Titel: | Ueber ein einfaches Verfahren, mikroskopische Ansichten photographisch aufzunehmen; von Hermann Vogel. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LVII., S. 201 |
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LVII.
Ueber ein einfaches Verfahren, mikroskopische
Ansichten photographisch aufzunehmen; von Hermann Vogel.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1862, Bd. CXVII S.
629.
Vogel, über ein Verfahren, mikroskopische Ansichten photographisch
aufzunehmen.
Jeder Naturforscher weiß, wie mühsam und zeitraubend das Nachzeichnen der mittelst
des Mikroskops beobachteten vergrößerten Bilder verschiedener Objecte ist und wie
sehr solche Copien oft vom Originale abweichen.
Diese Umstände haben schon seit längerer Zeit Männer wie Bertsch in Paris, Highley in London, Fierländer in Deutschland u.a. veranlaßt, die
Photographie zur Aufnahme mikroskopischer Ansichten anzuwenden, und es ist diesen
auch gelungen, treffliche „Mikrophotographien“
anzufertigen.
Das Verfahren, dessen sich diese Herren bedienen, ist jedoch nur zum Theil bekannt
geworden. Bertsch und Highley
benutzten dazu eine Art Sonnenmikroskop, bei dem der Bildschirm durch eine
photographische Platte vertauscht werden kann. Sie hatten Apparate der Art auf der
letzten Industrieausstellung zu London ausgestellt. Der Preis derselben war etwa 500
Thlr. So ausgezeichnet diese Apparate aber auch arbeiten, so ist doch ihr Gebrauch mit
manchen Unbequemlichkeiten verbunden. Man ist genöthigt, das in dem
Beobachtungsinstrument betrachtete Object in den photographischen Apparat zu
transportiren, und hierbei hält es oft sehr schwer, die vorher beobachtete Stelle
des Objectes wieder aufzufinden.
Ich versuchte deßhalb, ob es nicht möglich sey den erwähnten kostspieligen Apparat
ganz zu entbehren und die Bilder, die das Beobachtungsinstrument zeigt, unmittelbar
aufzunehmen. Ich nahm den von mir aus England mitgebrachten, seines Asterismus wegen
so merkwürdigen Glimmer von South Burgeß, spannte ihn in ein Schick'sches Mikroskop und legte dieses horizontal. In dieser Stellung
combinirte ich dasselbe mit einer kleinen photographischen Camera mit einer simplen
achromatischen Linse (sogenannten Landschaftslinse) von circa 4'' Brennweite, so daß die optischen Achsen beider Instrumente
zusammenfielen und das Objectiv der Camera das Ocular des Mikroskops fast berührte.
Als ich nun mit Hülfe des am Mikroskop angebrachten Hohlspiegels Sonnenstrahlen auf
das Object warf, sah ich auf der circa 8'' weit
ausgezogenen matten Scheibe der Camera ein deutliches Bild der im Glimmer
enthaltenen Krystalle. Mit Hülfe des Triebes am Mikroskop wurde dasselbe scharf
eingestellt, dann die photographische Aufnahme vorgenommen. Der Versuch glückte
vollständig. Ich erhielt nach 25 Secunden Exposition ein scharfes 500fach
vergrößertes Bild der beobachteten Krystalle, deren genauere Betrachtung mich auf
die Vermuthung brachte, daß dieselben Cyanit seyen, eine Ansicht, der Hr. Prof. G.
Rose beistimmte.
Diese Methode, Mikrophotographien anzufertigen, ist so einfach, daß sie Jeder
anwenden kann, der mit den photographischen Operationen einigermaßen vertraut ist;
sie macht keinen anderen Apparat nöthig als eine einfache Camera mit einer
Landschaftslinse; sie läßt sich jedem Mikroskope, das lichtstark genug ist, anpassen
und liefert, je nachdem man die Visirscheibe der Camera mehr oder weniger weit
auszieht, Ansichten, die den direct beobachteten gleich, oder auch kleiner oder
größer als diese sind.
Auf den so erhaltenen Bildern kann man leicht die Winkel der mikroskopischen
Krystalle messen, einfach durch Verlängerung der Schenkel und Anlegung eines
Transporteurs. Das photographische Negativ kann beliebig auf- und abgezogen
werden, wodurch die Arbeit des Lithographen (behufs der Vervielfältigung für
Zeitschriften) entbehrlich gemacht werden kann. In England habe ich bereits Bücher
mit solchen photographischen Illustrationen gesehen.
Zwei Vorsichtsmaßregeln hat man noch bei solchen Aufnahmen zu beachten: die Linse der Camera
muß frei von Focaldifferenz (Unterschied des optischen und chemischen Brennpunkts)
seyn und die Aufnahme in einem Raume erfolgen, der nicht der geringsten
Erschütterung ausgesetzt ist.
Man kann auch die Aufnahme bei senkrechter Stellung des Mikroskops vornehmen, wenn
man die Camera auf einen passenden Dreifuß setzt, so daß ihre optische Achse
ebenfalls senkrecht steht.
Ebenso gut, wie mit einem Mikroskop, kann auch die Camera mit einem Teleskop
combinirt werden; das Aufnehmen teleskopischer Objecte ist jedoch schwieriger.
Möglich ist es, daß diese einfache Methode photographische Ansichten aufzunehmen,
schon von Anderen angewendet worden ist. Ich kann aber nirgends eine speciellere
Angabe darüber finden und deßhalb erlaube ich mir hiermit, meine Erfahrungen über
diesen Gegenstand im Interesse aller Naturforscher zu veröffentlichen.
Den Hrn. Naturforschern Berlins empfehle ich zu diesen Aufnahmen den Photographen
Hrn. Günther am Werderschen Markt Nr. 6.
Weitere Mittheilungen über diesen Gegenstand, die Aufnahme undurchsichtiger Körper,
Anwendung von künstlichem Licht u.a. betreffend, behalte ich mir vor.