Titel: | Der magneto-elektrische Typen-Schnellschreiber von Siemens und Halske in Berlin. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XII., S. 48 |
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XII.
Der magneto-elektrische
Typen-Schnellschreiber von Siemens und Halske in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Ueber den magneto-elektrischen Typen-Schnellschreiber
von Siemens und Halske.
Herr C. Wilhelm Siemens theilt als Berichterstatter über
die elektrischen Instrumente und Telegraphirapparate auf der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im J. 1862 in The Practical
Mechanic's Journal Record of the Great Exhibition hinsichtlich des
magneto-elektrischen Typen-Schnellschreibers Folgendes mit:
„Unter den vielerlei Apparaten, woraus die von den Herren Siemens und Halske
ausgestellte Sammlung bestand, erregte keiner ein größeres allgemeines Interesse
als ihr magneto-elektrischer Typen-Schnellschreiber.Eine Notiz über denselben wurde im polytechn. Journal Bd. CLXX S. 232 mitgetheilt. Nach den angehefteten Bemerkungen wurden mittelst desselben achtzig
Worte oder 400 Buchstaben per Minute durch 2550
engl. Meilen Drahtleitung (einschließlich 50 Meilen submarinen Kabels, 800
Meilen oberirdischer Leitung und 1700 Meilen künstlichen Widerstandes)
übertragen.
Der in Fig.
22 der beigegebenen Abbildungen dargestellte Aufnahme-Apparat
ist eine Verbesserung der Siemens-Halske'schen
polarisirten Tinte-Schreibapparate und mit einem besonderen Uhrwerk
versehen, um das Papier mit der erforderlichen größeren Geschwindigkeit zu
bewegen. Dieser Apparat, welcher einen der wesentlichsten Theile der Erfindung
bildet, kann durch große Entfernungen mit verhältnißmäßig sehr geringer
Batteriekraft betrieben werden; er ist unabhängig von den Veränderungen, welche
in Folge mangelhafter Isolirung oder aus anderen Gründen in der Stromstärke
eintreten; seine Zeichen sind deutlich und werden mit der größten Regelmäßigkeit
gegeben, auch ist er sowohl für Volta'sche Ströme in einer oder der
entgegengesetzten Richtung, als auch für Inductionsströme verwendbar.
Er besteht aus einem hufeisenförmigen Magnet E,
welcher durch den (nur theilweise in der Zeichnung sichtbaren) Stahlmagnet M bleibend magnetisirt erhalten wird; letzterer
inducirt eine Art von Magnetismus in den Polen a, a
des Elektromagneten und den entgegengesetzten Magnetismus in dem zwischen ihnen
schwingenden Anker b: c ist der druckende Hebel,
welcher eine Fortsetzung des Ankers bildet. Eine Reihe von Strömen, welche die
Spiralen des Elektromagneten zuerst in einer Richtung und dann in der anderen
durchlaufen, bewirken, daß die Polarität von einem seiner Pole zerstört oder
umgekehrt und derjenigen des anderen hinzugefügt wird, und vice versa, daher der Hebel in rascher
Aufeinanderfolge von einem Pol angezogen und gleichzeitig vom anderen abgestoßen
wird. In dem Augenblick wo der Strom aufhört, wird der Hebel durch den vom
permanenten Magnet zurückkommenden Magnetismus in der Lage erhalten, worin er
sich zur Zeit des Aufhörens des Stromes befand. Zur Beurtheilung des
Empfindlichkeitsgrades, dessen diese Combination fähig ist, muß man
berücksichtigen daß, wenn der Hebel in der Mitte zwischen den
elektromagnetischen Polen angebracht ist, er gleichmäßig in beiden Richtungen
angezogen wird, daß aber die geringste Annäherung gegen die eine oder andere
Seite dem nächsten Pol ein sehr entschiedenes Uebergewicht gibt, daher er
den Hebel hält, ohne daß regulirende Federn erforderlich sind, bis derselbe in
Folge eines momentanen Stromes durch die Leitungskette die Seiten wechselt.
Das andere Ende des schwingenden Hebels führt die Scheibe, welche das Papier
markirt; dasselbe taucht bis zu einer gewissen Grenze in einen Glastrog mit
Tinte, deren Niveau adjustirbar ist. Bei der Umdrehung der Scheibe nimmt ihre
Peripherie eine gewisse Menge Tinte aus dem Troge auf, welche nach gehöriger
Verringerung durch einen Abstreicher den Papierstreifen markirt.
Letzterer läuft rasch, aber mit gleichförmiger Geschwindigkeit dicht über der
Markirscheibe, welche sich in der entgegengesetzten Richtung des Papieres dreht
und dasselbe schwach berührt, sobald der Hebel abwärts angezogen wird. Mit einem
genau balancirten Hebel wird die Stärke des Stroms auf diese Weise so gut als
möglich benutzt, da derselbe auf beiden Seiten wirkt und bloß die Trägheit des
Hebels zu überwinden hat.
Die übertragenen Zeichen sind diejenigen des Morse'schen Alphabets. Die Uebertragung wird dadurch bewirkt, daß unter
einer Contact-Anordnung, deren Details Fig. 25 zeigt, in
Messingstäben angebrachte Typen passiren. Diese Stäbe bewegen sich dabei von der
Rechten zur Linken durch die Wirkung einer Schraube, welche auf die Spindel
einer Magneto-Inductionsbatterie geschnitten ist, wie sie Siemens und Halske für
ihre alphabetischen Telegraphen anwenden. Wenn man einen Tretschemel (Fig. 23)
in Thätigkeit setzt, dreht sich der Anker der Magneto-Inductionsbatterie
mit seiner Spirale isolirten Drahts zwischen den Polen einer Reihe permanenter
Magnete und erzeugt dadurch eine Aufeinanderfolge magneto-elektrischer
Ströme, indem jede ganze Umdrehung einen positiven und einen negativen Strom
hervorbringt. Die Typen zeigen eine Oberfläche von Erhabenheiten und
Vertiefungen, welche nach dem darzustellenden Buchstaben verschieden sind; an
jeder Type ist seitwärts nach der Richtung der Tiefe ein prismatischer Vorsprung
oder Schieber angebracht, welcher in eine der an der Seite des Typenstabes
befindlichen Nuthen paßt. Vermittelst dieser Ruthen, welche mit den Treibrädern
an der unteren Fläche des Typenstabes coincidiren, wird eine bestimmte Beziehung
zwischen den Umdrehungen des Ankers und der Lage der Type unterhalten. Dieß
verdeutlicht Fig. 24Diese Figur zeigt oben zwei Typ en einzeln, dann zwei verbunden von der
Seite gesehen, unten die verbundenen von oben gesehen. Die Vertiefungen
sind schraffirt., wo die mit + bezeichneten Columnen die
Dauer eines stattfindenden positiven Stromes, und die mit –
bezeichneten diejenige eines negativen Stromes angeben; angenommen daher, die
Type gehe unter der Contact-Anordnung weg, so wird jede halbe Umdrehung
des Ankers und das Vorschreiten der Type um die Breite einer Columne
gleichzeitig stattfinden. Die Leitungskette wird durch das Heben eines kleinen
Prismas geschlossen, wenn ein erhabener Theil der Type unter ihr weggeht, und
sie wird während des Passirens einer Vertiefung unterbrochen. Es ist daher
einleuchtend, daß beim Telegraphiren nur diejenigen Ströme in die Linie gelangen
können, welche während des Passirens einer Erhabenheit erzeugt werden und da die
Wirkung jedes Stromes in dem Aufnahme-Apparat fortdauert, bis ein
frischer Impuls in der entgegengesetzten Richtung anlangt, so wird die Wirkung
jedes Intervalls verlängert und ein Punkt in einen Strich, oder ein Blanquet in
ein längeres gezeichnet. Wir müssen noch beifügen, daß beim Telegraphiren die
die Depesche enthaltenden Typenstäbe bei ihrem Passiren durch die Maschine an
einander gehäkelt und nach ihrem Durchgange durch dieselbe sofort wieder
getrennt werden.
Die Vorzüge des neuen Apparates bestehen hauptsächlich in der durch denselben
ermöglichten beträchtlichen Beschleunigung der Depeschenbeförderung mit
Ausschluß jedes Irrthums, und in der Anwendung der Magneto-Elektricität
zur Krafterzeugung, welche eine große Oekonomie und Bequemlichkeit
gewährt.“