Titel: | Verbesserter Giffard'schen Injector, von Turck, Ingenieur der französischen Westbahn. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. LXXXIV., S. 322 |
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LXXXIV.
Verbesserter Giffard'schen Injector, von Turck, Ingenieur der französischen
Westbahn.
Aus den Annales des mines, 1863 S. 517; durch das
polytechnische Centralblatt, 1864 S. 572.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Turck's verbesserter Giffard'scher Injector.
Um das Wesen der neuen Verbesserungen möglichst genau zu charakterisiren, wollen wir
zunächst einen Giffard'schen Injector in seiner
gewöhnlichen Construction, wie er in Fig. 5 dargestellt ist,
betrachten. Derselbe besteht aus einem äußeren Cylinder I, in welchen auf der einen Seite das Dampfrohr E und auf der anderen das Saugrohr C
einmündet. Ein Kolben F im Cylinder I theilt denselben in zwei Abtheilungen, eine bei F, die als Dampfraum dient, und eine bei C für das Saugwasser. Dieser Kolben nimmt den Dampf
durch eine Anzahl Bohrungen in seinem Innern auf und endigt auf der Wasserseite in
eine Düse B, durch deren Entfernung von dem am äußeren
Cylinder befestigten Schornstein D die Menge des
angesaugten Wassers regulirt wird. Die Kurbel H und die
Schraubenspindel, auf welcher dieselbe befestigt ist, dienen zur Bewegung des
Kolbens und somit zur Einstellung der Düse. Ueber dem Kolben ist der Dampfraum durch
eine Stopfbüchse X abgeschlossen. Ein schlanker Conus
G im Innern des Kolbens mündet in die Düse und
regulirt die Durchgangsöffnung für den Dampf. Um eine dichte Verbindung zwischen
Dampf- und Wasserraum herzustellen, dichtet man den zwischen liegenden Theil des
Kolbens A durch Hanfzöpfe oder metallene Liederringe ab.
Es ist aber bei einigermaßen hohen Spannungen kaum möglich diese Liederrungen dicht zu erhalten,
und da doch andererseits die Dichtheit dieser Verbindung eine Bedingung für die
Brauchbarkeit des Injectors ist, so hat man sich von manchen Seiten bereits
veranlaßt gesehen, den Injector wegen dieses Uebelstandes wieder abzuwerfen.
Die neue Construction dagegen, welche Fig. 6 im
Verticaldurchschnitt zeigt, hat gar keine Dichtungen. Hier ist außerhalb der Düse
B und unabhängig von derselben ein Wasserregulator
A verschiebbar, welcher vollständig im Wasserraum
C liegt und mit dem Dampf in keinerlei Verbindung
kommt; er ist also auch von keiner Seite einem Druck unterworfen und kann daher
weder Dampf aus-, noch Luft eintreten lassen.
Die Düse B, welche hier gewissermaßen nur das Ende des
Dampfrohrs E bildet, ist mit diesem an derselben Stelle
verbunden, wie der Mantel I; der Dampf ist also von der
Wasserkammer vollständig abgetrennt und kann mit dieser in gar keine Verbindung
treten, außer durch die Mündung der Düse, wenn man, um den Apparat in Gang zu
setzen, den Conus G zurückzieht.
Am Wasserregulator befindet sich eine Zahnstange, welche durch ein Getriebe H (Fig. 7 im
Horizontaldurchschnitt), das in einer Aussparung des Wasserraumes aufgelagert ist,
in Bewegung gesetzt werden kann; dadurch wird das conische Ende des Regulators dem
Schornstein D mehr oder weniger genähert und die Größe
der Saugöffnung der herrschenden Spannung entsprechend bestimmt. An der Achse des
Getriebes H sitzt ein kleiner Hebel K mit einem getheilten Bogen (Fig. 8), der vermittelst
eines federnden Schließhakens dem Bedürfniß angemessen eingestellt wird.
Um den Apparat in Gang zu setzen, zieht man zuerst mittelst des Getriebes H den Regulator in die Stellung zurück, die der
herrschenden Dampfspannung entspricht, und öffnet dann durch Zurückziehen des Conus
G um höchstens eine halbe Umdrehung die Düse ein
wenig. Der Dampf kann nun in den Schornstein ausströmen; er nimmt dabei die in
diesem, sowie in dem Saugrohr enthaltene Luft mit und erzeugt einen luftverdünnten
Raum, der sich alsbald mit nachgesaugtem Wasser füllt. Sobald einmal das Saugen
begonnen hat, zieht man den Conus G immer weiter zurück,
so daß der Dampf in immer größerer Menge zutreten kann. Derselbe condensirt sich an
dem nachgesaugten Wasser, das nunmehr, in Folge der Kondensation erwärmt, in das
Rohr O eindringt, das Ventil M zurück stößt und in den Kessel übergeht.
Man sieht, daß an diesem neuen Injector der Kolben F
(Fig. 5)
mit den zu ihm gehörigen Dichtungen vollständig beseitigt ist. Es sind vielmehr nur noch die Mittel zum
Reguliren des Wassers und des Dampfes beibehalten, und noch dazu mit dem Vortheil,
daß man beide Regulirungen unabhängig von einander vornehmen kann.
Der neue Apparat zeichnet sich aber auch noch durch eine andere Eigenthümlichkeit
vortheilhaft aus. Bekanntlich geht das Ansaugen um so schwieriger von statten, je
wärmer das anzusaugende Wasser ist, weil die Spannung der aus dem Wasser sich
entwickelnden Dämpfe um so größer wird, je höher die Temperatur des Wassers ist, und
daher die Verdünnung im Saugraum zum Theil wieder aufhebt. Nun steht bei dem
gewöhnlichen Injector das Saugwasser in unmittelbarer Berührung mit der Düse B (Fig. 5), durch welche der
Dampf ausströmt; es erwärmt sich bei dieser Berührung und verwandelt sich zum Theil,
ganz abgesehen von der spontanen Dampfentwickelung, in Dampf, welcher die Spannung
im Saugrohr vergrößert. Befand sich nun die Saughöhe schon an ihrer höchsten
zulässigen Grenze, so hört nach und nach das Saugen ganz auf und kann auf keine
andere Weise wieder in Gang gebracht werden, als wenn die Möglichkeit geboten ist,
die Saughöhe zu vermindern.
Andererseits wird in Folge dieser Berührung der Düse mit dem kalten Wasser der durch
die Düse ausströmende Dampf zum Theil condensirt, was ebenfalls, besonders bei der
Ingangsetzung, sehr störend wirken kann. Der ringförmige Raum, durch welchen der
Dampf ausströmt, ist zu Anfang in radialer Richtung höchstens 1/2 Millim. breit; es
kann daher im Verhältniß zu dem Saugwasser nur eine sehr geringe Menge Dampf
durchgehen, welche, bei schwachen Spannungen, sich fast ganz condensirt, wodurch mit
einem Male die eben begonnene Saugwirkung wieder unterbrochen wird.
Ist der Apparat einmal im vollen Gange, so ist zwar keine Unterbrechung mehr zu
fürchten; immerhin aber findet ein Kraftverlust statt, und die Wirkung des Apparates
wird geringer, als sie in Ansehung seiner Dimensionen seyn müßte. An und für sich
ist zwar dieser Uebelstand unerheblich, da man ihn durch eine geringe Vergrößerung
des Durchmessers leicht ausgleichen kann; aber er gewinnt dadurch an Bedeutung, daß
er die Regulirung der Speisewassermenge erschwert. Ist nämlich die Dampfdüse völlig
geöffnet, so kann man die Menge des Speisewassers nur noch durch Vermehrung oder
Verminderung des Saugwassers reguliren. Vermehrt man nun das Saugwasser, so ist die
Dampfmenge, ganz abgesehen von der vermehrten Condensation, nicht mehr im Stande,
den neuen Ueberschuß an Saugwasser mit sich fortzureißen, und der Apparat wirft
Wasser aus. Wenn man dagegen das Saugwasser vermindert, so vertheilt sich die Erhitzung der
Düse auf ein kleineres Wasservolumen und veranlaßt eine derartige Verdampfung, daß
der Apparat Dampf auswirft.
Diese Schwierigkeit, die Speisewassermenge zu reguliren, macht sich allerdings nicht
immer geltend, denn man kann bei starken Spannungen, wenn die Dichtungen gut sind,
mit dem Wasser allein die Speisung bis zu 70 bis 80 Proc. reguliren, und mit Wasser
und Dampf zusammen in einzelnen Fällen bis zu 50 Procent. Wenn aber zu dem beregten
Uebelstand der Berührung zwischen Düse und Saugwasser auch noch die mindeste
Undichtheit hinzukommt, so ist nicht nur das Ansaugen sehr schwer im Gange zu
erhalten, sondern es wird auch die Regulirung beinahe unmöglich. Die geringsten
Schwankungen in der Dampfspannung oder irgendwelche andere Bedingungen, unter denen
der Apparat arbeitet, veranlassen Störungen.
Betrachtet man nun den neuen Injector in Fig. 6, so findet man, daß
der Regulator A die Wasserkammer vollständig isolirt,
daß also das in der letzteren enthaltene Saugwasser mit der Düse, durch welche der
Dampf ausströmt, in gar keine Berührung kommt; vielmehr befindet sich zwischen
beiden ein Zwischenraum N, welcher ebenso die Erwärmung
des Wassers, wie die Abkühlung des Dampfes verhindert. Diese Anordnung, durch welche
die erwähnten Uebelstände vollständig beseitigt werden, ist von sehr großer
Wichtigkeit und hat einen wesentlichen Einfluß auf die Saughöhen und die Temperatur
des Saugwassers, auf die Grenzen der Spannungen, innerhalb welcher der Apparat
arbeiten kann, auf die Menge und Regulirbarkeit des Speisewassers, auf die
Leichtigkeit der Ingangsetzung und auf die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der
Wirkung.
In der folgenden Tabelle sind die Versuchsresultate zusammengestellt, die man an
einer Güterzuglocomotive mit einem solchen verbesserten Injector von 6 Millim.
kleinstem Durchmesser des divergirenden Rohrs O erhalten
hat.
Textabbildung Bd. 172, S. 326
Dampfdruck im Kessel; Saughöhe;
Temperatur des Saugwassers; Per Quadratmillimet. des kleinsten Durchmessers des
divergirenden Rohrs wurden in der Minute geliefert im Maximum; Durch die
Wasserregulirung allein konnte die Maximallieferung reducirt werden auf; Durch
Wasser- und Dampfregulirung gemeinschaftlich konnte d. Maximallieferung reducirt
werden auf; Atm.; Meter; Grad C; Liter; Proc.
Versuche an einer feststehenden Dampfmaschine haben ergeben, daß man Wasser von
15° C.
bei 1,25
Atmosphären
Dampfspannung
0,1 Meter
„ 1,50
„
„
0,4 „
„ 2,00
„
„
0,9 „
„ 3,00
„
„
1,5 „
„ 3,50
„
„
2,0 „
hoch ansaugen konnte. Für Wasser von 50° C. betrug die
größte Saughöhe 1,5 Meter bei 5 Atmosphären Dampfspannung.