Titel: | Ueber das Beschlagen und Blindwerden des Glases, und über die Methode zur Vorherbestimmung dieser Erscheinung; von Dr. R. Weber. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XXXI., S. 130 |
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XXXI.
Ueber das Beschlagen und Blindwerden des Glases,
und über die Methode zur Vorherbestimmung dieser ErscheinungFür diese unter dem Motto: „Die Natur der anorganischen Körper liegt in
ihrer Zusammensetzung“, dem Verein für Gewerbfleiß in Preußen
eingesendete Bewerbung um die vierte pro 1860
gestellte Preisaufgabe wurde dem Verfasser der ausgesetzte Preis zuerkannt.; von Dr. R.
Weber.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1863 S. 131.
Weber, über das Beschlagen und Blindwerden des Glases.
Es ist eine bereits seit langer Zeit gemachte Erfahrung, daß viele Gläser, besonders
wenn sie der feuchten Luft ausgesetzt sind, nach längerer oder kürzerer Zeit eine
Veränderung an ihrer Oberfläche erleiden, daß der hohe Glanz derselben verschwindet,
eine Verminderung der Durchsichtigkeit eintritt, daß ihre Oberfläche mit einer
dünnen irisirenden Schicht sich überkleidet, und sogar zuweilen dünne Blättchen sich
ablösen, oder viele feine Haarrisse sich zeigen.
Nicht alle Glassorten sind in gleichem Maaße zu diesen Veränderungen geneigt, manche
dagegen im hohen Grade; sie zeigen, wenn sie sorgfältig gereinigt, oft schon nach
einigen Tagen auf der Oberfläche entweder einen zarten Beschlag, den man für Staub
anzusehen geneigt seyn kann, oder sie bedecken sich mit einer äußerst dünnen
Feuchtigkeitsschicht, auf deren Vorhandenseyn sich durch das stärkere Anhaften des
Staubes schließen läßt. Solchen schon nach kurzer Zeit oberflächlich sich
verändernden Gläsern ist selbstredend eine längere Dauer und Haltbarkeit nicht
beizumessen. Andere Glassorten dagegen zeigen erst solche Veränderungen, wenn sie lange Zeit hindurch
unberührt geblieben sind; es haftet auf ihnen der Staub weniger fest, die Oberfläche
behält ihren Glanz, und es entzieht sich die Veränderlichkeit der Glassubstanz der
oberflächlichen Beobachtung.
Am auffallendsten treten diese auf einer Zersetzung des Glases beruhenden
Eigenschaften hervor, wenn das Glas während einer Reihe von Jahren von feuchter Erde
bedeckt war. Das ausgegrabene antike Glas ist meistens bis auf eine tiefe Schicht
opak geworden; es hat oft seine Festigkeit verloren und bildet sogar zuweilen nur
ein Aggregat von dünnen, trüben Lamellen. Colladon theilt
mit, daß frisch ausgegrabenes, lange in der Erde gelegenes Glas biegsam sey, daß es
aber an der Luft nach kurzer Zeit wieder hart und spröde werde.Gmelin's Handbuch der Chemie, Bd. II S. 367.
Diese Veränderungen beruhen auf einer Zersetzung des Glases durch den Einfluß der
Atmosphärilien, durch Wasser und Kohlensäure, deren Wirkung auch bekanntlich die
meisten Minerale unterliegen. Der Feldspath, der Augit etc. verwittern, wenn sie
während langer Zeitperioden der directen Einwirkung dieser Agentien ausgesetzt sind;
die im Wasser löslichen Bestandtheile werden fortgeführt, die anderen bleiben, wenn
sie nicht durch Wasser mechanisch weggespült werden, an dem Orte wo die Zersetzung
erfolgte, zurück. Aehnlich ist der Vorgang beim Glase; durch die Einwirkung des
Wassers wird dem Glase zunächst Alkali in Verbindung mit etwas Kieselsäure entzogen,
dann wird, da bekanntlich der kieselsaure Kalk von Wasser etwas gelöst wird, auch
Kalkerde entfernt, und fast reine Kieselsäure bleibt zurück. Nach Griffiths VersuchenEbendaselbst. besteht das ausgegrabene antike Glas fast nur aus Kieselsäure. Hausmann
Liebig, Jahresbericht von 1856, S. 356. analysirte ein durch längeres Verweilen im Erdboden oberflächlich zersetztes
Glas, sowie den noch unverändert gebliebenen Kern. Er fand, daß die veränderte
opalisirende Rinde vollkommen frei von Alkali war, daß die Menge der Kieselsäure
relativ abgenommen hatte, die Menge der Kalkerde und des Eisenoxyduls dagegen
gewachsen war und daß die veränderte Glasmasse 19,3 Proc. Wasser gebunden enthielt.
Zuerst wird aus dem Glase Alkali und später dann Kalk entfernt. Zu ähnlichen
Resultaten kam Bingley,Liebig, Jahresbericht von 1858, S. 141. welcher ein Glas, das lange Zeit in einem See gelegen hatte,
untersuchte.
Die Einwirkung des Wassers auf das Glas, welche bei Glasgefäßen zuerst von Scheele nachgewiesen wurde, wird sofort merklich, wenn
man selbst gutes hartes Glas, fein gepulvert, mit Wasser übergießt. Letztere
Erfahrung machten schon vor langen Jahren Bischof
Kastner's Archiv, Bd. I S. 443. und Fuchs;Kastner's Archiv, Bd. V S. 396. sie zeigten, daß Glaspulver mit Wasser befeuchtet, alkalisch reagirt. Als
eine Neuigkeit beschreibt Pelouze
Comptes rendus, t. XLIII p. 117; polytechn. Journal Bd.
CXLII S. 121. diese Erscheinung; er theilt außerdem mit, daß feines Pulver von einem 77,3
Proc. Kieselsäure enthaltenden, also ohne Zweifel harten Glase, an Wasser bis 18,2
Proc. abgebe, und daß neben Alkali viel Kieselsäure in Lösung gehe. Den Einfluß,
welcher von der Kohlensäure auf das befeuchtete Glas ausgeübt wird, erweisen die von
dem genannten Chemiker in dieser Beziehung ausgeführten interessanten Versuche. Das
feine, mit Wasser durchfeuchtete Glaspulver absorbirt nämlich Kohlensäure aus der
Luft, braust mit Säuren. Glaspulver nimmt, wenn es mit Wasser gekocht wird, die
Kohlensäure noch schneller auf. Es findet also durch die Kohlensäure eine namhafte
Wirkung auf das Glas statt. Die von Ludwig
Chemisches Centralblatt, 1857 S. 829. mit Feldspathpulver ausgeführten Versuche ergeben die leichte Zersetzbarkeit
dieser Minerale beim Kochen ihres feinen Pulvers mit Wasser.
Erfahrungsmäßig widerstehen die verschiedenen im Handel vorkommenden Glassorten dem
Einflusse der feuchten Luft nicht in gleicher Weise; sie sind wie die
Gesteinsmassen, z.B. die Granite, in verschiedenem Grade zur Zersetzung geneigt.
Dieses verschiedene Verhalten der Gläser ist indessen lediglich auf ihre chemische
Beschaffenheit begründet, wogegen bei den Gesteinen noch die zufälligen
Structurverhältnisse, die größere oder geringere Dichtigkeit ihrer Masse, ihre
Festigkeit, wohl zum Theil bedingt durch den größeren oder geringeren Druck, unter
dem sie entstanden sind, hierbei wesentlich in Betracht kommen; denn das lockere
Gestein von gleicher Zusammensetzung wie das festere wird in Folge der größeren
Berührungsfläche leichter zersetzt. Die physikalische Beschaffenheit der Gläser ist
nicht in diesem Sinn erheblich verschieden, aber die chemische Zusammensetzung der
Glassorten weicht wesentlich von einander ab. Hierin ist das abweichende Verhalten
der Glassorten unter einander zu suchen. Die chemische Zusammensetzung derselben
bedingt allein die Eigenschaften der Glassorte; der größere oder geringere Gehalt an
Alkali, beziehungsweise
auch an Kalk in den Gläsern ist der Grund für die größere oder geringere
Zersetzbarkeit derselben. Nachstehende kleine Tabelle enthält die Resultate einiger
Glasanalysen, aus denen die Verschiedenheit in der Mischung der Gläser erhellt.
Ordinäres Flaschenglas.
Berthier.
Dumas.
Kieselsäure
60,0 – 53,56
–
45,6
Kali und Natron
3,1 –
5,48
–
6,2
Kalk
22,3 – 29,22
–
28,1
Thonerde
8,0 –
6,01
–
14,0
Mangan und Eisenoxyd
5,2 –
5,74
–
6,2
Halbweißes französisches Glas.
Berthier.
Dumas.
Kieselsäure
71,6 – 69,6
–
2,0
Kali und Natron
10,6 – 11,0
–
6,4
Kalk
10,0 – 13,0
–
5,6
Magnesia
–
– 0,6
–
2,2
Thonerde
3,0 –
3,6
–
2,4
Mangan und Eisenoxyd
1,8 –
1,6
–
0,7
Weißes Glas.
Berthier.
Dumas.
Kieselsäure
71,7 – 69,4
–
62,8
Kali und Natron
15,2 – 11,8
–
22,1
Kalk
10,3 – 9,2
–
12,5
ThonerdeEisenoxyd
0,4 –
9,60,5 – –
––
2,6
Diese wenigen Anführungen mögen genügen, um die große Verschiedenheit in der
Zusammensetzung der Gläser zu zeigen. Die Menge der Kieselsäure variirt von
45,6–71,7 Proc., der Alkaligehalt liegt zwischen den Grenzen 3,1–22,1
Proc., und der Kalkgehalt zwischen 9,2–29,2 Proc. Das verschiedene Verhalten
der Gläser kann daher nicht überraschen.
Die fehlerhafte Beschaffenheit des Glases kann nun entweder darin sich zeigen, daß
das Glas, wie oben bemerkt, mit einem zarten, staubähnlichen Beschlage, der sich auf
den Gläsern zeigt, selbst wenn sie vor Staub geschützt aufbewahrt werden, und
welcher nach dem jedesmaligen Abwischen sich erneuert, überzieht, oder auch darin,
daß die Oberfläche des Glases feucht wird, daß ein feiner Thau, der gleichfalls nach
erfolgter Entfernung desselben bald wieder erscheint, sich darauf absetzt. Der
Angriff, den das Glas innerhalb kurzer Zeitperioden erfährt, ist meistens nicht sehr merklich,
denn die Glasoberfläche ist nach Entfernung dieser Beschläge anscheinend
unverändert, weil der Angriff an allen Punkten der Oberfläche gleichzeitig
stattgefunden. Nach längerer Zeit wird aber die Veränderung der Oberfläche dennoch
sichtbar.
Es ist nicht zweifelhaft, daß diese zersetzbaren Gläser in den meisten Fällen, wie
bereits mehrfach ausgesprochen, einen zu großen Gehalt an Alkali besitzen, und daß
daher die Menge der vorhandenen Kalkerde nicht ausreicht, um, selbst wenn es an
Kieselsäure nicht mangelt, die widerständige Doppelverbindung von kieselsaurem
Alkali mit kieselsaurem Kalk, resp. Blei- oder Zinkoxyd, zu bilden. Denn auf
die Bildung von Doppelsilicaten gründet sich bekanntlich die Entstehung der den
Säuren widerstehenden Glasmasse; jedes der componirenden Silicate, sowohl das
kieselsaure Alkali als der kieselsaure Kalk etc., werden von Säuren aufgeschlossen.
Die Darstellung alkalireicher Gläser mag wohl oft aus dem Grunde geschehen, weil ein
solcher Glassatz leichter schmelzbar ist, dünnflüssiger wird, leichter blank
schmilzt und daher weniger Brennmaterial erfordert. Ein zu kalkreiches Glas wird,
wenn es im Satze an Kieselsäure mangelt, von Säuren gleichfalls leicht angegriffen;
eine derartige Erscheinung beobachtet man öfter an den unter Zusatz von Basalt
geschmolzenen grünen Gläsern. Warrington
Philosophical Magazine, vol. XXVI p. 578. theilt die Analyse eines derartigen fehlerhaften Buttel-Glases mit,
welches enthielt:
Kieselsäure
49,00
Kalkerde
24,75
Kali
7,25
Natron
2,00
Eisenoxyd
10,10
Thonerde
4,10
Magnesia
2,00
–––––
99,30
Der Gehalt an Kalk ist in dem analysirten Glase zwar sehr hoch, aber es ist zu
erwähnen, daß das Glas 10 Proc. Eisenoxyd enthält, und schon deßhalb kein normal
zusammengesetztes Glas ist.
Die auf der Oberfläche leicht zersetzbarer Gläser ausgeschiedenen, entweder
staubförmigen oder deliquescirenden Massen reagiren alkalisch; der reifartige
Beschlag enthält vorzugsweise Natron, in dem flüssigen Beschlage dagegen befindet
sich Kali. Die Mengen der ausgewitterten Substanzen sind zwar meistens nur klein;
indessen erkennt man vermittelst des Spectralapparats mit großer Sicherheit die Gegenwart
des Kalis in dem feuchten Beschlage. Zur Nachweisung des Natrons ist jenes feine
Hülfsmittel nicht erst erforderlich. Hiernach hat es nun den Anschein, daß das
Beschlagen mit Feuchtigkeit den überschüssig Kali enthaltenden Gläsern, das
Verwittern unter Ausscheidung fester Salze den fehlerhaft zusammengesetzten
Natrongläsern eigen ist Die kalkfreien, auflöslichen Kali- und Natrongläser
zeigen dasselbe Verhalten; Kaliwasserglas nämlich deliquescirt, Natronwasserglas
dagegen überzieht sich, der Luft ausgesetzt, mit einem pulverigen Beschlage.
Derartiges fehlerhaftes Glas ist für optische Zwecke nicht verwendbar; Linsen aus
demselben geschliffen, werden in Folge des Ueberzuges trübe. Die Beseitigung
desselben ist oft, wenn die Gläser in Röhren eingesprengt sind, schwierig, der
Ueberzug kommt bald wieder zum Vorschein, und zwar besonders dann, wenn die Gläser
so eingefaßt sind, daß nur ein geringer Luftwechsel eintreten kann. Mit der Zeit
wird die Glasoberfläche matt. Sehr störend wirkt diese Beschaffenheit besonders bei
den zu Reflexionsgläsern verschlissenen Platten an Meßinstrumenten, vorzüglich bei
den für den Gebrauch auf der See bestimmten Instrumenten, weil die Schärfe des
reflectirten Bildes durch den Beschlag auf dem Spiegel sehr beeinträchtigt wird.
Deßgleichen sind beschlagende Scheiben als Spiegelplatten, oder zum Verglasen der
Fenster und Spinden, sehr lästig. Es ist ferner oft von Interesse, das für
physikalische Zwecke zu verwendende Glas auf die Eigenschaft, zu beschlagen, zu
prüfen, denn ohne Zweifel leitet das feucht beschlagende Glas die Electricität und
ist deßhalb für die Construction elektrischer Apparate nicht brauchbar.
Zur Erkennung dieser Fehler hat man verschiedene Mittel benutzt; man hat
vorgeschlagen, das Glas auf seine Härte zu prüfen. Das härtere Glas ist dem
weicheren vorzuziehen. – Dieß Prüfverfahren kann aber leicht zu Irrthümern
Veranlassung geben, denn bekanntlich ist Kaliglas härter als Natronglas, und
haltbareres Natronglas, welches man für chemische Zwecke dem ersteren oft vorzieht,
kann sich weicher als jenes Kaliglas erweisen. Auch entbehrt diese Methode jeder
Schärfe.
Ferner hat man vorgeschlagen,Gmelin, Handbuch der Chemie, Bd. II S. 367. Säuren auf den zu prüfenden Gegenständen zu erhitzen und zu untersuchen, ob
ein Angriff merklich ist oder nicht. – Auch diese Methode ist nur sehr roh,
denn da der Angriff auf allen Punkten der Glasfläche stattfindet, so ist er, wie
oben bemerkt, nur schwer
merkbar und diese Methode ist zur Erkennung feinerer Unterschiede nach den
Erfahrungen des Verfassers durchaus ungeeignet.
Verdünnte Flußsäure greift das schlechte Glas zwar etwas mehr an als gutes;
deßgleichen wirkt auch Kieselflußsäure, wenn man sorgfältig deren Verdunstung
hindert, auf gutes Glas wohl weniger ein als auf schlechtes, aber als
Unterscheidungsmittel erscheinen diese Säuren, da die Anzeichen nicht scharf genug
sich kundgeben, ungenügend.
Lösungen von Alkalien erwiesen sich gleichfalls nicht brauchbar. Auch das Ammoniak,
dessen zersetzende Wirkung sehr merkwürdig ist, dessen Wirkung man an
Reagenzflaschen sowohl als auch an den Glasscheiben, mit denen Stallfenster verglast
sind, wahrnimmt, kann für den in Rede stehenden Zweck nicht dienen.
Bekanntlich greifen manche Salzlösungen schon in der Kälte das Glas an; die Flaschen,
in denen Lösungen von phosphorsaurem Natron aufbewahrt werden, erschienen sehr
häufig corrodirt;Muspratt, Encyklopädie, Bd. II S. 920. oft ist die Lösung getrübt von feinen irisirenden Lamellen. Zur Prüfung der
Gläser erschien aber dieses Mittel nicht geeignet.
Als ein Mittel zur Erkennung der fehlerhaften Eigenschaften der Gläser ist ferner von
Vogel und Reischauer eine
concentrirte Lösung von salpetersaurem Zinkoxyd, in der dieselben mehrere Tage
erwärmt werden, bezeichnet worden.Polytechn. Journal Bd. CLII S.
181. Die schlechten, zur Aufnahme von Wasser disponirten Gläser erleiden dadurch
eine leicht wahrnehmbare Veränderung, welche gute Gläser nicht zeigen. In derartigen
von dieser Lösung angegriffenen Gläsern fanden die genannten Chemiker:
Kieselsäure
65,16
–
64,04
–
66,47,
Eisenoxyd und Thonerde
3,39
–
1,69
–
3,10,
Kalkerde
4,69
–
7,80
–
5,60,
Kali
22,31
–
20,64
–
18,79,
Natron
2,47
–
4,94
–
5,61.
Nach der Ansicht des Verfassers müssen die Fehler der obigen drei Glassorten sehr
deutlich ausgeprägt seyn, denn ein Glas mit 24,4–25,6 Proc. Alkali enthält
fast so viel Alkalien wie manches Wasserglas, in dem wohl 32–35 Proc. Kali
oder 25–27 Proc. Natron enthalten sind.Muspratt, Encyklopädie, Bd. II S. 1024. – Vergleichende Versuchsreihen hat der Verfasser nicht
angestellt.
Schlechte Gläser zeigen auch die Eigenschaft, beim Erhitzen trübe zu werden, eine Erscheinung, auf
deren Nutzanwendung zur Erkennung der Fehler Splitgerber
Poggendorff's Annalen, Bd. LXXXII S. 453;
polytechn. Journal Bd. CXX S.
195. aufmerksam gemacht hat.
Bei den mitgetheilten Prüfungsverfahren wurden stets Prüfungsmittel in flüssiger Form
auf das Glas gebracht und aus dem erfolgten Angriff nach der Entfernung derselben
auf die Güte des Glases geschlossen. Der Werth dieser Methoden ist, wenn es sich um
Beurtheilung seiner Unterschiede handelt, sehr zweifelhaft; denn bei besseren, aber
doch für optische Zwecke nicht mehr zu empfehlenden Gläsern, bei denen ein zarter
Beschlag erst wenn sie längere Zeit eingeschlossen sind hervortritt, ist der
erfolgte Angriff nicht immer der Art, daß eine sichere Beurtheilung möglich ist. Es
wird nämlich von der Glasoberfläche mit der später entfernten Prüfflüssigkeit die
vom Glase abgelöste Substanz entfernt, und da der Angriff sehr gleichmäßig erfolgt,
so wird er nicht leicht bemerkt, denn es wird die Politur nicht wesentlich lädirt.
Es wird daher darauf ankommen, die durch das Reagens aus dem zersetzbaren Glase
geschiedene Substanz auf der Glasoberfläche zu erhalten, um aus dem Vorhandenseyn
kleinerer oder größerer Mengen derselben einen Schluß auf die Beschaffenheit des
Glases zu machen. Deßhalb ist die Anwendung gas- und dampfförmiger Reagentien
zur Prüfung der Gläser nach den Erfahrungen des Verfassers vorzuziehen. Am
geeignetsten erwies sich Salzsäure; sie wird in folgender einfacher Weise zur
Anwendung gebracht:
In ein flaches Glasgefäß wird starke, rohe, rauchende Salzsäure gegossen, auf den
Rand des Gefäßes, zur Unterstützung der zu prüfenden Glasplatten, werden
Glasstreifen gelegt, und das so vorgerichtete Gefäß wird auf eine abgeschliffene
Glasplatte gestellt und endlich eine am Rande abgeschliffene Glasglocke, die also
dicht abschließt, darüber gestülpt. Die Gläser werden vorher höchst sorgfältig
gereinigt und in dem einfachen Apparate der Wirkung der Dämpfe der rauchenden Säure
24–30 Stunden lang ausgesetzt. Die Temperatur ist zweckmäßig
15–20° C. An den Gläsern haftet alsdann meistens ein zarter Thau,
besonders wenn die Gläser zur Zersetzung neigen, zuweilen jedoch zeigt sich derselbe
nicht. Eintretende Temperaturdifferenzen spielen hierbei eine Rolle. Nachdem die
Gläser den Dämpfen 24–30 Stunden ausgesetzt waren, stellt man sie in einen
verschließbaren Schrank und läßt sie wieder 24 Stunden stehen. Jede Spur
Ammoniakdampf und Staub ist auf das sorgfältigste abzuhalten. Die auf diese Weise
trocken gewordenen Gläser betrachtet man im durchfallenden Lichte; zeigt sich ein
weißer, zarter Beschlag, den man leicht abwischen kann, so sind die Gläser verwerflich. Wenn die Fehler
stärker ausgeprägt sind, so ist der Beschlag sehr deutlich; solche Gläser sollte man
füglich nicht einmal zum Verglasen nehmen. Bemerkt man im durchgehenden Lichte
keinen Beschlag, so betrachtet man sie im schräg einfallenden, und zieht mit einer
abgerundeten Messerschärfe einen Strich darüber. Das ist die feinste
Beobachtungsweise; der leiseste Anflug wird hierbei sichtbar. Bei sehr gutem Glase
sieht man keinen Anflug, weniger haltbare Gläser zeigen denselben mehr oder weniger
deutlich. Da die guten in die schlechteren Gläser gradatim und nicht sprungweise
übergehen, so ist naturgemäß keine derartige scharfe Grenze, wie bei den
Faser-Stoffen, die z.B. entweder Wolle oder Baumwolle etc. sind, hier
vorhanden. Es spiegelt sich vielmehr in dieser Reaction das Verhalten des Glases zu
den zersetzend wirkenden Agentien ab, und es zeigt sich, welches Glas zersetzbarer
als anderes ist. – Die nöthige Erfahrung und Uebung wird leicht gewonnen.
Obiges Prüfverfahren ist, da die Gläser dabei nicht lädirt werden, auch für fertig
verschlissene Gläser anwendbar. Dem Verfasser wurden mehrere gute und beschlagende
Objective aus größeren Fernröhren zur Prüfung vorgelegt, und es wurden die guten
Gläser von den schlechten sicher unterschieden.
Die Prüfung von buntem Glase erfolgt auf dieselbe Weise. Das Verfahren ist indessen
nicht mehr anwendbar auf Gläser, bei denen der färbende Theil einen dem Gewichte
nach wesentlichen Bestandtheil bildet, wie z.B. bei den tiefrothen, im Tageslichte
vollkommen undurchsichtigen Sonnengläsern. Diese werden nämlich von den Dämpfen
angegriffen.
Deßgleichen wird das Faraday'sche Borsäureglas
angegriffen.
Dagegen läßt sich hiernach die Güte des Flintglases beurtheilen, was kaum zu hoffen
war. Gutes Flintglas erleidet nur einen sehr unbedeutenden Angriff. – Diese
Beobachtung stimmt mit einer älteren, von Griffith (Gmelin's Handbuch, Bd. II S. 366) gemachten Wahrnehmung,
nach welcher Salzsäure aus Flintglaspulver kein Bleioxyd, sondern nur Alkali
auszieht, überein.
Es dürfte wohl von Interesse seyn, die Zusammensetzung der durch längeres Aufbewahren
als mehr oder weniger beschlagend erkannten und nach dieser Methode geprüften Gläser
zu kennen, um hiernach die Zusammensetzung des Glassatzes festzustellen und die
Grenzen zu bezeichnen, bis zu denen der Alkaligehalt ohne wesentliche
Beeinträchtigung der Güte des Glases gesteigert werden kann; der Verfasser wird die
Untersuchung derartiger Gläser ausführen und das Ergebniß demnächst vorlegen.