Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. , S. 312 |
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Miscellen.
Miscellen.
Der große Dampfpflug-Proceß in London.
In den Tagen vom 21. bis 26. Februar des Jahres 1862 wurde vor den Geschworenen des
Court of Common Pleas einer der in technischer
Beziehung interessantesten Processe verhandelt, welche jemals in den Mauern von
Guildhall zum Austrage gekommen sind.
Der Gegenstand des Rechtsstreites ist in Kurzem folgender:
Im Jahre 1855 patentirten zwei arme Schullehrer, David und Thomas Fisken in Hartlepool, mehrere von ihnen gemeinschaftlich
mit einem dritten Bruder William Fisken und einem Schmied
Rodgers in Stockton-on-tees schon 1850
ausgedachte und nach und nach vervollkommnete Dampfculturapparate. Unter diesen
befindet sich
a) ein Balancierpflug,
b) ein selbstbeweglicher Ankerwagen.
Beide wurden durch eine gewöhnliche Locomobile vermittelst Seilen in Bewegung
gesetzt.
Im Jahre 1856 patentirte John Fowler, Ingenieur zu London,
in Gemeinschaft mit einem David Grig einige
Verbesserungen an den beiden von Fisken und Rodgers erfundenen Apparaten; Fowler erlangte hierauf von Fisken die
Erlaubniß zur Benutzung ihrer Erfindungen und kaufte ihnen endlich Anfang 1859 ihr
ganzes Eigenthumsrecht ab.
Im Jahre 1861 traten drei große Maschinenfabricanten, nämlich Clayton, Shuttleworth u. Comp. in Lincoln, Howard Gebrüder in Bedford und Ransomes und Sims in Ipswich in Unterhandlung mit Fowler, um die Erlaubniß zur Mitbenutzung der Fowler'schen, resp. Fisken'schen Erfindungen zu erlangen. Es kam ein Contract zu Stande, wornach
jedes der genannten drei Häuser an Fowler für die gedachte Erlaubniß die Summe von 30,000
Pfd. Sterl. (gleich 200,000 Thaler) zahlen sollte.
Clayton, Shuttleworth u. Comp.
und Ransomes und Sims
unterzeichneten den Vertrag; kurz vor der Unterschrift jedoch traten die Howards unter einem nichtssagenden Vorwande zurück.
Im Frühjahr 1862 construirten die bekanntlich nach dem Smith'schen Round about System arbeitenden Howards, welche in Leeds 1861 mit ihrem Dowe
Kehrpflug einigermaßen durchgefallen waren, ebenfalls einen Balancierpflug,
welcher jedoch nicht mit den Fowler'schen Verbesserungen
versehen, sondern fast genau nach dem Fisken'schen
Original-Patente gebaut war.
William Fisken nämlich, welcher sich für den alleinigen
Erfinder des Balancierpfluges (Rodgers soll den Anker
construirt haben) hielt, hatte den Howards die Erlaubniß
zur Benutzung seiner Idee offerirt.
Fowler jedoch, der die gesammten Anrechte der Gebrüder
Fisken und Rodgers gekauft
hatte, glaubte sich durch die Howards beeinträchtigt und
klagte nun auf Untersagung des Gebrauchs des Balancierpfluges, resp.
Schadenersatz.
Aus den höchst interessanten Verhandlungen führen wir nur folgende Thatsachen an:
Rodgers erhielt alles in allem für seine Erfindung des
Moving anchor. – Ankerwagens – 60 Pfd.
Sterl., sage sechzig Pfund.
Die Howards bestreiten die Gültigkeit der Fowler'schen Patente.
Fowler ist gar nicht mehr Eigenthümer der gesammten
Dampfpflugpatente, sondern hat schon früher sein ganzes Eigenthumsrecht an die
Herren Beadel und Comp.
verkauft. Clayton, Shuttleworth u. Comp. und Ransomes bestätigten, daß sie den obenerwähnten Vertrag
abgeschlossen und die genannten Summen für angemessene Aequivalente des ihnen
eingeräumten Mitbenutzungsrechtes hielten.
Es wurde durch eine große Zahl von Zeugen und Sachverständigen erwiesen, daß die Fisken-Fowler'schen Patente gültig, und daß sie
durch die Howards verletzt seyen.
Der Gerichtshof verurtheilte demnach auch die Howards nach
dem Klagantrage.
Weitere Commentare zu dem Mitgetheilten zu geben, ist eigentlich überflüssig, doch
können wir uns einige Reflexionen nicht versagen.
Die Erfindung derjenigen beiden Apparate, welche die wesentlichsten Vorzüge des
berühmten Fowler'schen Dampfpfluges bilden – der
Dampfpflug und der selbstbewegliche Anker – gehört nicht, wie bisher alle Monographen des Dampfpfluges angenommen haben, dem berühmten Ingenieur John Fowler, sondern einer kleinen
Schullehrerfamilie und einem armen Schmied – beide so arm, daß sie
Jahre lang brauchten, um die zur Patentirung nöthige Summe von 30 Pfd. Sterl.
zusammenzubringen.
Während Rodgers für seinen wichtigen Antheil an der
Erfindung 60 Pfd. Sterl. erhält, verkauft der jetzige glückliche Besitzer, der
obscure Speculant Beadel, welcher in der Zeit der Noth
Fowler das Patent abgekauft, die Mitbenutzung
derselben an drei Fabrikanten für das Sümmchen von 600,000 Thalern, während John Fowler und die ihm verbündete große Fabrik von Kitson und Hewitson in Leeds, dem Hauptherd des
Dampfpflugbaues, Hrn. Beadel gewiß eine enorme jährliche
Revenue zahlen.
Die beiden Fabrikanten Clayton, Shuttleworth u. Comp., und
Ransomes sind in der angenehmen Lage, für die Mitbenutzung des Fowler-Fisken'schen Patentes jeder 200,000 Thlr. bezahlen zu können. Nun ist bekanntlich der Dampfpflugbau bei beiden
eine Nebensache; beide haben einen Weltruf in besonderen Forceartikeln. Die ersteren
in Locomobilen und Dampfdreschmaschinen, deren sie jährlich für etwa 1 1/2 Millionen
bauen, der letztere in allerlei anderen Maschinen, auf die er bisher auch schon
1000–1500 Menschen beschäftigte. Um die Prämie von 200,000 Thlr.
herauszuziehen, müssen sie, die Licenz zu dem üblichen Satze von 10 Proc. gerechnet
– jeder für 2 Millionen Thaler Dampfpflüge
verkaufen.
Was sagen die deutschen Fabrikanten landwirthschaftlicher Maschinen hierzu? Wie klein
erscheinen unsere Verhältnisse gegenüber den riesenhaften Dimensionen, welche das
englische landwirthschaftliche Maschinenwesen bereits angenommen hat; gegenüber
einer Landwirthschaft, welche im Stande ist, so viele Millionen Thaler auf die
Einführung eines einzigen Instrumentes zu verwenden! (Wochenblatt zu den preußischen
Annalen der Landwirthschaft, 1863, Nr. 12.)
Wärmehaltender Ueberzug für Dampfkessel, Dampfleitungen etc.,
von Basset und Comp. in
Laeken.
Dieser Ueberzug besteht in 100 Theilen aus folgenden Stoffen:
gepulverte Holzkohle
30 Thl.
Kuhhaare
3 „
fetter Thon
30 „
feuerfester Thon
25 „
gekochtes Leinöl
5 „
Roggenmehl
7 „
Diese Bestandtheile werden gut gemischt und mit dem erhaltenen Teig die Flächen
bestrichen, bei welchen man die Strahlung vermindern will. Je nach der Größe des
Dampfbehälters gibt man dem Ueberzug 2–3 Centimeter Dicke. (Armengaud's Génie
industriel, März 1863, S. 166.)
Anwendung der Dampfstrahlpumpe zur Speisung mit heißem
Wasser.
Um mit der Dampfstrahlpumpe auch Wasser von 65° C. zur Speisung anwenden zu
können, verfährt Hr. Comte, Baumwollspinner in Albert, in
der Weise, daß er im Augenblicke der Ingangsetzung des Apparates erst kaltes Wasser
zum Rohr gelangen läßt, wodurch die Temperatur des Wassers im Rohre unter 40°
C. sinkt. Nun beginnt das Saugen und wird, einmal im Gange, auch nicht durch die
Ankunft des heißen Wassers unterbrochen. (Armengaud's Génie industriel, März 1863, S. 157.)
Ueber die Länge der Eisenbahnen in den verschiedenen Theilen
der Erde.
Man schätzt die Gesammtlänge aller vorhandenen Eisenbahnlinien auf 10,586
MyriameterEin Myriameter = 10 Kilometer = sehr nahe 1 1/3 preuß. Meile. und deren Baukosten auf 7,755,842,230 Franken.
Die Linien vertheilen sich auf die einzelnen Länder wie folgt:
Kilometer.
Kilometer.
Frankreich
9,890
Norwegen
101
England
12,201
Schweden
463
Schottland
2,390
Belgien
1,536
Irland
2,194
Holland
495
Indien
2,265
Schweiz
965
Canada
2,938
Portugal
128
Neu-Braunschweig
281
Türkei
128
Neu-Schottland
159
Egypten
228
Victoria
294
Vereinigte Staaten Amerika's
35,915
Neu-Süd-Wales
201
Conföderirte Staaten
14,133
Cap
45
Mexico
32
Preußen
9,896
Cuba
804
Oesterreich
5,092
Neu-Granada
80
Deutsche Staaten
5,211
Brasilien
178
Spanien
2,333
Paraguay
12
Italien
2,252
Chili
313
Rußland
2,202
Peru
80
Dänemark
421
(Nach dem Engineer durch Armengaud's
Génie industriel, März 1863, S. 143.)
Telegraphen-Apparat mit Vorrichtung zum Drucken, von
Hughes.
Im Monat Januar dieses Jahres wurden in dem Bureau der
Telegraphen-Gesellschaft für die vereinigten Königreiche, Old Broadstreet, London, wiederholte Versuche mit einem
Telegraphen-Apparate, der zum Drucken der Depeschen eingerichtet war,
angestellt. Die hierzu verwendete Maschine, von Professor Hughes erfunden und demselben patentirt, ist bereits in Amerika,
Frankreich und Italien mit Erfolg verwendet worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach
wird sie von der vorstehend genannten Telegraphen-Gesellschaft an mehreren
Plätzen eingeführt werden.
Der Apparat nimmt mit seiner Grundfläche nicht mehr Platz ein als ein gewöhnliches
Schachbret und ist sehr compendiös eingerichtet. Vorn an demselben befinden sich 28
Tasten, welche wie diejenigen eines Pianos angeordnet sind, dabei aber nur den
dritten Theil des Platzes solcher Tasten einnehmen.
Diese Tasten sind in Verbindung mit einer ebenso großen Anzahl von Metallstiften,
welche an ihren Enden Lettern tragen und durch Schlitze, die in einer kreisförmigen
Scheibe befindlich sind, hindurchtreten; am Scheitel dieser Scheibe befindet sich
ein Hebel mit den zur Transmittirung und Unterbrechung des galvanischen Stromes
geeigneten Vorrichtungen. Das Letternrad und der Hebel, welcher durch den
elektrischen Strom in Bewegung gesetzt wird, stehen in einer solchen Weise in
Verbindung, daß beim Niederdrücken einer Taste ein mit derselben correspondirendes
Metallstiftchen gehoben wird, wodurch sich der auf dem letztern befindliche
Buchstabe abdruckt. Gleich nachher wird das Papier mittelst einer mechanischen
Vorrichtung ein wenig verschoben, so daß Platz für einen neuen Buchstaben frei
wird.
Der Apparat wird meistentheils durch Frauen bedient und ganz ähnlich wie ein Piano
gehandhabt, nur mit stärkerer Pressung auf die Taften. Der Druck entsteht an den
beiden Endpunkten des Drahtes zu gleicher Zeit, so daß die telegraphirende Person
ihre Depesche sieht, während sie aufgenommen wird. Hierdurch wird jeder Fehler
vermieden, weil eine Abschrift oder eine Uebertragung in andere Schriftzeichen nicht
erforderlich ist.
Geübte Telegraphisten sollen es bis zur Abgabe von 40 bis 50 Wörtern in der Minute
gebracht haben. (Times.)
Telegraphische Weltsprache.
Der Graf Escayrac de Lauture, Vorstandsmitglied der
französischen geographischen Gesellschaft, hat in neuester Zeit eine ungemein
interessante kleine Broschüre veröffentlicht, welche die Möglichkeit bespricht, eine
allgemeine telegraphische Weltsprache einzuführen. Beschränken wir uns vor der Hand
auf etwa 5 oder 6 verschiedene Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch,
Italienisch, Spanisch und Russisch, so leuchtet es ein, daß eine Depesche welche
eine Anzahl dieser verschiedenen Sprachgebiete zu Passiren hat, oft sehr entstellt
an ihrem Bestimmungsorte ankommen wird, eben weil bei dem Umtelegraphiren der
Telegraphist, dem man die Kenntniß aller verschiedenen Sprachen nicht zumuthen kann,
nur mechanisch die einzelnen Buchstaben wiedergibt, ohne den Sinn zu verstehen.
Eine weitere Beobachtung ist, daß die größte Anzahl der Depeschen militärische,
medicinische oder commercielle Gegenstände betrifft. Die Depeschen über Fondscurse
überwiegen. Die Anzahl der in diesen einzelnen Branchen des Verkehrs fast immer
wiederkehrenden Worte ist ziemlich beschränkt.
Denke man sich nun folgendes Arrangement. Es werden von allen Telegraphenstationen
der Welt Signale adoptirt, welche die Classe der abzusendenden Depesche, ob
militärisch, commerciell etc. vorerst angeben. Für jede dieser Classen existiren
Schema's, die aus 30 horizontalen und (diese kreuzend) 30 verticalen
Columnenbestehen. Jede horizontale und verticale Columne sey durch einen Buchstaben
des telegraphischen Alphabets bezeichnet.
So entstehen 900 Quadrate, in deren jedem ein Wort, in den sechs verschiedenen
Sprachen ausgedrückt, stehe. Statt dieses Wortes wird dann der Buchstabe der
verticalen und der horizontalen Columne telegraphirt. In diesen Columnen werden bloß
Hauptworte, Eigenschaftsworte, Zeitworte und die nöthigen Verbindungsworte (und,
auf, in, an) aufgenommen. Die Beugungsfälle werden durch Zufügung eines dritten
telegraphischen Buchstabens auf die einfachste Weise gegeben. Hieße das Zeitwort
„seyn“ in der telegraphischen Weltsprache z.B. a. a., so kann man „ich bin“ durch
a. a. a., „du bist“ durch a. b. u.s.w. ausdrücken.
In den verschiedenen Tafeln werden natürlich eine große Anzahl Worte gleichzeitig
vorkommen, die selbstverständlich immer dieselben Zeichen behalten. Worte
speciellerer Natur, die in den Tafeln nicht vorkommen, werden natürlich wie
gewöhnlich ausgedrückt. Sollte dann auch beim Umtelegraphiren in diesen Worten ein
Irrthum vorkommen, so wird sich derselbe leicht aus dem Zusammenhange aufklären
lassen.
Es ist nicht zu läugnen, daß diese Idee einem unzweifelhaften Bedürfnisse
entgegenkommt. Sehen wir selbst von der internationalen Telegraphie, von der
universellen telegraphischen Sprache ab, so ist der hierdurch angebahnte Fortschritt
in Betreff der Schnelligkeit des Telegraphirens keineswegs zu gering zu schätzen.
Dr. H. Schwarz.
(Breslauer Gewerbeblatt, 1863, Nr. 9.)
Magnetische Respiratoren.
Feinmaschige Drahtgewebe und netzförmige Eisendrahtgewebe scheinen ganz besondere
Wichtigkeit für das körperliche Wohlbefinden der Menschen zu erlangen. Nicht nur,
daß man seit Davy's herrlicher Erfindung dieselben zu den
sogenannten Sicherheitslampen verwendet, durch welche es dem Bergmann möglich
gemacht ist, ungefährdet mit schlagenden Wettern erfüllte Grubenräume zu Passiren,
hat man selbe in neuerer Zeit fast allgemein statt der kostspieligen Silberdrahtgaze
zu den Respiratoren angewendet. Es ist dieß vorzüglich für die Arbeiter in solchen
Werkstätten wichtig, wo viel in Eisen gearbeitet wird, und feine Feilspäne zum
größten Nachtheile der Gesundheit eingeathmet werden. Solche Respiratoren von
magnetisirtem Stahlgewebe lassen selbst schwebende feinste Eisenfeilspäne nicht
durch, indem sie selbe festhalten und die Luft frei hindurchlassen. C. Kohn, Civilingenieur in Wien. (Zeitschrift des
österreichischen Ingenieurvereins, 1862 S. 229.)
David Kirkaldy's Versuche über die
Festigkeit von Eisen und Stahl.
Der schottische Ingenieur David Kirkaldy hat kürzlich dem
Verein der schottischen Ingenieure (Institution of Engineers
in Scotland) seine werthvollen Versuche über die Festigkeit von Eisen und
Stahl mitgetheilt, auch dieselben in einer kleinen Schrift veröffentlicht. Diese
Versuche zeigen zunächst, daß bei manchen Sorten von Eisen wenig oder gar keine
Ausdehnung stattfindet, ohne daß die Elasticitätsgrenze, die sehr niedrig ist, dabei
überschritten würde. Bei der Untersuchung von gekröpften Achsen zeigte sich die
Festigkeit des Eisens im Innern der Achsen fast ebenso groß wie an der Außenseite
derselben, obgleich das äußere Eisen durch das viele Bearbeiten bedeutend härter als
das innere wird. Durch kaltes Walzen wird die Festigkeit bedeutend vergrößert. Wenn
Eisen plötzlich, durch einen sehr starken Druck oder Schlag, zerbrochen wurde, so
zeigte die Bruchstelle immer ein krystallinisches Gefüge, ein sehniges Gefüge
dagegen, wenn der Bruch durch langsames Biegen hervorgebracht wurde.
Besonders interessant sind die Versuche über die Festigkeit des Stahls, woraus
hevorgeht, daß dieselbe durch Härten in Wasser vermindert, durch Härten in Oel aber
bedeutend vergrößert wird, und zwar um so mehr, je größer die Erwärmung des Stahls
vor dem Eintauchen in Oel war. Der Stahl wird also durch das Härten in Oel zugleich
fester, elastischer und härter. Die Abscherungsfestigkeit der Niete von Stahl zeigte
sich etwa um 1/4 geringer als die absolute Festigkeit derselben. Durch Erhitzen und
langsames Abkühlen wird bei Eisen ebenso wie bei Stahl die Härte und Festigkeit des
Materials gleichzeitig vermindert. Das Verzinken oder Verzinnen scheint auf die
Festigkeit des Eisens ohne Einfluß zu seyn.
Bei Frost zeigt sich die Festigkeit des Eisens erheblich geringer, namentlich wenn
dasselbe einer plötzlichen Einwirkung von äußeren Kräften ausgesetzt wird. Wenn
dagegen solche äußere Kräfte nicht plötzlich, sondern allmählich einwirken, so wird
das Eisen dadurch etwas ausgedehnt und in Folge dessen erwärmt, was man leicht an
dem Schmelzen von Eis bemerken kann, falls das Eisen damit bedeckt ist.
Wenn eine Eisenstange nur an einer Stelle auf wenige Zoll Länge einen geringeren
Querschnitt hat, so ist ihre Festigkeit größer als wenn sie über ihre ganze Länge
diesen geringeren Querschnitt hätte, ein besonders bemerkenswerthes und bislang
nicht bekanntes Factum. (Engineer vom 16. Januar 1863;
Zeitschrift des hannoverschen Architecten- und Ingenieurvereins, Bd. IX S.
131.)
Der Bessemer-Stahl.
In dem englischen Jury-Berichte der Classe 32 der Londoner
Industrie-Ausstellung findet sich Folgendes über den
Bessemer-Stahl:
Selbst Hr. Bessemer glaubt nicht, daß daß Metall oder der
Stahl, der durch diesen Proceß gewonnen wird, den auf altem Wege hergestellten Stahl
verdrängen wird, sondern, daß er ein Substitut für Schmiedeeisen überall da werden
wird, wo große Massen verlangt werden.
Die Jury glaubt sich verpflichtet, in diesem Bericht niederzulegen, was ihrer Meinung
nach die besonderen Eigenthümlichkeiten des Bessemer-Stahls sind. Ihre
Meinung ist gebildet theils nach eigener Erfahrung, theils nach Mittheilungen des
Hrn. Bessemer und anderer wissenschaftlicher und
praktischer Herren, von denen einige die Fabrication selbst betreiben und den Stahl
verwenden.
Wenn der Stahl beinahe entkohlt ist, bildet er ein weiches, homogenes, nützliches
Metall, anwendbar zu Schiffs- und Kesselblechen, Kolbenstangen,
Führungsstangen und überhaupt für große Schmiedestücke zu constructiven Zwecken;
aber in diesem Zustande kann man ihn nicht Härten und läßt er sich nur schwer
schweißen. Es ist daher klar, daß für alle Zwecke, wo Schweißbarkeit verlangt wird,
oder wo Härte mit Zähigkeit und Elasticität verbunden wesentlich sind, oder für
Gegenstände, welche eine hohe Politur oder eine scharf schneidende Kante annehmen
sollen, dieß nicht der richtige Stahl ist, den man verwenden muß.
Wenn man einen größeren Theil Kohle im Stahl läßt, so ist es schwer Gleichförmigkeit
in der Härte oder Qualität zu erlangen, und es ist nicht gewiß, daß alle Gußstücke
derselben in Bearbeitung genommenen Menge zur weiteren Bearbeitung tauglich
sind.
Die Erfahrung hat auch gelehrt, daß die Qualität des Productes bei diesem, sowie bei
dem alten Verfahren in großem Maaße von der Natur und den Eigenschaften des
verwendeten Materials abhängt. Guten Bessemer-Stahl kann man von schlechtem
oder untauglichem Roheisen nicht erhalten.
Ein wissenschaftlicher und zugleich praktischer Mann schreibt an ein Mitglied der
Jury Folgendes:
Der Unterschied zwischen Stahl erster Qualität auf dem alten Wege aus schwedischem
Stahleisen erzeugt und dem Bessemer-Stahl scheint folgender zu seyn. In dem
ersteren sind mehrere gute Eigenschaften des Stahls vereinigt, welche ihn
ausgezeichnet machen; in dem letzteren dagegen ist es vorläufig noch schwer, in
demselben Stücke mehr als eine dieser Eigenschaften zu erlangen. Z.B. wenn man ihn
hart läßt, ist er nicht zähe; und wenn man ihn weich und zähe läßt, kann man ihn
nicht härten.
Zeit, Geschicklichkeit und Erfahrung werden ohne Zweifel einige dieser Fehler und
Mängel heilen oder entfernen, während einige vielleicht zurückbleiben werden, als
dem Proceß eigenthümlich und davon unzertrennlich.
So schnell wie die Unvollkommenheiten dieses Stahls beseitigt werden, wird sich seine
Anwendbarkeit vergrößern; aber er wird sich selbst Bahn brechen müssen.
Soweit die Jury.
London, December 1862
Theodor Lange.
(Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. VII S.
100.)
Objecte aus gegossenem Schiefer.
Fein gepulverter Schiefer mit Wasserglas zu einem Brei gerührt, sodann in Formen von
Zink oder Eisen gebracht und langsam der Wärme ausgesetzt, gibt wieder vollständig
erhärteten Schiefer, der alle Eigenschaften des rohen Schiefers besitzen soll.
Proben solcher gewalzter Platten und Ornamente, die aus englischen
Schieferplattenabfällen gegossen und gepreßt sind, wurden in Havre ausgestellt, es
sollen auch ähnliche Objecte in London ausgestellt gewesen seyn. C. Kohn. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins,
1862 S. 229.)
Ueber eine merkwürdige Veränderung des Holzes in den
Schiffsmasten; von Ernst Hallier.
Im Frühjahr 1862 brachte Hr. A. Janßen auf Helgoland beim
Neubau seiner Bierhalle Holz zur Anwendung, von einem über sechzig Jahre alten
Schiff herrührend, welches er einige Zeit vorher in der öffentlichen Versteigerung
erstanden hatte. Als der Mast zersägt wurde, zeigte derselbe im Innern eine
eigenthümliche Beschaffenheit. Der feste innerste Kern, etwa 12 Jahresringe
umfassend, hatte sich von dem äußeren Holz so vollständig abgelöst, daß er lose
darin lag, beim Spalten des Holzes heraussprang, in Gestalt einer Stange von der
Länge des abgesägten Stückes, so glatt, als sey er herausgedrechselt worden, ohne
die geringste Splitterung. Wo der Stamm verzweigt gewesen war, da sprangen auch die
Astkerne heraus und zwar, mit dem Hauptkern fest verbunden. So bewahre ich noch ein
Aststück von sechs Jahresringen, ein anderes, nur drei umfassend, beide noch im
Zusammenhang mit einem Stück des Hauptkerns. Der Mast war der Hauptmast eines großen
Schiffes gewesen und zeichnete sich, besonders im Innern, durch starken Kiengehalt
aus.
Erfahrene Seeleute, mit denen ich über die Erscheinung sprach, theilten mir mit, daß
sie dergleichen schon öfter gesehen, aber stets bei solchen Masten, die schon im
Dienst eines halben Jahrhunderts gealtert waren. Sie gaben mir die einfache
Erklärung, die sich mir schon von selbst aufgedrängt hatte, daß nämlich der Holzkern
in Folge des ewigen, oft gewaltsamen Viegens der Masten während der Stürme sich ganz
allmählich und daher gleichmäßig vom umgebenden Holz ablöse.
Mein Bruder, der Architect Eduard Hallier, erzählte mir,
daß ähnliche Erscheinungen, aber in weit unvollkommenerem Grade, an altem Bauholz von
den Zimmerleuten wahrgenommen wurden; doch löste sich dabei in der Regel ein
gröberer Kern mit starker Splitterung ab. (Poggendorff's Annalen der Physik, 1863,
Bd. CXVIII S. 317.)
Ein bewährtes Mittel gegen Motten.
Straßburger Naturalienhändler besaßen seit etwa 30 Jahren das Geheimmittel, Pelz und
Federn vor den allgemein verhaßten Motten zu schützen. Da das Mittel höchst billig,
probat und der menschlichen Gesundheit ganz unschädlich ist, so halten wir es für
Pflicht, dieses Arcanum zu veröffentlichen. Es ist pulverisirter Eisenvitriol. Man
wendet dieses Mittel an, indem man das Pulver zwischen die Haare und Federn auf den
Grund der Haut streut. Der Eisenvitriol muß jedoch getrocknet werden, damit er
leichter zu pulverisiren ist. Es wird sich der Mühe lohnen, dieses Mittel auch bei
Tüchern, bei Roßhaaren in Canapés, in Stühlen, wollenen Waaren und
dergleichen zu versuchen. (Deutscher Telegraph.)
Bienenstich als Heilmittel.
Die Eichstädter Bienenzeitung hat schon wiederholt merkwürdige Fälle mitgetheilt, wo
sich der Bienenstich als Heilmittel gegen Rheumatismen
wirksam zeigte. Sie bringt folgende weitere Belege dafür:
Bürgermeister Kehl zu Arnstadt in Thüringen erzählte hier,
wie ihn zu Anfang des Frühlings ein heftiger Rheumatismus im rechten Arm plagte und
ihm nur mit äußerster Mühe und unter nicht geringen Schmerzen gestattete die Hand
bis auf den Kopf zu heben. Zufällig erhielt er von einer wüthenden Biene einen
empfindlichen Stich unter den Nagel des Daumens, welchem nach kurzer Zeit der
Eintritt der gewöhnlichen Geschwulst folgte, die von der Hand aus sich rasch nach
dem Arme verbreitete. In dem Maaße aber als dieselbe vorschritt, ja fast noch
schneller, verschwand aller und jeder rheumatische Schmerz aus
dem Arm; er war von diesem Uebel binnen einer halben Stunde völlig und
gründlich geheilt. Gegen den Ausgang des Sommers stellte sich jedoch der
Rheumatismus in demselben Arme nach einer tüchtigen Durchnässung wieder ein. Auf
Grund der gemachten Erfahrung entschloß sich der Kranke, sich diesesmal absichtlich
von einer Biene stechen zu lassen. Das Experiment war bald gemacht. Statt einer
Biene stachen sogleich zwei, nicht eben wieder unter den Fingernagel, sondern auf
die Oberhand und das kräftig genug. Der Erfolg war derselbe, alsbaldige Geschwulst
und Verschwinden des rheumatischen Schmerzes im Arme nach kaum
einer Viertelstunde. Der Redacteur der Bienenzeitung, Hr. Seminarlehrer Schmid, fügt diesem Berichte bei, daß er die Wirksamkeit
des Mittels aus eigener Erfahrung bestätigen könne. Er hatte vorigen Winter in dem
einen Arm einen derartigen Rheumatismus, daß er seinen Ueberrock ohne Beihülfe weder
an- noch ausziehen konnte. Kein Mittel wollte helfen. Der Arzt vertröstete
auf die bessere Jahreszeit. Auch diese kam, aber das Leiden verschwand nicht. Da
ließ sich Hr. Schmid von seinen lieben Bienen in die Hand
des kranken Arms ein paar tüchtige Stiche appliciren und schon nach wenigen Stunden
war er von seinem rheumatischen Leiden radical kurirt.
Der Riesenhanf.
Seit mehreren Jahren wird derselbe in Gärten nur als Zierpflanze gezogen, allein er
verdient die Aufmerksamkeit aller Landwirthe, besonders wenn langer und starker Hanf
gewonnen werden soll, wie er, für das Seewesen bestimmt, seyn muß. In gutem Boden
wird er über 12 Fuß hoch; in mittelmäßigem, nicht gedüngtem Lande aber eben so schön, wie der von
der gemeinen Art, welcher auf dem üppigsten Boden erwachsen ist. Der Riesenhanf kann
also überall ohne weiteres gebaut werden, während der
gemeine Hanf nur nach besonderer Vorbereitung des Bodens – mit Dung u.s.w.
– gut gedeiht. Saat und Stand der Stengel ist dem gemeinen Hanfe gleich, nur
muß man einen Theil auf gutes Land säen zur Gewinnung eines reinen Samens, weil
dieser durch jede Schwächung leicht ausarten würde. Somit wäre der Hanfbau nicht
mehr auf besondere Gegenden angewiesen, er kann sich vielmehr allgemein verbreiten und dabei erspart der Landwirth noch den meisten,
bisher für die Hanfäcker nöthigen Dünger. (Fundgrube, 1863, Nr. 1.)
Zur Literatur über die Zuckerrübe.
Analytische Untersuchungen über den Vergleichswerth
verschiedener Hauptgattungen der Runkelrübe und über die Vertheilung des
Stickstoffgehaltes in den verschiedenen Theilen dieser Pflanze, nebst Analysen
u.s.w.; vonDr. Carl
Löffler, praktischen Zuckerfabrikanten, Mitgliede gelehrter Gesellschaften,
Ritter etc. (Berlin 1863, Frank.)
Schon beim Durchlesen der ersten Abschnitte des speciell den Zuckerrübenbau
betreffenden letztern Theils dieser Broschüre: „Chemische Studien über die
Runkelrübe“ (S. 39 ff.) konnten wir keinen Augenblick in Zweifel
seyn, daß wir hier die Uebersetzung einer französischen, schon im Jahr 1860 erschienenen Arbeit Leplay's vor uns hatten,
welche, obwohl das Resultat von je 167 und 130 Rübenuntersuchungen und zahlreicher
Bodenanalysen, die Leplay gemacht hatte, hier dem
deutschen Publicum als eigene Arbeit des Hrn. C. Löffler mit einer beispiellosen Kühnheit dargeboten wird!
Der Verfasser eignet sich ohne Scheu die Arbeit Leplay's
und ebenso mit kurzen Worten eine ganze Reihe Untersuchungen Vilmorin's an, indem er das, was diese Herren geforscht und gethan,
einfach mit „ich habe“ u.s.w. einführt. Er gab sich dabei nicht
einmal die Mühe, seine Uebersetzung etwas umzuarbeiten, sondern begnügte sich einige
ganz unerhebliche Aenderungen anzubringen: die 200 Hektaren Rübenbau, weeche Leplay zur Untersuchung dienten, hat er in 800 Morgen
einer vollendeten Rübencultur, „in welcher der Verf. sich damals
befand,“ verwandelt, das Soleil'sche
Saccharometer Leplay's hat er in einen Mitscherlich'schen Apparat umgeändert, die
Kilogrammenzahlen durch Multiplication mit 2 in Pfunde umgerechnet – und so
ist die große Untersuchung Leplay's mit einem Schlage zu
der des Hrn. Löffler geworden.
Man möge nur den XI Bd. der Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerfabrication S. 88
nachschlagen, und Abschnitt für Abschnitt, Zahl für Zahl mit dem Texte unserer
Plagiat-Broschüre vergleichen.
Die Arbeit Leplay's erschien zuerst in den Comptes rendus im Juli und August 1860, gieng dann in
verschiedene Zeitschriften über, fand aber in Deutschland nur sehr wenig Anklang,
weil, wie Wagner in seinem technologischen Jahresbericht
für 1860 S. 344 sagt: „die Abhandlung nichts enthält, was nicht schon in
Deutschland bekannt und weit gründlicher studirt worden wäre.“
Natürlich war Hr. Löffler anderer Ansicht und glaubte
wahrscheinlich, sich die Autorschaft um so ungestrafter aneignen zu können, als
jenes sehr wohl gegründete Urtheil die meisten Zeitschriften von einer Aufnahme der
ganzen Arbeit abgehalten haben mag.
Dieß wird genügen: unsere Ansicht über den erstern Theil der Broschüre bedarf nun
wohl kaum noch einer weiteren Auseinandersetzung; jeder Leser wird sich die
Nutzanwendung in Betreff etwaiger sonstiger Schriften des genannten Verfassers
selbst ziehen.
C. St.