Titel: | Untersuchungen über die aus Steinkohlentheer darstellbaren Farbstoffe. – Ueber das Chrysanilin; von A. W. Hofmann. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XXXIX., S. 133 |
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XXXIX.
Untersuchungen über die aus Steinkohlentheer
darstellbaren Farbstoffe. – Ueber das Chrysanilin; von A. W. Hofmann.
Aus den Comtes rendus, t. LV p. 818; durch die Zeitschrift
für Chemie und Pharmacie, 1863 S. 33.
Hofmann's Untersuchungen über die aus Steinkohlentheer
darstellbaren Farbstoffe.
Der Verf. beschreibt im Anschlusse an seine früheren Untersuchungen über die vom
Anilin derivirenden FarbstoffePolytechn. Journal Bd. CLXV S.
60. jetzt eine als secundäres Product bei der Darstellung des Rosanilins
auftretende gelb färbende Substanz, der er den Namen Chrysanilin beilegt.
Chrysanilin. Man weiß, daß trotz gut geleiteter
Operationen und bei allen Darstellungsmethoden nur eine geringe Menge Rosanilin aus
dem angewendeten Anilin erhalten werden kann, weil dabei eine große Menge eines
schwach basischen Harzes gebildet wird. Aus diesem hat Nicholson durch successive Behandlung mit Lösungsmitteln das Chrysanilin
ausgezogen.
Es stellt ein feines, gelbes, dem frisch gefällten chromsauren Bleioxyd sehr
ähnliches, amorphes Pulver dar, das kaum löslich in Wasser, welches es schwach
färbt, aber sehr löslich in Alkohol und Aether ist. Es ist eine wohl charakterisirte
organische Basis, die mit Säuren zwei Reihen gut krystallisirter Salzverbindungen
liefert. Von diesen ist das Nitrat und besonders das Mononitrat, das in Wasser
schwer löslich ist, sehr charakteristisch. Dieses wurde nach sechsmaligem
Umkrystallisiren in Wasser gelöst, mit Ammoniak gefällt und das jetzt ganz
vollkommen reine Chrysanilin zur Analyse verwendet. Bei 100° C. getrocknet,
lieferte es Resultate, die der Zusammensetzung
C⁴⁰H¹⁷N³ entsprechen; diese Formel wurde auch
durch die Untersuchung mehrerer Salze und besonders der Verbindung mit
Chlorwasserstoff bestätigt.
Salzsaures Chrysanilin. Setzt man concentrirte Salzsäure
zu einer Lösung von Chrysanilin in verdünnter Säure, so entsteht ein scharlachrother
krystallinischer Niederschlag, der aus kleinen Schuppen besteht, die in Wasser sehr
löslich, weniger löslich in Alkohol, fast unlöslich in absolutem Aether sind. Diese
Krystalle haben die Zusammensetzung
C⁴⁰H¹⁷N³, 2HCl.
Unter noch nicht genau ermittelten Umständen wird dieses zweifachsaure Salz in
Verbindung mit 1 Molecül Krystallwasser niedergeschlagen.
C⁴⁰H¹⁷N³, 2HCl, H²O².
Zur Analyse waren diese Salze bei 100° und 120° getrocknet worden.
Während vierzehn Tagen einer Temperatur von 160° und 180° ausgesetzt,
bleibt als Rückstand ein gelbes krystallinisches Pulver, welches weniger löslich in
Wasser und zufolge der Analyse nach der Formel
C⁴⁰H¹⁷N³, HCl
zusammengesetzt ist.
Die Salze der Brom- und Jodwasserstoffsäure sind diesen analog. Der Verf. hat
sie nicht analysirt.
Die salpetersauren Chrysanilinverbindungen krystallisiren
mit der größten Leichtigkeit in rubinrothen Nadeln, die auffallend unlöslich in
Wasser sind. Eine verdünnte Lösung von salpetersaurem Kali (1 Gramm Salpetersäure
auf 1 Liter Wasser) gibt mit einer Chrysanilinlösung von mittlerer Concentration
sofort einen krystallinischen Niederschlag, so daß eine solche als Reagens auf
Salpetersäure benutzt werden könnte.
Das einfach-salpetersaure Salz
C⁴⁰H¹⁷N³, HNO⁶
scheidet sich nahezu rein in Nadeln aus, wenn man verdünnte
Salpetersäure mit einem Ueberschuß von freiem Chrysanilin kocht und die Flüssigkeit
erkalten läßt. Gießt man eine Lösung dieses Salzes in concentrirte kalte
Salpetersäure, so entsteht das zweifach-saure Salz fast rein
C⁴⁰H¹⁷N³
(HNO⁶)².
Die Zahlen der Analyse dieses letzteren weichen etwas von der Berechnung ab, wodurch
sich die Anwesenheit von Spuren der ersten Verbindung herausstellt. Das Binitrat
verliert durch Behandlung mit Wasser nach und nach Salpetersäure, so daß es nach
zwei oder drei Krystallisationen reines Mononitrat ist. Das zweifach-saure
Salz kann manchmal in gut ausgebildeten Prismen erhalten werden, die eine ungemeine
Aehnlichkeit mit Ferridcyankalium zeigen.
Das schwefelsaure Salz ist sehr löslich, kaum
krystallinisch.
Das Platinsalz ist ein krystallinischer scharlachfarbener
Niederschlag, der sich aus heißer ziemlich verdünnter Lösung, die viel Salzsäure
enthält, beim Erkalten in großen, sehr schönen Tafeln absetzt. Der Verf. konnte die
Verbindung nicht von constanter Zusammensetzung erhalten, er schließt daher auf die
Existenz von Mono- und Dichlorplatinverbindungen mit mehr oder weniger
Krystallwasser.
Das Chrysanilin steht seiner Zusammensetzung nach mit dem Rosanilin und dem Leucanilin in directer
Beziehung: es differiren diese drei Triamine einfach nur in der Menge des in ihnen
enthaltenen Wasserstoffs.
Chrysanilin
C⁴⁰H¹⁷N³
Rosanilin
C⁴⁰H¹⁹N³
Leucanilin
C⁴⁰H²¹N³.
Das Chrysanilin ist einsäurig oder zweisäurig, das Rosanilin einsäurig oder
dreisäurig, jedoch vorwiegend einsäurig, das Leucanilin bildet ausschließlich
dreisäurige Verbindungen.
Die Formel des Chrysanilins läßt die Umwandlung dieser Substanz in Rosanilin und
Leucanilin als möglich erscheinen, jedoch ist dieselbe bis jetzt noch nicht
experimentell ausgeführt worden.
Ebenso bleibt die Constitution und Entstehung des Chrysanilins noch zu
erforschen.