Titel: | Beschreibung der Messerfabrication in Sheffield; von R. Daelen. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. VIII., S. 22 |
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VIII.
Beschreibung der Messerfabrication in Sheffield;
von R. Daelen.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1864, Bd. VIII S. 217.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Daelen, Beschreibung der Messerfabrication in
Sheffield.
Der Stahl, aus welchem die Messer geschmiedet werden, ist circa 6 bis 7 Linien breit und 1 1/2 bis 2 Linien dick. Die Klinge wird in
einer Hitze vom Schmiede unter Beihülfe des Zuschlägers ausgeschmiedet, vom Stahl
abgehauen (Fig.
16) und zum Schweißen etwas zugespitzt (Fig. 17 und 18). Ein
Stäbchen (Fig.
19 und 20) von 3/8 Zoll im Quadrat wird ebenfalls zugespitzt, mit dem Stahl
zugleich in's Schweißfeuer gesteckt und schweißwarm gemacht, während letzterer nur
rothwarm wird. Während dessen wird der Stahl öfter herausgenommen und in ein Gemenge
von Lehm und Borax gesteckt. Der Schmied hält die so präparirten Theile auf einander
und schmiedet, nachdem der Zuschläger durch einige Schläge die Stelle zum Fassen
brachte, dieselbe fertig, indem er die eine Zange fallen läßt.
Nachdem das so angeschweißte Eisen auf 3/4 Zoll abgehauen ist (Fig. 21 und 22), wird es
abermals erhitzt und in ein Gesenke (Fig. 23) eingesetzt (Fig. 24) und
hierauf, wie Fig.
25 zeigt, ausgeschmiedet.
Um das Schild anzuschmieden, wird ein gespaltenes Horn (Fig. 26 und 27) auf dem
Ambos befestigt, und hierauf mit einem hohlen Setzhammer das Schild aufgestaucht und
ausgebreitet.
So ist das Messer fertig geschmiedet, und der Arbeiter schreitet nun zum Härten
desselben. Dieß geschieht durch Eintauchen des rothwarmen Stahls in reines, kaltes
Wasser. Nachdem der Stahl nun bis Blau angelassen wurde, wird er noch warm zwischen
dem Horn durch Biegen und auf dem Ambos durch Hämmern gerichtet, und abermals in
Wasser abgekühlt. Der englische Arbeiter entwickelt bei dieser Arbeit eine
ungewöhnliche Fertigkeit und Schnelligkeit.
Mit derselben lobenswerthen Gewandtheit werden in 4 Hitzen die Rasirmesser auf dem
Ambos fertig geschmiedet und, wie die Tafelmesser, gehärtet. Zu bemerken ist noch,
daß die Schmiedefeuer mit ganz eigenthümlichen, kleinen Kohks gespeist werden,
welche das Aussehen der kleinen, ausgebrannten Bäcker-Holzkohlen haben. Ich
bin jedoch der Ansicht, daß dieß sogenannte Cinders sind, welche unter den Rosten
der Puddel- und
Schweißöfen gefunden werden. In diesem Falle geben sie einen Beleg für die Güte der
englischen Steinkohle.
Die Hornschalen zu den Rasirmessern werden auf folgende
Weise angefertigt.
Vor einem kleinen Kaminfeuer steht ein gußeiserner Kasten (Topf), beiläufig 10 Zoll
lang, 6 bis 7 Zoll breit und 6 Zoll hoch, durch eine verticale Wand in zwei Hälften
getheilt, in welchem fortwährend Wasser kocht. Auf dem Kasten liegen zwei Zangen von
der Gestalt unserer Waffeleisen, in deren einer Wange die Form einer Messerschale
eingravirt ist. Die Hornstückchen sind aus dem rohen Horn in der ungefähren Größe
ausgeschnitten und erlangen, in dem kochenden Wasser des vorhin beschriebenen
Kastens liegend, eine gewisse Geschmeidigkeit.
Vor dem Fenster der Werkstatt steht eine Werkbank, an welcher eine Presse, ähnlich
einem Schlosserschraubstocke, befestigt ist. Es fehlen ihr jedoch die Wangen und sie
ist in der Nähe des Scharniers bedeutend stärker als ein Schraubstock.
Ein Arbeiter nimmt zwei Stückchen Horn aus dem Kasten, legt sie, nachdem sie vorher
abgeschabt worden sind, in die Form und spannt diese sehr fest in die eben
beschriebene Presse. Nachdem die zweite Presse gefüllt ist, erhält sie den Platz der
ersten und diese wird von einem zweiten Arbeiter geöffnet und ihres Inhaltes
entleert. Derselbe Arbeiter schneidet von den noch weichen Schalen mit einem
langgestielten Messer den Grat ab und legt sie unter einen Beschwerer, wo sie
erkalten und erstarren.
Daß bei der überraschenden Geschwindigkeit, mit welcher diese Arbeit ausgeführt wird,
der Arbeiter in Beurtheilung der Temperatur, der Form und des Zustandes des
Materials eine besondere Geschicklichkeit entwickeln muß, geht aus der
Gleichmäßigkeit und Billigkeit des Fabricates hervor.