Titel: | Ein sehr rasch arbeitendes negatives Silberbad; von Dr. J. Schnauß. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XXXI., S. 134 |
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XXXI.
Ein sehr rasch arbeitendes negatives Silberbad;
von Dr. J.
Schnauß.
Aus dem photographischen Archiv, 1864 S.
165.
Schnauß, über ein sehr rasch arbeitendes negatives
Silberbad.
Die Photographen streiten sich in der jüngsten Zeit darüber, ob ein Ueberschuß von
salpetersaurem Silber nöthig sey, um dem Jodsilber Lichtempfindlichkeit zu
ertheilen. Man hat gefunden, daß das Tannin den: unempfindlichen Jodsilber (d.h.
durch Ueberschuß von Jodsalzen erzeugt) seine Empfindlichkeit ebenso wiedergibt, wie
eine Lösung von salpetersaurem Silber. Geprüft habe ich diese Erscheinung noch
nicht, kann also im Augenblick nichts darüber sagen, mir kommt sie nur etwas
unwahrscheinlich vor; jedenfalls muß man die Platte vor dem Entwickeln erst noch mit
Silberlösung übergießen Und daher wieder die Verbindung des Jodsilbersalpeters
herstellen.
Es ist seit Beginn meiner photographischen Laufbahn stets das Resultat meiner
Untersuchungen gewesen, daß die chemische Verbindung des Jodsilbers mit dem
salpetersauren Silber die lichtempfindlichste aller bekannten Substanzen sey. Sowohl
das Jodsilber, wie das salpetersaure Silber schwärzen sich für sich allein am Lichte
bei weitem schwächer, auch unter dem Entwickler, als in ihrer chemischen
Vereinigung. Nur ein Ueberschuß von Salpetersäure in dem Silbersalz mindert die
Empfindlichkeit oder hebt sie ganz auf, natürlich allein durch die auflösende Kraft
auf das sich ausscheidende metallische Silber. Man kann die chemische Verbindung des
Jodsilbers mit dem Silbersalpeter in ausgezeichnet schönen, oft zolllangen
diamantglänzenden Krystallen erhalten, die durch Wasser augenblicklich zersetzt werden unter
Beibehaltung ihrer Form. Die Oberfläche der Krystalle verwandelt sich bei der
Berührung mit Wasser sogleich in Jodsilber, dieses schützt aber die darunter
befindlichen Atome des Doppelsalzes ziemlich lange vor der Einwirkung des Wassers,
resp. der Zersetzung. Darin mag der Grund bei der Bereitung der Trockenplatten
liegen, daß sie auch nach langem Abwaschen des Silbers ihre Lichtempfindlichkeit
nicht ganz einbüßen.
Dieses so äußerst lichtempfindliche Doppelsalz wird also die Empfindlichkeit unserer
photographischen Platten um so mehr erhöhen, in je größerer Menge es zugegen ist. Es
wird im Allgemeinen dargestellt durch Auflösen von Jodsilber in einer concentrirten,
heißen Auflösung von Höllenstein. Wollte man eine concentrirte Auflösung des
Doppelsalzes zum Eintauchen der Collodiumplatten verwenden, so würde die
empfindliche Schicht durch die Bildung von zahllosen kleinen Krystallen bald ihre
Homogenität verlieren. Man muß also eine verdünntere Auflösung wählen, wodurch
natürlich zufolge des Wasserzusatzes ein Theil des Doppelsalzes zersetzt und
Jodsilber ausgeschieden wird. Demnach ist der zurückbleibende Theil eine im
Verhältniß des Wassergehaltes und der Temperatur gesättigte Auflösung des
Doppelsalzes. Denselben Grad der Sättigung dadurch zu erreichen, daß man sogleich
eine verdünnte Auflösung von Höllenstein mit Jodsilber sättigt, gelingt nie so
vollständig. Wenn man überdieß bedenkt, daß das Jodsilber im Schmelzen theilweise
zersetzt wird, indem es in seine Elemente zerfällt, so gibt dieß ein treffliches
Mittel ab, um den vielleicht noch freie Säure enthaltenden Höllenstein zu
verbessern. – Nach den im Vorstehenden dargelegten Principien kann nun ein
sehr empfindliches Silberbad dargestellt werden, worauf kürzlich in einer
holländischen photographischen Zeitschrift hingewiesen wurde.
Man löst nämlich in einer ziemlich concentrirten Auflösung von Höllenstein (1 Theil
in 3–4 Theilen Wasser) in der Wärme und unter beständigem Umrühren mit einem
Glasstab so viel reines, noch feuchtes Jodsilber auf, als sich auflösen will, dampft
die ganze Masse ein, schmilzt sie so lange, bis alles ruhig
fließt, läßt erkalten und löst die Masse in 10 Theilen destillirtem Wasser
auf. Nachdem sich das ausgeschiedene Jodsilber zu Boden gesetzt hat, filtrirt man
und kann die Lösung sofort als negatives Silberbad verwenden. Selten ist zur
Erreichung größerer Intensität in den negativen Schwärzen der Zusatz von einigen
Tropfen Eisessig anzurathen, meist gibt das Bad selbst mit frisch jodirtem Collodium
sehr kräftige Bilder in einer ungefähr um 1/3–1/2 kürzeren Zeit, als bei dem gewöhnlichen
Silberbad. Entwickelt man mit Eisenammon, so bedürfen sie selten einer
nachträglichen Verstärkung, wenn sie nicht hart werden sollen.
Man kann natürlich jedes beliebige Jodcollodium zu diesem Bade verwenden; wenn es
sich um äußerst rasche Aufnahmen handelt (Moment- und Kinderbilder), so
empfiehlt sich dazu ein nur mit Jodammon und Jodcadmium zu gleichen Theilen jodirtes
Collodium. Einer Verstärkung bedarf es nicht, wenn man mit Eisenammon entwickelt.
– Beiläufig bemerke ich hierbei, daß mir das letztgenannte Doppelsalz ein bei
weitem reineres und kräftigeres Bild gibt, als die Entwickelung mit
zuckerschwefelsaurem Eisen. Hier ist also mal das Alte besser als das Neue.
Uebrigens liefert die im Archiv 1863 S. 253 angegebene Bereitungsweise keineswegs
zuckerschwefelsaures Eisenoxydul (indem man nämlich
Zucker mit Eisenvitriol zusammen krystallisiren läßt), sondern es ist und bleibt
Zucker und Eisenvitriol, welche jedoch ihres Isomorphismus halber zusammen
krystallisiren. Die wirkliche chemische Verbindung von Zuckerschwefelsäure und
Eisenoxydul erhält man auf eine ganz andere, viel schwierigere Weise, wie ich im
photographischen Archiv 1863 S. 233 genau beschrieben habe. Indessen beide
Bereitungsweisen dieser zwei ganz verschiedenen Substanzen, haben keinen besonderen
Werth, da das Eisenammoniak ohnstreitig den ersten Rang unter den bisher bekannten
Entwicklern behaupten wird.