Titel: | Die Bereitung des Kartoffel-Sago's; von Prof. C. Siemens in Hohenheim. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. LVIII., S. 233 |
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LVIII.
Die Bereitung des Kartoffel-Sago's; von
Prof. C. Siemens in
Hohenheim.
Siemens, über die Bereitung des
Kartoffel-Sago's.
Zur Gewinnung des Sago's aus dem Kartoffelstärkemehl findet man in den technischen
Lehr- und Handbüchern sehr verschiedene Anleitungen. Ich habe es in der
hiesigen technischen Werkstatt seit Jahren wiederholt versucht, nach diesen
Vorschriften Sago zu bereiten, und nach keiner ein den zu stellenden Anforderungen
entsprechendes Product erhalten; entweder blieb der Sago nach dem Kochen zu hart
oder er bildete einen Kleister. Die Gelegenheit, eine Sagofabrik zu besuchen, wurde
mir nicht gestattet, da man diese Kunst als ein nicht mitzutheilendes Geheimniß
bezeichnete. Endlich erhielt ich einige Mittheilungen darüber, wornach ich denn mein
bisheriges Verfahren abänderte und nun mit dem Resultate ganz zufrieden bin. Die
Sache ist höchst einfach, daher die Sorge der meisten Fabrikanten, ihre
vermeintliche Kunst geheim zu halten.
Das günstige Resultat der Sagobereitung wurde auf folgende Weise erhalten. Noch
feuchtes oder, wenn es bereits trocken war, wieder angefeuchtetes Stärkemehl wird
mit den Händen durch ein Sieb gerieben, dessen Maschen etwa erbsengroße Oeffnungen
haben. Die Feuchtigkeit des Stärkemehls muß eine solche seyn, daß das Durchgeriebene weder pulvert, noch
zusammenfließt. Es wird in eine Holztrommel oder Rollfaß gebracht, dessen Größe
durch die Ausdehnung des Betriebs bedingt ist. Die Trommel, die auf ihrem Umfange
eine größere verschließbare Oeffnung zum Einfüllen hat, darf nicht weiter gefüllt
werden, als dieß das nöthige Rollen des Inhalts gestattet; eine Ueberfüllung würde
ein Zusammenballen der gesiebten Masse verursachen. Nach 10 Minuten andauerndem
Rollen (bei 2 Fuß Durchmesser der Trommel etwa 30 Umdrehungen in der Minute) bilden
sich in der Trommel verschieden große Kügelchen aus dem Stärkemehl, mehr kleine,
wenn das Stärkemehl trocken, größere, wenn es feuchter ist. Durch den Zusatz einer
kleinen Menge feinen trockenen Stärkemehls wird die Körnerbildung befördert. Nach
dem Rollen sortirt man die Körner nach ihrer Größe durch verschiedene Siebe. Die zu
fein oder zu grob gekörnte Masse wird wieder vermischt, durchgerieben und nochmals
gekörnt.
Das Gesiebte bringt man auf ein mit einem 2 Finger hohen Rand versehenes Eisenblech
und mit diesem in einen Ofen oder eine Darre, wie solche auch zum Dörren des Obstes
dient, und erhält hier eine Temperatur von etwa 100° C. Gleichzeitig leitet
man aber Wasserdämpfe in den Dörrraum selbst und bewirkt dadurch die nöthige
„Verglasung“ der Körner. Erscheinen diese, statt weiß oder
mehlig, durchsichtig, so ist die Zuleitung des Dampfes abzusperren und die Bleche
sind aus der Darre zu entfernen, damit die Körner zunächst erkalten, wornach sie
leicht durch Reiben von einander zu trennen sind. Nach der Trennung erfolgt das
völlige Trocknen bei gelinder Wärme in der Darre, ohne Dampfzuleitung.
In den Sagofabriken soll man zum Verglasen einen Ofen anwenden, welcher für jedes
Blech einen abgeschlossenen Raum enthält, dessen äußere Erwärmung gleichfalls durch
Dampf erfolgt, wozu man den sogenannten Maschinendampf benützt, d.h. Dämpfe, die
bereits zum Betriebe einer Dampfmaschine dienten und dabei nur einen Theil ihrer
Wärme verloren.
Zur Darstellung von gefärbtem Sago sollen verschiedene Farbstoffe, namentlich aber
Röthel, angewendet werden, die man beim letzten Waschen des Stärkemehls bei seiner
Gewinnung zusetzt.
Der auf angegebene Weise verfertigte Sago entspricht, wie gesagt, allen Anforderungen
vollkommen; er kocht sich bald mehr bald weniger schleimig, je nachdem man mehr oder
weniger trockenes Stärkemehl beim Rollen zusetzt. (Württembergisches Wochenblatt für
Land- und Forstwirtschaft, 1864, Nr. 12.)