Titel: | Ueber den Schwefelgehalt verschiedener ätherischer Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn. |
Autor: | Hermann Vohl |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XV., S. 49 |
Download: | XML |
XV.
Ueber den Schwefelgehalt verschiedener
ätherischer Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn.
Vohl, über den Schwefelgehalt verschiedener ätherischer
Beleuchtungsmaterialien.
Man hat stets die größte Sorgfalt darauf verwandt, den Schwefel in dem Leuchtgase zu
beseitigen, um während der Beleuchtung nicht durch das unangenehme Auftreten der
schwefligen Säure belästigt zu seyn. Das schwefligsaure Gas, welches sich bei der
Verbrennung schwefelhaltigen Leuchtgases bildet, wirkt nicht allein schädlich auf
die Athmungswerkzeuge, sondern bleicht auch die meisten Pflanzenfarben, so daß in
Ladenräumen, wo schwefelhaltiges Gas zur Beleuchtung benutzt wird, manche Stoffe das
Feuer ihrer Farben einbüßen. Man glaubt, daß das Leuchtgas seinen Schwefel in der
Form von Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoff enthalte, und daß man diese
beiden Verbindungen durch absorptionsfähige Metalloxyde beseitigen könne.
Ich habe in neuerer Zeit das im Handel vorkommende Benzol einer genaueren
Untersuchung unterworfen, und dabei gefunden, daß die Oele, welche einen niedrigeren
Siedepunkt als 80° C. haben, schwefelhaltig sind. Der Schwefel dieser
Kohlenwasserstoffverbindung kann nicht isolirt werden, ohne Zerstörung der
Verbindung. Wenn man Leuchtgas, aus Steinkohlen dargestellt, durch sehr kalt
gehaltene Metallröhren streichen läßt, so erhält man neben Wasser, Naphtalin und
Benzol eine stinkende, bräunliche ölige Flüssigkeit, welche einen niedrigeren
Siedepunkt als 80° C. hat und diesen oben erwähnten schwefelhaltigen
Kohlenwasserstoff in großer Menge enthält. Der Apparat, den ich dazu anwandte,
bestand aus einem 30 Fuß langen und 1/2 Zoll weiten enggewundenen Schlangenrohr von
gezogenem Zinn, welches mit einer Kältemischung von Eis und Kochsalz umgeben war.
Das Benzol, Wasser und Naphtalin verdichteten sich zu festen Massen in der Röhre,
und nur dieses schwefelhaltige Oel gelangte in die Vorlage, die aus einer
zweihalfigen Flasche bestand, welche ebenfalls mit einer Kältemischung umgeben
war.
Es war mir nicht möglich, auch nur eine Spur von Schwefelkohlenstoff in dem Gase
nachzuweisen; ebenso war das Gas durch Behandeln mit basisch-essigsaurem
Bleioxyd von allem Schwefelwasserstoff befreit worden. Um den Schwefel in dem durch
Destillation des Benzols erhaltenen schwefelhaltigen Oele sowie in dem
schwefelhaltigen Product des Leuchtgases nachzuweisen, habe ich folgende Methode
angewandt: In einen Probecylinder, der vorher getrocknet war, wurde das wasserfreie Oel,
welches zur Untersuchung angewandt werden sollte, gegeben (circa 2 bis 3 Gramme), und nun ein Stückchen Kalium, welches reine, klare
Schnittflächen hatte, von der Größe einer halben Linse zugefügt und alsdann einer
Temperatur, welche den Siedepunkt des Oeles nicht überstieg, 10 bis 15 Minuten lang
ausgesetzt. Besitzt das Oel einen Schwefelgehalt, so bedecken sich die Flächen des
Kaliums mit einer rothen, auch braunrothen Substanz, die zum größten Theil aus
Einfach-Schwefelkalium besteht; gleichzeitig nimmt man eine schwache
Gasentwickelung wahr. Man gibt nun ein gleiches Volumen destillirtes Wasser in das
Proberöhrchen, welches ohne alle Gefahr der Entzündung geschehen kann. Das Kalium
oxydirt sich sofort auf Kosten des Sauerstoffs des Wassers und es entwickelt sich
Wasserstoff; das Schwefelkalium wird von dem zugegebenen Wasser gelöst. Taucht man
nun einen Glasstab in eine verdünnte Lösung von Nitroprussidnatrium und rührt mit
demselben das Gemisch um, so entsteht, wenn das Oel schwefelhaltig war, sofort eine
prächtige purpurblaue Färbung. Das meiste im Handel vorkommende reine Benzol hat
stets einen Schwefelgehalt, der nach dieser Methode sehr leicht zu erkennen ist.
Statt des Kaliums kann man auch Natrium verwenden. Ich habe vermittelst dieser
Methode den Schwefelgehalt der meisten ätherischen Beleuchtungsmaterialien bestimmt
und gefunden, daß nachfolgende bedeutend schwefelhaltig sind und sich nicht zu
Beleuchtungsmaterialien eignen:
1) Das württembergische Schieferöl, aus Posidonienschiefer in
Reutlingen dargestellt. – Das leichte Oel besitzt einen bedeutenden
Schwefelgehalt und ist von Hrn. Dr. Carl Harbordt (Inauguraldissertation, Tübingen 1862) dieser
Schwefelgehalt übersehen worden, daher die Formel, welche er diesem Oele gibt, keine
Wahrscheinlichkeit hat.
2) Das leichte Schieferöl aus dem Blätterschiefer von A.
Wiesmann und Comp. in Bonn.
3) Das Photogen von Weißenfels.
4) Das leichte Photogen von Bitterfeld, von Hübner
dargestellt, und
5) und 6) die französischen
Photogene von Autun und diejenigen aus den bituminösen Liasschiefern der
Pyrenäen, dargestellt von Leborne.
Letzteres Oel besitzt einen so hohen Schwefelgehalt, daß es nicht zur Beleuchtung zu
verwenden ist, indem binnen ganz kurzer Zeit der zu beleuchtende Raum mit
schwefliger Säure erfüllt ist; auch wird sich dieß letztere Oel nie zur
Firnißfabrication eignen, da es stets einen unangenehmen, höchst belästigenden
rauchähnlichen Geruch ausstößt und viele Metallfarben verändert.
Ich habe eine Menge Oele im Handel vorgefunden, die von Hause aus schwefelfrei waren
und erst während der Reinigung durch eine falsche Behandlung schwefelhaltig wurden.
Betrachtet man die öligen Producte der trockenen Destillation bituminöser Fossilien
näher, so findet man, daß sie Gemische von Acetonen und Aldehyden darstellen, und
berücksichtigt man nun, mit welcher Leichtigkeit sich diese Verbindungen mit sauren
schwefligsauren Alkalien vereinigen, so ist es klar, daß bei mangelhafter Reinigung
diese Oele schwefelhaltig, resp. schwefligsäurehaltig in den Handel kommen.
Wie leichtfertig man beim Reinigen ätherischer Oele verfährt, mag durch Nachfolgendes
bewiesen werden. Im November vorigen Jahres ließ ich aus einer chemischen Fabrik
hierselbst gereinigtes Petroleum holen, welches ich zur Aufbewahrung von Kalium
benützen wollte. Dasselbe war aber so mit schwefliger Säure geschwängert, daß der
Stopfer durch das Gas im warmen Zimmer ausgestoßen wurde. Ich sandte dasselbe zurück
und bat um reines Petroleum. Der dortige Chemiker sandte mir nun reines Petroleum
mit der wörtlichen Bemerkung:
„Bitte, solches zu entschuldigen, es ist dieß eine so
zufällige Verunreinigung, entstanden durch
Reinigen des rohen Oeles mit Schwefelsäure, daß es
uns nicht einfiel, die Nasenprobe
anzuwenden.“
A. H.
Wenn der Schwefel in Form von schwefliger Säure in dem
Oele enthalten ist, so wird ebenfalls durch Zufügen von Kalium oder Natrium die
schweflige Säuren reducirt und ein Schwefelmetall gebildet Das Gelbwerden des
Kaliums und Natriums in der Aufbewahrungsflüssigkeit rührt meistentheils von einem
Schwefelgehalt der letzteren her.
Bonn, im Januar 1863.