Titel: | Ueber die Werthbestimmung der im Handel vorkommenden Potaschesorten, nebst Zusammenstellung einiger Analysen derselben; von Dr. H. Grüneberg zu Kalk bei Deutz. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XXXIII., S. 139 |
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XXXIII.
Ueber die Werthbestimmung der im Handel
vorkommenden Potaschesorten, nebst Zusammenstellung einiger Analysen derselben; von Dr.
H. Grüneberg zu
Kalk bei Deutz.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1863, Bd. VII S. 561.
Grüneberg, über die Werthbestimmung der käuflichen
Potasche.
Seit einer Reihe von Jahren mit der Verwendung von Potasche zu verschiedenen
Fabricationszweigen beschäftigt, wurde mir Gelegenheit, die meisten im Handel
vorkommenden Potaschesorten einer genauen Prüfung zu unterwerfen.
Die Resultate dieser Untersuchungen, ergänzt durch die bisher veröffentlichten
Analysen, habe ich weiter unten zusammengestellt. Vielleicht trägt diese
Zusammenstellung dazu bei, eine Uebersicht über diesen wichtigen Handelsartikel zu
geben und einen Vergleich der verschiedenen Potaschesorten zu ermöglichen.
Es sey mir gestattet, dieser Uebersicht Einiges über die Werthbestimmung der Potasche vorausgehen zu lassen.
Die Thatsache, daß der Werth der Potasche in verschiedenen Gegenden nach verschiedenen Graden gemessen wird, ist bisher Anlaß zu
mancherlei Irrthümern und Enttäuschungen gewesen. Während eine Gegend nach Descroizilles'schen Graden, eine andere nach Gay-Lussac'schen Graden rechnet, bestimmt eine
dritte nach Kaliprocenten, ebenfalls Gay-Lussac'sche Grade genannt. So wird es bei dieser Verschiedenheit in
der Gradbestimmung der Potasche dem Laien wirklich schwer, den wahren Werth
derselben zu erkennen, so daß es wohl ebenso an der Zeit wäre, für ein gleiches
Verfahren der Werthbestimmung der Alkalien in der Technik sich zu einigen, wie man
zur Annahme gleichen Maaßes und Gewichtes hoffentlich bald sich einigen wird.
Betreffend die alkalimetrische Operation im Allgemeinen ist es wohl nicht
zweifelhaft, daß der Gay-Lussac'schen
alkalimetrischen Gradbestimmung, welche durch Mohr in
Deutschland populär geworden ist, unbedingt vor der veralteten Descroizilles'schen Methode der Vorzug zu geben ist. Letzterer schafft
sich, wie bekannt, willkürliche Grade durch Anwendung einer Probesäure, welche durch
Verdünnen einer (nicht immer gleichen) englischen Schwefelsäure auf ein gewisses
Volumen dargestellt wird, und gibt nur vergleichende
Werthe an.
Die Gay-Lussac'sche Methode dagegen weist den wirklichen
Alkaligehalt nach,
vorausgesetzt, daß man es mit nur einem Alkali zu thun
hat. Es wird mit einer Probesäure operirt, welche nach chemisch reinen und geglühten
kohlensauren Alkalien normirt ist, und deren, zum Sättigen des zu untersuchenden
Alkalis verbrauchte Menge in Kubikcentimetern bei gewissen abzuwägenden Quantitäten
der Alkalien die wirklichen Gewichtsprocente derselben an kohlensaurem Alkali
angibt.
Für die gewöhnlichen, im Handel vorkommenden Potaschen, wenn dieselben nicht mit Soda
vermischt sind, ist die Gay-Lussac'sche Methode
jedenfalls die am meisten zu empfehlende. Sie läßt uns jedoch im Stich, wenn wir mit
Potaschen zu thun haben, welche, wie z.B. Rübenasche, ziemlich bedeutende Antheile
Soda enthalten. Für solche Potaschen ist in Frankreich zum Theil die Anwendung der
Gay-Lussac'schen Kali-Grade üblich,
d.h. die Bestimmung des in der Potasche vorhandenen, berechneten trockenen Kalis, gleichviel, ob dasselbe als
kohlensaures, als schwefelsaures Kali oder als Chlorkalium vorhanden ist.
Doch auch diese Methode hat ihre großen Mängel, weil sie nicht allein die in den
fraglichen Potaschen enthaltene Soda außer Acht läßt, sondern auch die verschiedenen
darin vorhandenen Kalisalze sämmtlich auf gleiche Weise behandelt. Und doch haben
diese Kalisalze für den Fabrikanten einen so verschiedenen Werth. Das kohlensaure
Kali hat einen höheren Werth als das Chlorkalium, dieses wieder einen höheren als
das schwefelsaure Kali; und für gewisse Industriezweige, z.B. Seifensiederei, haben
letztere beiden Kalisalze gar keinen Werth, während dagegen etwa vorhandene Soda in
Rechnung zu ziehen ist. Es bleibt nichts übrig, als bei Potaschen von so
abweichender Zusammensetzung vollständige Analysen zu machen, d.h. jedes der darin
enthaltenen Salze zu bestimmen, für jedes der Salze einen Werth in Procenten
auszusetzen und diese Werthe dann zu einer den Werth des Productes ausdrückenden
Gesammtsumme zu vereinigen. Dank der durch Mohr so sehr vervollkommneten
Titrir-Analyse ist dieß heute nicht mehr eine schwierige Aufgabe, und ich
habe seit 5 Jahren diese Werthbestimmungs-Methode der Potasche ausschließlich
angewendet.
Der Gang der von mir befolgten Methode ist folgender: Es wird der alkalimetrische
Gehalt der zu untersuchenden Potasche nach der Gay-Lussac'schen Methode als kohlensaures Kali gesucht, das Chlor
nach der Mohr'schen Methode mit salpetersaurem Silber,
die Schwefelsäure ebenfalls nach Mohr mit salpetersaurem
Blei bestimmt. Das vorhandene Kali wird gleichfalls nach
Mohr als Weinstein abgeschieden und hieraus
berechnet. Sämmtliches gefundene Chlor wird auf Chlorkalium und sämmtliche Schwefelsäure auf
schwefelsaures Kali berechnet; denn Chlor und Schwefelsäure sind in der Potasche immer an Kali gebunden, wovon ich mich durch directe
Abscheidung jener Salze überzeugte.
Der an Chlor und Schwefelsäure nicht gebundene Rest des gefundenen Kalis, abgesehen
von zu vernachlässigenden kleinen Quantitäten kieselsauren Kalis, welches als
kohlensaures Kali gefunden wird, ist als kohlensaures Kali vorhanden und wird als
solches berechnet. Das so ermittelte kohlensaure Kali wird von den alkalimetrisch
gefundenen Potascheprocenten in Abrechnung gebracht, und der verbleibende Rest auf
Soda im Verhältniß von 69,1 : 53,0 berechnet. Bei einiger Uebung ist eine Potasche
nach dieser Methode in ein paar Stunden zu analysiren.
Folgendes Beispiel möge diese bekannte Berechnungsweise erläutern:
Es sey gefunden in einer rheinischen Asche:
alkalimetrischer Gehalt
51,1
schwefelsaures Kali
31,4
Chlorkalium
14,5
Kali
52,87.
–––––
schwefelsaures Kali 31,4, darin Kali
17,00
Chlorkalium 14,5, darin Kali
9,18
–––––
Summa Kali
26,18.
52,87 im Ganzen gefundenes Kali, davon abgezogen 26,18 gibt 26,69, welche 26,69 KaO
auf kohlensaures Kali berechnet aus der folgenden Proportion sich ergeben:
47,1 : 69,1 = 26,69 : x; x = 38,9 KaO, Co².
Diese 38,9 KaO, Co² von dem gefundenen
alkalimetrischen Gehalt, von 51,1 subtrahirt, ergeben einen Rest von 12,2, welcher
im Verhältniß von 69,1 : 53,0 auf Soda berechnet einem
Sodagehalt von 9,3 Proc. entspricht.
Die fragliche rheinische Asche enthielt also:
kohlensaures Kali
38,9
kohlensaures Natron
9,3
schwefelsaures Kali
31,4
Chlorkalium
14,9
Wasser und Unlösliches
5,5
–––––
100,0.
Der Fabrikant hat nun ein Mittel an der Hand, nach einer von ihm zu entwerfenden
Scala für den Werth jedes der Bestandtheile der Potasche den Gesammtwerth derselben
sich klar zu machen.
Für den Salpeterfabrikanten würde bei leidlichen Salpeterpreisen jene Scala etwa
folgende seyn:
kohlensaures Kali,
Werth
per
Procent
4
Sgr.
kohlensaures Natron
„
„
„
1 1/4
„
schwefelsaures Kali
„
„
„
1
„
Chlorkalium
„
„
„
1 1/2
„
Der Werth einer russischen Asche von folgender Zusammensetzung würde sich nach obiger
Scala etwa wie folgt herausstellen:
kohlensaures Kali
68 Proc.,
à 4
Sgr.
=
9
Thlr.
2
Sgr.
–
Pf.
kohlensaures Natron
4
„
à 1 1/4
„
=
–
„
5
„
–
„
schwefelsaures Kali
17 „
à 1
„
=
–
„
17
„
–
„
Chlorkalium
3,5 „
à 1 1/2
„
=
–
„
5
„
3
„
Wasser und Unlösliches
7,5 „
–––––––––
––––––––––––––––––––––––
100,0 Proc.
=
9
Thlr.
29
Sgr.
3
Pf.
Selbstredend ist, daß diese Scala eine andere seyn muß, je nach localen Verhältnissen
und Conjuncturen; vor Allem aber je nach den Zwecken zu welchen die fragliche
Potasche verwendet werden soll.
So darf z.B. der Seifenfabrikant Chlorkalium und schwefelsaures Kali nicht berechnen,
weil diese Kalisalze für ihn fast werthlos sind, wogegen für den Alaunfabrikanten,
welcher eine geringe Potasche anwendet, das schwefelsaure Kali einen höheren Werth
hat, als für den Salpeterfabrikanten. Für Consumenten der Rübenasche ist bei der
außerordentlich schwankenden Zusammensetzung derselben, welche variirt je nach der
Gegend und dem Boden auf welchem die Rüben gezogen wurden, eine solche
Werthbestimmung von so großer Wichtigkeit, daß Zeitaufwand oder Kosten einer solchen
speciellen Analyse nicht gescheut werden sollten.
Bei reineren Potaschesorten läßt sich die Analyse derselben wesentlich vereinfachen,
und eine Kalibestimmung umgehen, wenn man ein Verfahren einschlägt, welches wohl
schon angewendet wurde, um das reine Chlorkalium in Gemengen aus Chlorkalium und
Kochsalz zu bestimmen, nämlich das Verfahren der indirecten Analyse. Man bestimmt
den alkalimetrischen Gehalt der zu untersuchenden Potasche als kohlensaures Kali,
das Chlor als Chlorkalium, die Schwefelsäure als schwefelsaures Kali.
Es wird ferner Feuchtigkeit und Unlösliches, falls solches vorhanden, festgestellt,
und sämmtliche gefundenen Procente werden addirt. Hierdurch wird eine Summe
erhalten, welche, wenn ein Natronsalz (Soda) vorhanden war, ein gewisses Plus über
100 ergeben wird. Bei genauer Operation wird jedes über 100 gefundene Procent einem
Sodagehalte von 3,2927 entsprechen, so daß man, um den Sodagehalt einer Potasche zu
berechnen, nur jenes gefundene Plus mit 3,2927 zu multipliciren hat.
Der Multiplicator 3,2927 wird folgender Weise gefunden: Von einer Probesäure, von
welcher 100 Kubikcentimeter 100 Procente einer abgewogenen Menge kohlensauren Kalis sättigen, werden,
wenn die gleiche Gewichtsmenge kohlensauren Natrons damit gesättigt werden soll,
130,37 Kubikcentimeter erforderlich seyn, denn die zur Sättigung obiger Alkalien
erforderliche Säuremenge verhält sich umgekehrt wie deren Aequivalent. Mithin:
53,0 (NaO, Co²) : 69,1 (KaO, Co²) = 100 :
130,37.
Es erfordert also jene Quantität kohlensauren Natrons 30,37 Kubikcentimeter
Probesäure mehr, als ein gleiches Gewicht kohlensauren
Kalis. Mit anderen Worten: Jene Quantität Alkali, falls dessen Qualität zweifelhaft
seyn sollte, wird, wenn zu deren Sättigung 30,37 Kubikcentimeter Probesäure mehr als
100 verbraucht werden, 100 Procente kohlensauren Natrons enthalten, also reines
kohlensaures Natron seyn. Da nun 30,37 Mehrbefund 100 Procente kohlensaures Natron
repräsentirt, so wird 1 Proc. Mehrbefund = 100/30,37 = 3,2927 kohlensaures Natron
seyn, oder man hat jedes über 100 gefundene Procent mit 3,2927 zu multipliciren, um
den Sodagehalt einer fraglichen Potasche festzustellen. Um nun zu ermitteln, wie
viel Potasche neben der Soda vorhanden ist, hat man nur den durch jenen
Multiplicator berechneten Sodagehalt nebst dem gefundenen Plus (welches, da der
vorhandene Sodagehalt bei der alkalimetrischen Operation als kohlensaures Kali
berechnet, entsprechend dem Unterschiede der Aequivalente von KaO, Co² und
NaO, Co² zu hoch berechnet war) von dem gefundenen alkalimetrischen Gehalte
(Alkaliprocente) zu subtrahiren.
Ein Beispiel wird dieß anschaulicher machen:
Es sey gefunden in einer
rheinischen Potasche:
alkalimetrischer Gehalt
51,1 Proc.
schwefelsaures Kali
31,4 „
Chlorkalium
14,5 „
Wasser und Unlösliches
6
„
––––––––––
103,0 Proc.
Gefunden also 3 über 100,
3 × 3,2927 = 9,87 Proc. Soda,
51,1 – (9,87 + 3) = 38,23 kohlensaures Kali.
Die rheinische Potasche hatte also folgende Zusammensetzung:
kohlensaures Kali
38,23
kohlensaures Natron
9,87
schwefelsaures Kali
31,40
Chlorkalium
14,50
Wasser und Unlösliches
6,00
––––––
100,00.
Enthält eine Potasche Aetzkali, so müssen 100 Theile der zuvor durch Glühen von
Feuchtigkeit befreiten Potasche mit kohlensaurem Ammoniak geglüht werden. Man
analysirt 100 Theile des erhaltenen kohlensauren Alkalis,
bestimmt darin den Sodagehalt nach obiger Methode und addirt hierzu das kohlensaure
Natron, welches der Rechnung nach in dem durch Glühen mit kohlensaurem Ammoniak
erhaltenen Mehrgewichte noch enthalten ist.
Nachdem die Anwendbarkeit dieser Methode, den Sodagehalt der Potasche zu bestimmen,
durch Reihen anderer vergleichender, vermittelst Platinchlorid ausgeführter
Bestimmungen zur Genüge festgestellt war, wurden die meisten Potaschen folgender
Zusammenstellung nach obiger Methode bestimmt.
Analyse verschiedener Potaschen des
Handels
Textabbildung Bd. 171, S. 144
Ursprung der Potasche; Qualität;
Analytiker; a. Alkaligehalt als KaO, Co², berechnet nach
Gay-Lussac; a. Kohlensaures Kali; a. Kalihydrat; Kohlensaures Kali und
Kalihydrat, berechnet als kohlensaures Kali; Kohlensaures Natron; Schwefelsaures
Kali; Chlorkalium; Amerikanische Potasche; Deßgl. condemned; Payen; F. Mayer; H.
G.
Bei den mit * bezeichneten Analysen vom F. Mayer wird das
in der Potasche enthaltene Chlorkalium als Chlornatrium berechnet, weßhalb diese
Analyse ungerechnet und der Natrongehalt als Soda aufgeführt werden mußte.
Textabbildung Bd. 171, S. 145
Ursprung der Potasche; Qualität;
Analytiker; a. Alkaligehalt als KaO, Co², berechnet nach
Gay-Lussac; Kohlensaures Kali; Kalihydrat; b. Kohlensaures Kali und
Kalihydrat, berechnet als kohlensaures Kali; c. Kohlensaures Natron; d.
Schwefelsaures Kali; e. Chlorkalium; Amerikanische Perlasche; Payen; Deßgl.; H.
G.; Russische Potasche; Toscanische Potasche; Illyrische Potasche;
Vogesen-Potasche; Französische Rübenasche; Deßgl. (Valencienne); Deßgl.
doppelt raffinirt; Deßgl. v. Hamoir Duquene-Loinee, Paris.; Belgische
raffinirte Potasche; Belgische rohe Rübenasche; Englische raffin. Potasche,
Liverpool; Soebenburger Potasche, zweimal calcinirt; Deßgl. Waldasche, zweimal
calcinirt; Deßgl. Buchenwaldasche, zweimal calcinirt; Ungarische Hausasche;
Galizische Potasche; Rheinische Potasche; Rohe Rübenasche, Magdeburg; Cölner
Potasche von Vorster und Grüneberg
Ein Vergleich der Colonne a und b macht es deutlich, wie leicht man bei einer einfachen alkalimetrischen
Prüfung der Potasche über deren Gehalt an kohlensaurem Kali sich täuschen kann, und
wie sehr wichtig es ist, bei gewissen Potaschen außer der alkalimetrischen
Bestimmung eine quantitative Bestimmung der einzelnen Bestandtheile der Potasche
vorzunehmen.