Titel: | Armstrong's neuestes Monstre-Geschütz. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. VIII., S. 35 |
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VIII.
Armstrong's neuestes Monstre-Geschütz.
Armstrong's neuestes Monstre-Geschütz.
Nach einem Berichte der Times vom 20. November 1863 sind
am 19. desselben Monats zu Shoeburyneß Schießversuche mit dem 600pfünder von Sir
William Armstrong angestellt worden, dessen bereits in
diesem Journal Bd. CLXIX S. 97 in dem
artilleristischen Nachtrage zu „Anderson's
Anwendung des Copir-Principes bei der Anfertigung und dem Ziehen von
Feuerwaffen“ Erwähnung geschehen ist.
Das auf einer sehr starken Laffete gewöhnlicher Construction liegende Rohr dieses
Geschützes hatte, bei 22 Tonnen (à 20 engl.
Centner, d.h. à 1015,65 Kilogramme) Gewicht, eine
Gesammtlänge von 15 Fuß, eine Bohrungslänge von 12 Fuß und einen Kaliberdurchmesser
von 13,3 Zoll. Es war als Vorderladungsrohr nach Armstrong's Princip der Verstärkung durch umgelegte Cylinder construirt
und besaß am Bodenstücke eine Wandstärke von 20,85 Zoll und in der
Schildzapfengegend einen im Vollen gemessenen Durchmesser von 55 Zoll. Endlich war
dieses Rohr noch mit 10 sogenannten Schiebezügen von 65 Kaliberdurchmesser
Drall-Länge versehen.
Ein zugehöriges conisches Hohlgeschoß wog 510 Pfd. und eine dem Kaliber entsprechende
Bombe gewöhnlicher Construction, welche 40 Pfd. Pulver als Sprengladung in sich
aufnehmen konnte, hatte ein Gewicht von 600 Pfd. Die Pulverladungen waren für das
erstere Geschoß auf 70 Pfd. und für das zweite auf 60 Pfd. bestimmt worden. Die
Geschützbedienung geschah durch 20 Mann, denen ein Hebezeug zur Verfügung stand,
mittelst dessen Geschoß und Ladung jedesmal in einer Art Wiege vor die Mündung des
Rohres gebracht wurden. Nach einiger Uebung konnte man die Schüsse mit etwa 10
Minuten Zwischenraum aufeinander folgen lassen.
Der erste Schuß wurde mit 1° Elevation, dem conischen Geschosse und 70 Pfd.
Pulverladung abgegeben. – Das Projectil machte auf etwa 700 Yards Entfernung
einen Aufschlag auf dem Sande des Meeresstrandes, welcher zur Aufstellung der
Scheiben benutzt worden war, und erreichte dann, nach mehreren Sprüngen, noch eine
Totalschußweite von circa 4000 Yards. – Die
mittleren Resultate des Gesammt-Versuches aber waren folgende:
1) Mit dem 510 Pfd. schweren conischen Geschosse und 70 Pfd. Pulverladung erhielt
man:
bei 1°
Elevation
eine
Horizontalschußweite
von etwa
779 Yards
„ 2°
„
„
„
„
1164 „
„ 5°
„
„
„
„
2349 „
„ 10°
„
„
„
„
4148 „
2) Mit der 600 Pfd. schweren Bombe gewöhnlicher Construction und 60 Pfd. Ladung aber
wurden bei 10° Elevation nur etwa 1889 Yards Horizontalschußweite erzielt,
während das Resultat weiterer, noch mit einem Rundgeschosse von nur 300 Pfd.
Gewicht, 70 Pfd. Pulverladung und 10° Elevation angestellten Versuche, wegen
der inmittelst eingetretenen Fluth, nicht festgestellt werden konnte.
Messungen mit dem elektro-ballistischen Apparate des belgischen Majors Navez ergaben, als Anfangsgeschwindigkeit für das mit 70
Pfd. Pulverladung abgeschossene 510 Pfd. schwere Kegelgeschoß, 1200 Fuß per Secunde.
Das Rohr selbst hatte durch diese Proben nicht im mindesten gelitten und es glaubt
der Berichterstatter der Times von diesem, in riesigen
Dimensionen ausgeführten Geschütze, welches er mit dem Namen
Big Will (Dicker Wilhelm) belegt zu sehen wünscht, in
Bezug auf Zerstörungskraft etwas ganz Außerordentliches erwarten zu dürfen.
Dy.