Titel: Sicherheitsventil für Dampfkessel, von R. Hartmann in Chemnitz.
Fundstelle: Band 172, Jahrgang 1864, Nr. LXI., S. 250
Download: XML
LXI. Sicherheitsventil für Dampfkessel, von R. Hartmann in Chemnitz. Aus Armengaud's Génie industriel, April 1864, S. 204. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Hartmann's Sicherheitsventil für Dampfkessel. Man hat schon lange die Erfahrung gemacht, daß die Sicherheitsventile der Dampfkessel sich nicht so hoch heben, daß aller sich bildende Dampf entweichen kann, selbst dann, wenn derselbe unter ganz normalen Bedingungen im Kessel erzeugt wird. Um so viel mehr ist dieß der Fall, wenn durch irgend welche zufällige Ursachen eine außergewöhnlich rasche Dampfentwickelung stattfindet. Trotz des Abblasens der Ventile steigt deßhalb die Dampfspannung im Kessel beständig. Die Höhe, auf welche sich die gewöhnlichen Ventile heben, beträgt selten 2 Millimeter, während sie im Mittel nach Hrn. Hartmann 1/4 des Ventildurchmessers betragen muß, wenn die Austrittsöffnung für den Dampf die nöthige Größe haben soll. Daß sich die gewöhnlichen Ventile nicht höher heben, kommt insbesondere daher, daß der Dampf an der Austrittsöffnung seine Spannung verliert, und es müßte deßhalb, wenn das Ventil abbläßt, sich seine Belastung verringern, wenn es bis zu einer größeren Höhe gehoben werden sollte, was jedoch bei den gewöhnlichen Sicherheitsventilen nicht der Fall ist. Die Versuche, welche Hr. Hartmann anstellte, haben ihn erkennen lassen, daß man, um beim Ausströmen des Dampfes der Hebelbelastung das Gleichgewicht zu halten, die Fläche vergrößern muß, auf welche der ausströmende Dampf wirkt. Wird die Dampfdruckfläche größer, so hebt sich das Ventil höher, trotzdem daß ein Theil der Dampfspannung beim Austritt verloren geht. Geleitet durch diese Erkenntniß führte Hr. Hartmann Sicherheitsventile aus, deren Anordnung leicht durch Betrachtung der Fig. 12 verstanden werden wird. Man sieht, daß an den Ventilsitz C eine nahezu halbkugelförmige Glocke angegossen ist, deren convexe Seite c nach oben gerichtet ist. Das Ventil selbst A von gewöhnlicher Form, ist ebenfalls aus einem Stücke mit der halbkugelförmigen Glocke a gegossen, deren concave Fläche dem convexen Theile c des Ventilsitzes angepaßt ist. Die Dichtheit des Ventiles ist außerdem durch ringförmige Ränder hergestellt, von denen derjenige des Sitzes über die Kugelfläche vorsteht, und welche wie gewöhnlich auf einander geschliffen sind. Das Ventil wirkt nun auf folgende Weise: Strömt der Dampf aus, so tritt er in den Raum zwischen beiden Glocken, übt sowohl auf die untere als auch auf die obere seinen Druck aus, und ersetzt so durch die größere Fläche, auf welche er am Ventile drückt, das was durch die Abnahme der Spannung beim Austritte verloren geht. Eine Folge hiervon ist, daß das Sicherheitsventil mit großer Energie gehoben wird und hoch gehoben bleibt, bis die Dampfspannung im Kessel so weit abgenommen hat, daß sie um 1/2 oder 3/4 Atmosphären geringer ist als zu der Zeit, wo das Ventil abzublasen anfieng, was sogleich nach Ueberschreitung des normalen Druckes stattfand. Die Dampfspannung im Kessel sinkt, wenn man das Ventil so lange abblasen läßt, bis es sich von selbst wieder schließt, unter die normale Spannung herab. Will man dieß vermeiden, so darf man, sobald die normale Spannung wieder eingetreten ist, nur mit der Hand auf den Ventilhebel drücken, und das Ventil bleibt geschlossen bis zur nächsten Ueberschreitung des normalen Druckes.

Tafeln

Tafel Tab. V
Tab. V