Titel: | Die Zerstörung des mit Kreosot getränkten Holzes durch Limnoria terebrans; von David Stevenson. |
Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. LIX., S. 228 |
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LIX.
Die Zerstörung des mit Kreosot getränkten Holzes
durch Limnoria terebrans; von David Stevenson.
Aus den Proceedings of the Royal Society of Edinburgh,
1862.
Stevenson, über die Zerstörung des mit Kreosot getränkten Holzes
durch Limnoria terebrans.
Von größtem Werth wäre irgend ein chemisches oder mechanisches Mittel, welches das
Holz auf die Dauer gegen die Zerstörung durch limnoria
terebrans zu schützen vermöchte; bis jetzt werden alle Holzconstructionen,
welche der Einwirkung des Meerwassers ausgesetzt sind, langsam aber sicher durch
dieses kleine Insect zerstört. Zuerst beobachtete im J. 1810 Robert Stevenson, damals Ingenieur des Bell Rock-Leuchtthurms, die Verwüstungen dieses Holzfeindes an den
hölzernen Stützen des zu errichtenden Leuchtthurmes. Hr. Dr. Leach, welchem er Exemplare des Thieres und
des beschädigten Holzes sandte, erklärte dasselbe für eine neue und sehr
interessante Species, der er den Namen limnoria
terebrans beilegte.
Die Teredo navalis, welche größer ist und noch wirksamer
zerstört, findet sich glücklicherweise nicht so häufig in nördlichen Meeren wie die
limnoria.
Versuche, welche Robert Stevenson während fast 30 Jahren
anstellte, und die in Thomas Stevensons Artikel über
Hafenbauten in der Encyclopaedia Britannica ausführlich
mitgetheilt sind, haben erwiesen, daß früher oder später Teckholz, afrikanische,
englische und amerikanische Eichen, Mahagony, Buche, Esche, Ulmen und die
verschiedenen Tannenarten die Beute der limnoria
werden.
Hr. R. Stevenson prüfte auch die Methoden von Kyan und von Payne, erstere in
der Injection von Sublimat, letztere in der von Eisenvitriol bestehend. Holz, nach
dem ersteren Proceß behandelt, wurde nach 2 Jahren 4 Monaten angegriffen und war in
4 Jahren 7 Monaten gänzlich zerstört, während das nach dem letzten Proceß behandelte
in 10 Monaten angegriffen wurde und in 1 Jahr 10 Monaten zerstört war.
Der mit Recht anerkannte Proceß Bethell's, die Anwendung
von Kreosot, ist bei mehreren Eisenbahnbauten in Gebrauch gekommen und zwar mit
allgemein zugegebenem Erfolg. Der Verf. hat diese Methode auch auf Meeresbauten in
der Hoffnung angewandt, dadurch ein Schutzmittel gegen die limnoria zu erhalten. Er ist jetzt aber überzeugt, daß Kreosot kein
allgemeines und dauerndes Präservativ für Holz bei Meeresbauten bildet. Dieß thut
jedoch der Wichtigkeit und Zuverlässigkeit des genannten Mittels bei
Eisenbahnschwellen, Holzbrücken, kurz bei allen solchen Bauten keinen Abbruch, wobei das Holz
den Angriffen der limnoria terebrans nicht ausgesetzt
wird.
Das erste sichere Beispiel von mit Kreosot behandeltem und durch limnoria angegriffenem Holze bot der Damm zu Leith, im
Jahr 1850 von Rendel erbaut, dar. Das ganze dabei
verwendete Holz wurde an Ort und Stelle mit der größten Sorgfalt mit Kreosot
getränkt. Da die Dämme zu Leith von Wasser bespült werden, welches beständig süßes
Wasser vom Leithflusse zugemischt erhält, so erwartete der Verf. daß die Zerstörung
des präparirten Holzes so langsam seyn würde, daß man sie kaum beobachten könnte.
Dennoch ergab eine sorgfältige Untersuchung des westlichen Dammes im Jahr 1860, daß
das Holz in großer Ausdehnung von der limnoria
angegriffen sey.
Das zweite Beispiel bietet das Werft von Invergordon, wo man, wegen der Seltenheit
von Seethieren im Cromarty-Seearm, die sicherste Conservirung des Holzes
erwartete. Dieses war vorher fertig geschnitten und dann durch einen Agent des Hrn.
Bethell selbst und mit der größten Sorgfalt mit
Kreosot derart imprägnirt worden, daß jedes Stück die vorgeschriebene Quantität von
10 Pfd. Oel pro Kubikfuß aufnahm. Das Oel war nach
mehrfachen Proben auf 18'' bis 2' von den Enden der Pfähle eingedrungen und hatte
das Holz mehrere Zoll weit umher gesättigt. Es ist nicht möglich, das Verfahren in
noch vollkommenerer und gründlicherer Weise zur Ausführung zu bringen. Der Bau wurde
1858 vollendet, und jetzt lautet der Bericht „daß die geschwärzten oder
mit Kreosot imprägnirten Theile des Holzes stark angefressen und durchlöchert
sind. Das zerfressene Holz war im Zustande, wie es aus dem Kreosotbade kam,
indem es nicht weiter bearbeitet worden ist. An einigen Pfählen ist 1 1/4'' Holz
zerstört.
Ein drittes Beispiel bietet der Hafen Scrabster, wo das angewandte Holz bestes
ausgesuchtes von Memel (in Preußen) war, welches in Glasgow sorgfältig mit Kreosot
behandelt wurde. Beim Durchschneiden des angegriffenen Holzes fand man, daß das
Kreosot vollkommen an den Enden eingedrungen war und die Seiten getränkt hatte, und
dennoch war es nach 13 Monaten angegriffen worden. Der ganze mit Kreosot getränkte
Theil des Holzes war mehr oder weniger zerfressen und zerstört.
Aehnliches ist in Granton und Strauraer beobachtet worden.
Dieß ist offenbar Beweises genug, daß die Beispiele für die Mangelhaftigkeit des
Schutzes durch Kreosot nicht vereinzelt dastehen, um so mehr, als die Ausführung des
Kreosotirens unter der Leitung des Erfinders selbst keinen Schutz gewährt hat. Nach
den vorliegenden Thatsachen kann in der etwaigen Mangelhaftigkeit dieser Arbeit also
kein Grund des
Mißlingens gesucht werden: es wurde ja überall mit Kreosot ganz gesättigtes und
dadurch geschwärztes Holz von der limnoria angegriffen,
was beweist, daß die giftige Natur des Kreosots das Insect nicht abzuhalten vermag.
Wenn man auch mit Dr. Coldstream annimmt, daß dasselbe vom Holze sich nährt, so ist doch kein
Grund zu der Annahme vorhanden, daß es nicht Holz genießen könne, welches für
Menschen tödtliche Gifte enthält, wie denn Dr. Attfield gezeigt hat, daß Acarusarten beim Genuß von
Strychnin und Morphin und anderen für höhere Thiere absolut tödtlichen Stoffen
förmlich fett werden. Auch zeigten sich die vom Verf. vorgelegten Exemplare der limnoria als solche, welche in dem mit Kreosot
getränkten Holze wirklich gelebt hatten.
Nach reiflicher Erwägung des Gegenstandes zweifelt der Verf. nicht, daß die
schützende Wirkung des Kreosots nur gerade so lange dauere, als das Oel als Ueberzug
an der Außenfläche des Holzes existirt. Sobald die Bewegung des Wassers diesen
Ueberzug entfernt und die Fasern bloß gelegt hat, so beginnen die Angriffe des
Thieres, ohne Rücksicht auf den im Innern des Holzes vorhandenen Kreosotgehalt. Die
Zeit, ehe diese Angriffe beginnen, hängt von Umständen, namentlich von der Bewegung
des Meerwassers und von der Beimischung des süßen Wassers ab, so daß z.B. wo viel
Flußwasser das Wachsthum oder die Lebhaftigkeit dieser Insecten beeinträchtigt, ihre
Verwüstungen nur langsam oder unmerklich vorwärts schreiten.
An den nördlichen Küsten Englands aber, das beweisen alle Beobachtungen des
Verfassers, wird mit Kreosot getränktes Holz, wo es der Einwirkung der offenen See
ausgesetzt ist, so bald von der limnoria durchbohrt, daß
es durchaus nicht mit Sicherheit zu Bauten auf oder unter dem mittleren Fluthstande
angewandt werden kann.