Titel: | Beiträge zur Kenntniß des Torfes, seiner Gewinnung und Verwerthung; von R. Jacobi, Techniker aus Hettstädt. |
Autor: | Robert Jacobi |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LXXXVII., S. 296 |
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LXXXVII.
Beiträge zur Kenntniß des Torfes, seiner
Gewinnung und Verwerthung; von R.
Jacobi, Techniker aus Hettstädt.
Jacobi, Beiträge zur Kenntniß des Torfes, seiner Gewinnung und
Verwerthung.
Etwa 14 Werst von der russischen Gouvernementsstadt Twer, einem Hauptstationsorte der
von Petersburg nach Moskau führenden Eisenbahn, in der Grafschaft Borch, liegt in
einer Ebene von großer Ausdehnung das Dorf Wasiljewskoe, neben welchem die
Petersburger Actiengesellschaft zur Gewinnung von Torf und seiner Producte in den
Jahren 1859–60 ein größeres Etablissement für Photogen- und
Paraffin-Fabrication errichtete. Das Rohmaterial zu dieser Fabrication
liefert ein Moor, das neben der Fabrik beginnend, sich über einen Flächenraum von
circa 23000 preußischen Morgen ausdehnt, und dessen
Torf auf einer grünlichen Thonsohle in einer Mächtigkeit von 175–250
Centimeter ansteht. Ich erwähnte dieser Fabrik und ihres Torflagers schon im
Jahrgang 1861 dieses Journals, Bd. CLIX S.
152, und gebe in Folgendem eine Charakteristik des letzteren, welcher sich
Mittheilungen über die Resultate der ersteren anschließen.
Trotz der großen Ausdehnung des Moores bietet der vegetative Charakter desselben
bemerkenswerthe Abweichungen nicht dar; eine kümmerliche Vegetation, in ihren
größeren Repräsentanten aus Fichte, Kiefer und Birke bestehend, bedeckt in schwacher
Vertheilung den fast horizontalen Boden, und bietet so ein landwirthschaftliches
Bild von trauriger Monotonie, die nur von einigen Seen unterbrochen wird.
Die große Ausdehnung der Fläche mußte der Torfbildung in ihren verschiedenen Epochen
einen gleichmäßigen Verlauf sichern; Ueberfluthungen durch fremde Gewässer, welche
Sand und Erde abzulagern pflegen, konnten nicht eintreten; abnorme Mengen löslicher
Mineralien sind im Boden und in den Quellwässern der Umgegend nicht enthalten. Es
mußte daher nothwendig ein Torf von großer Reinheit und von hohem Werthe
entstehen.
Im Profil des Lagers stellen sich sechs verschiedene Schichtungen dar, deren Torf in
Farbe und Mischung sehr von einander abweicht. Wo nicht äußere, gewaltsame Einflüsse
störend einwirkten, grenzen sich diese Schichten mit ungemeiner Schärfe von einander
ab, und zeigten in dem 1860 in Abbau genommenen Felde von großer Ausdehnung kaum
Differenzen in ihren resp Höhen. Die Gesammtmächtigkeit des Lagers betrug an diesen
Stellen durchschnittlich 204 Centimeter, welche sich, von unten beginnend, wie folgt
über die einzelnen Schichten vertheilen: I 34; II 34; III 21; IV 52; V 29; VI 16 und
VII oder Vegetationsdecke 8 Centimeter.
Die große Verschiedenheit dieser einzelnen Schichten in physikalischer und chemischer
Beziehung weist darauf hin, daß im Verlaufe der Entstehung des Torflagers nothwendig
mehrere, von einander abweichende Bildungs- resp. Vegetationsepochen
eintraten. Die ungemeine Schärfe in den Abgrenzungen aller Schichten macht es
unzweifelhaft, daß diese Epochen nicht allmählich und in einander übergehend,
sondern schnell und schroff gewechselt haben müssen, obwohl für diese Annahme
genügende Erklärungen nicht aufzufinden sind.
Schicht I besteht aus einem tiefbraunen, fast schwarzen Torfe, der in Zwischenräumen
von 3/4–2 Centimeter von helleren Streifen durchzogen ist. Letztere enthalten
viel Birkenrinde, welche trocknend zu Pulver zerfällt. Die dunkleren Streifen führen
Holzkohle als Reste früherer Brände, welche bei der Kleinheit der Kohlen jedoch nur
Strauchwerk betroffen haben mögen. Im Lager zeichnet sich diese Schicht durch Härte,
Trockenheit und großen Zusammenhang aus, durch welche die Gewinnungsarbeiten sehr
erschwert werden. Abgeschlämmt liefert sie circa 8 Proc.
Rückstand, der aus Binsenfaser und Holzkohle besteht. Letztere rührt ausschließlich
von Laubhölzern her. Gestochen und im Freien getrocknet, zerklüftet dieser Torf zu
Trümmern. Dasselbe findet statt, wenn er unter Wasserzusatz zerkleinert und geformt
wird. Geglüht hinterläßt er 1 1/3–2 Procent Asche.
Schicht II von rothbrauner Farbe besteht aus einem vollständig ausgebildeten,
schlammigen Torfe, in welchem sich Birkenrinde nicht, Holzkohlen und Holzfragmente
aber ebenfalls befinden. Auch sie rühren nur von Laubhölzern her. Sehr vereinzelt
kommen in ihr kleine Kalkeinsprengungen vor, welche in den übrigen Schichten fehlen
und die jedenfalls von Muscheln oder Schnecken herrühren, deren Träger an den
Pflanzen dieser Schicht
spärlich existirten. Der Zusammenhang dieses Torfes ist so gering, seine Adhärenz in
der Masse und gegen die Werkzeuge aber so groß, daß durch Stechen formhaltige Stücke
nicht gewonnen werden können. In Formen gestrichen, zerklüftet er trocknend
ebenfalls zu Trümmern. Beim Schlämmen hinterläßt er circa 4 Proc. Holz, Kohle und Faser, geglüht 3–5 Proc. Asche.
Zwischen dieser und der folgenden Schicht lagern in regelmäßiger Vertheilung große
Quantitäten ungleich durchgebrannter Holzkohle, deren Durchmesser häufig 10
Centimeter übersteigt. Auch sie gehören ausschließlich den Laubholzgattungen an, und
sind ebenfalls Reste von Bränden, welche die Vegetation der vorgehenden Epoche
anscheinend gänzlich zerstörten. Nach diesen Bränden scheint die Torfbildung lange
geruht zu haben; denn die Zwischenräume der Holzkohlen sind nicht ausgefüllt mit
einer eigenthümlichen Torfmasse, sondern nur mit dem, was aus vorgehender oder
folgender Schicht durch Druck oder Ablagerung unverkennbar in sie eindrang.
Nach den erhaltenen Holz- und Kohlen-Resten scheinen bisher nur
Laubhölzer zur Torfbildung beigetragen zu haben. Auf der Brandstätte erwuchs aber
nun ein Nadelholzwald, für dessen Gedeihen die Bodenbeschaffenheit sehr günstig
gewesen seyn muß. In den lockeren Massen der Schicht II fanden seine Wurzeln wohl
nicht genügenden Halt, da in anscheinend kurzen Zwischenräumen die Bäume der Gewalt
der Stürme erlagen. Ungemein viele von ihnen finden sich mit Zweigen und Wurzeln
neben und übereinander gestürzt, unmittelbar über der Holzkohle lagernd. Sie sind
größtentheils noch gut erhalten, und ihre nicht selten 1,3 Centimeter breiten
Jahrringe geben Zeugniß von einem seltenen Wohlbefinden, dessen sie sich während
ihres Wachsthums erfreuten. Der Querschnitt dieser Stämme bildet einen merkwürdigen
Contrast zu dem Querschnitt derjenigen, welche jetzt auf dem Torffelde wachsen, und
deren Jahrringe durchschnittlich kaum 0,15 Centimeter messen.
Wie an der Bildung der Schichten I und II die Nadelhölzer keinen Antheil genommen zu
haben scheinen, so treten nun die Laubhölzer mehr und mehr vom Schauplatze ab; ihre
Spuren finden sich immer seltener. Zweige, Früchte und Nadeln der Coniferen, oft
auch größere Harzklumpen, kommen hingegen immer häufiger vor.
Schicht III ist kaum Torf zu nennen; sie hat sich fast ausschließlich gebildet aus
den Fragmenten der gestürzten Bäume, die sich so schnell angehäuft und mit Wasser
überdeckt haben müssen, daß zersetzende Einflüsse auf sie nur wenig wirken konnten.
Denn diese Schicht besteht aus einem wirren Durcheinander von kleineren und
größeren, noch festen Zweigen, Früchten etc., in deren Zwischenräumen nur kleinere
Fragmente, Fleisch und Nadeln etc. oder Wasser, nicht aber eigentliche Torfsubstanz
vorkommt. Die große Menge festen Holzes erschwert die Stecharbeit sehr, und macht
diese Schicht zum Streichen untauglich. Sie hinterläßt 60–70 Proc. sehr
groben Rückstand beim Schlämmen, und beim Glühen 2–2 1/2 Proc. Asche.
Schicht IV zeigt in ihren tieferen Partien dunkler braune Färbung als in ihrem
Ausgange. Auch in ihr finden sich noch viele Wurzelstücke, Zweige und ganze
Nadelholzstämme, welche den Abbau ferner sehr erschweren. Die ganze Schicht besteht
aus einer grobfilzigen, hellbraunen Masse von großem Zusammenhange, welche bei
gewöhnlichen Mitteln der Zerkleinerung hartnäckig widersteht. Sie eignet sich
vorzüglich zum Stechen und liefert feste Stücke bei geringem Verlust. Sie hinterläßt
beim Schlämmen 30–40 Proc. Holz und Faser, geglüht 2–2 1/2 Proc.
Asche.
Schicht V ist von ähnlicher Zusammensetzung, aber auffallend Heller gefärbt.
Kleinere, weiche Pflanzen, welche schnell viel Torfsubstanz liefern, scheinen sich
nun stark verringert zu haben, denn die Zwischenräume dieser und der folgenden
Schicht sind nur spärlich mit Torfmasse erfüllt. An Stelle jener haben sich nun
härtere, strauchartige Pflanzen mehr verbreitet, deren Reste besonders in
Schicht VI immer mehr auftreten, während die Spuren jener immer mehr verschwinden.
Die Farbe dieser Schicht ist schmutzig dunkelgelb; ihr Torf besteht fast
ausschließlich aus Nadeln der Coniferen, und aus Blättern und Zweigen von Empetrum und Ledum, welche
sich durch sehr häufiges Vorkommen unter der jetzigen Flora auszeichnen. Die
Zersetzung dieser Schicht ist eine sehr mangelhafte, da sie nur die fleischigen
Theile ihrer Bestandtheile erweicht, die Fasern etc. aber noch sehr fest sind. Beim
Schlämmen hinterläßt Schicht V 40–45, Schicht VI 50–60 Proc.
Rückstand; beide liefern 1 1/2–2 Proc. Asche.
Sondert man die Abschlämmungsrückstände der Schicht VI von holzigen Theilen, und
zerkleinert den Rest durch Zerreiben derart, daß Fleisch und Faser sich trennen, so
kann ersteres durch entsprechende Siebe größtentheils von letzterer getrennt werden.
Durch weiteres Zerreiben liefern die Fasern dann eine Papiermasse, aus welcher
Papptafeln von 1–1,5 Millimeter Stärke hergestellt wurden, deren Verfilzung
und deren Adhärenz so stark waren, daß die Tafeln, ohne geleimt oder gepreßt zu
seyn, gebogen und in Brüche gelegt werden konnten ohne zu zerreißen. Bei dem Mangel
an mineralischen Verunreinigungen wird sich diese Faser mit Leichtigkeit bleichen
lassen, so daß Schicht VI ein werthvolles Material für Papp- und
Papierfabrication bietet. Beide Schichten liefern einen zwar leichten, aber sehr fest
zusammenhängenden Torf, und sind zum Stechbetriebe vorzüglich geeignet.
Schicht VII, die Vegetationsdecke mit dem was unmittelbar unter ihr liegt, ist nicht
verwendbar; sie scheint einen Torf zu erzeugen, der wiederum von dem Torfe der
vorhergehenden Schichten wesentlich abweicht.
Aus Vorstehendem wird erhellen, daß der Abbau dieses Torflagers einem nicht
maschinellen Betriebe große Schwierigkeiten bieten muß, besonders wenn das erzielte
Product eine so gleichmäßige Beschaffenheit haben soll, wie sie ihm als dem
Rohmateriale einer complicirten Fabrication gewissermaßen Bedingung ist. Diese
Schwierigkeiten stellten sich denn auch mit der Aufnahme der Abbau-Arbeiten
sofort und um so mehr heraus, da dieselben ohne Sachkenntniß begonnen und ohne
verständige Aufsicht und Leitung weiter geführt wurden. Fast
alles was in dieser Beziehung, und was besonders der Begründung der Fabrik
nothwendig vorausgehen mußte, hatte man entweder ganz unterlassen, oder doch nur
ungenügend gethan. Nicht einmal zuverlässige Voruntersuchungen des Torfes
bezüglich der Menge, des Wesens und des Werthes seiner Destillationsproducte
waren vorher abgeführt! So hatte man z.B. auf einen verwerthbaren Gehalt
der Destillationswässer an Ammoniak gerechnet; statt dessen aber enthielten die
Laugen sämmtlicher Schichten Essigsäure etc. Als Resultat
der Abbau-Arbeiten ging nun ein Torf hervor, der für die Fabricationszwecke
fast unbrauchbar war, der aber trotz billiger Arbeitslöhne, inclusive des geringen
Transportes nach der Fabrik, und exclusive Bodenrente etc. per Kubikfaden circa 12 Rubel, per preußische Klafter mithin circa 4 preußische Thaler Gewinnungskosten verursachte!
In Folge dessen wurde mir der Auftrag, specielle Untersuchungen des Torflagers
abzuführen, deren Resultate vorstehend verzeichnet sind. Ich sollte ferner ein
rationelles, den vorliegenden Verhältnissen entsprechendes Torfgewinnungssystem
unter maschineller Beihülfe begründen, und will im Folgenden auch das, was als
Resultat meiner Arbeiten in dieser Richtung hervorging, mittheilen.
Ein wesentliches Moment in der Rentabilitätsfrage der Fabrik Wasiljewskoe bildete von vorn herein die Torfkohle, wie sie die
Destillationsapparate als Rückstand liefern. Sie findet in jener Gegend an
Nagelschmiede, welche ganze Ortschaften fast ausschließlich bevölkern, und bei den
hohen Preisen der Holzkohle, leichten Absatz. Bei dem geringen Aschengehalte des
Torfes, der sich in der Kohle auf kaum 6 Proc. im Durchschnitt steigert, ist sie ein
vorzügliches Material für Schmiedefeuer, und für solche der Holzkohle bei weitem vorzuziehen. Bei
der Torfgewinnung muß daher darauf Rücksicht genommen werden, daß die resultirende
Kohle möglichst fest und gleichmäßig ausfällt.
Der nach Exter's sonst schätzbarem System bearbeitete und
gepreßte Torf liefert keine brauchbaren Kohlen. Der nach Challeton präparirte Torf ergibt zwar Kohlen von vorzüglicher
Beschaffenheit, jedoch muß von dieser Methode hier schon deßhalb Abstand genommen
werden, weil der hohe Gehalt nicht abschlämmbarer und dennoch werthvoller Stoffe
ihre Anwendung ausschließt. Von anderen, bisher ausgebildeteren Methoden entspricht
nur die von Weber in Stalltach cultivirte den
vorliegenden Bedingungen ihren Grundzügen nach, und wurden diese dann nach wenigen
Vorarbeiten in anderer Richtung ausschließlich verfolgt.
Zu diesem Zwecke wurden im Nachsommer 1860 aus jeder Schicht größere Quantitäten
Rohtorf entnommen, aus denen – mit Ausnahme von Schicht II, deren Torf hierzu
nicht geeignet – durch scharfe Schnitte rechteckige Stücke von 20 Centimeter
Länge, 10 Centimeter Breite und 5 Centimeter Höhe, mithin von 1000 Kubikcentimeter
Inhalt, gebildet wurden. Sie wurden neben den betreffenden Schichtennummern mit a bezeichnet. Ein Theil des Abfalles jeder Sorte wurde
dann für sich derart getrocknet, daß die gröberen
Beimischungen mehrfach zerkleinert wurden, wornach jede Masse ein inniges,
gleichmäßiges Gemisch bildete. Dieses wurde dann in Formen von obigen Dimensionen
gedrückt; die Wände der Formen waren vorher benetzt, und dann mit trockenem
Torfpulver bestreut, um das Ausformen zu erleichtern und allen Stücken eine
gleichmäßige Form zu sichern. Diese Stücke wurden neben den Schichtenummern mit b bezeichnet. Ferner wurden von dem rückständigen
Rohtorfe aller Schichten gleiche Volumina entnommen,
unter einander gemischt und wie vorhin behandelt. Einem gleichen Verfahren wurde
dann eine Masse unterworfen, welche gebildet war aus
Quantitäten aller Schichten, welche den Schichthöhen proportional, und
schließlich wurden von Schicht I, II, IV und V den
Schichthöhen wiederum proportionale Volume gemischt und wie vorhin
behandelt. Diese Mischtorf-Formstücke erhielten in der Reihenfolge ihres
Entstehens die Bezeichnungen VII b, VIII b und IX b.
Um vor Verlusten sicher zu seyn, wurden sämmtliche Stücke anfangs im Schatten, und
erst später in der Sonne getrocknet. Nr. I a und b und Nr. II b zeigten nach
beendeter Trocknung dennoch Risse. Künstliche Nachtrocknung fand nicht statt.
Das Verhalten der Präparate während der Trocknung zeigte unverkennbar, daß die noch
immer nicht geschwundene, neuerdings von
Dr.
Dullo in Königsberg (Preußische Annalen der
Landwirthschaft, Januar 1861) ausgesprochene Ansicht, es trockne unter gleichen
Umständen Formtorf schneller als Stechtorf, und zwar um so mehr, je weiter er
zerkleinert und je inniger er gemischt sey, mindestens auf Täuschung beruht. Denn
eine annähernd gleiche Trocknung nahm bei den Schnitttorfen nur 10–14 Tage,
bei den Form- und Mischformtorfen aber 16–20 Tage in Anspruch.
Das langsamere Trocknen einer innigst gemischten und dann geformten Torfmasse ist
unläugbar unter allen Umständen ein Uebel. Es wird jedoch reichlich aufgewogen, da
die Formstücke, wenn die Mischung innig genug erfolgt war, schon nach einigen Tagen
den Witterungseinflüssen sehr gut widerstehen, und da sie in Folge ihrer späteren
Festigkeit fast keinen Verlust beim Trocknen, Einsetzen und Transportiren erleiden;
ihr geringeres Volumen macht sie außerdem noch wesentlich transportfähiger, und
folglich werthvoller.
Daß die verschiedene Behandlungsweise gleicher Mengen derselben Torfsubstanz auf die
Beschaffenheit der lufttrockenen Waare, namentlich auf die Contractionsfähigkeit der
Massen, ungemein und wohl viel wesentlicher einwirkt als gewöhnlich angenommen wird,
ging aus den Versuchsarbeiten ebenfalls hervor. Die folgende Tabelle, deren Werthe
circa 6 Monate nach Herstellung der Präparate
erhoben wurden, diene zur Uebersicht.
Tabelle I.Bezeichnung des Torfes.
Absolutes Gewichtder Stücke.Gramme.
Spec. Gewichtder Stücke.
I.
Stechtorf aFormtorf
b
192,2207,1
0,7331,000
II.
Formtorf b
226,1
0,802
III.
Stechtorf aFormtorf
b
53,9 72,5
0,1100,290
IV.
Stechtorf aFormtorf
b
90,8101,9
0,3700,662
V.
Stechtorf aFormtorf
b
80,2110,0
0,2250,614
VI.
Stechtorf aFormtorf
b
107,7125,9
0,2370,418
VII.
Mischtorf b
138,4
0,948
VIII.
Mischtorf b
138,2
0,945
IX.
Mischtorf b
168,5
1,118
Die Werthe der Tabelle sind die Durchschnitte aus je drei Präparaten.
Summirt man nach dieser Tabelle die absoluten und die specifischen Gewichte der
geschnittenen und der geformten Stücke der Nummern I bis VI für sich, zählt den
Schnittstücken den als Constante zu betrachtenden Werth der Nr. II b zu, und zieht aus den Resultaten die Mittel, so erhält
man die in folgender Tabelle zusammengestellten Werthe.
Tabelle II.
Absolutes Gewicht.
Spec. Gewicht.
aI Stechtorf a
125,1
0,413
bI Formtorf b
140,1
0,631
Folglich für letzteren
+ 15,0
+ 0,218
Da die Rohmasse zu dem Mischtorfe Nr. VII b aus gleichen
Quantitäten aller Schichten, also genau aus demselben Rohtorfe zusammengesetzt ist,
für dessen einzelne Schicht-Formstücke in Tabelle II unter bI der
Durchschnittswerth angegeben ist, so könnte man annehmen, daß ihr Werth mindestens
annähernd übereinstimmen müsse mit dem Durchschnittswerthe des Formtorfes,
besonders, da den Massen beider die möglichst gleiche Behandlung zu Theil wurde. Das
ist aber durchaus nicht der Fall; denn die Zusammenstellung der Werthe beider
Gattungen ergibt:
Tabelle III.
Absolutes Gewicht.
Spec. Gewicht.
bI Formtorf b
140,1
0,631
bII Mischtorf b
138,4
0,946
Folglich für letzteren
– 1,7
+ 0,315
In wie weit das Kneten und Formen mit dem Torfe jeder einzelnen Schicht ausgeführt,
durchschnittlich Einfluß übte auf die bessere Beschaffenheit dieses Torfes im
Vergleich zum Schnitt- oder Stechtorf, ergab Tab. II. – Tab. III
brachte die Differenzen des Durchschnittswerthes der Formtorfe, verglichen mit dem
Mischtorfe, zur Anschauung; zur Vervollständigung mag nun auch eine Zusammenstellung
des Durchschnittswerthes des Schnitt- oder Formtorfes mit dem Werthe des
Mischtorfes VII b Platz finden:
Tabelle IV.
Absolutes Gewicht.
Spec. Gewicht.
aI Stechtorf a
125,1
0,413
bII Mischtorf b
138,4
0,946
Folglich für letzteren
+ 13,3
+ 0,533
Die Mischformarbeit hat demnach das absolute Gewicht des resultirten Torfes gegen den
Schnitt- oder Stechtorf um mehr als 10 Proc. vergrößert, das spec. Gewicht
weit über das Doppelte erhöht, und demnach das Volumen desselben um mehr als das
Doppelte vermindert. Der Werth der Mischformarbeit gegen das Stechen leuchtet daher
ganz entschieden ein.
Die absoluten Gewichte der resp. trockenen Torfe führen sich gleichmäßig zurück auf
dieselben Volume der nassen Stücke, deren Gewichtsnotizen leider verloren gingen.
Ihre Vermehrung für den Form- und Mischtorf könnte nun auf einem größeren
Feuchtigkeitsgehalte beruhen, der sich jedoch nach den vorgenommenen
Wasserbestimmungen nicht ergab. Im Gegentheil stellte sich der Gehalt an
hygroskopischem Wasser bei den Formtorfen um mindestens 1, bei den Mischtorfen
gewöhnlich über 2 Proc. geringer heraus, wornach sich der Gehalt an Trockensubstanz
dieser Gattungen ferner um 3/4–1 1/2 Proc. erhöht. Dieser Mehrgehalt an
Trockensubstanz von nun zusammen circa 11 Proc. erklärt
sich daher, daß Gase, welche mehr oder minder in jeden rohen Torf eingeschlossen
sind, dem Schnitttorfe verbleiben, während sie durch das Kneten aus der Formmasse
entfernt wurden. An ihrer Statt überkam dann der Form ein gleiches Volumen feuchter
Torfsubstanz.
Die Differenzen der specifischen Gewichte, welche sich nach Tab. III zwischen dem
Durchschnittswerthe der Formtorfe und dem Mischtorfe so auffallend ergaben, finden
ihre Erklärung in den abweichenden Eigenschaften der bezüglichen Breimassen, und in
ihrem Verhalten zur Trocknung. Der Brei von Schicht I und II war zwar fein und
schlammig, nicht aber schleimig und zäh, welche Eigenschaften allein dem Brei der
Schicht IV, trotz seiner faserigen Beschaffenheit, mehr eigen waren. Der Brei der
übrigen Schichten war ihrer Natur entsprechend, grob, hart, porös. Bis auf Nr. IV
b, welche etwas gekrümmt und verzogen erschien,
behielten sämmtliche Stücke des Form- und Schnitttorfes ziemlich regelmäßige
Gestalt. Der Mischbrei erlangte unter der Arbeit schnell eine ungemein schlüpfrige
und schleimig zähe Beschaffenheit, welche jedenfalls den Einwirkungen der in einer
oder in mehreren Schichten im Ueberschuß vorhandenen Humussäure auf die weichen,
sich leicht zerreibenden Fleisch- und Fasertheile der übrigen, an dieser
Säure ärmeren Schichten zuzuschreiben ist. Ob dieser resp. Ueberschuß aus Schicht I,
II oder IV herrührt, konnte bei dem Mangel an Agentien nicht ermittelt werden.
Während der kurzen Ruhe des Breies und während des Formens steigerten sich diese
Eigenschaften noch merklich, und gaben dem Brei fast den Charakter einer gelatinösen
Masse, welchen die Stücke bis zum Erhärten der Flächen bewahrten. Letzteres trat
ziemlich schnell ein; die Flächen erlangten bald eine große Dichte und Festigkeit,
welche die Verdunstung des Wassers nothwendig verzögern mußten. Nach Maaßgabe der an
den Ecken und Kanten stärkeren Verdunstung legte sich die Torfsubstanz an diesen
Stellen auch schneller fest an, als in den mittleren Partien; die Flächen wurden
dadurch immer mehr eingezogen, und die trockenen Stücke erlangten so in ihren
äußeren Formen die Gestalt starker Tafeln von Leim oder Gelatine, denen sie endlich
zum Verwechseln ähnlich wurden. Größere Hohlräume (Poren und Luftklüftungen), welche
in den Formstücken der einzelnen Schichten, und selbst in den schweren Sorten der
Nr. I und II vorkommen, finden sich im Mischtorf nicht. Seine größere Dichtigkeit
ist daher weniger Folge eines gesteigerten Contractionsvermögens, als einer
lebhafteren Attractionskraft, welche der Masse durch Verbindung aller Schichten
eigen wurde, und bis zum völligen Erhärten in ihr thätig blieb.
Sämmtliche Mischtorfstücke sind von so großer Zähigkeit und von so festem
Zusammenhange, daß sie kräftig gegen harte Körper geworfen werden können, ohne zu
zerbrechen. Ihre Zerkleinerung gelingt nur mit Mühe, unter heftigem Druck, oder
durch kräftige Schläge. Aneinander gerieben, bröckeln sie nicht ab, sondern glätten
sich und nehmen Glanz an, was bei den übrigen Formstücken nicht, oder nicht in
diesem Grade der Fall ist. Von ganz vorzüglicher Beschaffenheit ist besonders die
Nr. IX b, deren spec. Gewicht und Festigkeit kaum noch
irgend welchem Wunsche Raum geben.
Nach diesen Resultaten dürfte die Methode, welche den Zwecken conform, für den Abbau
des in Rede stehenden Torffeldes zu befolgen ist, feststehen. Schicht I, II, IV und
V sind wie Nr. IX b nach Maaßgabe ihres Vorkommens unter
möglichster Zerkleinerung der gröberen Beimischungen durcheinander zu kneten; der
entstandene Brei kann entweder nach hannoverscher Methode in Plätze geschlagen, und
(unter öfterem Stampfen) nach genügender Concentration in Soden geschnitten, oder
von Hand sogleich frisch verformt werden. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß dasselbe Verfahren
selbst auf solche Lager angewendet, deren Torf in physikalischen Beziehungen
wesentlich von dem Wasiljewskoe Torfe abweicht, von gleich günstigen Erfolgen seyn
wird. Die ausschließliche oder doch die Hülfsanwendung künstlicher Trocknung würde
Werth und Transportfähigkeit der fertigen Waare durch Verminderung ihres
Wassergehaltes wesentlich steigern. Die zu diesem Zwecke bisher angewandten oder in
Vorschlag gebrachten Apparate und Methoden sind jedoch im Allgemeinen noch so
mangelhaft, daß ihre Einführung in die große Praxis nur mit äußerster Vorsicht
erfolgen, nicht aber geradezu angerathen werden kann. Auch die
Zerkleinerungsapparate lassen noch Manches zu wünschen, und es bleibt Sache der
Constructeure, für die verschiedenen Torfgattungen das Geeignetste ausfindig zu
machen oder noch zu ersinnen. Die Apparate müssen den physikalischen Eigenschaften
des je vorliegenden Torfes entsprechen, und werden daher mehr oder minder
verschieden ausfallen. Bei einfachster Construction und zuverlässiger Leistung
müssen genügende Zerkleinerung und innige Mischung der Massen erreicht werden, da
von letzteren der Erfolg besonders abhängt. Der Wasiljewskoe Torf z.B. würde in
Folge der großen Verschiedenheit seiner einzelnen Schichten resp. des ungemein
festen Zusammenhanges ihrer Mehrheit, zunächst einer vorbereitenden Operation
unterworfen werden müssen, dahin, daß die festen Gefüge in
kleinere Brocken zerrissen und wesentlich gelockert würden, bevor ihre
weitere Zerkleinerung und ihre Vermischung mit den schlammigen Massen in irgend
welchem, z.B. dem Weber'schen Apparate, erfolgreich
bewirkt werden könnte. Walzen, deren gezahnte Mäntel mit gezahnten Rippen versehen
sind, welche scherenartig und dicht in- und übereinander schneiden und welche
sich mit sehr verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen, dürften diese Arbeit am
zuverlässigsten verrichten, ohne den ohnehin nöthigen großen Kraftaufwand durch
Reibungen der Torfmasse an Wänden etc. nutzlos zu steigern.
Bis zu diesem Schlusse war vorstehende Abhandlung schon vor circa 1 1/2 Jahren gediehen und der Redaction dieses Journales zur
Veröffentlichung übergeben. Wegen Mangel an Raum wurde sie jedoch damals nicht
sogleich aufgenommen und sollte dann vor dem Druck erst durch die Untersuchungen der
Torfpräparate auf ihre Destillationsproducte, sowie durch Beifügung der
Destillationsresultate der Fabrik Wasiljewskoe erweitert und vervollständigt werden.
Darüber aber und durch Mangel an Zeit zu derartigen Arbeiten war sie in
Vergessenheit gerathen, und wurde mir erst vor einigen Tagen durch eine Broschüre
von Fr. Versmann
in London
„Ueber Herstellung von condensirtem Torf etc.“ (Hannover,
Gebrüder Jaenecke) wieder ins Gedächtniß zurückgeführt.
Ich habe sie nun beendet, füge ihr eine kurze Besprechung der Versmann'schen Torfcondensirungsmethode ein, und übergebe sie der
Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, daß sie Einiges zur Lösung noch schwebender
Torf-Gewinnungs- und Verwerthungsfragen beitragen möge.
––––––––––
Die von Versmann cultivirte Methode der Torfpräparation
oder Condensation fällt principiell zusammen mit der von Weber in Stalltach, und verfolgt generell denselben Weg, den ich oben
vorgeschlagen habe. Auch Versmann entfernt – außer
fremden Körpern, Baum- oder Wurzelstrünken – nichts aus der Masse des
rohen Torfes, sondern zerkleinert nur die gröberen und weniger zersetzten
Substanzen, mit vorzüglichem Erfolg, und mischt zugleich die ganze Masse während dem
und bei dem späteren Formen innig unter einander. Versmann's Zerkleinerungsapparat besteht aus einem umgekehrt aufgestellten
eisernen Trichter, dessen Mantel von 1/8 Zoll im Durchmesser weiten Löchern
durchbrochen ist, von denen 25 Stück auf einen Quadratzoll kommen. In diesem
Trichter dreht sich ein Conus, an dessen Mantel zwei schraubenartig gewundene
Stahlmesser angebracht sind, deren äußerste Kanten dicht an dem Mantel des Trichters
vorbeigehen. Sie erfassen den Torf, pressen ihn abwärts und gegen den
Trichtermantel, resp. durch dessen Bohrungen hindurch, wobei die in die letzteren
sich mit einschiebenden Fasern etc. durch die scherenartig wirkenden Messer
abgeschnitten und so vielfach zerkleinert werden. Gröbere Beimischungen gelangen im
Trichter herab, und treten unten durch eine Oeffnung aus. Die aus den 1/8'' weiten
Löchern des Trichters fadennudelartig austretende Torfmasse wird dann einer
Formmaschine übergeben, welche im Wesentlichen aus einer, in einem verticalen
Cylinder eingeschlossenen archimedischen Schraube besteht (analog der Ziegel-
und Torfpresse von Schlickeysen), welche die Torfmasse in
prismatischer oder Drain-Form ausfördert, ohne eine Verdichtung derselben
bewirken zu sollen. Die Drains oder Prismen werden dann in Stücke geschnitten und
auf eiserne Rahmen gestellt, deren mehrere über einander auf Wagen mit niedrigen
Rädern geladen werden.
Um den Formstücken die für diese Hantirung nöthige Consistenz zu geben, resp. um sie
für die spätere Trocknung formhaltig zu machen, entfernt Versmann aus dem Rohtorf circa 20 Proc.
Wasser, bevor er dem Zerkleinerungsapparate übergeben wird. Zu diesem Zwecke wird
der Torf entweder einer gelinden Pressung unterworfen, oder vermittelst eines endlosen Bandes zweimal
durch einen Raum passirt, dessen Temperatur auf 150° C. erhalten wird. Die
Trocknung wird ausschließlich auf künstlichem Wege bewirkt und zerfällt in zwei
Operationen, in deren erster feuchte Wärme angewendet
wird, um das vorschnelle Erhärten der Außenseiten (die nach vorn bei allen
Mischtorfen eingetretene, gewissermaßen gelatinöse Erstarrung) zu verhindern, und
sie so nach vollständiger Durchhitzung der ganzen Massen zur Verdunstung des
eingeschlossenen Wassers fähiger zu erhalten. Zur Herstellung dieser feuchten Wärme
führt Versmann zugleich mit auf circa 30° C. erhitzter Luft, welche von einem Ventilator geliefert
wird, Wasserdampf in einen geschlossenen Raum ein, durch welchen die mit Torf
beladenen Rahmenwagen passirt werden. Sie verweilen in diesem Raume 36–40
Stunden, und nun erst wird mit der zweiten Operation vorgegangen, indem die Wagen
einen zweiten Raum Passiren, in welchem der Torf 6–8 Stunden einem trockenen Strome auf circa
150° C. erhitzter Luft ausgesetzt wird. Die Trocknung soll darnach in einem
so hohen Grade beendet seyn, daß der Torf nur noch circa
10 Proc. hygroskopisches Wasser enthält, und soll der Brennmaterialaufwand bei
dieser Trocknungsmethode nur 5 bis 6 Proc. des zu trocknenden Quantums betragen.
Es ist zu bedauern, daß die Versmann'sche Broschüre
Angaben über die spec. Gewichte derselben Torfgattungen, welche nach seinem oder
nach anderem Verfahren hergestellt wurden, nicht enthält, besonders da die mir mit
der Broschüre vorliegende Probe (in Drainform) nichts zu wünschen läßt. Ihr
specifisches Gewicht beträgt 1,109; sie verlor durch 48 Stunden langes Trocknen bei
100° C. nur 10,5 Proc, Wasser.
Die von Versmann angewandte Zerkleinerungsmaschine ist
einfach in Form und Wesen, und augenscheinlich zuverlässig und dauernd in ihren
Leistungen. Dasselbe kann von seiner auch an anderen Orten schon vielfach bewährten
Formmaschine behauptet werden. Sofern sich nun die Trockenmethode ebenfalls bewährt,
sofern sie namentlich einen höheren als den angegebenen Brennmaterial-Aufwand
nicht erfordert, ist durch Versmann auf dem Gebiete der
Torfgewinnung ein eben so entschiedener als dankenswerther Schritt vorwärts gethan
und ist dann seine Methode der weitesten Verbreitung fähig.
––––––––––
Zurückkehrend zum Wasiljewskoe Torf, wurde die trockene Destillation der Präparate in
der, für kleinere Quantitäten oder für „Proben“ wenn nicht
ausschließlich möglichen, so doch unstreitig richtigsten und zuverlässigsten Weise,
in einer Glasretorte von geeigneter Form und Größe, vorgenommen. Behufs der Erzielung körperlich
gleicher Massen wurden sämmtliche Torfsorten durch Zerraspeln in Pulver verwandelt,
dieses dann durch ein Sieb geschlagen und der Rückstand weiter zerkleinert. Um
gleiche Beschickung zu erzielen, wurden von diesem Pulver stets gleiche Quantitäten
abgemessen, dann verwogen und der Retorte übergeben. Dieselbe Retorte aus Zechliner
Glas, von Rohrbeck in Berlin bezogen, hielt zufällig
sämmtliche Destillationen aus und war nachdem noch immer brauchbar, ein Umstand, der
außer in der Güte des Glases, besonders in der richtigen Einleitung des Processes
gründet. Ich erlaube mir, den dabei anzuwendenden Kunstgriff zu beschreiben. Sobald
die vorsichtige Beheizung der gefüllten Retorte durch die Anfangs nothwendig klein
zu haltende Spiritusflamme beginnt, theilt sich die Wärme zunächst dem Retortenboden
mit, wird von dem eingeschlossenen Material absorbirt, und so an einer
gleichmäßigeren Vertheilung gehindert. Schon nach wenigen Secunden bilden sich
Wasserdämpfe, welche sich in den oberen, noch kälteren Retortentheilen condensiren.
Sie sammeln sich an diesen Stellen dann schnell zu Tropfen, welche zurückfließend
nach den unteren, heißeren Wänden, Sprünge und Zertrümmerung der Retorte
veranlassen. Dem kann aber mit Sicherheit dadurch vorgebeugt werden, daß man, sobald
die Condensation der Wasserdämpfe oben beginnt, die Flamme zur größten Intensität
steigert, und so auch den kälteren Theilen schnell eine Temperatur ertheilt, welche
weitere Condensation und das Zurückfließen der Tropfen aufhebt. Es sind dazu nur
wenige Secunden nöthig, so daß die Füllung nicht alterirt wird. Die Flamme wird dann
wieder auf das erforderliche Maaß zurückgebracht, um die Destillation normal weiter
zu treiben.
Die Destillationsresultate der verschiedenen Torfsorten sind in folgender Tabelle
enthalten; die Bezeichnung der Sorten ist der vorgehenden conform.
Tabelle V.
Nummerund Art des Torfes.
KohligerRückstand.
Retortenverlust.
Wasser.
WasserfreierTheer.
Gas.
Resultat,Summa.
Beobachtungsfehler.
I.
Stechtorf a
32,89
0,93
33,60
12,73
20,37
100,52
+ 0,52
Formtorf b
32,95
0,74
33,52
12,97
19,65
99,83
– 0,17
II.
Formtorf a
34,51
0,49
29,35
17,19
18,43
99,97
– 0,03
III.
Stechtorf a
35,85
1,11
43,16
5,12
14,43
99,67
+ 0,33
Formtorf b
35,85
0,81
41,42
5,98
16,01
100,07
– 0,07
IV.
Stechtorf a
38,85
1,87
34,21
9,36
15,51
99,80
– 0,20
Formtorf b
38,73
1,57
33,32
9,85
17,18
99,65
0,35
V.
Stechtorf a
34,83
1,15
39,47
8,43
16,12
100,00
+ 0,00
Formtorf b
34,17
1,17
47,80
47,80
17,00
100,14
– 0,14
VI.
Stechtorf a
32,88
1,43
41,62
6,75
16,60
99,28
– 0,72
Formtorf b
33,14
1,18
40,10
7,03
18,02
99,47
– 0,53
VIII.
Mischtorf b
35,67
0,47
35,31
10,21
18,17
99,83
– 0,17
IX.
Mischtorf b
36,14
0,95
25,57
16,74
19,69
99,09
– 0,91
Die Nr. VIII b wurde der Destillation nicht unterzogen,
da sie nur für die Präparate, nicht aber für die Theerausbeute Werth hat.
Bei Nr. V b zersprang die Vorlage, während der Theer vom
Wasser getrennt werden sollte.
Wie schon früher von mir abgeführte Destillationen ergaben, bestand der Theer der
Schichten III und VI fast ausschließlich aus brenzlichen Säuren; sein spec. Gewicht
war größer als 1,0; er trennte sich schon während der Destillation in zwei
quantitativ fast gleiche Flüssigkeiten, deren eine im Destillationswasser untersank,
während die andere sich mühsam oberhalb erhielt. In Folge fast gänzlichen Mangels an
Paraffin erstarrte er erst bei circa + 10° C. und
war somit für sich zur Verarbeitung auf Leuchtmaterialien nicht allein völlig
unbrauchbar, sondern verdarb im Gemisch mit den besseren Theeren der anderen
Schichten auch diese, und machte so die Darstellung reiner Producte zu einer eben so
schwierigen als zeitraubenden und theuren Arbeit.
Einen für die Darstellung von Beleuchtungsmaterialien vorzüglichen Theer lieferte
Schicht II. Bei 44° C. betrug sein spec. Gewicht 0,883; sein Siedepunkt lag
bei 215° C., sein Erstarrungspunkt bei 30° C. Er zeigte sonach
annähernd dasselbe Verhalten als Theer aus mittelguter Braunkohle, dem er sich auch
in Farbe, Geruch etc. sehr nahe anschließt. Aehnlich verhielt sich der Theer von
Schicht I.
Wie schon vorn angedeutet, waren in der ersten Periode der Torfgewinnung gerade diese
Schichten fast ganz vernachlässigt. Sie standen unter Wasser und waren in Folge
dessen und des sie überdeckenden Holzes, wie auch in Folge ihrer physikalischen
Eigenschaften den Arbeitern zu unbequem. Man begnügte sich daher mit dem bequemeren
Abbau der höheren Schichten, deren lockerer und leichter Torf dann allerdings
schnell und vollständig abschwelte, der aber im Fabrikbetriebe nur 5–6 Proc.
eines Theeres lieferte, von welchem circa 1/4,
herrührend aus dem Torfe der Schichten III und VI, in der Summe der
Destillationsproducte zu Boden sank, so daß nur circa 3
1/2–4 1/2 Proc. als brauchbarer Theer verblieben. Die Verarbeitung desselben
war, wie schon bemerkt, eine äußerst schwierige, und konnten die fertigen Oele
Anspruch auf tadellose Beschaffenheit nicht machen.
Nach Constatirung der wichtigsten Resultate wurde die Torfgewinnung zwar sofort in
der Weise veranlaßt, daß nur die Schichten I, II, VI und V für die Verschwelung
bestimmt, Schicht III und VI aber für sich als Brenntorf bearbeitet und ausgehalten
wurden. Inzwischen war jedoch der kurze und nasse russische Herbst schon
eingetreten, und wurden diese Torfe nur ungenügend trocken. Sie lieferten aber
dennoch bei der
Verschwelung 9–10 Proc. eines recht guten Theeres, dessen Rectification dann
ohne abnorme Schwierigkeiten erfolgte. Proben dieses Torfes giengen mir leider nicht
zu, weßhalb seine Untersuchung im Sinne der Tabelle V unterbleiben mußte. Das
Destillationswasser dieses Torfes wurde nicht gewogen; seine Menge muß jedoch über
50 Proc. vom Torfe betragen haben, da die circa 6 Monate
alten Präparate 33–43 Proc. davon ergaben. Die Theerausbeute von mindestens 9
Proc. muß daher als eine sehr hohe und günstige angesehen werden, besonders da der
analoge Mischtorf Nr. IX b nach Tabelle V bei nur 25,57
Proc. Wasser 16,74 Proc. Theer ergab. Bei gleichem Trockenheitsgrade des im
Fabrikbetriebe verarbeiteten Torfes würde die Theerausbeute proportional circa 11,87 Proc. betragen haben, oder sie hätte mit
anderen Worten circa 70 Proc. der Höhe des analytischen
Resultates erreicht. Die an anderen Orten und durch beliebige Apparate und aus
beliebigen Materialien in der Praxis zu jener Zeit erzielten Theerausbeuten
überstiegen aber nur in sehr vereinzelten Fällen 50 Proc. des analytischen
Resultates, blieben vielmehr gewöhnlich auf nur 35–40 Proc. stehen. Ich würde
gegen meine Ueberzeugung und gegen mein bestes Wissen sprechen, wenn ich behaupten
wollte, es wäre in jüngster Zeit dieses Verhältniß wesentlich besser geworden.
– Die trockene Destillation bituminöser Fossilien bietet dem denkenden
Chemiker und Techniker folglich noch immer ein weites Feld zur Entfaltung einer eben
so interessanten als lohnenden Thätigkeit, lohnend, sofern es über kurz oder lang
gelingen kann und wird, durch Erfindung besserer Schwelapparate auch denjenigen
Theil der Theerdämpfe in condensabler Form zu erhalten und so ganz oder doch
größtentheils als Theer zu gewinnen, welcher bei der Mangelhaftigkeit dieser
Apparate in ihnen bisher zwar gebildet, aber durch
bekannte Veranlassungen in Gas verwandelt, gewöhnlich in die Atmosphäre gejagt und
so vollständig verloren gegeben wird. Das Quantum des derart verloren gehenden
Theeres beträgt heute durchschnittlich noch immer circa
50 Proc., oder es geht mit anderen Worten noch immer eben so viel Theer verloren als
gewonnen wird! Da z. Z. die Schwelereien der Provinz Sachsen per Tag circa 4–500 Ctr. Theer
produciren, repräsentirt dieser Verlust allein an dieser Stelle einen täglichen
Werth von circa 1500 Thlr., erreicht mithin per Jahr die ganz anständige Höhe von circa einer halben Million! – Es ist unter
solchen Umständen nicht erfindlich, daß die Theerfabrication Anspruch haben könne
auf diejenige Vollkommenheit ihrer Apparate und Methoden, welche ihr so gern und so
pomphaft von Einzelnen schon seit längerer Zeit vindicirt ward.
Die Schwelapparate der Fabrik Wasiljewskoe sind cylindrische stehende Retorten von 22 Zoll
Durchmesser und 14 Fuß Höhe. Je neun derselben sind in einem Ofen mit zwei
Feuerungen zu einem System vereinigt; solcher Oefen sind zwei vorhanden, welche in
ihren 18 Retorten per 24 Stunden (je nach dem
Trockenheitsgrade desselben) 350 bis 400 Ctr. Torf verarbeiten. Die tägliche
Leistungsfähigkeit einer Retorte beträgt folglich circa
20 Ctr., ihr Ausbringen (je nach der Beschaffenheit des Torfes) 90–180 Pfd.
Theer. Als Heizmaterial diente theils Torf, theils Holz, welches der Torfstich
nebenher in großen Massen lieferte, theils auch die rückständigen Kohks. Wenn die
Besetzung der Retorten ausschließlich mit letzteren erfolgte, so mußten circa 65 Proc. derselben aufgewendet werden.
In Folge acht russischer Finanzwirthschaft stellte die Fabrik Wasiljewskoe ihre
Zahlungen schon ein, bevor die Rectifications-Apparate etc. complettirt und
vollständig in Betrieb gekommen waren. Die Aufarbeitung des Theeres konnte daher nur
unvollständig erfolgen und ihre Resultate haben somit keinen Anspruch auf größere
Genauigkeit. Zur Complettirung dieser Abhandlung mögen sie jedoch ebenfalls hier
Platz finden.
Eine Blasenfüllung von 6000 Pfd. Theer, wie er aus dem zuletzt hergestellten Torfe
gewonnen war, lieferte nach weiterer Behandlung der Rohöle:
1243 Pfd. Photogen von
0,830 spec.
Gewicht
= 20,7 Proc.
1582 Pfd. Solaröl von
0,865 „
„
= 26,4 Proc.
1409 Pfd. Paraffinmasse
= 23,3 Proc.
660 Pfd. rohes Kreosot
= 11,0 Proc.
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
4894 Pfd. Fabricat
= 81,4 Proc.
Die Oele waren von tadelloser Beschaffenheit; die Paraffinmasse krystallisirte leicht
und gesund. Eine Verwiegung der sich durch die Rectification ausscheidenden Producte
fand nicht statt.
Das Kreosot wurde durch Kohlensäure aus den Waschlaugen abgeschieden. Letztere wurden
dann wieder caustisch gemacht und wieder zur Behandlung der Rohöle verwendet. Seiner
größeren Billigkeit wegen kann dieses Verfahren allgemeinster Beachtung empfohlen
werden.
Wenn nach Vorstehendem eine genaue Calculation, resp. eine wirklich verlässige
Rentabilitätsberechnung, auch nicht aufgestellt werden kann, so sind damit doch
verlässige Momente zu folgenden allgemeineren Betrachtungen geboten.
Unter normalen Betriebsverhältnissen kostet eine Klafter lufttrockener Torf, im
gewöhnlichen Stech- oder Streichbetriebe gewonnen, bei einem
durchschnittlichen Gewicht von circa 22 Ctr. incl. aller Nebenkosten und bei geeigneten TransportmittelnTransportmittetn, loco Fabrik nicht unter 30 und nicht über 40 Sgr., im Mittel
mithin circa 35 Sgr., oder es kosten 100 Pfd.
lufttrockener Torf circa 1 Sgr. 7 Pf. Aus 100 Pfd.
können aber 9 und mehr Pfd. Theer gewonnen werden, vorausgesetzt, daß der Torf sich
zur Verschwelung eignet.
Eine Tonne grubenfeuchter Braunkohle, wie sie von hiesigen Schwelereien als
geeignetes Schwelmaterial erkannt und verarbeitet wird, wird ab Grube den
Schwelereien gewöhnlich mit 4–6 Sgr. berechnet, kostet loco Fabrik mithin circa 6 Sgr., und ihr
durchschnittliches Gewicht kann zu 320 Pfd. angenommen werden. 100 Pfd. kosten
sonach circa 1 Sgr. 9 Pf. Da die durchschnittliche
Theerausbeute per Tonne 25 Pfd. nicht übersteigt, so
liefern 100 Pfd. Kohle durchschnittlich circa 8 Pfd.
Theer.
Es steht sonach fest, daß Torf als Schwelmaterial mindestens eben so billig zu stehen
kommt als Braunkohle und daß er, wenn geeignet, ein gleiches Theerquantum liefert.
In diesem Falle ist auch der Werth des Torftheeres nur wenig geringer als der Werth
des Braunkohlentheeres.
Die Destillationsrückstände des Torfes liefern Kohks, welche entweder als
Brennmaterial verwerthet, oder zu Geld gemacht werden können. Die Rückstände der
Braunkohle sind aber werthlos.
Ebenso werthlos als letztere sind die Destillationswässer der Braunkohle, während die
Destillationswässer des Torfes entweder Essigsäure etc. oder Ammoniak in
verwerthbaren Mengen enthalten. Hierdurch und durch den Werth der Torfkohks werden
die Differenzen im Werthe beider Theersorten ausgeglichen.
Es kann nach diesen allgemeinen Betrachtungen keinem Zweifel unterliegen, daß
geeigneter Torf bei richtiger Behandlung und bei rationeller Leitung der
Gewinnungs- und Fabricationsarbeiten auch für die Darstellung von
Leuchtstoffen noch immer und wohl dauernd mit der Braunkohle in Concurrenz treten
kann. So hoffnungslos, wie in neuerer Zeit fast allgemein angenommen wird, ist die
Verwerthung des Torfes auch auf Beleuchtungsmaterialien daher nicht!
Grube v. d. Heydt bei Halle a. S., im Februar 1863.