Titel: | Ueber die Reinigung der arsenikhaltigen Schwefelsäure; von Prof. Dr. A. Buchner. |
Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXIX., S. 454 |
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CXIX.
Ueber die Reinigung der arsenikhaltigen
Schwefelsäure; von Prof. Dr. A.
Buchner.
Aus Buchner's neuem Repertorium der Pharmacie, Bd. XIII
S. 23.
Buchner, über die Reinigung der arsenikhaltigen
Schwefelsäure.
Vor 9 Jahren habe ich auf die leichte Umwandlung der arsenigen Säure in das viel
flüchtigere Chlorarsenik durch Chlorwasserstoffgas eine leichte Methode, eine
arsenikhaltige Schwefelsäure von Arsenik zu befreien, gegründet, welche einfach
darin besteht, daß durch die erhitzte Schwefelsäure ein Strom von salzsaurem Gas
geleitet wird.Polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
208. Diese Methode wurde von mir erst veröffentlicht, nachdem ich mich von ihrer
leichten Ausführbarkeit hinlänglich überzeugt hatte. Aus concentrirter
Schwefelsäure, in welcher absichtlich eine große Menge arseniger Säure aufgelöst
worden war, wurde das Arsenik mit den salzsauren Dämpfen binnen kurzer Zeit so
vollständig verflüchtigt, daß mittelst des Marsh'schen
Verfahrens, selbst nach mehr als halbstündigem Hindurchleiten des Wasserstoffgases
durch die glühende Röhre, nicht die leiseste Spur eines metallischen Anfluges
beobachtet werden konnte. Aus diesem öfter und immer mit gleichem Erfolg
angestellten Versuche mußte ich wohl den Schluß ziehen, daß man die Schwefelsäure
auf die beschriebene Weise leichter als nach irgend einem Verfahren von Arsenik
vollkommen befreien könne.
Allein die Herren Bussy und Buignet haben, als sie meine Methode zur Reinigung einer arsenikhaltigen
Schwefelsäure anzuwenden versuchten, ein von dem meinigen abweichendes Resultat
erhalten.Journal de Pharmacie et de Chimie, September
1863, S. 177. Sie behaupten
nämlich, daß es ihnen trotz aller Vorsicht nie gelungen sey, auf diese Weise eine
von Arsenik absolut freie Schwefelsäure zu erhalten. Nachdem sie durch die beinahe
bis zum Kochpunkte erhitzte Säure länger als eine Stunde Chlorwasserstoffgas
geleitet hatten, fanden sie, daß wohl der größte Theil des Arseniks daraus
verschwunden, daß aber dennoch eine sehr merkliche Menge davon zurückgeblieben war.
Ebenso versuchte Bloxam, und zwar schon früher,
vergeblich, die Schwefelsäure durch Erhitzen mit Chlorwasserstoffgas von Arsenik
vollkommen zu befreien.
Nachdem ich von allen in der lehrreichen Arbeit der Herren Bussy und Buignet enthaltenen Thatsachen nähere
Kenntniß genommen hatte, konnte ich über die Ursache der Verschiedenheit unserer
Beobachtungen keinen Augenblick mehr im Zweifel seyn. Diese Chemiker haben nämlich
durch eine Reihe sehr gründlicher Versuche bewiesen, daß das Arsenik in der
arsenikhaltigen käuflichen Schwefelsäure meistens als Arseniksäure, und nur selten als arsenige
Säure, enthalten ist. Nun wissen wir aber durch Versuche, welche H. Rose vor beinahe 5 Jahren über das verschiedene Verhalten
der salzsauren Lösungen der Oxyde des Arseniks. bekannt gemacht hat, daß
Arseniksäure mit Chlorwasserstoffsäure nicht oder nur sehr unvollkommen in
Arsenikchlorid verwandelt und verflüchtigt wird.
Diese Beobachtungen Rose's finden ihre volle Bestätigung
in Versuchen, welche vor einiger Zeit Fresenius von Hrn.
A. Souchay zur Beantwortung der Frage anstellen ließ, ob
sich aus einer siedenden Mischung von Arseniksäure und Salzsäure Arsenik
verflüchtige? Es stellte sich heraus, daß bei Anwendung von concentrirter Salzsäure
Wohl etwas Arsenik, aber doch immer nur eine sehr unbedeutende Menge verflüchtigt
werde, daß aber gar kein Arsenik verloren gehe, wenn die Arseniksäure mit gehörig
(etwa mit der doppelten Menge Wassers) verdünnter Salzsäure erhitzt wird,
vorausgesetzt, daß bei länger fortgesetztem Erhitzen das verdampfende Wasser von
Zeit zu Zeit ersetzt wird. Auf diese Thatsache gründeten Fresenius und v. Babo schon vor mehreren Jahren
die nun allgemein bekannte Methode, organische Substanzen, worin Arsenik oder andere
Metallgifte nachgewiesen werden sollen, durch Erwärmen mit verdünnter Salzsäure und
Eintragen von chlorsaurem Kali zu zerstören.
Diese Thatsachen zeigen klar, daß Arseniksäure und Chlorwasserstoff sich nicht wohl
in Arsenikchlorid und Wasser umsetzen lassen. Das der Arseniksäure entsprechende
Chlorid oder Superchlorid ist überhaupt nicht bekannt; wenn beim Erhitzen von
Arseniksäure mit concentrirter Salzsäure geringe Mengen von Arsenik verflüchtigt
werden, so mag dieß daher kommen, daß schon bei dieser Temperatur Spuren von
Arseniksäure zu
arseniger Säure reducirt und in demselben Maaße in das dieser Säure entsprechende
Chlorid umgewandelt werden. Das verschiedene Verhalten des Chlorwasserstoffgases
gegen arsenige Säure und Arseniksäure erklärt mithin ganz befriedigend, warum man
mittelst meiner Methode die Schwefelsäure nicht vollkommen von Arsenik reinigen
kann, wenn dieses nämlich als Arseniksäure darin
vorhanden ist. Ich habe zum Ueberflusse mich direct hiervon überzeugt, indem ich in
reiner concentrirter Schwefelsäure ein wenig Arseniksäure auflöste und hierauf durch
die erhitzte Säure viel länger als eine Stunde salzsaures Gas streichen ließ. Als
hierauf diese Säure nach dem Marsh'jchen Verfahren
geprüft wurde, gab das damit entwickelte Wasserstoffgas schon in den ersten Momenten
einen Anflug von Arsenik in der glühenden Röhre.
Um daher eine Schwefelsäure, welche Arseniksäure enthält, auch nach meinem Verfahren
reinigen zu können, muß die Arseniksäure nothwendig zuerst zu arseniger Säure reducirt werden, was sich mit der größten Leichtigkeit
vollführen läßt. Man braucht nur in die zu reinigende Säure ein paar Stückchen
Holzkohle zu werfen und sie damit zu erhitzen, so wird die Arseniksäure durch die
sich entwickelnde schweflige Säure in kurzer Zeit so vollständig in arsenige Säure
verwandelt, daß hierauf durch das salzsaure Gas jede Spur von Arsenik daraus
entfernt wird. Man kann das Erhitzen mit Kohle und das Durchleiten von salzsaurem
Gas sogar gleichzeitig vornehmen, und da die käufliche arsenikhaltige Schwefelsäure
das Arsenik meistens als Arseniksäure enthält, wie Bussy
und Buignet nachgewiesen haben, so wird man, um einer
weiteren Prüfung überhoben zu seyn, gut thun, bei der Reinigung nach meiner Methode
jedesmal Holzkohle mit anzuwenden, gleichviel ob das
Arsenik als Arseniksäure oder als arsenige Säure in der Schwefelsäure vorhanden ist.
Eine Schwefelsäure, in welcher Arseniksäure aufgelöst worden war, zeigte sich nach
solcher Behandlung absolut arsenikfrei, denn das mit dieser Säure entwickelte
Wasserstoffgas bildete, nachdem es länger als eine Stunde durch eine glühende
Glasröhre von engem Durchmesser geleitet worden war, nicht den mindesten
Metallspiegel; an dem aus der Spitze der Glasröhre austretenden Gase war auch
durchaus nicht der üble knoblauch- oder kakodylartige Geruch wahrzunehmen, der nie
fehlt, wenn dem Wasserstoffgase auch nur die geringsten Spuren Arsenikwasserstoffs
beigemischt sind, und mir immer ein sicherer Vorbote des auftretenden Arseniks
ist.
Die Herren Bussy und Buignet
reinigen eine arsenikhaltige Schwefelsäure durch Destillation, welche bekanntlich immer eine unangenehme Operation ist und
nur dann ein reines Product liefert, wenn das Arsenik als Arseniksäure
zugegen ist, weßhalb man die etwa vorhandene arsenige Säure zuvor erst zu
Arseniksäure oxydiren muß. Ich hingegen befolge unter Vermeidung der Destillation
den umgekehrten Weg; ich lasse nämlich die in der Schwefelsäure aufgelöste
Arseniksäure zu arseniger Säure reduciren, um diese hierauf auf die schon früher
beschriebene und leicht ausführbare Weise als Chlorarsenik zu verflüchtigen.