Titel: Die Werkzeug-Maschinenfabrik und Eisengießerei von Joh. Zimmermann in Chemnitz; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Autor: Robert Schmidt
Fundstelle: Band 173, Jahrgang 1864, Nr. II., S. 9
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II. Die Werkzeug-Maschinenfabrik und Eisengießerei von Joh. Zimmermann in Chemnitz; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. Mit Abbildungen auf Tab. I. Ueber Zimmermann's Werkzeug-Maschinenfabrik und Eisengießerei in Chemnitz. Um die Fortschritte in der Construction der Maschinen zur Bearbeitung des Holzes kennen zu lernen, welche Maschinen in den letzten Jahren durch genannte Fabrik wieder bedeutend vervollkommnet sind, namentlich auch um dieselben daselbst sammt und sonders in Thätigkeit sehen zu können, nahm ich im Spätsommer vorigen Jahres einen mehrtägigen Aufenthalt in Chemnitz, der Metropole der Industrie Sachsens. Wenn ich vor Besprechung der erwähnten Maschinen, die in den nächsten Heften dieser Zeitschrift folgen soll, hier zunächst eine Beschreibung der Zimmermann'schen Maschinenfabrik gebe, so geschieht das aus dem Grunde: weil ich einerseits immer gern Zeugniß gebe, wie ein strebsamer Mann, der lediglich in der Praxis sich die richtigen volkswirthschaftlichen Principien erworben hat und die ihm gebotenen Communicationsmittel zu benutzen versteht, auch jetzt noch sich zu hervorragender Stellung heraufarbeiten kann; andererseits weil bekanntermaßen der größere Maschinenbau gerade dem Werkzeugmaschinenbau so viel verdankt, fast allein durch ihn möglich wurde; endlich weil die Einrichtung der Zimmermann'schen Fabrik fast allgemein als musterhaft anerkannt wird, und deßhalb bei Anlage ähnlicher Etablissements vortheilhaft zu benutzen seyn dürfte. Die Fabrik als Werkzeugfabrik besteht erst seit etwa acht Jahren. Um aber von dem jetzigen Umfang derselben einen ungefähren Begriff zu erhalten, bemerken wir: daß die Eisengießerei mit 3 Cupolöfen und einer 15pferdigen Dampfmaschine versehen ist, und daß dieselbe für eigenen Bedarf monatlich circa. 2500 Ctr. Guß liefert; daß ferner die Schmiede 14 Feuer, einen Dampfhammer und eine 6pferdige Dampfmaschine enthält; daß endlich die mechanische Werkstatt von einer 30pferdigen Maschine, welche durch zwei 15pferdige ersetzt werden kann, betrieben wird, und außer 70 Drehbänken 55 diverse andere Arbeitsmaschinen enthält. Das gesammte Arbeitspersonal der Fabrik besteht aus 500 bis 550 Mann, und wird für weitere 100 Mann gegenwärtig der Raum geschaffen; jeder Arbeiter verdient wöchentlich 4 bis 7 Rthlr. Die Fabrik beschäftigt sich dabei ausschließlich mit dem Bau von größeren Werkzeugmaschinen zur Bearbeitung des Eisens, und – in den letzten Jahren – des Holzes, und liefert ihre Fabrikate nicht bloß nach allen Ländern des Continents, nach Oesterreich, Rußland, Polen, Holland, Belgien, Frankreich, Spanien, sondern auch nach Schweden, Dänemark, Norwegen, selbst Amerika, nach vielen Ländern also auch, für welche die Fracht-Verhältnisse in Bezug auf England ungünstiger sind. Fig. 32 stellt den Grundriß der ersten Etage der Zimmermann'schen Fabrikgebäude dar. Von dem Eingang C gelangt man in's Comptoir, aus diesem in die Magazin-Verwaltung, in das technische Bureau, in die Werkmeisterstube, und in das Zimmer des Chefs. Dasselbe enthält als Eigenthümlichkeiten mehrere eiserne Spinden zur Aufbewahrung der Original-Zeichnungen, einen mechanischen Datumanzeiger, und mehrere Klingelzüge, durch welche der Chef jeden Augenblick im Stande ist, jede dirigirende Persönlichkeit seiner Fabrik zu sich zu befehlen. Dieses Zimmer hat noch einen zweiten Ausgang, der auch zur Wohnung des Chefs führt, die über den erwähnten Räumen liegt. Aus der Werkmeisterstube gelangt man durch eine abwärts führende Doppeltreppe in die untere Etage der mechanischen Werkstatt, die, ein Knie bildend, sich bis zur Wand X erstreckt. Hierselbst sind an Arbeitsmaschinen aufgestellt: 22 (mit a bezeichnete) Support-Drehbänke von 11–13 Zoll Spitzenhöhe und 9–17 Fuß Bettlänge; 1 (mit b bez.) lange Support-Drehbank von 13 Zoll Spitzenhöhe und 47 Fuß Bettlänge, zum Schneiden der langen Drehbankspindeln; 3 (mit c bez.) lange Support-Drehbänke von 9–13 Zoll Spitzenhöhe und 23–31 Fuß Bettlänge; 4 (mit d bez.) große Plan- und Spitzendrehbänke von 17–30 Zoll Spitzenhöhe mit Zahnkranzplanscheiben für Gegenstände bis 9 Fuß Durchmesser; 3 (mit e bez.) Rädertheil- und Fräsmaschinen bis 12 Fuß Durchmesser; 3 (mit f bez.) Langloch- und freistehende Bohrmaschinen; 1 (mit g bez.) große Doppel-Horizontalbohrmaschine; 6 (mit h bez.) Horizontalbohrmaschinen; 1 (mit i bez.) Radialbohrmaschine; 1 (mit k bez.) Hobelmaschine, welche 32 Fuß lang, 10 Fuß breit und 8 Fuß hoch hobeln kann; 3 (mit l bez.) Hobelmaschinen, welche 20 Fuß lang, 6 1/2 Fuß breit und 6 1/2 Fuß hoch hobeln können; 4 (mit m bez.) Hobelmaschinen von 6–12 Fuß Länge; 10 (mit n bez.) Hobelmaschinen von 2–5 Fuß Länge; 1 (mit o bez.) große Nuthstoßmaschine; 2 (mit p bez.) Shapingmaschinen um 6 und 8 Fuß lang zu hobeln; 1 (mit q bez.) hydraulische Presse und Centrirapparat. Diverse Schraubstöcke, welche in der Zeichnung mit r bezeichnet sind. Die erwähnten Räumlichkeiten sind theils ganz, theils durch an den Wänden fortlaufende Gallerien überdeckt, und dadurch weitere Arbeitsräume geschaffen. Der ganz überdeckte Raum ist, wie die Zeichnung erkennen läßt, an dem technischen Bureau und der Werkmeisterstube gelegen, und die Gallerien, auf Säulen und Consolen ruhend, nehmen zwei Laufkrähne auf, wodurch Lasten von 300 Ctr. durch einen Mann bequem transportirt werden können. Die Stellung der größeren Werkzeugmaschinen in der untern Werkstatt macht die Anwendung dieser Laufkrähne überaus fruchtbar, da alle schwereren Maschinentheile in der unteren Werkstatt bearbeitet werden. In der zweiten Etage, welche mit der ersten durch mehrere Wendeltreppen in Communication steht, befinden sich, außer einer größeren Zahl von Schraubstöcken für Schlosser, 46 Stück kleinere Arbeitsmaschinen, und ein Säulenkrahn, durch welchen, mit Zuhülfenahme der Laufkrähne, größere Maschinenstücke aus einer Werkstatt in die andere befördert werden können. – In der zweiten Etage ist außerdem noch, in dem Raum DEF, ein vollständiges Sortiment der Zimmermann'schen Holzbearbeitungsmaschinen aufgestellt, welche fortwährend im Gange erhalten werden. Aeltere Maschinen dieser Art werden stets durch die neuesten ersetzt, wie dieß in dieser Fabrik auch mit allen Maschinen zur Bearbeitung des Eisens der Fall ist; so daß ein Besuch der Zimmermann'schen Maschinenfabrik auch insofern interessant ist, als man hier stets die neuesten Maschinen zur Bearbeitung der Metalle und des Holzes aufgestellt und in Thätigkeit findet. Der schon früher erwähnten Wand X schließt sich die Eisengießerei der Fabrik an, welche oben, wie ein großer Theil der mechanischen Werkstatt, mit 2 Gallerien versehen ist, die zugleich die Fahrbahn für zwei Laufkrähne, à 450 Ctr. bilden. Von Eigenthümlichkeiten der Gießerei ist zu erwähnen daß sich durch einen der Laufkrähne die Kerne sofort in die Trockenkammer schaffen lassen, daß die Cupolöfen von hinten auszuputzen sind, und daß zum Hinaufheben des Roheisens ein Dampf-Gichtaufzug dient. Die Schmiedewerkstatt befindet sich im Parterre eines besonderen Gebäudes, wie der Grundriß sehen läßt. Sie enthält: 14 Schmiedefeuer; einen Dampfhammer nach Naylor's Patent, der nun schon sechs Jahre hindurch ohne Unterbrechung arbeitet; eine Heißeisen-Kreissäge und, zum Betriebe des Ventilators, eine 6pferdige Dampfmaschine. – Ueber der Schmiede befindet sich die Tischlerwerkstatt, in welcher, als bemerkungswerth, eine größere Anzahl von Holzbearbeitungs-Maschinen aufgestellt ist, welche nur zum eigenen Bedarf in Betrieb erhalten werden. Die bewegende Kraft zu diesen Maschinen liefert die in der Schmiede befindliche 6pferdige Dampfmaschine. Die Heizung der Tischlerwerkstatt sowie auch diejenige aller übrigen Räumlichkeiten geschieht mit Dampf, auch wird der Leim mittelst Dampf erwärmt. In Bezug auf den Weg, den die Rohproducte und fertigen Gegenstände nehmen, um in und aus der Fabrik befördert zu werden, bemerken wir noch Folgendes: Die Rohproducte kommen durch den Thorweg G nach dem Fabrikhof, passiren die Brückenwaage von 600 Ctr. Tragkraft, und werden darauf gewogen. Der Lagerplatz für Roheisen befindet sich bei K, wogegen die Lagerplätze für Kohks und Kohlen bei L, P und S sich befinden. – Die Gußtheile, namentlich die schwereren, werden mittelst Laufkrahn aus den Gruben gehoben und nach X transportirt; hier auf den Wagen geladen und durch den Thorweg R auf gepflasterten Wege nach dem Putzhaus gefahren. Aus dem Putzhaus werden sie dann nach der Brückenwaage gerollt, hier gewogen, und weiter nach dem freistehenden Krahn H geschafft, woselbst die Stücke gelagert werden, welche erst später in der Werkstatt verarbeitet werden sollen. Wird nun ein derartiges Gußstück in der Werkstatt verlangt, so kann dasselbe rasch und leicht durch den freistehenden Krahn H auf den Wagen geladen und durch den Thorweg M nach der Werkstatt gebracht, dann durch den Laufkrahn in derselben nach der betreffenden Arbeitsmaschine geschafft werden. – Die Abfahrt der fertigen Maschinen geschieht durch den Thorweg M oder R; vor dem Ausgang aus der Fabrik durch den Thorweg G passiren sie jedoch wiederum stets die Brückenwaage, um hier nochmals gewogen zu werden. Der von uns gegebene Grundriß, Fig. 32, zeigt außer den erwähnten Räumlichkeiten noch das Magazingebäude, das Kesselhaus und die Wagenremise, außerdem aber noch die Gartenanlage des Besitzers. Fig. 33 gibt ferner den Querschnitt eines Fabrikflügels nach der Linie AB, und Fig. 34 eine Ansicht der Fabrik von der Mühlenstraße. Mit Hülfe des beigegebenen Maaßstabes lassen sich alle Dimensionen aus der Zeichnung finden.

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