Titel: | Ueber Schlammröhren für Dampfkessel; von L. E. Fletcher, Oberingenieur der Gesellschaft zur Verhütung von Dampfkessel-Explosionen in Manchester. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XLV., S. 161 |
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XLV.
Ueber Schlammröhren für Dampfkessel; von
L. E. Fletcher,
Oberingenieur der Gesellschaft zur Verhütung von Dampfkessel-Explosionen in
Manchester.
Aus dem Mechanics' Magazine, November 1862, S.
300.
Fletcher, über Schlammröhren für Dampfkessel.
Dampfkessel, welche von Incrustationen nicht zu leiden haben, gehören zu den
Ausnahmen; die Nachtheile, welche letztere mit sich führen, sind mannichfacher Art:
sie machen genaue Untersuchungen der Kessel unmöglich, verdecken Fehler derselben,
erhöhen den Brennstoffverbrauch und die Kesselabnutzung, und beschränken die
Anwendung von Röhrenkesseln sehr erheblich.
Weniger bekannt als dieses und ähnliches ist der Umstand, daß die fremden
Bestandtheile des Wassers auch schon da eine Ueberhitzung veranlassen können, wo
keine eigentlichen Krusten gebildet werden. Es wäre interessant, durch Versuche zu
ermitteln, in wie weit die Verdickung des Wassers durch suspendirte Schlammtheile
bei mangelnder Circulation oder Erschütterung die Ueberhitzung durch die erschwerte
Dampfentwickelung veranlassen kann, da kein Zweifel obwaltet, daß solche Fälle
namentlich bei von außen gefeuerten Kesseln vorkommen.
Ferner ist zu bemerken, daß die erdigen Gemengtheile auch noch dadurch Schaden
verursachen, daß sie mit dem Dampfe nach der Maschine gelangen und dort die
Anwendung von größeren Mengen Talg u.s.w. bedingen. Man übersieht dieß häufig,
allein es ist bekannt, daß da, wo das Speisewasser nach heftigem Regen schlammig
wird, die Maschinenwärter alsbald zur Verhinderung der Abnutzung der Maschine aus
Vorsicht verstärktes Schmieren anwenden.
Unter den gewöhnlichen Verhältnissen ist das beste Mittel gegen den Kesselstein, den
Kessel gut auszublasen. Das Ausblasen an einer Stelle jedoch, am Boden des Kessels,
gewährt nur geringen Nutzen. Besser wirken durchlöcherte und am Boden des Kessels
von einem Ende zum anderen sich erstreckende Röhren, welche mit dem Ausblasehahn
verbunden sind. Sie werden nach dem Patentträger Tophamröhren genannt und von den Kesselbesitzern sehr
gerühmt. Ihre Wirksamkeit ist indessen größer bei schweren und schlammigen, leicht
zu Boden fallenden, als bei leichteren und schaumigeren Niederschlägen, welche
letzteren gerade die härtesten und am festesten haftenden Schalen bilden.
In Folge des heftigen Kochens in den thätigen Kesseln steigt ein großer Theil der
Abscheidungen an die Wasseroberfläche und bildet eine Schlammdecke, ehe er sich als
Kesselstein zu Boden setzt. Das wirksamste Mittel, letzteren zu verhüten, besteht
also darin, daß man diesen Schlamm von der Oberfläche mittelst eines Schlammrohres
ausbläst, ehe er sich zu Boden setzen kann. Das Verfahren ist nicht neu, sondern
schon seit Jahren bei Schiffskesseln gebräuchlich, und nichts hindert seine
allgemeinere Einführung bei stehenden Kesseln. In vielen Fällen haben sich diese
Röhren auch so wirksam bewiesen, daß Kessel, welche sonst nach 1–1 1/2
Monaten eine dicke Kruste zeigten, nach Verlauf dieser Zeit vollkommen rein
geblieben waren.
Die Röhren sind 3–4 Zoll weit und haben an jeder Seite einen angegossenen
Flügel, so daß eine Art Trog in der ganzen Röhrenlänge entsteht. Diese Röhre
erstreckt sich von einem Ende des Kessels zum anderen und ist oben mit einer Reihe
von Löchern versehen, deren Gesammtquerschnitt dem Querschnitt des Rohres
gleichkommt. Die Lage der Röhre ist so, daß der Rand des Troges wenige Zolle unter
der Wasseroberfläche liegt. Der Schlamm oder Schaum fließt über den Trog hin, und in
dem ruhigeren Wasser setzen sich alsdann die mechanisch suspendirten Theile als
Niederschlag in dem Trog ab, woraus sie mittelst des Rohres und eines in dem
Vorderende des Kessels befindlichen Ausblasehahns so oft wie nöthig, mindestens aber
alle zwei Stunden, abgeblasen werden können. Der messingene Hahn braucht nicht über
zwei Zoll weit zu seyn und hat ein Abflußrohr von Eisen, in welches auch die
Abflüsse der gläsernen Wasserstandsröhren münden können; die Leitung kann dann
passend bis unter die Feuerplatte geführt werden. Im Inneren liegt das Schlammrohr
am besten an der Seite, und nicht in der Mitte des Kessels, da es so leichter
befestigt werden kann und der Zugang in den Kessel frei bleibt. Ein einzelnes Rohr
ist ausreichend.
Diese einfachste und jedenfalls wirksame Einrichtung kann natürlich mannichfach
abgeändert werden. So besteht eine Construction in einer Reihe von senkrechten, in
der Mitte des Kessels angebrachten Röhren, welche ein Trompetenmundstück mit
Teleskop-Bewegung haben, welches mit Hülfe von Schwimmkugeln stets in der
richtigen Höhe unter dem Wasserspiegel erhalten wird, wie sich dieser auch ändern
mag. Auch horizontale
trompetenartig erweiterte Röhren sind angewandt worden, und beide Modificationen
haben sich gut bewährt.
Es gibt indessen gewisse Kesselsteinarten, welche durch keinen Ausblaseapparat zu
entfernen sind. Für diese ist der Zusatz von etwas Soda zu empfehlen. In manchen
Fällen veranlaßt der Sodazusatz, wenn kein Schlammrohr angewandt wird, störendes
Ueberspritzen des Wassers, da die Verbindung der Soda mit dem Schmiermittel Schaum
hervorbringt.
Die allgemeine Benützung der Schlammröhren ist daher sehr zu empfehlen. Dabei bleibt
freilich das wirksamste aller Mittel gegen den Kesselstein die Anwendung von nur
reinem (destillirtem) Wasser zum Speisen, und in dieser wie in mancher anderen
Beziehung ist die Oberflächencondensation des verbrauchten Dampfes eine sehr
vorzügliche Einrichtung.