Titel: | Ueber die Darstellung des Purpurins und Alizarins aus Elsasser Krapp nach E. Kopp's Verfahren in der Fabrik von Schaaff und Lauth zu Wasselnheim; Bericht von Barreswil. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. LXXVIII., S. 296 |
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LXXVIII.
Ueber die Darstellung des Purpurins und Alizarins
aus Elsasser Krapp nach E. Kopp's Verfahren in der Fabrik von Schaaff und Lauth zu Wasselnheim; Bericht von Barreswil.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Februar 1864, S. 78.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Berreswil, über die Scaff-Lauth'sche Fabrik in Wasselnheim zur
Darstellung der Krappextracte nach Kopp's Verfahren.
Die Herren Schaaff und Lauth
überreichten durch die Vermittelung des Hrn. E. Kopp in
Elsaßzabern (Saverne) der Société d'Encouragement
am 27. Februar 1862
zwei Proben von Farbstoffen, welche nach einem neuen, von E. Kopp erfundenen Verfahren aus Krapp dargestellt waren, um durch den
Ausschuß für technische Chemie sowohl diese Producte, als auch das zu ihrer
Gewinnung im Großen dienende Verfahren einer Prüfung unterwerfen zu lassen. Barreswil, der Berichterstatter, erhielt die letzte
darauf bezügliche Mittheilung am 3. Juni 1863; diese Verzögerung fand mit Wissen der
genannten Fabrikanten selbst statt, so daß die neue Industrie seit Kopp's Mittheilung wachsen und die Weihe erhalten konnte,
welche nur die Zeit zu geben vermag.
Die Dimensionen der Fabrik haben inzwischen seit dem Besuche der aus den Herren Salvétat, Barral und Barreswil bestehenden Commission der Société d'Encouragement um das Dreifache zugenommen; die
Fabrik arbeitet immerfort nach Kopp's Vorschriften, sowie
der Erfinder dieselben in der von Schaaff und Lauth deponirten Denkschrift beschrieben und Balard als Präsident der internationalen Jury zu London
sie kennen gelernt hatte, als er für E. Kopp das
Ritterkreuz der Ehrenlegion beantragte.Wir verweisen auf den Bericht, welchen Dr. Bolley über die Krapppräparate von Schaaff und Lauth auf
der Londoner Ausstellung erstattet hat, im
polytechn. Journal Bd. CLXVI S.
217.A. d. Red.
Kopp's Verfahren besteht im Wesentlichen darin, den Krapp
mittelst einer schwachen Lösung von schwefliger Säure bis
zur gänzlichen Erschöpfung auszuziehen; die filtrirte Flüssigkeit auf 30° bis
40° C. zu erhitzen, um so das sich abscheidende Purpurin zu gewinnen und dann bis zum Kochen zu erhitzen, wobei sich das
Alizarin ausscheidet.
Schaaff und Lauth, welche
dieses Verfahren anwenden, liefern für die Industrie dreierlei Producte: ein zur
Färberei sehr geeignetes Garancin, nämlich den durch
schweflige Säure erschöpften Krapp; das Purpurin, eine sehr schön rothe Substanz, als trockenes
Pulver, und das grün gefärbte Alizarin, welches sie
gemischt mit fremdartigen Substanzen, die für seine Anwendungen nicht schädlich
sind, darstellen, das man jedoch reinigen kann. Das letztere Product wird als Teig
oder als trockenes Pulver verkauft, je nach dem Belieben des Käufers.
Die Schaaff-Lauth'sche Fabrik
liegt in geringer Entfernung stromauf von Wasselnheim (Wasselonne, Depart. Niederrhein), vor einem von klaren Gewässern
durchflossenen Thale. Sie besteht aus einem großen, rechteckigen Gebäude von einer
Etage, mit einem als zweites Stockwerk dienenden Dachstuhle. Im Erdgeschosse steht
die vierpferdige Dampfmaschine mit Zubehör; es befindet sich dort ferner ein großes
Probirlaboratorium, eine
starke hydraulische Presse, dann das System von Kufen oder Bottichen, welches auch
noch einen Theil des ersten Geschosses einnimmt und ein Theil des zur Darstellung
des Garancins erforderlichen Rohmaterials. Im Dachgeschosse befinden sich die
Reservoirs für das schwefligsaure Wasser, für das kalte und das warme Wasser, und
für die Macerationsflüssigkeit. Diese sämmtlichen Flüssigkeiten können mittelst
Pumpen und Röhren in die verschiedenen Recipienten geleitet werden; auf diese Weise
läßt sich Wasser und Dampf fast ohne alle Handarbeit überall hin vertheilen. Das
System umfaßt zwei Macerirbottiche, ferner drei Reihen von übereinander stehenden
Bottichen, deren jede aus einem Bottich für Purpurin, einem dergleichen für grünes
Alizarin und zwei kleineren zum Decantiren für das Alizarin und Purpurin besteht.
Das übrige Material zur Darstellung des Garancins und der Apparat zur Entwickelung
der schwefligen Säure befinden sich in einem geräumigen Hofe. In verschiedenen
Nebengebäuden befinden sich Trockenräume für den Krapp, für das Garancin (diese
werden durch die Ueberhitze einer Ziegelbrennerei geheizt), die verschiedenen
Magazine und die Krappmühle, welche letztere aus sechs Paar durch eine Turbine
getriebenen Mühlsteinen besteht und zum Mahlen des Krapps und des Garancins
dient.
Die Arbeiten sind in folgender Weise organisirt. Gegen Ende des Herbstes bringen die
Elsasser Landwirthe ihre unmittelbar nach dem Einsammeln in den Hauptorten der
Krappbaugegenden getrockneten Krappwurzeln zur Fabrik, wo sie probirt und nach ihrem Grade (Gehalte) bezahlt werden. Auf diese
Weise wird der für ein Betriebsjahr erforderliche Vorrath binnen wenigen Wochen
beschafft. Die verschiedenen Lieferungen werden in horizontalen Lagen aufgeschichtet und der jedesmalige Bedarf wird durch
Verticalschnitte davon weggenommen, so daß von dem
Krapp immer ein Durchschnitt der verschiedenen im Magazin vorhandenen Qualitäten
verarbeitet wird. Die Wurzel wird vor dem Mahlen nochmals getrocknet, wobei etwa 6
Proc. verloren gehen. Das Mahlen beginnt, sobald die letzte Lieferung angekommen ist
und dauert ununterbrochen fort, bis der ganze Vorrath gemahlen ist. Das Pulver wird,
sobald es aus den Mühlen kommt, sorgfältig in Fässer verpackt, so daß es von
Feuchtigkeit nicht leiden kann. Somit ist das Mahlen des Krapps hauptsächlich
Winterarbeit; in der schönen Jahreszeit werden die Farbstoffe dargestellt, und auf
diese Weise ist ein beschränktes Personal Zum Fabrikbetriebe ausreichend.
Der zur Bereitung des schwefligsauren Wassers dienende
Apparat ist sehr einfach und ökonomisch; er besteht aus einem verticalstehenden, aus
Tannenbretern zusammengefügten Kasten (gerades Prisma mit quadratischer Grundfläche),
welcher oben in eine abgestumpfte Pyramide endet und dessen innerer Raum durch
abwechselnd stehende durchbohrte Breter in Fächer getheilt ist. Diese Fächer sind
mit Hobelspänen von Tannenholz gefüllt, welche durch kleine, an den Seitenwänden des
Kastens angebrachte Thüren eingebracht und ausgewechselt werden; sämmtliche Theile
des Kastens sind mit Holzpflöcken verbunden, ohne jede Anwendung von Eisen. Im
Innern der abgestumpften hölzernen Pyramide mündet ein rechtwinklich gebogenes
verbleites kupfernes Rohr, durch welches ein verticaler Dampfstrahl eintritt, der
einen kräftigen, regulirbaren Zug hervorbringt.
Die schweflige Säure wird durch Verbrennen von Schwefel erzeugt, womit die Sohle
eines aus Ziegelsteinen aufgeführten horizontalen Canals von 60 Centimeter Länge, 20
Centimeter Breite und nur 10 Centimeter Höhe beschickt ist. Aus diesen Dimensionen
ergibt sich, daß die Luft ihres Sauerstoffes gänzlich beraubt wird. An einem Ende
communicirt dieser Canal mit der Atmosphäre, das andere mündet unter einem kleinen,
aus Ziegelsteinen aufgemauerten hohlen Thurme, aus dessen oberer Oeffnung ein
rechtwinklich gebogenes Rohr von Steinzeug das schwefligsaure Gas unter die
Hobelspäne leitet. Während das Gas in den Hobelspänen aufsteigt, träufelt Wasser von
oben durch dieselben hindurch, so daß es für die Absorption eine sehr ausgedehnte
Oberfläche darbietet.
Das mit dem Schwefligsäuregas geschwängerte Wasser lauft durch ein, zur Aufnahme der
Verunreinigungen mit einem Sack versehenes Bleirohr in eine steinerne Cisterne von
22 Hektoliter Inhalt, welche aus einem einzigen Blocke von Vogesensandstein
ausgehauen ist.
10 Kilogr. Schwefel sind vollkommen hinreichend um 50 Hektoliter Wasser mit
schwefligsaurem Gase zu sättigen. Dieses saure Wasser wird mittelst einer aus Bronze
bestehenden Pumpe und bleierner Röhren in die im ersten Stockwerke befindlichen
Einweich- oder Macerirbottiche geleitet. Dieselben haben einen mit Wollenzeug
überspannten Doppelboden von Latten; auf dieses Filter werden 300 Kil. gemahlener
Krapp geschüttet und mit 4000 Liter schwefligsaurem Wasser übergossen. Das Ganze
wird tüchtig durchmengt und bleibt zum Maceriren 12 Stunden lang ruhig stehen; nach
Verlauf dieser Zeit wird die Flüssigkeit mittelst eines am Boden des Bottichs
angebrachten großen Hahnes in einen anderen, im Erdgeschosse stehenden Bottich von
90 Hektoliter Inhalt abgelassen. Wenn das Wasser vom macerirten Krapp so gut als
möglich abgelaufen ist und die Masse ein rissiges Ansehen angenommen hat, wird sie
umgestochen und nochmals einige Stunden lang mit 600 bis 700 Liter schwefligsaurem Wasser
behandelt, welches man dann mit dem ersten Auszuge vereinigt; die Dichtigkeit der
vereinigten Flüssigkeiten beträgt etwa 3° Baumé.
Die für das Purpurin bestimmten Bottiche fassen etwa 50 Hektoliter und sind mit
mehreren, 5, 10, 15 und 20 Centimet. über dem Boden angebrachten Hahnen versehen.
Durch ein kupfernes Schlangenrohr, dessen Eintrittsmündung in der halben Höhe des
Bottichs, die Austrittsmündung aber im Niveau des Bodens sich befindet, wird Dampf
zugeleitet und dadurch die im Bottich befindliche Flüssigkeit rasch erhitzt. Das
condensirte Wasser fließt in den Dampfkessel zurück.
Ist der Bottich zu vier Fünfteln gefüllt, so wird die Flüssigkeit mit 3 Proc.
Schwefelsäure von 50° Baumé (Kammersäure) versetzt und auf 35 bis
40° C. erhitzt. Das Purpurin scheidet sich bald in großen Flocken aus und
setzt sich ab. Nach zwölf Stunden wird die gefärbte, aber klare Flüssigkeit durch
Oeffnen der Hahnen in den unter dem Bottiche stehenden Alizarinbottich
abgelassen.
Das vom Wasser getrennte Purpurin kommt nun in hohe enge Kufen von etwa 2 Hektoliter
Inhalt, und nach einigen Stunden Ruhe wird das Wasser wieder abgezogen und der dicke
Niederschlag von Purpurin auf Filter gebracht und mit etwas Wasser ausgewaschen,
worauf man ihn abtropfen läßt und schließlich trocknet. Das so erhaltene Purpurin
hat eine schön orangerothe Farbe. 100 Kilogr. Elsasser Krapp geben 1/2 bis 2/3 Proc.
Purpurin, dessen färbende Kraft dem sechzigfachen Gewicht Krapp entspricht. (Schaaff und Lauth haben die
Ausbeute an Purpurin in verschiedenen Fällen auf 3/4 Proc. gebracht, doch noch nicht
in gleichbleibender Weise.)
Die zur Gewinnung des Alizarins dienenden Kufen oder Bottiche sind ebenso
eingerichtet, wie die für das Purpurin bestimmten. Die vom Purpurin abgezogene
Mutterlauge wird in ihnen zum Kochen erhitzt; dabei entwickelt sich
Schwefligsäuregas, welches durch eine im Deckel des Bottichs befindliche Oeffnung in
eine hölzerne Esse abzieht, durch die es nach außen abgeleitet wird. Das grüne
Alizarin setzt sich rasch ab und wird auf gleiche Weise wie das Purpurin gesammelt.
100 Kil. Krapp geben beinahe 3 Proc. grünes Ulizarin, dessen Färbevermögen
demjenigen der zwanzigfachen Gewichtsmenge Krapp gleichkommt.
Wir bemerkten oben, daß die Krapprückstände in Garancin
umgewandelt werden. Zu diesem Zwecke werden sie aus den Macerir- oder
Extractionsbottichen in die Garancinkufen gebracht, mit der von der Bereitung des
grünen Alizarins herrührenden sauren Mutterlauge übergössen und zum Sieden erhitzt.
Das hierbei durch die Wirkung der Schwefelsäure entstandene Garancin wird in der
gewöhnlichen Weise ausgewaschen, gepreßt, getrocknet und gemahlen. 100 Kil. Krapp
geben noch 30 bis 32 Kil. Garancin, welches als Farbstoff der halben Gewichtsmenge
von starkem Garancin (type de Rouen) entspricht.
Die verschiedenen Flüssigkeiten werden schließlich erst weggeschüttet, nachdem sie
noch ein etwas braunes Alizarin abgesetzt haben, welches als concentrirtes Extract
verkauft wird. 100 Kilogramm Krapp geben etwa 100 bis 150 Gramme davon. Die
Fabrikanten beabsichtigen jene Flüssigkeiten fermentiren zu lassen, sobald ihr
Fabricationszweig die in dieser Hinsicht erforderliche Bedeutsamkeit erlangt haben
wird.
Gestehungskosten. – Hinsichtlich derselben gaben
Schaaff und Lauth der
Commission die nachstehenden Data:
100 Kil. gereinigter und gemahlener Elsasser Krapp kosten durchschnittlich 100 bis
120 Francs; Brennmaterial, Arbeitslöhne, Abnutzung des Materials, Zinsen u.s.w.
belaufen sich auf 28 bis 30 Fr. per 100 Kil. Krapp; dieß
macht also zusammen für 100 Kil. Krapp 130 bis 150 Fr.
An Producten wird daraus erhalten:
2/3 Proc. Purpurin à 50
bis 60 Fr.
33 Fr. 40 Cent. bis
40 Fr. – Cent.
2 1/2 Proc. grünes Alizarin à 22 bis 23 Fr.
50 Fr. – Cent.
bis
57 Fr. 50 Cent.
32 Proc. schwaches Garancin à 1,80 bis 2 Fr.
57 Fr. 60 Cent. bis
64 Fr. – Cent.
–––––––––––––––––––––––––––
Producte
141 Fr. – Cent. bis
161 Fr. 50 Cent.
Kosten
130 Fr. – Cent. bis
150 Fr. – Cent.
–––––––––––––––––––––––––––––––
Demnach bleibt Gewinn
11 Fr. – Cent.
11 Fr. 50 Cent.
Diese Zahlen, für deren Richtigkeit allerdings nur die Fabrikanten selbst
verantwortlich sind, würden beweisen, daß dieser noch in der Ausbildung befindliche
Industriezweig bereits lohnend ist. Gehen wir von diesen Grundlagen aus, so sehen
wir klar, daß die Generalkosten sich in dem Maaße vermindern werden, als die
Bedeutung der Fabrication wächst und damit natürlich auch der Reingewinn zunehmen
muß.
Anwendung des Purpurins.
Das Purpurin ist ein beinahe reiner Farbstoff, in angesäuertem Wasser nur wenig
löslich, in reinem, zumal kochendem Wasser hingegen in ziemlichem Grade löslich und
leichtlöslich in neutralen Thonerdesalzen, welche sich ohne Trübung zum Kochen
erhitzen lassen, wie z.B. in Alaun, salzsaurer und essigsaurer Thonerde.
Außerordentlich leicht löslich ist das Purpurin in schwach alkalischem Wasser; wird
die Lösung mit etwas überschüssigem kohlensaurem Natron oder Kali versetzt, so
schlägt sich eine Verbindung von Purpurin mit dem Alkali nieder.
Das Purpurin färbt sehr leicht alle Arten gebeizter Gewebe aus Baumwolle, Wolle und
Seide, sowohl bei Siedhitze, als auch in Bädern von weniger hoher Temperatur und
gibt direct sehr reine rothe, rosa und schwarze Nüancen. Mit schwachen Eisenbeizen
gibt das Purpurin nicht violette, sondern mehr oder weniger dunkle graulichbraune
Nüancen; zu Lilaartikeln ist es daher nicht zu verwenden.
Die Purpurinfarben widerstehen der Einwirkung des Lichtes sehr gut, selbst wenn sie
den Sonnenstrahlen unmittelbar ausgesetzt sind; weniger gut halten sie sich dagegen
in heißen Seifenbädern, worin sie nach und nach verbleichen. Da indessen die
mittelst dieses Farbstoffes erzeugten Nüancen schon sehr lebhaft sind, wenn sie aus
dem Färbebade kommen, so genügt es, die gefärbten Stoffe durch ein Bad von
Kleienwasser oder schwachem Seifenwasser zu passiren, um sie vollständig zu aviviren
und das Weiß wieder herzustellen. Demnach ist das Purpurin besonders zum Färben von
Artikeln mit weißem Grunde und bunten Mustern, z.B. von Taschentüchern, Zitzen u.
dgl. sehr geeignet. 1 bis 2 Grm. Purpurin reichen zum Färben von 1 Quadratmeter
gebeiztem Stoff, selbst bei schweren Mustern hin. Für Foulards in Roth und Schwarz,
wie sie hauptsächlich in Rouen fabricirt werden, wird das Purpurin in Verbindung mit
2/3 bis zum Dreifachen seines Gewichtes Sumach angewendet.
Auch zu rosa und rothen Dampffarben auf Kattun läßt sich das Purpurin anwenden. Zu
diesem Behufe löst man es in der Wärme in einem Gemische von salzsaurer und
essigsaurer Thonerde auf, verdickt mit Gummi oder Stärke, druckt, trocknet und
dämpft.
Die Klarheit und Reinheit der Purpurinfarbebäder und die Leichtigkeit, womit sich
dieser Farbstoff auf den Beizen fixirt, gestatten denselben mit anderen
Farbsubstanzen zu verbinden, welche in Krapp- oder Garancinbädern trübe werden oder
sogar verschwinden würden. Auf Wolle läßt sich mit Purpurin ein Roth von fast
derselben Schönheit aber größerer Haltbarkeit als mit Cochenille erzielen. Wird die
Wolle, wie gewöhnlich, mit Alaun und Weinstein oder mit Zinnsolution und Weinstein
gebeizt, so erhält man im erstern Falle ein sehr lebhaftes Carmoisin, im zweiten ein
schönes Roth.
Die beste Zinnlösung für Purpurin scheint folgende zu seyn:
300 Grm.
Salpetersäure,
100 „
Wasser,
50 „
Salmiak,
60 „
Zinn,
welches letztere nach und nach dem durch Einsetzen in kaltes
Wasser abgekühlten Gemische zugesetzt wird.
2 bis 4 Gramme Purpurin sind für 1 Quadratmeter Wollemusselin oder Merino hinreichend. Beim
Färben seidener Taschentücher thut man wohl, dem Färbebade etwas Kleie zuzusetzen;
man erhält unmittelbar lebhafte Nüancen und das Weiß des Grundes wird durch eine
einzige Seifenpassage wieder hergestellt. Die Purpurinfarben auf Wolle und Seide
halten sich sowohl gegen Seife, als auch gegen lebhaftes Licht sehr gut.
Lackfarben. – Zur Fabrication von rothen und
rosenrothen Thonerdelacken ist das Purpurin sehr gut zu gebrauchen. Will man dunkle
Farben erhalten, so bereitet man eine neutralisirte Alaunlösung, löst das Purpurin
in ganz schwach alkalisch gemachtem Wasser, erwärmt beide Flüssigkeiten, vermischt
sie, erhitzt zum Kochen und filtrirt.
Lacke von einer Reinheit, welche nichts zu wünschen übrig läßt, erhält man auch auf
folgende Weise: Man mengt das Purpurin mit seinem gleichen Gewicht Alaun, verwandelt
das Ganze in sehr feines Pulver, und wäscht es mit kaltem Wasser aus; es fließt eine
gelblichrothe Flüssigkeit ab, welche, bei 80° C. mit etwas kohlensaurem
Natron gesättigt, einen etwas ins Gelbliche sich ziehenden rosenrothen Lack liefert;
man behandelt dann den ausgewaschenen Rückstand von Purpurin mit der zehnfachen
Gewichtsmenge Alaun, der in seinem zwanzigfachen Gewichte Wasser gelöst ist (50 Grm.
Alaun auf 1 Liter Wasser), filtrirt kochend und sättigt sofort mit kohlensaurem
Natron oder kohlensaurer Magnesia, bis sich rothe Flocken zeigen; es fällt dann ein
rosenrother, sehr reich gefärbter und sehr schöner Lack nieder. Die Mutterlauge wird
nochmals auf 80° C. erhitzt und wiederum neutralisirt, wodurch man eine neue
Quantität von sehr reinem rosenrothen Lack erhält.
Der ungelöst gebliebene Rückstand von Purpurin kann noch zweimal mit frischer
Alaunlösung behandelt werden und gibt bei derselben Behandlung neue Portionen
Lack.
Der letzte in Alaun unlösliche Rückstand ist selbst ein Lack, aber von dunkler, etwas
bräunlich-carmoisinrother Farbe.
Anwendung des grünen
Alizarins.
Das grüne Alizarin hat alle Eigenschaften der Krappblumen und gibt ebenso schöne
Farben, als diese, welche aber echter sind. Die Artikel mit zwei und drei Violett
nebst Schwarz, das doppelte und einfache Rosenroth, das Türkischroth, lassen sich
mit diesem Producte ebenso gut darstellen, als mit allen übrigen Krapppräparaten
oder reinem Garancin.
Das grüne Alizarin hat den großen Vorzug, daß man es mit Seife, mit Säuren oder
Alkalien, wie mit Zinnsolution stark angreifen kann, ohne daß es an Intensität
verliert; die Farben werden im Gegentheil noch lebhafter. Man muß auch die Beizen um 1/8 bis 1/10
schwächer anwenden, um nicht dunklere Nüancen zu erhalten, als die Krappblumen
geben.
Das grüne Alizarin erfordert ein Bad von hoher Temperatur, um rasch und kräftig zu
färben; dagegen sind andere Vorsichtsmaßregeln beim Färben nicht zu beobachten.
Der weiße Grund wird sehr wenig eingefärbt und läßt sich sehr leicht wieder
herstellen.
Wird grünes Alizarin mit concentrirter oder bloß mit einem gleichen Volum Wasser
verdünnter Salzsäure gekocht, ausgewaschen und getrocknet, so hat es von seinem
Gewichte fast nichts verloren, dann färbt es aber unmittelbar das Violett und Lila
mit einer Schönheit und Reinheit der Nüancen wie keines von den übrigen
Krapppräparaten.
Wird grünes Alizarin mit Alkohol erschöpft, so gibt es 20 bis 25 Proc. seines
Gewichts gelbes Alizarin. Die Darstellung von
alkoholischen Krappextracten, eine Operation, welche sich wegen der bei Anwendung
von Krappblumen oder Garancin mit ihr verbundenen Schwierigkeiten im Großen kaum
ausführen läßt, wird in der Praxis leicht realisirbar, wenn man als Rohmaterial
grünes Alizarin anwendet.
Anwendung des schwachen
Garancins.
Das aus den Rückständen von dem mit schwefligsaurem Wasser behandelten Krapp,
dargestellte schwache Garancin findet dieselbe Anwendung wie das gewöhnliche
Garancin. Es ist zwar schwächer als letzteres, liefert indessen sehr schöne Farben
und wird mit großem Vortheil besonders zum Färben der Violett- und Lila-Artikel
angewendet. Die mit ihm erzielten Nüancen zeichnen sich vorzüglich durch große
Echtheit aus.
Offenbar verdankt das Garancin der Rückstände die Eigenschaften, durch welche es sich
auszeichnet, zum großen Theile der Abwesenheit des Purpurins, welches die Lilafarben
beim gewöhnlichen Garancin trübt.
––––––––––
Vorstehendes ist eine kurze Darstellung der industriellen Geschichte der Schaaff-Lauth'schen Krapppräparate und ihrer Anwendungen.
Es ergibt sich aus derselben, daß die gedachten Industriellen auf die Angaben von E.
Kopp eine neue Industrie zu gründen wußten; ihre
Fabrik dehnt sich von Tag zu Tag aus und der Berichterstatter steht nicht an, die
Behauptung auszusprechen, daß diese Behandlungsweise des Krapps eine große Zukunft
hat.
Die von Schaaff und Lauth in
den Handel eingeführten neuen Farbstoffe haben ihren Platz unter den Consumartikeln
bereits eingenommen. Sie haben bereits wichtige Anwendungen gefunden und im
Zeugdruck neue Artikel hervorgerufen, wie dieß aus den vom Ausschuß für technische
Chemie zusammengestellten und durch die hervorragendsten Industriellen bestätigten
Thatsachen zweifellos hervorgeht.
Erklärung der Abbildung, Fig. 13, auf Tab. V
.
Diese Figur gibt einen Verticaldurchschnitt des Gebäudes, in welchem die zur
Fabrication dienenden Apparate aufgestellt sind; dieselben sind hier so gruppirt,
daß sie die Aufeinanderfolge der einzelnen Operationen veranschaulichen.
A Canal, in welchem der Schwefel zu schwefliger Säure
verbrannt wird.
B gebogenes Rohr, durch welches das Schwefligsäuregas in
den Absorptionsapparat geleitet wird.
C Absorptionsapparat: – hölzerner Kasten, in
welchem die wässerige Schwefligsäure dargestellt wird.
D siebförmig durchlöcherte Breter, auf welche die
Hobelspäne von Tannenholz zu liegen kommen.
E Oeffnungen, durch welche die Hobelspäne in den Apparat
eingefüllt werden.
F Dampfkessel.
G Dampfleitung.
H Rohr zum Einleiten eines Dampfstrahls in den
Absorptionsapparat; I Rohr zum Einleiten von Wasser in
den letztern.
J steinernes Reservoir zur Aufnahme der wässerigen Schwefligsäure.
K Filter zum Reinigen des schwefligsauren Wassers vor
seinem Eintritte in J.
L Pumpe um das schwefligsaure Wasser in die oberen Räume
zu heben.
M Bottich zur Aufnahme der durch ein senkrechtes
Bleirohr gehobenen Schwefligsäure.
N Behälter für heißes Wasser.
O Rohr zur Leitung des Dampfes auf den Boden des
Reservoirs N.
P Pumpe zum Heben des Wassers nach N.
Q Rohr zum Leiten des Wassers nach N.
R Reservoir für kaltes Wasser; es wird durch Q gespeist.
S oberes Reservoir für die Macerationsflüssigkeit.
S' unteres Reservoir für die Macerationsflüssigkeit.
T Pumpe, welche mittelst eines senkrechten Rohres die
Flüssigkeit aus S' nach S
hebt.
U, U, U Macerirbottiche.
V, V Verbindungsröhren zwischen den Macerirbottichen und
den Reservoirs M, N, R.
W Verbindungsröhren zwischen den Bottichen U und dem Reservoir S'.
X Bottich für das Purpurin, mit einem Schlangenrohr für
die Circulation von Dampf versehen.
Y Rohr welches den Dampf zum Schlangenrohr in X führt.
Y' Rohr zum Ableiten des Dampfes.
Z Bottich für das Alizarin, mit einem Schlangenrohr
versehen, in welches gleichfalls durch X Dampf
zugeleitet wird.
a Ableitungsrohr für den aus dem Schlangenrohr in Z austretenden Dampf.
b, b' Bottiche für das Garancin.
c, c' Verbindungsröhren zwischen den Alizarin- und
Garancinkufen.
d Kühltrog für das Alizarin und das Garancin.
e hydraulische Presse.
f Leitung für das Speisewasser.
g liegende Welle zum Betriebe der Pumpen L, P und T.
h hölzerner Canal für den Abzug der
Schwefligsäuredämpfe.
Der Fußboden des ersten Stockwerkes ist auf einer eisernen, auf gußeisernen Säulen
ruhenden Unterschwellung aufgeführt; das zweite Geschoß hat nur theilweise einen
Fußboden, indem die in diesem Niveau befindlichen Reservoirs auf einer das Gebäude
in zwei Theile trennenden, aus Quadern aufgeführten Mauer ruhen.