Gewicht P, welches an ihrem Umfang wirkt, umgedreht und
überträgt ihre Bewegung mittelst eines Sperrrades auf ein Paar Walzen D und E, zwischen welche man
den Lederstreifen legt. Diese Walzen lassen das Leder um eine gewisse Größe
vorrücken, welche dem Umfang des anzufertigenden Ledercylinders entspricht und
ziehen es unter einem flachen Lineal A durch, welches
auf der einen Langseite in eine schräge Schneide endigt. Beim Umdrehen der Welle R, R mit der Scheibe H und
dem Leder stößt nun eine Knagge M gegen einen Hebel N, wodurch der an das Lineal befestigte Sperrkegel L ausgerückt wird. In Folge dessen lassen die Federn J das Lineal auf die Marmorplatte B nieder und drücken es kräftig gegen das Leder, welches der Arbeiter
abschneidet, indem er dabei mit dem Messer der Neigung des Lineals folgt. Sobald das
Leder durchgeschnitten ist, drückt der Arbeiter mit dem Fuße auf ein mit der Scheibe
H verbundenes Pedal S,
wodurch sich die Welle R, R mit den beiden Hebeln Q, Q rückwärts dreht, welche das Lineal in die Höhe
heben; das durch diesen Rücklauf ebenfalls in die Höhe gehobene Gewicht setzt
hierauf die Walzen wieder in Bewegung und läßt dieselbe Operation von Neuem
beginnen.
Durch die Lage der Knagge M wird die Größe bestimmt, um
welche das Leder mit den Walzen vorrückt, und eine Richtplatte C gestattet den Gang des Apparates in jedem Augenblicke
zu controliren und nöthigenfalls zu verbessern.
Diese Maschine ist für solche Arbeiter zu empfehlen, deren Beschäftigung das
Zuschärfen des Leders früher nicht war und macht es denselben möglich, diese Arbeit
gleich von Anfang an gut auszuführen. Leute, welche sich schon lange Zeit mit dem
Ueberziehen der Walzen beschäftigt haben, wollen keinen Vortheil in der Anwendung
derselben gefunden und weniger Arbeit geliefert haben, als wenn sie mit der Hand
zuschärften; ein solches Resultat ist indessen nur bei einer großen Geschicklichkeit
möglich.
Nachdem das Leder abgeschnitten ist, biegt man es und leimt die beiden zugeschärften
Seiten aufeinander. Der so geformte und geleimte Ledercylinder wird unter eine
Presse gebracht, damit die Fuge gehörig fest wird. Diese Presse besteht aus zwei
ebenen, durch ein Scharnier verbundenen Stücken, auf welche ein Excentricum drückt,
das man mittelst eines kleinen Schwungrades in Bewegung setzt. Durch die Anordnung
einer solchen scharnierartigen Gliederung wird der Druck auf die ganze Ausdehnung
der Flächen vertheilt, welche gepreßt werden sollen.
3) Das Befestigen (Aufziehen) des Ledercylinders. Nachdem
derselbe auf diese Weise zusammengeleimt worden ist, wird er auf die Walze
aufgezogen. Dieß geschieht mittelst der Maschine, welche früher im Bulletin a. a. O.
beschrieben wurde. Dieselbe besteht aus einem Ringe, welcher an ein Gestell befestigt ist und auf
der einen Seite stählerne Plättchen (Ansätze) trägt, in
welche man den Ledercylinder einsteckt. Eine schmiedeeiserne, durch Zahnstangen in
Bewegung gesetzte Achse dient dann zum Durchschieben der Walze durch den Ring und
den Ledercylinder, welch' letzteren man mit der Hand so lange unterstützt, bis die
Walze vollständig überzogen ist. Diese Maschine führt mit großer Schnelligkeit die
Arbeit aus, welche mit der Hand nur sehr schwierig zu bewerkstelligen war.
4) Das Glätten des Ledercylinders. Die Enden des
Ledercylinders reichen immer über die Walzenfläche hinaus; sie müssen aufgeleimt und
das Ueberflüssige so abgeschnitten werden, daß das Leder nach der Mittellinie der
Walze hin etwas zusammengedrängt wird, um das Eindringen des Oeles zwischen das Tuch
und das Leder zu verhindern. Diese Operation wird auf einer Drehbank ausgeführt,
welche sich mit großer Geschwindigkeit umdreht und deßhalb mit großer Sorgfalt
construirt seyn muß.
Die überzogene Walze wird hierauf gereinigt und mit einem dicken Seifenwasser
abgewaschen, wodurch das Leder Glanz erhält. Man mag übrigens noch so große Sorgfalt
auf die Anfertigung des Ledercylinders verwenden, seine Oberfläche wird doch immer
einige Unebenheiten zeigen. Deßhalb läßt man die überzogene Druckwalze noch eine
Maschine passiren, in welcher sie unter starkem Drucke zwischen gut polirten Flächen
durchlaufen muß.
Diese Maschine besteht aus drei schmiedeeisernen Rollen, welche ohne sich zu berühren
nebeneinander angebracht sind; die Walze bringt man in dem Zwischenraume an, welchen
die Rollen zwischen sich lassen und übt auf dieselbe einen Druck mittelst Hebeln und
Preßdeckeln aus, welche auf die Welle drücken. Wenn sich die Walzen eine Zeit lang
mit diesen Rollen umgedreht haben, erhalten sie eine ganz ebene Umfangsfläche.
Den von den HHrn. Senn übersandten Maschinen ist eine
feste Auflage beigefügt, welche dazu dient, die Flächen der hölzernen Walzen wieder
zu egalisiren, ehe dieselben mit frischem Tuche umkleidet werden.