Titel: | Darstellung von Thallium im Großen. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXV., S. 444 |
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CXV.
Darstellung von Thallium im Großen.
Ueber Darstellung von Thallium im Großen.
Die bisher angegebenen Methoden der Thalliumgewinnung aus dem Flugstaube der
Schwefelkiesöfen sind für den größeren Betrieb wenig geeignet, da sie meistens die
Anwendung von Schwefelwasserstoff zur Fällung, den Gebrauch von Porzellangefäßen
u.s.w. vorschreiben. Nach der folgenden Methode hat W. Crookes im Verein mit Hopkin und Williams etwa 10,000 Pfd. Flugstaub verarbeitet und
daraus eine Barre Thallium von 25 Pfd. gewonnen. Um zu ermitteln, ob ein Flugstaub
reichhaltig genug ist für die Fabrication, ist die Spectralanalyse nicht geeignet,
da schon 1/1000 Thallium die charakteristische grüne Linie so deutlich zeigt, wie das reine
Metall; es ist daher nöthig, eine Probe auf nassem Wege vorzunehmen, indem man mit
Wasser erschöpft und die Lösung mit Salzsäure fällt. Neben dem Thallium finden sich
in dem Staube Quecksilber, Kupfer, Arsen, Antimon, Eisen, Zink, Cadmium, Kalk, Selen
nebst Ammoniak und Schwefel-, Salz- und Salpetersäure. In einer Probe desselben
Gripsholmer Selenschlammes, der Berzelius zur Entdeckung
des Selens gedient hatte, ließ sich auch durch Spectralanalyse keine Spur von
Thallium auffinden.
Der thalliumhaltige Staub wird in hölzernen Fässern mit dem gleichen Gewichte
kochenden Wassers behandelt und nach gutem Umrühren 24 St. der Ruhe überlassen. Die
klare Flüssigkeit wird abgezogen, der Rückstand noch einmal eben so behandelt und
beide Flüssigkeiten nach dem Abkühlen zusammen mit Salzsäure versetzt, das dadurch
gefällte sehr unreine Thalliumchlorid auf einem Filter von Baumwollenzeug gesammelt,
gewaschen, gepreßt und in einer Platinschale mit seinem gleichen Gewichte starker
Schwefelsäure erhitzt, bis alle Salzsäure und der größere Theil der überschüssigen
Schwefelsäure verflüchtigt ist. Der Rückstand wird in der zwanzigfachen Menge Wasser
gelöst, die Lösung filtrirt und Salzsäure zugesetzt, die jetzt fast reines
Thalliumchlorid fällt. Dieses wird, da das Thallium am leichtesten aus
schwefelsaurer Verbindung reducirt wird, wieder mit 2/3 seines Gewichts starker
Schwefelsäure erhitzt, bis alle Salzsäure ausgetrieben ist und der Rückstand eine
schwere Flüssigkeit bildet, die beim Erkalten zu einer weißen krystallinischen Masse
erstarrt. Beim Lösen in Wasser erhitzt sich dieselbe sehr stark, so daß die Gefäße
leicht springen; man setzt sie daher am besten allmählich der zehnfachen Menge
heißen Wassers hinzu. Die filtrirte Lösung gibt nach der Concentration und Abkühlung
Krystalle von schwefelsaurem Thallium, die durch Umkrystallisiren, wobei man
nöthigenfalls Arsen, Quecksilber u.s.w. zuvor durch etwas Schwefelwasserstoff
entfernt, leicht zu reinigen sind.
Die Reduction des Metalles aus dem schwefelsauren Thallium durch Schmelzen mit
schwarzem Fluß oder Cyankalium ist nicht vollständig, da der Schwefel nicht völlig
entfernt wird. Wird das Salz in einen Tiegel mit geschmolzenem Cyankalium
eingetragen, so erfolgt sogleich Reduction zu Einfach-Schwefelthallium, einer
spröden, metallisch aussehenden Masse von Graphitglanz, leichter schmelzbar als das
Metall. Im Großen läßt sich die Reduction, für die bei kleineren Mengen eine
galvanische Batterie sehr bequem ist, am besten durch Platten von reinem Zink
bewerkstelligen, welches beim Auflösen keinen Rückstand lassen darf. Die Platten
werden an den Wänden eines Porzellantroges aufgestellt, schwefelsaures Thallium
eingetragen, mit Wasser bis zur Bedeckung übergossen und erhitzt. In wenigen Stunden
ist das Thallium als Metallschwamm ausgeschieden, den man wäscht, mit der Hand
zusammenpreßt und bis zum Schmelzen unter Wasser aufbewahrt. Das Schmelzen geschieht
über einem Gasbrenner in einem eisernen Tiegel, in dessen Inneres ein Strom
Leuchtgas geleitet wird; man trägt die zusammengepreßten Klumpen Thalliumschwamm
allmählich ein, bis der Tiegel voll geschmolzenen Metalls ist, rührt mit einem
Eisenstabe um und gießt entweder eine Barre oder granulirt in Wasser. Nach 30 bis 40
Schmelzungen war das Eisen des Tiegels nicht im mindesten vom Thallium
angegriffen.
Das geschmolzene Thallium ist, wenn es durch einen Gasstrom vor Oxydation geschützt
wird, kaum von Quecksilber zu unterscheiden. Beim Erkalten zieht es sich stark
zusammen. Der angelaufene Ueberzug, den es in der Hitze annimmt, wird durch Wasser
sofort entfernt und die vollkommen metallglänzende Oberfläche blos gelegt; seine
Farbe kommt der des Cadmiums und Zinns am nächsten; sein spec. Gewicht ist 11,9; es
ist sehr hämmerbar, aber nicht sehr dehnbar; zu Draht kann es nur mit großer
Schwierigkeit gezogen, leicht aber gepreßt werden; es ist nächst den Alkalimetallen
das weichste Metall und wird leicht durch eine Bleispitze geritzt; gleich anderen
Metallen läßt es sich in der Kälte durch Druck zusammenkneten; auf Papier gibt es
einen dunkeln Strich mit gelbem Reflex, der rasch ausbleicht, durch Schwefelalkalien
aber wieder hervorgerufen wird; es ist fast oder ganz so stark diamagnetisch wie
Wismuth; es schmilzt bei 280° C. und destillirt bei Rothglühhitze, entwickelt
aber schon nahe über seinem Schmelzpunkte braune Dämpfe. Sein Atomgewicht ist
vorläufig zu 203 anzunehmen; W. Crookes ist indessen mit
einer genaueren Bestimmung desselben beschäftigt. Physiologische Wirkungen hat er
weder bei vielfältiger Einwirkung der Thalliumdämpfe während mehrerer Monate, noch
nach Genuß von 1–2 Gran der Salze an sich wahrgenommen. Verschiedene
Thalliumsalze sind lichtempfindlich, besonders das Einfach-Chlorthallium und das
phosphorsaure Thallium-Ammoniak.
Da das Thallium eine sehr intensive und völlig monochromatische Flammenfärbung gibt,
so glaubt Crookes, daß es bei einer geringen
Preisermäßigung sehr vortheilhaft zu Schiffssignalen
verwendet werden könnte, die nicht, wie die gewöhnlichen grünen Barytlichter, beim
Durchdringen einer neblichen Atmosphäre eine Farbenänderung erleiden würden.
Ein prachtvolles, bis jetzt aber noch zu theures Grünfeuer
kann aus 8 chlorsaurem
Thallium, 2 Calomel, 1 Harz bereitet werden. Das chlorsaure Thallium wird durch
Auflösen des Metalls in Chlorsäure oder Vermischen gesättigter Lösungen von
chlorsaurem Kali und salpetersaurem Thallium erhalten. Es ist ein wasserfreies,
schön krystallinisches, schwerlösliches Salz. (Chemical
News, October 1863, S. 159; chemisches Centralblatt, 1864, Nr. 26.)