Titel: | Ueber die von Hrn. Cauderay in Lausanne vorgeschlagene Anordnung der Apparaten-Verbindung an den End- und Zwischen-Stationen elektro-telegraphischer Linien und die Einrichtung des dabei benutzten Hipp'schen Schreibapparates, nebst einigen Bemerkungen über die Schwierigkeiten, welche der Vervollkommnung der elektrischen Telegraphen sich entgegenstellen; von Professor C. Kuhn. |
Autor: | Carl Kuhn [GND] |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LXXXVIII., S. 321 |
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LXXXVIII.
Ueber die von Hrn. Cauderay in Lausanne vorgeschlagene Anordnung der
Apparaten-Verbindung an den End- und Zwischen-Stationen
elektro-telegraphischer Linien und die Einrichtung des dabei benutzten Hipp'schen Schreibapparates, nebst
einigen Bemerkungen über die Schwierigkeiten, welche der Vervollkommnung der
elektrischen Telegraphen sich entgegenstellen; von Professor C. Kuhn.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Kuhn, über Cauderay's Anordnung der Apparaten-Verbindung an
den End- und Zwischen-Stationen elektrotelegraphischer Linien.
Der von Hrn. Cauderay gemachte Vorschlag geht dahin, die
in einer Telegraphenlinie befindlichen sogenannten Zwischenstationen so anzuordnen,
daß dieselben selbstständig nach jeder anderen in derselben Linie enthaltenen
Station signalisiren können, ohne daß die Aufstellung einer Batterie an denselben
nöthig ist, während bei einem und demselben derartigen Systeme mittelst der von den
Batterien der Endstationen ausgehenden Ströme die Schreibapparate in Thätigkeit
versetzt werden sollen.
Zu diesem Vorschlage gaben insbesondere die bei den schweizerischen Telegraphen
bestehenden Verhältnisse zunächst die Veranlassung; die neue Anordnung würde nämlich
es gestatten, die unbequemen Arbeiten, welche die Conservirung der Stationsbatterien
erfordert, den mit dem Telegraphendienste an den kleineren Stationen betrauten
Postbeamten zu entziehen, und zugleich also auch die telegraphische Correspondenz
von der Veränderlichkeit der nicht sorgfältig genug behandelten Rheomotoren
unabhängig zu machen.
Die Idee für diese neuen Anordnungen hatte Hr. C. schon im Jahre 1854; eigentliche
Versuche im großen Maaßstabe aber wurden hierüber erst in den Jahren 1857 und 1858
vorgenommen, welche die Ausführbarkeit des gemachten Vorschlages unter günstigen
Umständen darlegten. Obgleich die Einführung dieses neuen Systems in die Praxis bis
jetzt unterblieben ist, so mag es dennoch von Interesse seyn, das Wesen desselben
kennen zu lernen, und zwar um so mehr, als unter den vielen, mitunter sehr
sinnreichen Einrichtungen, welche für die Verbesserung der elektrischen Telegraphen zum
Vorschlage kommen, sich auch manche ganz unwesentliche von untergeordnetem Werthe
befinden, während die sehr einfachen in Rede stehenden Anordnungen unter günstigen
Umständen von bedeutender Tragweite werden können.
Versuche dieser Art, die Telegraphirbatterien an den untergeordneten Stationen
wegzulassen, wurden zwar schon von mehreren Seiten gemacht, und namentlich gehören
auch Hieher die Unordnungen, um mittelst der Batterien der Endstationen die Apparate
der ganzen Linie in Thätigkeit zu versetzen. Bei diesen Anordnungen, wie sie bei den
mit den Morse'schen Apparaten ausgestatteten
Telegraphenlinien schon in den ersten Jahren der gebräuchlichen
Telegrapheneinrichtungen gewählt worden sind, waren die Batterien der Endstationen
stets in die Linie eingeschaltet, und die ganze Leitungskette war mit allen in ihr
enthaltenen Apparaten geschlossen, und wurde erst beim Signalisiren geöffnet,
während im Ruhezustande die gleichgerichteten Ströme beständig in die Linie
circulirten. Jene Einrichtung – welche in neuerer Zeit durch Frischen wesentlich vervollkommnet wurde –
erforderte aber dennoch die Aufstellung der für jeden Schreibapparat nöthigen
Localbatterie an jeder der einzelnen Stationen; es ist daher nicht unwesentlich, daß
Hr. Cauderay bei Einführung seines Systems die
sämmtlichen Batterien der Zwischenstationen unnöthig macht, da die nach Hipp's Construction abgeänderten Morse'schen Schreibapparate das Relais und mithin auch die Localbatterie
entbehrlich machen, und jene Schreibapparate es sind, welche bei dem vorgeschlagenen
Systeme zur Anwendung kommen.
Was nun die von Hrn. Cauderay in einem Theile seiner uns
vorliegenden Schrift [„le télégraphe
entre l'ancien monde et le nouveau, suivi de la télégraphie
électrique sans pile dans les bureaux intermédiaires, Lausanne
et Paris 1861“] beschriebene Anordnung betrifft, so
unterscheidet sich dieselbe vor allem von den gewöhnlichen Anordnungen dadurch, daß
nicht, wie bei diesen, die ganze Leitungskette in sich geschlossen und beim
Signalisiren die Telegraphirbatterie der zeichengebenden Station in die Linie
eingeschaltet wird, sondern daß beständig die Batterien der beiden Endstationen mit
den sämmtlichen Apparaten aller Stationen in der Leitungskette sich eingeschaltet
befinden, hingegen die Einrichtung getroffen ist, daß die Verbindung der
oberirdischen Leitung (oder der Hauptleitung überhaupt) mit der Erde an einer
beliebigen Stelle hergestellt werden kann, die im Ruhezustande (nur durch die beiden
in entgegengesetztem Sinne wirkenden und gleich starken Rheomotoren der beiden
Endstationen geschlossen, also dennoch streng genommen) unterbrochen ist. Wird diese
Communication irgendwo längs der Leitung bewerkstelliget, so kommt der Strom der Batterie einer jeden
der Endstationen zur Thätigkeit; wird dieselbe aber an einer der Endstationen hergestellt, so arbeiten die Apparate aller übrigen
Stationen, mit Ausnahme der signalisirenden, unter Einwirkung des Stroms der anderen Endstation.
Um nun die eben bezeichneten Zwecke zu erreichen, wird an jeder der Endstationen der
positive Pol der Batterie mit der Erdleitung, der negative Pol aber unter
Einschaltung des Schreibapparates mit dem Ruhecontacte des gewöhnlichen (?) Morse'schen Schlüssels verbunden, und zwischen den
Hebelkörper und die mit einer Lamelle des Commutators verbundene Drahtführung jeder
der sonstigen Apparate, wie z.B. Galvanometer, eingeschaltet; bei dieser Anordnung
wird jede an irgend einer Station hergestellte Verbindung zwischen der Hauptleitung
und der Erde die Kette schließen, und die Stromquelle einer jeden Endstation zur
Thätigkeit bringen. Eine Abzweigung von der zur Erdleitung führenden
Commutatorlamelle aus zum Arbeitscontact des Schlüssels aber gestattet das Schließen
der ganzen Leitungskette an einer Endstation, ohne daß die Stromquelle dieser
letzteren wirksam werden kann, während die ganze Leitung dabei von dem Strome der
anderen Station circulirt wird. Die Apparate der sämmtlichen Zwischenstationen sind
mittelst des Commutators und eines Doppelschlüssels in die Hauptleitung so
eingeschaltet, daß ein von einer Endstation ausgehender Strom durch die Spiralen der
Schreibapparate aller übrigen Stationen circuliren kann, so lange der Tasterhebel
des Schlüssels an jedem der Zwischenpunkte in seiner Ruhelage sich befindet. Die
Verbindung des Schlüsselkörpers an einer jeden der letzteren mit der Erdleitung aber
gestattet, daß beim Niederdrücken des Tasterhebels an einer derselben alle links von
ihr befindlichen Stationen mittelst der Stromquelle der auf dieser Seite
befindlichen Endstation, alle rechts von ihr liegenden Stationen mittelst der
Stromquelle der anderen Endstation die Zeichen an ihren Schreibapparaten empfangen,
während an der signalisirenden Station selbst der Schreibapparat nicht mitarbeitet.
Der angestrebte Zweck wird also erreicht, wenn man jede Zwischenstation bei der eben
erörterten Anordnung mit einer eigenen Erdleitung versieht, und hierdurch wird es
jeder derselben möglich, die Zeichen nach rechts und links durch gleichzeitige
Einschaltung der Batterien der Endstationen gelangen zu lassen. Hiebei mußte aber,
wie erwähnt, der Schlüssel an einer jeden Zwischenstation eine kleine Abänderung
erfahren, und außerdem müssen an jeder der letzteren Stromregulatoren oder Rheostate
eingeschaltet werden, welche die mittelst des Schließens der Kette an einer
Zwischenstation ausgeschalteten Leitungswiderstände, welche die betreffenden Theile
der Hauptleitung bei der Correspondenz von einer Endstation aus darbieten, zu ersetzen haben, um
jeden der arbeitenden Ströme auf die zugehörige normale Intensität
zurückzuführen.
Zur Erläuterung seines Systems wählt Hr. Cauderay eine
Linie von bestimmter, etwa von 50 Lieues Länge, und schaltet in diese zwei Stationen
ein, von welchen die eine von ihrer Endstation um 15, die andere von dem anderen
Endpunkte um 25 Lieues, also beide unter sich um 10 Lieues von einander entfernt
seyn sollen. Das Schema für die Anordnung der Apparate und die Stromläufe ist in
Fig. 1
dargestellt. In diesem Schema bedeuten die den einzelnen Figuren beigesetzten
Bezeichnungen die nachbenannten Apparate: P die
Batterie, H den Hipp'schen
Schreibapparat, L den Schlüssel, B ein Galvanometer oder überhaupt ein magnetisches Rheometer, W den Wechsel oder Commutator und dergl., R einen Rheostaten oder einen eingeschalteten Widerstand
von bestimmter Größe, und daß T₁, T₂, T₃ und T₄ die Erdplatten der vier Stationen bedeuten,
ist ohnehin ersichtlich. Der Schlüssel L hat, wie es
scheint, an jeder der beiden Endstationen dieselbe Einrichtung wie der gebräuchliche
Morse'sche (Fig. 1a); bei diesem ist bekanntlich n der beim
Niederdrücken der Taste t um die Achse des metallenen
Lagers o drehbare Metallhebel, welcher an seinem einen
Ende in der Ruhelage das Contactstück i berührt, beim
Niederdrücken der Tafte t aber mit dem Contactstücke l in Berührung kommt, während jener Contact dabei
aufgehoben wird; die Feder m führt den Tasterhebel
wieder in seine Ruhelage zum Contacte i zurück. Bei den
Stationen A und D ist in dem
Schema der Schlüsselkörper oder vielmehr das Lager o mit
1, der Ruhecontact mit 2 und der sogenannte Arbeitscontact l mit 3 bezeichnet; in der Ruhelage des Schlüssels sind 2 und 1, beim
Niederdrücken desselben aber 3 und 1 in metallischer Verbindung. An einer jeden der
Stationen B und C hat der
Schlüssel 5 Contacte; hiebei bedeutet wieder 1 das (in Fig. 1a
angezeigte) Lager o; 2 und 4 sind zwei unter
einander isolirte Contactstücke, welche durch den kurzen Arm des Tasterhebels in
leitende Verbindung gebracht werden können, während dabei aber dieser kurze Hebelarm
von dem Lager o und dem übrigen Theile des
Schlüsselkörpers isolirt seyn muß; 3 und 5 sind ebenfalls zwei unter sich und von
den übrigen Apparattheilen isolirte Contactstücke, die durch den längeren Arm des
Tasterhebels, wenn dieser niedergedrückt wird, unter sich und mit diesem selbst
leitend verbunden werden.
Die Stromstärken der Batterien der Endstationen A und D müssen beständig so regulirt werden, daß der von P₂ ausgehende Strom seine Maximalwirkung annimmt,
wenn von Station A aus telegraphirt, und der Strom von
P₁ seine größte Wirkung ausübt, wenn von D aus signalisirt wird. Hiebei ist jedesmal die ganze Linie von 50 Lieues
Länge in die Kette eingeschaltet. Wird hingegen von B
aus signalisirt, so bringt der Strom P₁ bloß den
Apparat bei A, der von P₂ nur die Apparate in C und D in Thätigkeit; für die erste Batterie ist also jetzt
der Widerstand um 35, für P₂ aber um 15 Lieues
geringer als der normale geworden. Es ist daher vermöge der Anordnung dafür gesorgt,
daß der Strom von P₁ durch den Rheostaten R₁, der von P₂
durch R₂ in diesem Falle circuliren muß. Wird von
C aus signalisirt, so muß der Strom von P₁ durch R₃,
der von P₂ durch R₄ gehen, wodurch also wieder die ausgeschalteten Widerstände der Linie
ersetzt und die Stromgröße auf die normale zurückgeführt werden kann, wenn diese
nicht durch anderweitige Einwirkungen modificirt wird.
Um den Stromlauf beim Signalisiren von irgend einer der Stationen
aus zu erkennen, wollen wir zwei Fälle betrachten. Gesetzt, es würden zunächst von
einer Endstation, z.B. von A aus, die Zeichen nach den
übrigen Stationen versendet, und wir verfolgen bloß die Stromeswirkung bei
einmaligem Niederdrücken des Schlüssels bei A, wo also
die Contacte 1 und 3 des Schlüssels L₁ unter sich
in Verbindung gebracht seyn sollen. Vor allem sehen wir, daß die Batterie P₁ nunmehr aus der Kette genommen ist; hingegen
ist jetzt in der geschlossenen Kette die Batterie P₂ der Station D eingeschaltet. Der Strom
dieser Batterie kann nämlich, wenn wir denselben von dem Pole 2 der Kette P₂ ausgehend denken, den durch die ausgezogenen
Pfeile angegebenen Weg nehmen; derselbe wird von P₂ aus nach H₄ gelangen, hier bei 1,
dem Anfange der Spirale ein-, bei 2, dem Ende der Spirale des Elektromagneten
des Schreibapparates, austreten, zum Contacte 2, und von hier zum Contact 1 von L₄ gelangen, um bei 2 in die Spirale von B₆ ein, bei 1 wieder aus dieser auszutreten, um
nach der Lamelle 1 von W₄ zur Leitung der dritten
Linie zu kommen; aus dieser gelangt der Strom bei der Station C in die Lamelle 2 von W₃, durch 1 und
2 von B₅, von hier aus nach 4, dann durch 2 von
L₃, kommt bei H₃ durch 2 in und bei 1 aus der Spirale des Schreibmagneten, geht von
da aus durch die Spirale von B₄, und gelangt
sodann durch die Lamelle 1, 1 von W₃ in die
zweite Linie, um jetzt bei 2 von W₂ durch die
Spirale von B₃ der Station B, von 2 B₃ aus nach 4 L₂, 2 L₂, 2
H₂, 1 H₂,
1 B₂, 2 B₂ und
endlich nach 1 W₂ zu kommen, von wo aus sodann
der Strom seinen Weg durch die erste Linie nach A nimmt,
um hier bei 1 W₁ einzutreten, die Spirale von B₁, zu Passiren, von 2 B₁ nach 1 L₁ und 3 L₁ zu gelangen, und endlich bei 3 W₁ in den zur Erdleitung T₁, führenden Draht zu kommen, von wo aus der Strom nach D zurückkehrt, hier durch T₄ bei 3 W₄ die Station D erreicht und bei 1 P₂ in die Batterie wieder eintritt. Durch die hiebei auftretende
Stromeswirkung werden also die Schreibapparate H₄, H₃ und H₂, in Thätigkeit gesetzt, während der Apparat H₁, der zeichengebenden Station nicht afficirt
wird. Auf ähnliche Weise ergibt sich, daß wenn die Station D signalisirt, die Batterie P₁ der
ersten Station sowohl den Apparat dieser, als auch die Apparate H₂ und H₃ in
Thätigkeit versetzen wird, während dabei wieder der Strom von P₁ durch die ganze Linie geschlossen wird, und der Apparat bei D nicht mitarbeiten kann.
Telegraphirt hingegen eine Zwischenstation, z.B. Station B, so wird die Batterie P₁ in die Leitung der ersten Linie von 15, die Batterie P₂ in die Leitung von D bei B von 35 Lieues Länge eingeschaltet; der
erste Strom nimmt dann von A aus den durch die Richtung der punktirten
Pfeile, der Strom von P₂ aus nimmt den durch die
Richtung der ebenfalls punktirten – aber an dem hinteren Ende besonders
markirten – Pfeile angedeuteten Weg. Jener geht nämlich von 2 P₁ aus nach 1 H₂ und 2 H₂, 2 und 1 von L₁, 2 und 1 von B₁, 1 W₁ und erste Linie, nach 1 W₂, 2 und 1 von B₂ nach 1 H₂ und 1, 2 von R₁, 3 und 1 von L₂, 3 W₂ und T₂ um durch die Erde nach T₁,
u.s.w. und nach 1 P₁ zurückzukehren. – Der
von P₂ bei 2 ausgehende Strom macht die Wege:
1–2 von H₄, nach 2–1 von L₄ und ganz so wie in dem zuerst beschriebenen,
durch die ausgezogenen Pfeile angedeuteten Falle bis zur Station B, von wo aus derselbe bei 2 W₂ eintretend nach 1–2 von B₃ gelangt, hierauf durch 1–2 von R₂ gehen muß, um von 5 und 1 des L₂
aus auch durch 3 W₂ zu T₂ und von da aus durch die Erde nach T₄ und zur Batterie P₂ zurückkehren
zu können. – Der Strom von P₁ mußte dabei
einen Widerstand R₁ von 35, der Strom von P₂ hingegen nur den Widerstand R₂ von 15 Lieues aufnehmen, und dieß sind die
Widerstände, welche den aus der Linie ausgeschalteten entsprechen. – Auf
gleiche Weise findet man, daß wenn von Station C aus
telegraphirt wird, der Strom von P₂ in der
dritten Linie verbleibt und H₄ in Thätigkeit
versetzt, der Strom von P₁ aber durch die erste
und zweite Linie geht und die Apparate H₁ und H₂ in Thätigkeit bringt, während H₃ dabei nicht afficirt werden kann.
Die Anordnung des eben beschriebenen Cauderay'schen
Systems gestattet, wie man sieht, zwischen den Endpunkten einer telegraphischen
Linie, zwischen welchen noch eine directe Correspondenz von einer Endstation zur
anderen ohne Translation möglich ist, eine beliebige Anzahl von Stationen
einzuschalten, ohne daß eine andere Stromquelle dabei nothwendig wird, als die an
den Endpunkten befindlichen Batterien. Man hat zu dem Ende nur die ganze Linie in
eben so viele Abtheilungen als Zwischenstationen angelegt werden sollen, zu
zerlegen, zwischen je zwei auf einander folgenden Theilungspunkten der
Zwischenstation in der angegebenen Weise (Fig. 1) die Apparate
einzuschalten, und dabei die Anordnung zu treffen, daß an jedem der Zwischenpunkte
die dem Signalisiren entsprechende tactmäßige Verbindung und Unterbrechung zwischen
der Haupt- und der Erdleitung vorgenommen werden kann.
Dieses System hat noch einen anderen Vortheil außer demjenigen welcher, wie erwähnt,
in der Beseitigung der Batterien an den Zwischenstationen besteht. Bei der
gewöhnlichen Anordnung der elektrischen Telegraphenlinien können bekanntlich die
Apparate der sämmtlichen zu einer und derselben Linie gehörenden Stationen im
Ruhezustande auch durch fremdartige Ströme, die zwischen der Erdstrecke und der
Leitung circuliren, und bald von größerer, bald nur von geringer Intensität sind,
afficirt werden; beider vorliegenden Anordnung aber, bei welcher die Verbindung
zwischen der oberen Leitung (oder Hauptleitung überhaupt) und der Erde im
Ruhezustande unterbrochen bleibt, werden Ströme dieser Art auf die eingeschalteten
Apparate keinen Einfluß ausüben können: die entweder durch Influenz oder durch Induction von Seite der
Gewitterwolken erzeugten Entladungsströme aber werden zwar bei der in Rede stehenden
Anordnung auf die Apparate der Stationen einwirken können, jedoch kann die Wirkung
derselben nicht auf die ganze Leitungsstrecke, sondern nur auf die Apparate zweier
benachbarten Stationen sich erstrecken. Die Einschaltung von telegraphischen
Blitzableitern wird daher bei dieser Anordnung nicht umgangen werden können.
Die principielle Anordnung aber, welche die genannten Vortheile darbietet, kann
selbst wieder die Quelle von Uebelständen werden, welche bei den bestehenden
Einrichtungen nicht auftreten können, die jedoch wieder in anderer Weise die
letzteren afficiren. Vermöge der von Hrn. Cauderay
gewählten Anordnung kommt nämlich eine Anziehung der Anker der Schreibapparate
sämmtlicher Stationen zu Stande, wenn längs der Leitung irgend eine Stelle derselben
mit der Erde auf directem oder indirectem Wege leitend verbunden wird. Die Anordnung
setzt also stillschweigend voraus, daß der Isolationszustand der ganzen Leitung ein
vollkommener sey. Daß aber eine vollkommene Isolation der Leitungsdrähte von der
Erde weder bei oberirdischen noch bei unterirdischen und unterseeischen Leitungen
mittelst der sämmtlichen bis jetzt zur Anwendung gekommenen Hülfsmittel nicht
erlangt werden konnte, darüber geben uns sowohl die bei den bestehenden Telegraphen
in Folge der Isolationsfehler von Zeit zu Zeit und zwar nicht selten eintretenden
Störungen, als auch die vielen Vorschläge, welche sich auf die Verbesserung der
Leitungen beziehen, genügenden Aufschluß. Geringe Isolationsfehler, wenn solche nur
in der Nähe der Zeichen gebenden Station vorkommen, werden bei dem in Rede stehenden
Systeme allerdings weit geringern Einfluß auf die Stärke der an den empfangenden
Stationen zur Thätigkeit kommenden Ströme haben, als bei den gebräuchlichen
Einrichtungen; kommt aber an irgend einer Stelle der Linie eine Zweig- oder
Nebenleitung vor, wie solche bei anhaltenden starken meteorischen Niederschlägen
oder bei starkem Nebel etc. nicht selten eintreten, oder wird selbst durch zufällige
Umstände eine leitende Verbindung zwischen Draht und Erde hergestellt, so werden die
sämmtlichen Anker der eingeschalteten Schreibapparate angezogen, und das
Telegraphiren wird für die Dauer einer derartigen Störung unmöglich. Die
beschriebene Einrichtung ist daher nur für solche günstige Umstände von Vortheil,
unter welchen die Isolationsfähigkeit der Leitung in gutem Zustande sich befindet,
und die Leitung gut conservirt werden kann, während sie unter gewöhnlichen Umständen
kaum die bestehenden Anordnungen alteriren wird. Bezüglich der Distanz der
Endstationen, welche bei dem Cauderay'schen Systeme noch
im äußersten Falle
erreicht werden kann, mögen wohl dieselben Grenzen, wie sie theils durch die
Empfindlichkeit der Apparate, ferner durch die Tragweite der anwendbaren
Stromquellen und theils auch durch die Mangelhaftigkeit der Isolation der Leitung
bei den bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, zur Geltung kommen, da der von
einer Endstation ausgehende Strom durch die ganze Leitung circuliren muß, wenn die
andere Endstation die signalisirende ist.Um Eingange der vorliegenden Erörterungen wurde erwähnt, daß eine ähnliche
Anordnung, wie die von Cauderay, bis jetzt nicht
bekannt geworden sey. Erst als diese Schrift dem Drucke schon übergeben
worden war, fand ich zufällig im Jahrgang 1861 des polytechnischen
Centralblattes (S. 561) die von Hrn. Dr. Zetz'sche bearbeitete (und mit nicht unwichtigen
Zusätzen versehene) Abhandlung: „Die neue Einschaltung der
Telegraphenstationen von Ingenieur F. Teirich
in Wien.“ Aus dieser Abhandlung, sowie aus der von mir
seitdem durchgesehenen Originalbeschreibung (Zeitschrift des
österreichischen Ingenieurvereins, Jahrgang 1860 S. 189) geht nun hervor,
daß die „neue Einschaltung“ von F. Teirich von dem in dem Vorliegenden beschriebenen
Cauderay'schen Systeme principiell sich gar
nicht unterscheidet. Hr. Teirich wendet seine
Erfindung für Eisenbahnläutewerke zunächst, dann aber auch bei dem
bestehenden Morse'schen Systeme an, und es
unterscheidet sich also im Allgemeinen seine Einrichtung von der Cauderay'schen dadurch, daß bei dem
Telegraphensystem mit Morse'schen Apparaten nur
die Linienbatterien der Zwischenstationen, nicht aber auch die
Localbatterien wegfallen können, während durch Einführung des Cauderay-Hipp'schen Systems an den
Zwischenstationen jede Stromquelle überflüssig gemacht wird. Indem ich also
hiemit die obige Angabe berichtige, und zugestehen muß, daß von zwei ganz
verschiedenen Seiten eine und dieselbe Idee zu Tage kam, und fast in
gleicher Weise, selbst im Detail (das von Hrn. Teirich etwas weiter ausgeführt wird) die Durchführung derselben
zum Vorschlage gekommen ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als die
Geschichte der in Rede stehenden Einschaltung, soweit als die vorliegenden
Quellen hiefür ausreichen, hier kurz anzufügen, und es mag dann von den
Betheiligten selbst entschieden oder die Entscheidung veranlaßt werden, wem
die Priorität des gedachten Einschaltungssystemes zugestanden werden muß,
wenn überhaupt die allgemeine Einführung desselben jemals in Aussicht
gestellt werden könnte.Ueber Hrn. Teirich's Erfindung geht aus der
vorliegenden Quelle [Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins, 1860
S. 189, 192, 231] hervor, daß die Nachtheile des constanten Stromes (wofür
man mit Frischen besser
„Ruhestrom“ sagt) bei den elektrischen Läutewerken
für Eisenbahnen ihn veranlaßt haben, eine neue Einschaltung dieser Apparate
zu suchen, daß ferner vergleichende Versuche nach der alten und neuen
Einschaltung bei einem Leitungswiderstande von 4 Meilen und 12 Läutewerken,
die in der Kette sich befanden, gemacht wurden, daß ferner eine
Versuchsreihe mit dem neuen Einschaltungssystem auf der 15,75 Meilen langen
und 13 Stationen enthaltenden Telegraphenlinie von Temesvar nach Bazias
vorgenommen, und daß endlich in Folge der gelungenen Versuche auf dieser
Strecke die neue Einschaltung belassen und der Erfinder mit der Einführung
derselben auf der Linie Pest-Czegled – mit 10 Stationen
– beauftragt worden war. Ueber den Zettpunkt dieser Versuche etc.
gibt unsere Quelle gar keine Anhaltspunkte; nur Hr. Zetzsche bemerkt a. a. O. (S. 567), daß er bereits im Anfang des
Jahres 1856 in Wien die neue Einschaltung kennen lernte, ohne daß ihm der
Erfinder genannt wurde Hr. Teirich erhielt am 2.
Juni 1859 für den österreichischen Kaiserstaat ein Privilegium auf seine
Erfindung, deren Beschreibung, wie erwähnt, im Octoberhefte 1860 der
Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins veröffentlicht wurde.Die Gründe, welche Hrn. Cauderay zu seinem
Vorschlage veranlaßten, haben wir bereits erwähnt, und wir lassen daher das
Geschichtliche seiner neuen zum Vorschlage gebrachten Anordnung hier
unverändert nach seinem eigenen Berichte folgen: „En 1854, j'eus la première idée du
système télégraphique que je décris ici
et qui permet
de supprimer toutes les piles dans les bureaux
intermédiaires.....; mais ce ne fut qu'en 1857 que j'eus la
facilité de faire le premier essai à St: Gall.
– Enfin avec le bienveillant appui de M.
Curchod
; directeur central, et de M.
Hipp, les
appareils nécessaires furent construits, et, dans la nuit du
27 au 28 Février 1858, aidé par M.
Stämpfli, j'installai ce système au bureau central de Berne, à
l'atelier des télégraphes et au palais
fédéral, où, si je suis bien renseigné,
il fonctionne encore. Les résultats obtenus engagèrent
la Direction à poursuivre les essais sur une plus grande
échelle, et la même année, les bureaux de St.
Gall, Teufen, Bühler, Appenzell, Gais, Altstätten, Trogen, Heiden,
Rheineck et Rorschach reçurent les appareils
nécessaires pour continuer les essais.“...
– C. K.
Was die Einrichtung des Schreibapparates betrifft, der bei der im Vorstehenden
beschriebenen Anordnung schon im Jahre 1857 benutzt worden ist, und bei den
Schweizer Telegraphen mehrfach in Gebrauch stehen soll, so besteht dieser in einem
Morse'schen Telegraphenapparate, der jedoch
wesentliche Abänderungen dabei erfahren hat. Die vom Hrn. Hipp dem Morse'schen Schreibapparate gegebene
Einrichtung (Fig.
2 bis 5) geben wir nun im Folgenden nach einer durch freundliche Zusendung uns
bekannt gewordenen Broschüre („Description des
appareils télégraphiques, système
Hipp, et instructions
relatives à leur usage“). – Bekanntlich muß
jeder Morse'sche Apparat, wenn derselbe die Depeschen in
den bekannten Schriftzeichen – aus Punkten und Strichen zusammengesetzt
– mittelst eines Stahlgriffels auf den Papierstreifen ohne die Zuhülfenahme
einer farbigen Tinte deutlich darstellen soll, mittelst eines eigenen
Uebertragungsapparates, der nach ähnlichen Principien construirt ist wie. der
Schreibapparat selbst, und der den Namen Relais führt, in Gang gesetzt werden. Das
Relais wird nämlich in Folge der von Seite der telegraphirenden Station ausgeführten
tactmäßigen Bewegungen des Schlüssels durch elektromagnetische Wirkungen in
Thätigkeit versetzt, sein Ankerhebel hat die den Punkten oder Strichen und Pausen
der Schriftzeichen entsprechenden Oscillationen zu machen, und diese werden sodann,
da der Ankerhebel des Relais (im Allgemeinen) bei jedem Hingange nach einer Richtung
die dem Schreibapparate angehörende Localbatterie schließt, bei jedem Hergange aber
nach dem entgegengesetzten Sinne die letztere wieder öffnet, dem Schreibhebel in der
Art mitgetheilt, daß dieser mit seinem Schreibstifte genau die Oscillationen des
Relaishebels nachahmen und ohne Zeitverlust dieselben vornehmen soll. Durch
mancherlei Umstände, die unten kurz in Erwähnung kommen sollen, werden jedoch
Störungen hervorgerufen, welche, da dieselben zum Theile oft wiederkehren, zum
Theile auch durch längere Zeit wirken können, das öftere Reguliren des Ganges des
Relaishebels unvermeidlich machen. Es ist daher als ein wesentlicher Fortschritt zu
bezeichnen, wenn die Schreibapparate unter Beibehaltung des durch die Praxis zur Anerkennung
gekommenen amerikanischen Systemes so angeordnet werden, daß die Störungen ohne
Einfluß bleiben. Bei der von Hrn. Hipp gemachten
Einrichtung des Morse'schen Schreibapparates ist das
Relais, mithin auch die Localbatterie, ganz weggelassen; der Linienstrom bringt
durch elektromagnetische Wirkung den Ankerhebel des Schreibapparates, und dieser
versetzt unter Vermittelung eines Triebwerkes (das, wie aus der uns vorliegenden
Schrift hervorzugehen scheint, dasselbe Uhrwerk ist, welches die translatorische
Bewegung des Papierstreifens zu besorgen hat) den Schreibhebel mit dem Schreibstifte
in die oscillirende Bewegung (mouvement ascendant et
descendant), vermöge welcher die gegebenen Zeichen dem Papierstreifen
übertragen werden. Der Hipp'sche Schreibapparat soll mit
einer großen Regelmäßigkeit seine Functionen verrichten, was sich theilweise auch
vermuthen ließ, da seine Thätigkeit nur von dem Linienstrome, nicht aber von der
veränderlichen Kraft der Localbatterie abhängig ist, und diese selbst durch die
Wirkung einer constanten Kraft dabei ersetzt worden ist. Durch das Weglassen der
Localbatterien an allen Stationen wird ferner auch eine nicht unbedeutende
Kostenersparniß eintreten; vermöge der in unserer Quelle hierüber angegebenen
Berechnung betragen die laufenden Ausgaben für die Unterhaltung der Batterien für
die Abfertigung von 1000 Depeschen: bei dem gebräuchlichen Morse'schen Systeme 9,6 Fr., bei dem Hipp'schen
Systeme jedoch nur 2,6 Francs. Was ferner die anderweitigen Anforderungen betrifft,
so arbeitet das Hipp'sche System mit einer bedeutenden
Geschwindigkeit, und die Sicherheit, welche dasselbe bei längeren Linien darbietet,
soll nichts zu wünschen übrig lassen, während ein Reguliren des Apparates von Seite
des telegraphirenden Beamten unnöthig ist, und sogar vermieden werden muß; die
einzigen Functionen, welche ihm überlassen bleiben, bestehen in dem rechtzeitigen
Aufziehen des Uhrwerkes und in dem Signalisiren.
Bezüglich der Einrichtung und Regulirung des Apparates, dessen äußere Ansicht in Fig. 2
dargestellt ist, gibt unsere Quelle die im Folgenden erwähnten Aufschlüsse und
Anhaltspunkte.
„Das Triebwerk ist dem Principe nach von dem des Morse'schen Apparates nicht verschieden; es kann durch ein Gewicht
oder durch Federkraft in Bewegung gesetzt werden. Der Unterschied beider besteht
darin, daß bei dem Hipp'schen Triebwerk noch zwei
Räder angebracht sind, welche mit gleicher Geschwindigkeit rotiren, und die an
ihren nach außen verlängerten Achsen zwei Getriebe a
und b (Fig. 3) aus sehr
gehärtetem Stahl enthalten, von welchen jedes mit 18 Zähnen versehen ist, und in
einer Secunde 12 Umdrehungen macht. In der Ruhelage hat der Anker
c, c gegen die Polflächen e,
e des Elektromagneten die in Fig. 3 angezeigte
Lage; findet der Schluß der Leitungskette, also auch eine Anziehung des Ankers
c, c gegen die Polflächen e, e hin statt, so muß derselbe um seine Achse l' sich in dem durch die Richtung der Pfeile angedeuteten Sinne
drehen, während bei Unterbrechung des Stromes derselbe durch die Anordnung
selbst in seine Ruhelage zurückkehren muß; der Ankerhebel kann also nur
innerhalb des durch die Schrauben f und g begrenzten Spielraumes oscilliren. Bei einer im
Sinne der Pfeilrichtungen eintretenden Drehung des Ankerhebels kommt derselbe
mit dem Schraubenende von f in Berührung und der an
seinem Ende drehbar angebrachte doppelt verzahnte Rechen r wird mit seinem unteren verzahnten Ausschnitte in das nach der
Richtung des zugehörigen Pfeiles in Rotation befindliche Getriebe b eingreifen; hiedurch wird aber der Gelenkhebel h, n ergriffen und durch diesen der Schreibhebel k in Bewegung versetzt und der Schreibstift s gegen den Papierstreifen angedrückt. Findet eine
Stromunterbrechung statt, so wird, da durch die vorige Bewegung der Rechen seine
Lage gewechselt hat, jetzt nicht bloß keine elektromagnetische Wirkung von e, e gegen c, c mehr
statt haben, sondern es wird jetzt das obere gezahnte Stück des Rechens zum
Eingriffe mit dem die gleiche Geschwindigkeit wie b
habenden und in entgegengesetztem Sinne wie dieses sich drehenden Getriebe a kommen, wodurch der Schreibhebel mit seinem
Schreibstifte und mittelbar auch der Ankerhebel wieder in seine Ruhelage, in
welcher letzterer die Schraube g berührt,
zurückgeführt werden, dessen Ruhelage übrigens durch die gegen den Anker
wirkende Gegenfeder ohnehin hergestellt wird. Eine einzige Bewegung erfordert
den Durchgang von 4 Zähnen, und da innerhalb 1 Secunde 216 Zähne der Getriebe
vorbeipassiren, so treffen also 54 Ankeroscillationen auf die Secunde. Um ein
Zeichen oder einen Punkt zu signalisiren sind zwei Oscillationen nöthig; es kann
also der Apparat 27 Punkte in der Secunde als Schriftzeichen
erzeugen.“
„Zur Regelung des Apparates sind die folgenden Hauptpunkte in Rücksicht zu
bringen: 1) die Distanz zwischen Anker und Elektromagnet; 2) die
Schwingungsamplitude des Ankerhebels, 3) der Eingriff des Rechens sowohl im
Ruhe-, als auch im oscillirenden Zustande des Ankers, endlich 4) die
Winkelstellung des Rechens sowohl als auch die des Gelenkhebels h.“
Beim Schließen der Kette nähert sich der Anker bis auf eine Distanz gegen die
Polflächen hin, welche etwa 1/3 Millimeter betragen soll. Diese Regulirung kann
leicht vorgenommen werden, und zwar mittelst zweier Schrauben v und v' (Fig. 4), welche die an dem
Anker festgeschraubte Säule p nach der einen oder
anderen Seite bewegt, je nachdem man eine dieser Schrauben anzieht und die andere lüftet, oder
umgekehrt. Der Anker c, c selbst dreht sich um eine
Welle, deren Achse mittelst der Schraube l, welche
ferner durch den Ankerhebel m, m und durch die Platine
(Fig. 5)
geht, regulirt werden kann. Der Ankerhebel m, m, r hat
seine Drehungsachse an der mit p über dem Anker c, c befestigten Säule p',
und zwar an der Schraube x, und seine Bewegung wird, wie
bereits erwähnt, durch die Schrauben f und g begrenzt. Die Oscillationsamplitude des Ankers sowohl
als auch des Ankerhebels, welcher letztere ohnehin von jenen seine hin- und
hergehende Bewegung empfängt, soll nahe dieselbe wie die Schwingungsweite des Hebels
eines gewöhnlichen Relais seyn. Jedoch ist jene Schwingungsweite von der Tiefe des
Eingriffes des Rechens r in die zugehörigen Getriebe,
und diese Eingriffe sind nothwendig auch wieder von dem Gange des Ankers abhängig.
Es müssen daher die Regulirungen beider Elemente in übereinstimmender und
gegenseitig ganz entsprechender Weise vor dem Gebrauche des Apparates vorgenommen
werden. Zur Regulirung der Zahneingriffe benutzt man die Schrauben g und f, und die Regulirung
der Gangweite des Ankers wird in genannter Weise ausgeführt.
Die exacte Regulirung der Eingriffe von Rechen und Getriebe ist um so mehr
nothwendig, als ein zu tiefes Eingreifen des oberen Rechensegmentes in das Getriebe
a oder des unteren in das Getriebe b ein Hemmen des Uhrwerkes hervorbringen würde, während
ein zu schwaches Eingreifen der genannten Radverbindungen die Bewegung des Hebels
h nicht hervorbringen und den Schreibhebel k nicht afficiren könnte. – Da die Art und Weise,
wie die übrigen angeregten Rectificirungs-Operationen des Apparates
vorgenommen werden sollen, an einem in Gang befindlichen Apparate leicht zu erkennen
sind, und außerdem dieselben zum größten Theile bei der mechanischen Ausführung des
Apparates ohnehin berücksichtigt werden müssen, so mag nur noch die Bemerkung
beigefügt werden, daß die Regulirung erleichtert wird, wenn man hiebei eine nur
schwache Stromquelle, die gerade noch ausreichend ist, um die Ankerbewegung
hervorzubringen, benutzt, da unter Anwendung eines Stromes von stärkerer Intensität
die Sicherheit des Ganges des Apparates ohnehin sodann erlangt ist. Die vorliegende
Quelle bemerkt bezüglich des Einflusses der Veränderlichkeit der Stromstärke auf den
Gang des Apparates: „die Untersuchungen haben dargethan, daß ein
elektrischer Strom, dessen Stärke sechzigmal schwächer ist, als der Strom von
normaler Intensität [mit welchem nämlich der Apparat in der Linie in Thätigkeit
gesetzt werden kann], noch ausreiche, um mit Sicherheit telegraphiren zu können;
außerdem könne man für denselben auch inducirte Ströme, oder Ströme von
wechselnder Richtung, u.s.w. benutzen.“ Vermöge dieser Eigenschaften
ist also der Apparat, ohne dabei irgend welche Aenderungen anzubringen, geeignet, um
ihn nicht bloß für die continentale, sondern auch für die unterseeische Telegraphie
direct in Anwendung zu bringen.
Die Idee, welche dem neuen Hipp'schen Apparate zu Grunde
liegt, die Kraft des Localstromes durch eine mittelst eines Uhrwerkes getriebene
mechanische Vorrichtung von unveränderlicher Bewegungsform zu ersetzen, und den
Linienstrom direct zur Hervorbringung der oscillirenden Bewegung des Ankerhebels,
der hier nur eine geringe Arbeit zu verrichten hat, zu benutzen, ist sehr sinnreich,
und die Ausführungsweise derselben ist es nicht minder. Wenn daher die praktische
Ausführung dieses Apparates, die jedenfalls eine bedeutende Exactität erfordert,
keine zu bedeutenden Schwierigkeiten darbietet, wenn ferner eine allenfallsige
Abnutzung des den Schreibhebel in Thätigkeit versetzenden Räderwerkes nicht zu
befürchten ist, der günstigste Eingriff der Zähne hiebei durch einmalige Regulirung
gesichert werden kann, wenn ferner die Dauer des Niederdrückens des Tasterhebels bei
allenfallsigen Unregelmäßigkeiten in der Operation des Telegraphirens ohne Einfluß
auf die Wirksamkeit des Schreibhebels bleibt u.s.w., so möchte, da, wie erwähnt, das
fortwährende Reguliren der Gegenfeder des Ankers des Elektromagneten unter den
verschiedensten Umständen ganz ausfallen kann, die Zukunft des in Rede stehenden
Apparates für die praktische Telegraphie eine sehr günstige seyn. In den Bureaux des
schweizerischen Telegraphennetzes, wo das Hipp'sche
System durch längere Zeit ausschließlich im Gebrauch stand [nach unserer Quelle
wurde es in Genf, St. Gallen und Bellinzona mehr als 4 Jahre lang angewendet], soll
dasselbe sehr befriedigende Resultate ergeben haben. Ob man aber dennoch zu dem
älteren und jedenfalls unvollkommneren Systeme wieder zurückgekehrt ist, was aus
einem über die „Betriebsverhältnisse der schweizerischen
Telegraphenanlagen im Jahre 1861“ bekannt gewordenen Berichte (Brix, telegraphische Zeitschrift, Bd. IX S. 44)
hervorzugehen scheint, und welche Gründe hiezu veranlaßt haben, darüber sind uns
genauere Nachrichten nicht bekannt geworden.
Am Schlusse unseres Berichtes über die erwähnten Anordnungen und Verbesserungen in
der heutigen elektrischen Telegraphie angekommen, dürfte es nicht unnöthig seyn, die
Hauptschwierigkeiten hier zu recapituliren, welche der Fortbildung des bestehenden
Telegraphensystemes am meisten sich entgegenstellen.
Hr. Cauderay hat in der oben erwähnten Schrift –
gleichsam als Einleitung zu der von ihm vorgeschlagenen Einrichtung der
Zwischenstationen – die Hindernisse erörtert, welche die Durchführung der
transatlantischen Telegraphie beeinträchtigen, und kommt dabei in dem letzten Artikel seiner
Betrachtungen zu dem Resultate, daß, um die Verbindung zwischen Europa und Amerika
herstellen zu können, „es kein anderes Mittel gibt, als das Kabel in
mehrere Unterabtheilungen zu zerlegen, innerhalb welchen sodann translatorische
Apparate einzuschalten sind,“ und zu dem Ende habe man daher die
transatlantische Linie in der Art zu wählen, daß entweder geeignete Küsten-
oder Inselpunkte auf der neuen Route ausgemittelt werden können, welche die
Ausführung des Systemes gestatten. Die von Hrn. Cauderay
über die bei unterseeischen Linien auftretenden Uebelstände etc. gegebenen
Erörterungen enthalten zwar nichts wesentlich Neues, aber sie geben hier zu der
Bemerkung Veranlassung, daß, wenn auch nicht die gleichen, doch wenigstens jenen
ganz ähnliche Umstände die wesentlichsten Ursachen sind, welche der Vervollkommnung
der continentalen Telegraphie, der telegraphischen Verkehrsmittel nämlich, welche
die Verbindung von Landstationen herzustellen haben, sich mächtig entgegenstellen,
und die bis jetzt nur zum geringsten Theile überwunden werden konnten.
Soll eine die Verbesserung der Telegraphen betreffende Neuerung in der heutigen
Telegraphie zur Berücksichtigung oder auch nur zur Würdigung kommen können, so muß
dieselbe – mit wenigen Ausnahmen – Bedingungen erfüllen, welche dem
gegenwärtig eingeführten Telegraphensysteme vollkommen entsprechen, ohne daß dabei
der innere und dauernde Werth einer derartigen Neuerung wesentlich in Betracht
kommt. Es drängt sich daher unwillkürlich die Frage auf: „ob denn die
sonstigen Anordnungen, welche man heut' zu Tage in der Telegraphie benutzt,
schon so vervollkommnet sind, daß sich die Verbesserungen an
Telegraphenapparaten oder sonstigen Anordnungen lediglich nach jenen zu richten
haben?“ –
Bekanntlich hat für den allgemeinen telegraphischen Verkehr unter den Apparaten das
amerikanische System das größte Ansehen erlangt, und zwar bloß wegen der ungemein
großen Einfachheit in der Construction des Schreibapparates und der äußerst
einfachen Handhabung, welche die Operationen des Telegraphirens mit demselben
erfordern. Es ist daher kaum anzunehmen, daß die principielle Anordnung dieses
Systemes jemals verlassen wird, aber trotz der hier berührten Einfachheit leidet es
dennoch an einigen nicht unwesentlichen Gebrechen. Vor allem gibt es keine Schrift
im eigentlichen Sinne dieses Wortes: die von dem Schreibstifte bei der oscillirenden
Bewegung des Schreibhebels auf dem vorüberziehenden Papierstreifen angegebenen
Marken – Punkte, Striche und leere Zwischenräume – sind mehr oder
minder in das Papier eingestochene Vertiefungen, die nur unter ganz günstiger Beleuchtung
gesehen werden können, und durchaus kein bleibendes, unveränderbares Document
liefern, da dieselben leicht sich unkenntlich machen und durch andere ähnliche
Marken oder Schriftzeichen, wenn man will, ersetzen lassen, während eine mit Tinte
in derartiger Weise gedruckte Markengruppe nicht bloß mehr Aehnlichkeit mit der
conventionellen Schrift hat als jener, sondern auch einer Vernichtung oder
Verfälschung nicht leicht unterworfen werden kann, ohne das Papier selbst in
merklicher Weise zu verändern. – Die Herstellung der vertieften Punkte und
Linienmarken erfordert ferner einen nicht unbedeutenden Kraftaufwand: die
elektromagnetische Wirkung muß einmal die Kraft der Gegenfeder überwinden, und
sodann mit dieser Differenz den Schreibstift durch einen wenn auch kleinen Weg
führen, um die zum Herstellen der Eindrücke erforderliche Arbeit verrichten zu
können; außerdem muß der Schreibstift bis zu einer gewissen Tiefe eindringen, wenn
die Marken deutlich werden sollen, wozu also wieder ein Arbeitsaufwand und dann eine
gewisse Zeit erforderlich wird, die, wenn auch für eine Marke ungemein klein, mit
der Anzahl der Zeitintervalle, welche den entsprechenden Markenpunkten angehören,
proportional wächst. Diese letztgenannten Umstände beeinträchtigen daher einmal die
Leistungsfähigkeit des Apparates, dann aber auch die Geschwindigkeit, mit welcher
das Telegraphiren überhaupt stattfinden könnte, wenn die Marken durch gedruckte
Zeichen dargestellt würden. In Folge des erstgenannten dieser Umstände ist auch bei
sonst günstiger Isolationsfähigkeit der Leitung der Schreibapparat für sich nicht
geeignet, um für eine längere Linie zur telegraphischen Correspondenz verwendet
werden zu können. Der Schreibapparat muß nämlich durch eine eigene Kraft in
Thätigkeit gesetzt werden, deren Quelle durch einen zweiten Apparat, das Relais
nämlich, (s. S 329) erst angeregt wird. Ein gewöhnlicher telegraphischer Apparat des
bestehenden Systemes ist daher durchaus nicht einfach; derselbe besteht vielmehr aus
drei unter sich in Verbindung stehenden Apparaten, unter denen zwei von dem Relais
selbst wieder wesentlich abhängig sind, und alle die Unregelmäßigkeiten wieder zu
Tage kommen lassen, welche dieser Apparat zum Vorschein bringt. Dadurch, daß die
telegraphischen Zeichen erst vom Relais mittelst der Localbatterie auf den
Schreibapparat übergetragen werden müssen, findet wieder, und wenn auch ein noch so
kleiner Zeitverlust statt, der zu einer merklichen Größe anwächst, wenn innerhalb
kurzer Zeit eine größere Anzahl von Depeschen versendet werden soll. Wenn wir also
auch von anderen Uebelständen, welche bei der Zusammenstellung und Gesammtwirkung
der genannten drei Apparate auftreten, jetzt ganz absehen, so erkennen wir dennoch,
daß das gegenwärtig bestehende telegraphische System schon bezüglich der Apparate weder zu den
einfachsten noch zu den vollkommensten gehört, und daß daher jede wirkliche
Verbesserung, welche auf die Darstellung der Schrift, oder auf die Vereinfachung und
sicherere Leistungsfähigkeit des Apparates sich erstreckt, als ein wesentlicher
Fortschritt bezeichnet werden muß, und selbst wenn eine Anwendung in der Praxis
dermalen noch nicht davon gemacht werden kann. Das Hipp'sche System sowohl als auch diejenigen Apparate, welche mit farbiger
Schrift ohne Relais zu arbeiten fähig sind (John Digney
und Beaudoin, Siemens und Halske etc.) gehören also hierher. Der Umstand, daß solche Apparate nicht
unmittelbar den Anruf gestatten, sondern hiezu eigene Weckerapparate erfordern,
beeinträchtigt die Einfachheit derselben sowie ihre Leistungsfähigkeit in keiner
Weise. – Selbst gegen die Darstellung der Schriftzeichen, wie sie bei dem Morse'schen System geschieht, läßt sich eine nicht
geringfügige Einwendung machen. Die sämmtlichen Marken entstehen nämlich in einer
Zeile; durch Unregelmäßigkeiten, welche im Telegraphiren eintreten, sowie durch
sonstige secundäre Wirkungen können Fälle entstehen, in welchen die Zwischenräume
zwischen den einzelnen Zeichen, oder zwischen den einzelnen Buchstaben etc., nicht
in den vorgeschriebenen Intervallen von einander entfernt liegen, und es kann daher
zuweilen ein Ineinandergreifen einzelner Zeichen, und sogar zwischen einzelnen
Buchstaben etc. vorkommen; die Umstände zur Entstehung einer undeutlichen Schrift
würden vermieden werden, wenn die Schrift in zwei getrennten Zeilen zum Vorschein
kommen würde, wenn nämlich, wie dieß früher (ursprünglich bei dem Steinheil'schen und dann) bei dem Stöhrer'schen Telegraphensysteme der Fall war, und in neuerer Zeit von
mehreren Seiten angeregt und in etwas anderer Weise dabei zu Stande gebracht worden,
anstatt eines Schreibstiftes, zwei Stifte neben einander in alternirender Weise als
Doppelstiftapparat angewendet werden könnten.
Den größten Einfluß unter allen bei den Telegraphenanlagen in Betracht zu ziehenden
Elementen hat aber bei dem gegenwärtigen Zustande der praktischen Telegraphie auf
ihre Vervollkommnung das Leitungssystem selbst. Wir wollen bei unseren Betrachtungen
bloß die Leitungen für Landstationen, also die für die continentale Telegraphie, ins
Auge fassen, ohne jedoch dabei auf das Detail zu weit einzugehen, da ohnehin bei
einer anderen Gelegenheit dieser Gegenstand ausführlich erörtert worden ist.Allgem. Encyklopädie der Physik, Bd. XX Cap. II. Unter den vielen Anforderungen, welche an eine vollkommene Leitung für
telegraphische Zwecke gestellt werden dürfen, ist eine der wichtigsten die, daß
dieselbe gegen jede willkürliche Beschädigung ganz und gar geschützt bleibe, und
ebenso der äußeren Wahrnehmung entzogen und für willkürliche Einwirkungen
unzugänglich gemacht bleibe, wie das Telegraphiren selbst. Diese Anforderung machte
selbst schon im Jahre 1809 der Erfinder der heutigen Telegraphie, der k. b. Geheime
Rath Samuel Thomas von Sömmering, indem er für sein
System ein eigenes Leitungsseil vorschlug, das aus Messing- oder
Kupferdrähten, die mit Seide übersponnen werden, gebildet, und, um es in den
gehörigen Isolationszustand zu versetzen, vor seinem Einlegen in gemauerte etc.
Canäle mit geeignetem Firniß bestrichen werden sollte. Die Ausführung derartiger
Leitungsseile, die bei den bestehenden Systemen sich für eine einzige Linie nur auf
einen Draht reduciren würden, würde natürlich in der Praxis auf Schwierigkeiten
führen, welche Sömmering, da ihm zur Durchführung einer
Telegraphenanlage keine Gelegenheit dargeboten war, nicht ahnen konnte. Die im Jahre
1837 und 1838 ausgeführten ersten Telegraphenanlagen größerer Ausdehnung gaben
zuerst kund, mit welchen ungeheuren Schwierigkeiten die Herstellung brauchbarer
unterirdischer Leitungen verbunden sey, und man war daher gezwungen, damals die
Leitungen oberirdisch zu führen. Erst im Jahre 1847 war es gelungen, ein Material
zur Isolirung der Leitungsdrähte in der Weise zu benutzen, daß eine erkleckliche
Isolirung unterirdischer Leitungen zu erwarten war. Die Erfahrungen, welche in den
darauf folgenden Jahren an den preußischen und sächsischen Telegraphenlinien, bei
deren Anlegung die mit Gutta-percha umpreßten Leitungsdrähte verwendet worden
waren, innerhalb weniger Jahre gemacht wurden, haben dargethan, daß wenn reine
Gutta-percha für die Leitungen verwendet und die Umpressung sorgfältig und
stark genug vorgenommen wird, die Leitungen dieser Art nur noch eines besonderen
Schutzes gegen Beschädigungen durch Nagethiere bedürfen und außerdem gegen die
unmittelbare Einwirkung der Atmosphärilien geschützt werden müssen, um ihrem Zwecke
zu entsprechen. Sowohl der Umstand, daß es an geeignetem Materiale fehlte, das den
Anforderungen entsprechen konnte, als auch die mit einigen Schwierigkeiten
verbundene Auswechselung beschädigter oder mangelhafter Leitungen, sowie auch
insbesondere die ökonomische Frage, waren die Veranlassung, daß man die
unterirdischen Leitungen ganz und gar aufgab, ihre Anwendung nur auf besondere
Fälle, wie auf locale Leitungen, sowie auf Leitungen an den Centralpunkten durch
große Städte etc. beschränkte, hingegen für die eigentliche Telegraphenanlage wieder
zu den oberirdischen Leitungen zurückkehrte. Die bei Stadtleitungen, Flußübergängen
etc. etc. angewendeten Leitungen wurden durch Telegraphentaue in den meisten bekannt
gewordenen Fällen ersetzt, welche selbst wieder mit eigenen Hüllen zum weiteren Schutze umgeben
sind. Leitungen dieser Art, wie sie für kurze Strecken, an welchen man die
oberirdischen Leitungen nicht anwenden kann oder darf, verwendet werden, lassen sich
nicht bloß der sehr complicirten Operationen halber, welche ihre Herstellung
erfordert, sondern auch der bedeutenden Kosten wegenSo betragen z.B. die Kosten der 5146 bayer. Fuß langen, unterirdisch vom
Centralbureau der k. bayer. Telegraphen aus bis zum Bahnhofe in München
geführten Stadtleitung, welche aus 2 Leitungstauen besteht, jedes 8
Leitungsdrähte enthaltend, und die im November 1857 ausgeführt wurde, im
Ganzen nicht weniger als 14366 fl.; der laufende Fuß für 16 Leitungsdrähte
kostet sohin 2 fl. 47 1/2 kr. [Aus der „als Manuscript
gedruckten“ Schrift: „Die elektr. Staatstelegraphen
in Bayern, etc. München 1860“] für den allgemeinen Verkehr nicht einführen. Es kann aber deßhalb die
Hoffnung nicht aufgegeben werden, daß dennoch mit der Zeit die Herstellung
vollkommen brauchbarer unterirdischer Leitungen ohne die bedeutenden
Schwierigkeiten, welche gegenwärtig sich darbieten, gelingen werde, und die
oberirdisch geführten Leitungsdrähte, die schon vom Anfang herein alle Spuren der
Mangelhaftigkeit und Zerstörung an sich tragen, einstens wieder beseitigt werden
können.
Die Vortheile, welche oberirdische Leitungen darbieten, bestehen beiläufig darin, daß
die Herstellungskosten im Vergleiche mit brauchbaren unterirdischen Leitungen weit
geringer ausfallen (eine verzinkte Eisendrahtleitung in der Länge einer deutschen
Meile von der bei den k. b. Staats-Telegraphen angewendeten Stärke, kostet
mit allem Aufwande an Tragstangen, Isolirköpfen u.s.w. gegen 3900 Gulden, eine Meile
Draht für sich etwa 1270 Gulden), die Mängel solcher Leitungen leicht ausgebessert
werden können, ihre Beaufsichtigung, wenn sie längs der Eisenbahnen fortgeführt
werden, mit einer gewissen Sicherheit geschehen kann, Unterbrechungsstellen etc. an
denselben unmittelbar zur Wahrnehmung kommen, und daß die Kosten der Unterhaltung
immerhin nicht bedeutend sind, wenn die Zerstörungen nicht in großartigem Maaßstabe
und wiederholt auftreten.
Die Zahl, sowie das Gewicht der Nachtheile aber, welche sie darbieten, ist immerhin
nicht unbeträchtlich. Daß die oberirdischen Leitungen sehr leicht zerstörungsfähig
sind, und deßhalb nur ihre Benutzung auf Friedenszeiten sich beschränkt, daß ihre
Bestandtheile, ihre Träger mit den Isolationsvorrichtungen etc. von beschränkter
Dauer sind, daß Leitungen dieser Art zur Straßenverschönerung, sowie zur Verzierung
der Eisenbahnen nichts beitragen können u.s.w., läßt sich ohnehin unmittelbar
erkennen. Will man aber nur den physikalisch-technischen Bedingungen einer brauchbaren
Leitung einige Rücksicht schenken, so müssen die oberirdischen Leitungen mindestens
als sehr fehlerhafte Nothbehelfe bezeichnet werden. Vor allem verlangt man von einer
Leitungskette, innerhalb welcher durch eingeschaltete Rheomotoren Stromwirkungen zu
Stande kommen sollen, daß wenn dieselbe an irgend einer Station geschlossen wird,
die Stromstärke, also auch die Stromeswirkungen an allen Stellen derselben –
bei sonst gleichen und übereinstimmenden Anordnungen – von gleicher Größe
sind, und daß in der geöffneten Leitungskette keinerlei Stromeswirkungen auftreten
können. Diesen Hauptbedingungen kann von einer oberirdischen Leitung, unter
gewöhnlichen Umständen, niemals Genüge geleistet werden. Da die sorgfältigsten
Anordnungen, wie sie gegenwärtig auch zur Benutzung kommen mögen, eine vollkommene
Isolation der Unterstützungsstellen von der Erde nicht darbieten können, so werden
schon mindestens so viele Stromverzweigungen angenommen werden dürfen und entstehen
müssen, als Träger benutzt werden (also etwa 125 bis 150 für jede geographische
Meile). Wenn auch die Stärke eines einzelnen solchen Zweigstromes an und für sich
sehr gering ist, so kann die Zahl derselben (auf 20 Meilen etwa 2500 bis 3000) doch
eine bleibende Verminderung der Stromstärke, von der Stromquelle an mit zunehmender
Distanz sich vergrößernd, bewirken. Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen wird
aber nicht bloß die Stärke dieser Zweigströme vielfach erhöht, sondern es wächst
auch die Zahl derselben, da unter gewissen atmosphärischen Zuständen jede Stelle der
Leitung eine Verbindung der Leitungskette mit der Erde innerhalb kürzerer oder
längerer Entfernungen herzustellen befähiget wird, wodurch also die Anzahl der
Zweigströme eine nicht mehr angebbare – unendlich große – Größe
erreichen kann. Da nun bei dem bestehenden Telegraphensysteme – in den
meisten Fällen – nicht bloß das Schließen der Kette an der Zeichen gebenden
Station ausgeführt, sondern auch von hier die Stromeswirkung ausgeht, indem der
Strom der an der telegraphirenden Station aufgestellten Telegraphirbatterie die
Apparate aller übrigen eingeschalteten Stationen indirect in Thätigkeit zu versetzen
hat, so wird also eine Aenderung in der Empfindlichkeit der Relais der entfernten
Stationen fortwährend vorgenommen werden müssen, um noch durch die schwachen dort
anlangenden Zweigströme zur Arbeitsfähigkeit gebracht werden zu können, und diese
Aenderungen können auch unter gewissen Umständen sogar nicht mehr ausreichen, um die
Apparate zum Zeichenempfange geeignet zu reguliren. Dieser Uebelstand kommt
allerdings bei jenen Anordnungen der Stromläufe seltener vor (und seine Einwirkung
ist dabei auch von geringerer Stärke), wo die Zeichen gebende Station nicht an die
übrigen den Strom
versendet, sondern bloß die Stromquellen der Zeichen empfangenden Stationen selbst
zur Thätigkeit zu bringen hat; diese Einrichtung hat man in früherer Zeit und
insbesondere für Apparate, die ohne Uebertrager arbeiten, mehrfach benutzt, und dieß
ist auch der Grundgedanke des Cauderay'schen Systemes,
von dem oben die Rede war. Ganz und gar jenen Uebelstand zu beseitigen, ist ohnehin
nicht möglich, und bei theilweiser Beseitigung desselben kommen wieder andere
Schwierigkeiten zum Vorschein, die vorher geringfügiger waren. Die Arbeitsfähigkeit
der Zeichen empfangenden Apparate ist also, wie wir sehen, bei oberirdischen
Leitungen von dem Zustande der Atmosphäre wesentlich abhängig, und der Nutzeffect
derselben wird mit dem Kostenaufwands niemals im gehörigen Einklange stehen.
Man kann weiter von einer brauchbaren Leitung fordern, daß der Leitungswiderstand,
welchen sie dem Stromdurchgange darbietet, von äußeren Verhältnissen unabhängig, und
überhaupt immer derselbe bleibe, wie er dem Zustande der Leitung bei ihrer Anlegung
entsprach, da jede Veränderung dieses Leitungswiderstandes wieder Störungen an den
Apparaten zur Folge haben muß. Dieser Forderung kann offenbar eine oberirdische
Leitung, die auch im tadellosen Isolationszustande sich befindet, niemals genügen,
da sowohl die Temperaturänderungen, die längs einer Telegraphenstrecke innerhalb
eines Tages, sowie innerhalb längerer Zeitabschnitte entweder periodisch
wiederkehrend oder unregelmäßig auftreten, als auch sonstige Einwirkungen entweder
den specifischen oder den absoluten Leitungswiderstand oder auch beide gleichzeitig
zu ändern vermögen. Empfindliche Apparate werden von allen derartigen Einwirkungen
wegen der damit verbundenen Aenderung der Stromeswirkungen mehr oder weniger
afficirt; werden aber die Apparate gegen solche Unregelmäßigkeiten und Störungen
unempfindlich gemacht, so können sie mit den schwachen Strömen, die sie wegen der
Isolationsfehler der Leitung empfangen, nicht mehr arbeiten. – Die
oberirdischen Leitungen können ferner vermöge ihrer Unordnung die Quelle und die
Leiter fremdartiger Ströme werden, die entweder nur in andauernden
Temperaturänderungen längs des Drahtes oder in den an verschiedenen Stellen der
Leitung statthabenden ungleich starken Erwärmungen oder Abkühlungen ihren
Entstehungsgrund haben können. Auch derartige Ströme, deren Auftreten theils von
localen Umständen, theils von der Verschiedenheit des atmosphärischen Zustandes
verschiedener Orte, über welche die Leitung sich erstreckt, und selbst von den
Jahreszeiten abhängig seyn wird, können auf die Wirksamkeit der Apparate jener
Stationen, welche von solchen Einwirkungen berührt werden, nur nachtheilige
Einflüsse ausüben.
Da nun zu den erwähnten sowohl, als auch noch manchen anderen hier unberührt
gebliebenen Einwirkungen, welche die oberirdischen Leitungen und mit diesen auch die
Functionen der Apparate nachtheilig afficiren, noch der Umstand kommt, daß die
Einflüsse der Gewitterwolken und der Gewitterentladungen bei dem in Rede stehenden
Leitungssysteme intensiver und mannichfacher sind, als bei unterirdisch angelegten
Leitungen, jene aber ohnehin auch außerdem einen großen Theil der Uebelstände und
Schwierigkeiten noch mit sich führen und darbieten, welche selbst bei tadellos
ausgeführten unterirdischen Leitungen unvermeidlich sind, so mag die Behauptung
gerechtfertigt seyn, vermöge welcher das gegenwärtig bestehende Leitungssystem der
weiteren Vervollkommnung der elektrischen Telegraphie, der Vereinfachung der
Apparate und der Manipulationen des Telegraphirens, der Erhöhung der Geschwindigkeit
des letzteren u.s.w., unter allen Schwierigkeiten, welche der Fortbildung dieses
neuen Verkehrmittels noch außerdem entgegentreten, die meisten und wesentlichsten
Hindernisse darbietet. Sollen daher noch wesentliche Fortschritte in der heutigen
Telegraphie erzielt, und soll namentlich von den seit 2 Decennien zu Tage gekommenen
genialen und sinnreichen Verbesserungen in der Construction der Apparate und deren
Gebrauch die gehörige Anwendung gemacht werden können, so ist es vor allem
nothwendig, das bisher eingeführte System der oberirdischen Leitungen zu verlassen,
und dasselbe durch dauerhafte und nicht zu kostspielige unterirdisch geführte
Leitungen zu ersetzen. So lange aber die Aussichten für eine derartige Umgestaltung
so ungünstig sich gestalten, als dieß gegenwärtig der Fall zu seyn scheint, bleibt
allerdings kein anderes Mittel übrig, als die oberirdischen Leitungen so weit zu
verbessern, als möglich, und deßhalb also die Aenderungen vorzunehmen, die schon von
mehreren Seiten zum Vorschlage und in manchen Staaten auch zur Ausführung gekommen
sind, daß die zerbrechlichen etc. und der Fäulniß anheimfallenden hölzernen
Tragstangen gegen eiserne oder steinerne Säulen ausgewechselt werden, und der
Leitungsdraht seiner ganzen Ausdehnung nach mit einem geeigneten isolirenden Firniß
überzogen werde, der durch wiederholtes und erneuertes Auftragen nach und nach die
Leitung in einen besseren Isolationszustand zu versetzen im Stande ist, als dieß
durch die an den Unterstützungsstellen angebrachten Isolirglocken allein geschehen
kann. – Unter allen Umständen aber möchte ein solches Leitungssystem immer
nur als ein Nothbehelf anzusehen seyn, das früher oder später einem soliden und dem
Zwecke entsprechenden Systeme unterirdischer Leitungen weichen soll und muß.