Titel: | Ueber den Einfluß der Zusammensetzung der Bronzen auf die Erlangung einer schönen grünen Patina; von Professor Dr. G. Magnus. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XCV., S. 371 |
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XCV.
Ueber den Einfluß der Zusammensetzung der Bronzen
auf die Erlangung einer schönen grünen Patina; von Professor Dr. G. Magnus.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1864 S. 27.
Magnus, über den Einfluß der Zusammensetzung der Bronzen auf die
Erlangung einer schönen grünen Patina.
Um zu erfahren, in wie weit die Mischungsverhältnisse der Bronzen die Annahme einer
schönen grünen Patina bedingen, sind nach dem Beschluß des Vereins für Gewerbfleiß
in Preußen und auf seine Kosten eine Anzahl von Bronzen analysirt worden, die eine
schöne Patina besitzen. Es sind dafür solche ausgewählt worden, von denen feststeht, daß sie diesen
Ueberzug in freier Luft, nicht aber während eines Aufenthaltes unter Wasser oder
unter der Erde erlangt haben, was häufig bei Statuen, die aus dem Alterthum stammen,
der Fall ist.
Es war nicht leicht, von den geeigneten Bronzen Proben zur Analyse zu erhalten. Durch
die Bemühungen des Geheimen Ober-Bauraths Stüler und des
Professors Kiß ist es indeß gelungen, nicht nur von
Berliner schön patinirten Bronzen zu erhalten, sondern es sind dem Verein auch
Proben aus Augsburg und aus München zugegangen. Von den Löwen, welche am Eingange in
die Residenz zu München stehen und bekanntlich mit einer besonders schönen Patina
bekleidet sind, ist es nicht möglich gewesen eine Probe zur Analyse zu erlangen.
Dagegen hat Se. Majestät der König Max von Bayern, der
sich für das Unternehmen des Vereins interessirt, allergnädigst gestattet, daß der
Director v. Müller, an welchen sich der Professor Kiß gewendet hatte, von verschiedenen anderen Bronzen in
München Proben entnähme und dem Verein zum Zweck der Untersuchung übersende.
Die der Analyse unterworfenen Bronzen sind folgende:
I.
Aus der Fußplatte des Schäfers nach Thorwaldsen
am Teich beim Neuen Palais bei Potsdam. Die Statue ist um das Jahr 1825
gegossen.
II.
Von dem Bacchus im Sicilianischen Garten zu Sanssouci bei Potsdam.
Zwischen 1830 und 1835 von Hopfgarten in Rom
gegossen.
III.
Von der Statue des Germanicus zu Charlottenhof bei Potsdam. Von Hopfgarten in Rom im Jahre 1824 gekauft und
wenige Jahre früher gegossen.
IV.
Von der Statue des großen Kurfürsten auf der langen Brücke in Berlin, die
im Jahre 1703 aufgestellt worden. Die Probe ist von dem äußersten Ende des
Schwanzes des Pferdes entnommen.
V.
Von den Sclaven an dem Postament dieser Statue.
VI.
Von einer Bronze aus Augsburg, aus dem 16. Jahrhundert stammend.
VII.
Von alten Gräbern in der Nähe von Augsburg.
VIII.
Von der Diana auf der Kuppel des Tempels im Hofgarten zu München. Nach der
Angabe des Hrn. Directors v. Müller zu gleicher
Zeit mit den Löwen am Eingange in die Residenz um das Jahr 1600
gegossen.
IX.
Von einer Figur, die aus derselben Zeit stammt, aber von einem andern Meister
gegossen ist. Sie stand früher in dem Residenzhof zu München, hinter dem
Königsbau.
X.
Von der berühmten Mars- und Venus-Gruppe aus dem Graf Fugger'schen Garten zu Kirchheim, welche von dem
König von Bayern für das bayerische Nationalmuseum angekauft wurde. Sie ist
1585 gegossen, hat eine dunklere aber doch grüne Farbe.
Jede dieser Bronzen ist von zwei verschiedenen Chemikern untersucht worden, die nicht
von einander wußten. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle
zusammengestellt.
Nr. I. Vom Schäfer am Teiche beim Neuen
Palais zu Potsdam.
Untersucht im Laboratorium desDr. Ziureck.
Unter Leitung des Dr. Weber durchHerrn Reimann.
Kupfer
88,59
88,77
89,09
89,32
Zinn
9,14
9,25
8,84
8,89
Zink
1,28
1,28
1,24
1,00
Blei
0,84
0,71
0,48
0,54
Eisen
–
–
0,26
0,10
––––––––––––––––––––
––––––––––––––––––––––––
99,85
100,01
99,91
99,85
Nr. II. Vom Bacchus im Sicilianischen
Garten zu Potsdam.
Untersucht im Laboratorium desDr. Ziureck.
Im Laboratorium des Prof. H. Rosedurch Herrn Olshausen.
Kupfer
89,34
88,23
Zinn
7,50
7,09
Zink
1,63
2,55
Blei
1,21
1,63
Eisen
0,18
0,31
Nickel
–
0,08
Antimon
–
Spur
–––––––
––––––––––
99,86
99,89
Nr. III. Vom Germanicus zu Charlottenhof
bei Potsdam.
Im Laboratorium des Prof. H. Rose durch Herrn Tieftrunk.
Unter Leitung des Dr. Weber durchHerrn Reimann.
Kupfer
89,78
88,67
89,30
Zinn
6,16
7,04
6,96
Zink
2,35
Zink und Eisen
2,60
2,44
Blei
1,33
0,83
0,62
Eisen
–
–
0,08
Nickel
0,27
–
–
–––––––
––––––––––––––––––
99,89
99,14
99,40
Nr. IV. Vom großen Kurfürsten.
Im Laboratorium des Prof. H. Rosedurch Dr.
Finkener.
Durch Dr. Weber.
Kupfer
89,09
87,91
Zinn
5,82
7,45
Zink
1,64
1,38
Blei
2,62
2,65
Eisen
0,13
–
Nickel
0,11
0,20
Antimon
0,60
Spur
––––––––
––––––––
100,01
99,59
Nr. V. Von den Sclaven unter dem großen
Kurfürsten.
Durch Prof. Rammelsberg.
Im Laboratorium des Prof. H. Rosedurch Dr.
Finkener.
Kupfer
90,55
88,92
Zinn
7,50
7,54
Zink
–
0,48
Blei
0,73
1,10
Eisen
0,25
0,06
Nickel mit Zink
0,40
Nickel
0,21
Antimon
–
0,13
Sand
–
0,41
––––––
–––––––––
99,43
98,85
VI. Aus Augsburg aus dem 16.
Jahrhundert.
Durch Prof. Rammelsberg.
Im Laboratorium des Prof. Wöhlerdurch Dr.
Hampe.
Kupfer
89,43
90,72
90,02
Zinn
8,17
6,83
6,97
Zink
–
–
–
Blei
1,05
2,80
2,30
EisenNickel
0,34 0,19
Spur.
Spur.
Schwefel
–
0,08
0,08
––––––
––––––––––––––––––––––––
99,18
100,43
99,37
Nr. VII. Von Gräbern in der Nähe von
Augsburg.
Durch Dr. Weber.
Kupfer
94,74
94,30
Zinn
1,64
Zink
0,54
0,40
Es fehlte an Material zur
Wiederholung
Blei
0,24
der Analyse.
Nickel
0,71
0,60
Schwefel
0,84
–––––
98,71
Nr. VIII. Von der Diana im Hofgarten zu
München.
Im Laboratorium des Prof. H. Rose durch Herrn Tieftrunk.
Im Laboratorium des Prof. Wöhler durch Dr. Hampe.
Kupfer
77,03
76,90
Zinn
0,91
0,64
Zink
19,12
19,69
Blei
2,29
2,68
Eisen
0,12
0,17
Nickel
0,43
0,10
–––––
––––––
99,90
100,18
Nr. IX. Von der Figur im Residenzhof zu
München.
Durch Dr. Sonnenschein.
Im Laboratorium des Prof. Wöhler durch Dr. Hampe.
Kupfer
92,88
91,84
Zinn
4,18
5,64
Zink
0,44
–
Blei
2,31
2,46
Eisen
0,15
0,08
Nickel
–
0,12
––––––
––––––
99,96
100,14
Nr. X. Von der Fugger'schen Venusgruppe in
München.
Durch Dr.
Weber.
Kupfer
93,76
94,47
Zinn
4,77
4,77
Zink
0,28
0,32
Es fehlte an Material zur
Wiederholung
Blei
0,67
0,66
der
Analyse.
Eisen
–
–
Nickel
0,46
0,50
–––––––––––––––
99,94
100,72
Die im Ganzen sehr geringen Abweichungen in der Zusammensetzung, welche für ein und
dieselbe Bronze von den verschiedenen Chemikern gefunden worden, mögen zum Theil
ihren Grund darin haben, daß die Bronzen nicht überall die gleiche Zusammensetzung
besitzen. Namentlich hat sich bei der Probe von dem großen Kurfürsten sehr bestimmt
herausgestellt, daß sie im Innern eine andere Zusammensetzung als zunächst der
äußeren Kruste, in der sogar Sandkörner eingeschmolzen waren, besitzt. Hauptsächlich
aber beruhen die Verschiedenheiten in den gefundenen Resultaten auf der
Schwierigkeit, das Kupfer vom Zinn und den übrigen beigemischten Metallen
vollständig zu trennen.
Vergleicht man die Zusammensetzung dieser Bronzen mit einander, so findet sich die allergrößte
Mannichfaltigkeit. Der Kupfergehalt schwankt von 94,5 Proc. in Nr. VII (von den
Gräbern bei Augsburg) und 94 Proc. in Nr. X (der Fugger'schen Venusgruppe) bis zu 77 Proc. in Nr. VIII (der Diana im Hofgarten
zu München). Die Menge des Zinns findet sich bis zu 9 Proc. in Nr. I (dem Schäfer am
Teich in Potsdam). Dagegen enthält Nr. VIII (die Diana in München), wenn man das
Mittel aus beiden Analysen nimmt, nur 0,8 Proc.
Bei so verschiedener Zusammensetzung haben diese Bronzen doch alle eine schöne Patina
angenommen, woraus sich ergibt, daß Bronzen von der verschiedensten Zusammensetzung
schön grün werden können. Es wäre dabei immer noch möglich, daß die Zusammensetzung
einen Einfluß auf die Zeit übt, innerhalb welcher die Bronzen unter übrigens
gleichen Umständen die Patina annehmen; aber soviel beweisen die ausgeführten
Analysen unzweifelhaft, daß selbst bei der verschiedenartigsten Zusammensetzung die
Bronzen eine schöne Patina annehmen können.
Unerklärt bleibt dabei vorläufig, wie es zugeht, daß die Sclaven an dem Postament der
Statue des großen Kurfürsten eine dunkelbraune, fast schwarze Farbe haben, und zwar
seit so langer Zeit als Menschen sich erinnern, während die Statue selbst,
wenigstens bis vor Kurzem, schön grün war. Die Zusammensetzung der letzteren
unterscheidet sich zwar von der der Sclaven durch einen größeren Gehalt von etwa 1
Proc. Zink und 2 Proc. Blei. Aber dieser Unterschied kann die Ursache der
verschiedenen Farbe der Patina nicht seyn, denn sonst müßte der Einfluß der
Zusammensetzung auch noch bei anderen Bronzen hervortreten. Die Sclaven selbst
zeigen, wiewohl der größere Theil ihrer Oberfläche fast schwarz, stumpf und nicht
durchscheinend ist, einen sehr schönen braunen durchscheinenden Farbenton an
einzelnen Stellen, namentlich den hervortretenden Gliedern, wie Hände, Füße etc.,
welche von den Vorübergehenden, besonders der Jugend, viel befaßt werden. Vielleicht
daß die fettige Beschaffenheit der anfassenden Hände die klarere, mehr
durchscheinende Beschaffenheit des Ueberzuges der Bronze herbeigeführt hat.
Ob sich dieß so verhält, darüber können nur Versuche und Erfahrungen entscheiden,
aber so viel geht aus den mitgetheilten Analysen hervor, daß nicht in der
Zusammensetzung der Grund zu suchen ist, weßhalb von der großen Anzahl von Bronzen,
welche im Freien aufgestellt werden, so selten eine sich mit einem grünen Ueberzug
bekleidet.
Fragt man nach der Ursache dieser unerfreulichen Erfahrung, so scheint es sich leider
immer mehr zu bestätigen, daß die Ausdünstungen in den großen Städten die Bronzen in
solchem Maaße mit schwarzem Schwefelkupfer bedecken, daß die grüne malachitartige
Patina sich nicht bilden kann, oder wo sie sich gebildet haben sollte, in Schwefelkupfer
umgewandelt wird. Berlin liefert einen schwer zu beklagenden Beleg dafür, daß das
Letztere sich ereignen kann.
Es ist bereits bemerkt worden, daß die Statue des großen Kurfürsten bis vor Kurzem
schön grün gewesen ist. Seit einiger Zeit ändert sie sich aber und wird auffallend
dunkler. Ob vielleicht von irgend einer Fabrikanlage in der Nähe in neuerer Zeit
Ausdünstungen ausgehen, die jenen schädlichen Einfluß üben, oder ob derselbe durch
die in der Nähe jetzt vielfach als Brennmaterial angewandten Braun- und Steinkohlen
herbeigeführt wird, muß vorläufig dahin gestellt bleiben. Die Erfahrung, daß in
London alle Bronzen schwarz sind, daß die in Gärten, entfernt von der Stadt,
aufgestellten hier bei uns größtentheils die grüne Farbe angenommen haben und
behalten, macht es wahrscheinlich, daß die Anwendung schwefelhaltiger
Brennmaterialien, der Stein- und Braunkohlen, sowie die in großen Städten
unvermeidlichen Ausdünstungen sich nicht mit grüner Bronze vertragen.